gie_03_2016
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UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Der Warmhalteofen<br />
einer Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßzelle<br />
wird<br />
nachgefüllt: Wenn<br />
mehrere Gießzellen<br />
die gleiche Le<strong>gie</strong>rung<br />
benötigen,<br />
können mit einer<br />
Staplerfahrt mehrere<br />
Zellen nachgefüllt<br />
werden.<br />
Um die Wertschöpfung zu maximieren,<br />
werden auch Aluminiumdruckgussteile<br />
umfangreich nachbearbeitet, etwa auf der<br />
Lagerrahmenlinie, die 1,3 Millionen Aluminiumbauteile<br />
pro Jahr durchlaufen. Besonderheit<br />
dort ist ein Portalroboter, der<br />
– ähnlich wie die Schwebebahnen in Wuppertal<br />
oder am Düsseldorf Flughafen – auf<br />
beiden Seiten einer Hochschiene hin und<br />
her fährt und die Maschinen mit Bauteilen<br />
füllt – ein Schauspiel wie aus einem Science<br />
Fiction-Film!<br />
Der 20-jährige<br />
Werkzeugmechaniker-Lehrling<br />
Marcel<br />
Bodenburg beim<br />
Fräsen eines Bauteils<br />
in der Ausbildungswerkstatt.<br />
Vielfältige Gießereiprozesse –<br />
innovative Le<strong>gie</strong>rungen<br />
Attraktiv für Automobilkunden ist besonders<br />
die Vielfalt der Gießprozesse des Global<br />
Players, mit denen das Potenzial der<br />
Werkstoffe ausgereizt wird: Mit dem patentieren<br />
Druck<strong>gie</strong>ßvakuumverfahren CVC<br />
werden wärmebehandlungs- und schweißfähige<br />
Gussteile gefertigt. Der Gießprozess<br />
ist in den letzten Jahren im Rahmen der<br />
Entwicklung eines Fahrwerksrahmens für<br />
BMW so weiterentwickelt worden, dass er<br />
serientauglich ist und zugleich Gussteile<br />
mit einer sehr hohen Qualität liefert. Beim<br />
Vakuumdruck<strong>gie</strong>ßen wird die Luft nahezu<br />
restlos aus der Form gesaugt, die dadurch<br />
im erstarrenden Gussteil keine Poren mehr<br />
erzeugen kann.<br />
Für hochbelastete Bauteile wie Fahrwerksteile<br />
wird das CPC- oder Counter<br />
Pressure Casting-Verfahren eingesetzt.<br />
„Dieser Fertigungsprozess ähnelt dem Niederdruck<strong>gie</strong>ßen.<br />
Es ist wie bei einer Mineralwasserflasche.<br />
Steht sie unter Druck,<br />
entweicht die Kohlensäure nicht, öffnet<br />
man die Flasche, sprudelt sie hoch. Ähnlich<br />
verhält sich die Luft in der Form“, vergleicht<br />
Dr. Greven. Dieses Verfahren bietet<br />
mit Streckgrenzen von größer 260 Megapascal<br />
und einer Bruchdehnung von<br />
mehr als acht Prozent zwar bereits sehr<br />
gute mechanische Eigenschaften. Damit<br />
gaben sich die KSM-Entwickler rund um<br />
Dr. Klaus Greven aber nicht zufrieden: auf<br />
dem Spiel stand und steht der Wettbewerb<br />
mit Eisenguss und Aluminiumschmiedeteilen.<br />
„Wir wollten weg von dieser eierlegenden<br />
Wollmilchsau AlSi7Mg und eine<br />
Le<strong>gie</strong>rung speziell für dieses Verfahren<br />
entwickeln“, so Dr. Greven.<br />
Das ist ihnen mit der neuen Le<strong>gie</strong>rung<br />
Tensal gelungen. Mit drei Prozent enthält<br />
sie im Vergleich zu AlSi7Mg etwas weniger<br />
Silizium, etwas mehr Magnesium und zusätzlich<br />
noch Chrom zum Aushärten.<br />
Streckgrenzen von 300 – 320 Megapascal,<br />
Zugfestigkeiten von 360 – 370 Megapascal<br />
und eine Bruchdehnung von sechs Prozent<br />
sprechen für sich und blieben bei den<br />
großen OEMs nicht unbemerkt: „Wir konnten<br />
eine neue Marke etablieren und von<br />
Audi und einem weiteren OEM neue Serienaufträge<br />
akquirieren“, erzählt der Entwicklungschef<br />
nicht ohne Stolz.<br />
Dabei kann sich KSM Castings ohnehin<br />
nicht über mangelnde Auslastung beklagen:<br />
„Wir haben in den letzten 36 Monaten<br />
hier am Standort über 40 Neuanläufe gehabt“,<br />
verrät Dr. Mateika. Regelmäßig fließen<br />
hierfür die Investitionen: Vier Millionen<br />
Euro für das neue Tensal-Produkt für Audi<br />
und vier Millionen für eine neue Nachbehandlungslinie<br />
in der CPC-Gießerei stehen<br />
als nächstes auf dem Programm.<br />
Fachkräfte gesucht!<br />
Die zahlreichen Gießprozesse und unterschiedlichen<br />
Werkstoffe erfordern nicht<br />
nur viel Know-how, sondern auch qualifiziertes<br />
Fachpersonal. „Trotz erwarteter<br />
Produktivitätssteigerung können wir unsere<br />
Expansionspläne voraussichtlich nicht<br />
komplett umsetzen. Der limitierende Faktor<br />
sind fehlende Fachkräfte“ ließ Franz<br />
Friedrich Butz, CEO der KSM Castings<br />
Group, in einer Pressemitteilung Ende September<br />
2015 wissen. „Der Fachkräftemangel<br />
im Unternehmen betrifft besonders<br />
Metallurgen mit Gießerei-Know-how und<br />
erstreckt sich über alle Werke bis hin zu<br />
Shelby in den USA“, betont Lothar Mutzen,<br />
Personalleiter am Standort Hildesheim und<br />
seit 14 Jahren bei KSM Castings. Dabei sei<br />
mit Blick auf die demografische Entwick-<br />
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