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... der steirer land ... Ausgabe 03 2018

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Mein Vater Mathias Strohriegl wurde<br />

1880 als ältestes von acht Kin<strong>der</strong>n<br />

auf <strong>der</strong> Wirtschaft vulgo Wolzn in<br />

Mitteregg geboren. Er war <strong>der</strong> Hoferbe und sein<br />

ganzes Leben war auf die Landwirtschaft ausgerichtet.<br />

Der Erste Weltkrieg kam und Vater wurde<br />

eingezogen. Als er nach dessen Ende wie<strong>der</strong> heimkam,<br />

wurde er zum Bürgermeister von Mitteregg<br />

gewählt; dieses Amt hat er 42 Jahre lang ausgeübt.<br />

Er war verheiratet und von allen seinen Geschwistern<br />

sind letztendlich ein Bru<strong>der</strong> und eine<br />

Schwester als Knecht und Dirn am Hof verblieben,<br />

obwohl damals auch noch <strong>der</strong> jüngste Bru<strong>der</strong> daheim<br />

beim Wolzn war. Die Zeiten waren schlecht<br />

und wenn man seine Familie nicht ernähren konnte,<br />

ging man zum Bürgermeister. Vater half, wo er<br />

nur konnte: Ein Sack Sterzmehl, ein Topf Getreidemehl<br />

zum Brotbacken o<strong>der</strong> ein Korb voller Erdäpfel<br />

halfen damals vielen Familien über den Winter. Die<br />

Wirtschaft umfasste gut 15 Joch und eine eigene<br />

Mühle gab es ebenfalls. Mit seiner Frau hatte er einen<br />

Sohn, es wurde gearbeitet und gewirtschaftet,<br />

bis sich 1940 seine Gattin an einem Dorn verletzte,<br />

an Wundstarrkrampf erkrankte und kurze Zeit<br />

später verstarb.<br />

Meine Mutter Elisabeth kam 1910 in Kerschegg zur<br />

Welt und heiratete später auf die Wirtschaft vulgo<br />

Maxl nach Mitteregg. Ihr Hof umfasste 8 Joch. Da<br />

neben den Eltern und fünf Kin<strong>der</strong>n auch noch vier<br />

alte Leute hier lebten, war es mehr als schwierig,<br />

alle Mäuler satt zu bekommen. Großes Unglück traf<br />

die Familie, als 1940 <strong>der</strong> Stall abbrannte. Geld war<br />

keines vorhanden, es mussten Schulden gemacht<br />

werden und für die Hilfeleistungen <strong>der</strong> Nachbarn<br />

wurden Tagwerksdienste vereinbart. Doch damit<br />

nicht genug, verletzte sich Mutters Mann bei den<br />

Bauarbeiten und starb nur zwei Tage später ebenfalls<br />

an Wundstarrkrampf. Der älteste Sohn war<br />

9 Jahre alt, das jüngste Kind gerade einmal einjährig<br />

und dazu noch vier alte Leute, von denen eine<br />

Tante schon seit Jahren nicht mehr gehen konnte.<br />

Mutter war gerade einmal 32 Jahre alt und hatte<br />

Lasten zu tragen, wie sie sich heute kaum mehr<br />

jemand vorstellen kann. Es gab we<strong>der</strong> Witwenrente<br />

noch Altersrente und schon gar keine Kin<strong>der</strong>beihilfe.<br />

Nachts wusch sie die Wäsche und nähte<br />

aus alten Militärmänteln neue Hosen und Röcke<br />

für die Kin<strong>der</strong>. Frühmorgens kümmerte sie sich um<br />

die eigene kleine Wirtschaft und tagsüber musste<br />

sie die Hilfeleistungen bei den Nachbarn abarbeiten.<br />

Nicht immer war genug da, um alle Mäuler<br />

satt zu bekommen; umso dankbarer war man dem<br />

Bürgermeister, wenn er hin und wie<strong>der</strong> einen Sack<br />

Sterzmehl vorbeibrachte.<br />

Leichter wurde es für Mutter, als ihre ledige<br />

Schwester zum Maxl zog, um ihr zu helfen. Sie war<br />

ein Multitalent und neben allen <strong>land</strong>wirtschaftlichen<br />

Arbeiten konnte sie auch Körbe nähen, Re-<br />

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