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Über den architektonischen Mehrwert - Bremer Zentrum für Baukultur

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sind einem Bauwerk nur bedingt anzusehen. Es bedarf der Vermittlung, der Erklärung, der<br />

Diskussion. Eine architektonische Werkschau ist in meinen Augen ein hervorragendes Mittel, diesen<br />

Diskurs herauszufordern, weil das präsentierte Werk sich in der Regel alles andere als homogen<br />

ausnimmt, sondern uns, wenn man es zu lesen versteht, etwas über die Entstehungszeit der<br />

einzelnen Bauwerke vermittelt und über die in sie eingeschrieben Wünsche und Lösungsvorschläge.<br />

Dadurch lässt sich nicht zuletzt das aktuelle Architekturgeschehen ein Stück weit relativieren und in<br />

eine hilfreiche kritische Distanz rücken.<br />

Da ich vermute, dass nicht alle der Anwesen<strong>den</strong> mit dem hier behandelten Werk ganz vertraut sind,<br />

möchte ich im Folgen<strong>den</strong> eine kleine Einführung in die Architekturproduktion geben, die unter dem<br />

Namen Harm Haslob in verschie<strong>den</strong>en Bürokonstellationen entstan<strong>den</strong> ist. Dabei werde ich<br />

versuchen, einzelne Werkphasen im Kontext der allgemeinen <strong>architektonischen</strong> wie<br />

gesellschaftlichen Entwicklungen zu verorten, die es nicht nur begleitet, sondern in vielen Aspekten<br />

auch bedingt haben. Grob gesagt lassen sich die Arbeiten in drei Abschnitte gliedern, die, wie könnte<br />

es anders sein, allgemeine Architekturentwicklungen widerspiegeln.<br />

Doch zunächst sollte die Sprache auf die individuellen Voraussetzungen kommen, die dem Werk<br />

zugrunde liegen. Die architektonische Gestalt besitzt ja immer auch eine biografische Dimension.<br />

Frühe Prägungen spielen dabei ein Rolle, bei Architekten aber in besonderem Maß auch das Studium.<br />

Da sich die Entscheidungen über die Gestalt eines Gebäudes kaum in einem klassisch<br />

wissenschaftlichen Sinn objektivieren lassen, sind in diesem Berufsfeld formale und inhaltliche<br />

Ideale, Wert- und Weltanschauungssysteme und so genannte „Schulen“ notwendig. Ein wichtiger Ort<br />

der Vermittlung solcher Orientierungsmuster sind die Hochschulen, beziehungsweise namhafte<br />

Architekten, die an Hochschulen lehren und bestimmte Ideen und Ideale verkörpern. Das Ergebnis<br />

der latenten Wertediskurse, <strong>den</strong>en sich ein Architekturstu<strong>den</strong>t aussetzen muss, um seine Entwürfe<br />

legitimieren zu können, ist im besten Sinn etwas, was man mit „Haltung“ und „Einstellung“ und<br />

formal mit einer bestimmten „Handschrift“ umschreiben könnte.<br />

Ein in diesem Sinn Einfluss gebender Bezugspunkt war bei Harm Haslob zunächst der Vater. Hermann<br />

Haslob war Architekt und Baudirektor in Bremen-Nord. Er hatte vor dem Krieg in Stuttgart studiert.<br />

Die so genannte Stuttgarter Schule, geprägt durch die Architekten Paul Bonatz und Paul<br />

Schmitthenner, vertrat eine antimodernistische Richtung im Bauen. In Bremen gab es zahlreiche<br />

Adepten dieser traditionalistischen Architekturhaltung. Friedrich Schumacher, Kurt Haering,<br />

Hermann Gildemeister, Hans Storm, Erik Schott, Friedrich Heuer und unter <strong>den</strong> jüngeren Gerhard<br />

Müller-Menckens – alles Architekten, die in Stuttgart ihre Ausbildung gemacht hatten und die in<br />

Bremen am Nachkriegsbaugeschehen maßgeblich beteiligt waren. Der Architekturstreit zwischen<br />

Traditionalisten und Modernisten erreichte in Bremen schließlich um 1960 mit dem Wettbewerb um<br />

das Haus der Bürgerschaft seinen Höhepunkt. Keine Frage, dass<br />

auch Hermann Haslob in diesem Streit auf der Seite der Tradition<br />

stand. Es war wohl weniger dieser architekturideologische<br />

Disput als die kreative Atmosphäre in einem<br />

Architektenhaushalt und das direkte sinnlich ansprechende<br />

Vorbild des schlichten und handwerklich soli<strong>den</strong> Einfamilienhauses,<br />

das der Vater in <strong>den</strong> späten vierziger Jahren <strong>für</strong> die<br />

Familie in St. Magnus gebaute hatte, was bei Harm Haslob schon früh <strong>den</strong> Wunsch geweckt hatte,<br />

auch Architekt zu wer<strong>den</strong>. Da ich kein Foto von diesem Haus habe, zeige ich eines aus der gleichen<br />

Zeit, das aus einer ähnlichen <strong>architektonischen</strong> Haltung heraus entstan<strong>den</strong> sein dürfte.<br />

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