NEUMANN September 2018
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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Konzert<br />
KULTUR<br />
Neue Band, altes Erbe: Nick Mason zerrt die frühen Jahre von Pink Floyd ans Licht<br />
Der Klang der Ewigkeit<br />
Da können selbst Roger Waters und David Gilmour einpacken: Pink-Floyd-<br />
Gründungsmitglied und Schlagzeuger Nick Mason zelebriert das Frühwerk der<br />
psychedelischen Rock-Titanten auf furiose Weise.<br />
Der 4. August 1967 markiert den Beginn einer neuen<br />
Ära in Großbritannien. Und das in einem Jahr, in<br />
dem sich die englische Musikwelt eh in heller Aufruhr<br />
befindet. Wenige Wochen zuvor veröffentlichen<br />
die Beatles „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“,<br />
einige Monate später schieben sie „Magical Mystery<br />
Tour“ hinterher. Und die Rolling Stones werden noch<br />
vor Jahresende mit „Their Satanic Majesties Request“<br />
für Furore sorgen.<br />
Mit anderen Worten: Es ging so einiges. Dennoch ist<br />
die Veröffentlichung des ersten Pink-Floyd-Langspielers<br />
„The Piper At The Gates Of Dawn“ an besagtem<br />
4. August selbst in einem unglaublichen Musikjahr<br />
wie diesem eine Ausnahme. Und seine Wirkung<br />
eine Zäsur: Pink Floyd, damals noch angeführt von<br />
Syd Barrett, dachten Rockmusik neu, erfanden sie<br />
neu, forderten und faszinierten ihre Hörer mit progressiver<br />
Anmut, psychedelischer Verschrobenheit<br />
und einer Lust am Experimentieren, die selbst die<br />
Beatles alt aussehen ließ.<br />
Der Rest ist Legende: Mit „The Dark Side Of The<br />
Moon“ veröffentlichen sie einige Jahre später ein<br />
Werk, das heute das drittmeistverkaufte Album<br />
der Welt ist. Und heute? Heute ist von der wohl<br />
wichtigsten, besten und visionärsten der englischen<br />
Rockbands nichts mehr übrig. Sänger Barrett, bereits<br />
1968 aus der Band geworfen, verstarb 2006, Keyboarder<br />
Richard Wright folgte ihm 2008. Die beiden langjährigen<br />
Anführer Roger Waters und David Gilmour<br />
wollen nichts mehr miteinander zu tun haben und<br />
spielen lieber eigene Konzerte, in denen sie, neben<br />
ihrem musikalischen Erbe, auch ihre Egos pflegen.<br />
Bleibt noch Nick Mason. Nick Mason, der unscheinbare<br />
Superstar. Der Kerl, der das Understatement erfunden<br />
hat. Und – so ganz nebenbei bemerkt – das<br />
einzige Pink-Floyd-Mitglied, das auf jedem einzelnen<br />
Studioalbum zu hören ist. Wenn also jemand berechtigt<br />
ist, so könnte man durchaus argumentieren, das<br />
Œuvre dieser Band zu pflegen und weiterhin live darzubieten,<br />
dann ist das wohl er. Umso schöner, dass er<br />
das genau so sieht. Im April <strong>2018</strong> gab er die Gründung<br />
von Nick Mason‘s Saucerful of Secrets bekannt, seiner<br />
neuen Band, mit der er sich dem Frühwerk von<br />
Pink Floyd verschrieben hat.<br />
Für Fans der ersten Stunde war das Weihnachten,<br />
Chanukka und Ostern an einem Tag; das Live-Debüt<br />
der Truppe, wenige Wochen später in einem kleinen<br />
Schuppen in London, der erhoffte Triumph verquerer<br />
Musikgeschichte. Natürlich lag das an Masons<br />
agilem, kapriziösem und enthemmtem Spiel, natürlich<br />
an der Sogwirkung des Prä-“Dark Side of the<br />
Moon“-Materials. Es lag aber auch an seiner Band,<br />
die mit Gary Kemp von Spandau Ballet wohl den unwahrscheinlichsten,<br />
aber absolut perfekten Gitarristen<br />
in ihren Reihen hat.<br />
„Wir sind keine Tribute-Band“, stellte Mason dann<br />
auch gleich klar. „Alles, was wir wollen, ist, den Geist<br />
dieser Jahre einzufangen.“ Das tun sie mir einer Setlist,<br />
an die der Pink-Floyd-Fans von heute nicht mal<br />
mehr zu träumen gewagt hätte: „Interstellar Overdrive“,<br />
„Let There Be More Light“ oder „Set The Controls<br />
For The Heart Of The Sun“ an einem Abend, in<br />
ihrer reinen, vernebelten Form ohne den Pathos und<br />
Bombast der späteren Pink Floyd. Nicht, dass an dem<br />
etwas verkehrt ist, im Gegenteil. Es ist nur die Singularität<br />
dieses Ereignisses, die allen anderen Konzerten<br />
im <strong>September</strong> die Schau stiehlt. Denn eines ist<br />
sicher: Noch mal wird sich die Chance nicht ergeben,<br />
diese frühen Werke von einem Originalmitglied vorgespielt<br />
zu bekommen. jono<br />
NICK MASON‘S SAUCERFUL OF SECRETS<br />
15.09. | 20 Uhr | Liederhalle | Stuttgart |<br />
thesaucerfulofsecrets.com<br />
Foto: Jill Furmanovsky<br />
<strong>September</strong> <strong>2018</strong>