gie_03_2016
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UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Nachgefragt: „Wir müssen etwas<br />
bewegen, um weiter vorne mitspielen<br />
zu können!“<br />
Dr. Klaus Greven, Leiter Technologische Entwicklung der KSM Castings-Gruppe,<br />
und Dr. Marc Mateika, Werksleiter in Hildesheim, über Werkstoffentwicklung, Automatisierung<br />
und Elektromobilität.<br />
Betrifft die Expansion Ihrer Gießereigruppe<br />
alle Standorte?<br />
Mateika: Ich würde die Entwicklung hier<br />
am Standort nicht unbedingt als Expansion,<br />
sondern als Strukturwandel bezeichnen.<br />
Wir verändern unsere Produktund<br />
Prozesslandschaft, deshalb investieren<br />
wir. Andere Standorte wie KSM in<br />
Radevormwald investieren ähnlich, dieser<br />
Standort expandiert wirklich. Der<br />
Wandel findet aber an allen Standorten<br />
statt.<br />
Sie haben den neuen Werkstoff Tensal<br />
entwickelt und erfolgreich vermarktet.<br />
Wie geht es in Sachen Werkstoffentwicklung<br />
bei Ihnen weiter?<br />
Greven: Beim Aluminiumguss forschen<br />
wir. Wir wollen dem Kunden weiter mehr<br />
Leichtbaupotenzial eröffnen und mehr<br />
Gewichtsvorteile über eine höhere Festigkeit<br />
und Steifigkeit der Bauteile bieten.<br />
Ich bin auch der festen Überzeugung,<br />
dass wir daran weiterarbeiten<br />
müssen. Beim Aluminium ist in den letzten<br />
Jahren nicht mehr viel passiert. Anfang<br />
der 1990er-Jahre gab es durch Aluminium<br />
Rheinfelden eine Initialzündung<br />
und man begann auch Karosserie- und<br />
Fahrwerksteile mit den eisenarmen Le<strong>gie</strong>rungen<br />
Silafont-36 und Magsimal-59<br />
im Druck<strong>gie</strong>ßverfahren herzustellen. Die<br />
Eisen<strong>gie</strong>ßer, die Stahlschmieden mit den<br />
hochfesten warmumgeformten Stählen<br />
und die Aluminiumschmieden schlafen<br />
nicht! Da müssen wir schon etwas bewegen,<br />
um weiter vorne mitspielen zu<br />
können.<br />
Die neuen Bearbeitungszellen in der<br />
Magnesiumbearbeitung sind vollverkettet.<br />
Wie stehen Sie zur Automatisierung?<br />
Mateika: Die Fertigungskonzepte, die wir<br />
auswählen, sind fast ausschließlich hochautomatisiert.<br />
Sie bieten zunächst einmal<br />
den Vorteil geringer Personalkosten<br />
– das Verhältnis von Umsatz und Investitionen<br />
muss aber stimmen. Kleine Projekte<br />
mit geringen Stückzahlen, bei denen<br />
viel Flexibilität gefordert wird, eignen<br />
sich nicht für die Automatisierung. In<br />
diesem Fall geht es aber um ein Projekt<br />
mit 450 000 Getriebegehäusen im Jahr,<br />
das ist schon ein sehr hohes Volumen.<br />
Wenn wir solche Projektcharakteristika<br />
haben, dann lohnt sich die Automatisierung.<br />
Laufen die vollautomatisierten Bearbeitungszellen<br />
für Magnesiumdruckguss<br />
problemlos?<br />
Mateika: Es steckt viel Know-how in den<br />
Zellen. Es gibt darin Regale, über die Teile<br />
zwischengepuffert werden können. Angenommen,<br />
es gäbe eine Störung in irgendeinem<br />
Prozess, dann wird der Folgeprozess<br />
nicht unbedingt angehalten,<br />
sondern es kann in einem bestimmten<br />
Rahmen weiterproduziert werden. Wenn<br />
Sie bedenken, dass ein Roboter eine Verfügbarkeit<br />
von 99 Prozent hat und dann<br />
zehn Roboter miteinander verknüpft sind,<br />
sinkt ihre Verfügbarkeit um 0,99 hoch 10.<br />
Das macht dann schon etwas aus!<br />
Wie schätzen Sie das Thema Elektromobilität<br />
ein?<br />
Greven: Man muss das realistisch sehen.<br />
In den nächsten fünf, wahrscheinlich auch<br />
zehn Jahren wird nicht viel wegfallen. Was<br />
wir zunehmend sehen werden, sind Hybridfahrzeuge,<br />
die alle regulären Motorenbestandteile<br />
weiterhin in kleinerer Form<br />
benötigen. Langfristig wird die Elektromobilität<br />
für die Gießerei-Industrie aber<br />
Folgen haben. Wegen der Reichweite von<br />
E-Autos wird dann das Thema Leichtbau<br />
noch eine höhere Relevanz haben. Dann<br />
könnte es auch sein, dass Magnesium<br />
noch stärker im Fahrwerk und im Karosseriebereich<br />
eingesetzt wird.<br />
FOTO: KSM CASTINGS<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
Dr. Klaus Greven ist Leiter Technologische<br />
Entwicklung der KSM Castings Group. Er hat<br />
am Aachener Gießerei-Institut promoviert.<br />
KSM-Hildesheim Werksleiter Dr. Marc Mateika<br />
hat in Braunschweig Wirtschaftsingenieurwesen<br />
und Maschinenbau studiert und<br />
dort auch seinen Doktor gemacht.<br />
74 GIESSEREI 1<strong>03</strong> <strong>03</strong>/<strong>2016</strong>