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Über den architektonischen Mehrwert - Bremer Zentrum für Baukultur

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Der Erweiterungsbau der Deutschen Gesellschaft zur Rettung<br />

Schiffbrüchiger in Bremen zeigt ein anderes typisches Moment<br />

einer postmodernen Architekturhaltung: die Vorliebe <strong>für</strong> die<br />

einfache, archaisch wirkende Hausform mit Giebeldach, wohl<br />

eine Anspielung an die Ur-Hütten-Diskussion in der<br />

Architekturtheorie des 18. Jahrhunderts, die seinerzeit neu<br />

aufgegriffen wurde. Durch eine Fuge zum seitlichen Vorbau wird<br />

dieser Giebel bewusst schlank gehalten. Erinnerungen an<br />

historische Speicher sollten damit geweckt wer<strong>den</strong>.<br />

Mit dem Bau der Domshofpassage in der zweiten Hälfte der<br />

neunziger Jahre, die im Rahmen des Umbau der Deutschen Bank entstand, fand die postmoderne<br />

Phase in dem hier betrachteten Werk ihren Abschluss. Die Wiederentdeckung der Passage, ein<br />

Bautyp des ausgehen<strong>den</strong> 19. Jahrhunderts, passte hervorragend zum postmodernen Zeitgeist, der<br />

sich ja auch die Erschließung neuer Erlebnisdimension in historischen Stadtzentren zum Ziel gesetzt<br />

hatte. Bereits in <strong>den</strong> frühen neunziger Jahren waren Haslob und Hartlich, zusammen mit Rosengart<br />

und Partner und dem Düsseldorfer Büro Rhode, Kellermann, Wawrowsky, mit dem Bau der<br />

Lloydpassage befasst, die ja streng genommen keine Passage,<br />

sondern eine überbaute Nebenstraße ist. Die Domshofpassage ist<br />

dagegen eine echte. Sie erfüllt städtebaulich in der <strong>Bremer</strong><br />

Innenstadt eine wichtige Funktion in der fußläufigen Erschließung<br />

der zuvor eher vernachlässigten Nordseite des Domshofes. Dieter<br />

Bartetzko, Architekturkritiker des FAZ, lobte an dem Bauwerk, dass<br />

die Architekten „ohne plump nachzuahmen, die zentralen<br />

Glaskuppeln und Wegekreuze der ,Urpassagen‘ in Paris, Mailand,<br />

Rom und Brüssel wiederaufgegriffen“ hätten. Wie dort<br />

konstatierte Bartetzko auch in Bremen eine gelungene Mischung<br />

aus „Opulenz und Orientierung, suggerierte Raumverschwendung<br />

und tatsächliche Raumökonomie“.<br />

Im Laufe der neunziger Jahre vollzog sich in der allgemeinen Architekturentwicklung allmählich ein<br />

Wandel. Die postmoderne Motivfülle erlitt einen gewissen Abnutzungseffekt, die Bildsprache der<br />

postmodernen Architektur drohte mehr und mehr in Beliebigkeit und Banalität abzugleiten. Immer<br />

häufiger tauchten in der zeitgenössischen Architektur wieder Bezüge zur Architektursprache der<br />

Moderne auf. Heinrich Klotz, der Gründungsdirektor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt<br />

führte Ende der neunziger Jahre <strong>den</strong> Begriff „Zweite Moderne“ ein. Andere sprachen von „Neo-<br />

Moderne“ oder von „Reflexiver Moderne“, womit angedeutet wurde, dass man sich jetzt anschickte,<br />

die ästhetischen Stärken der historisch gewor<strong>den</strong>en modernen Architektur wieder zu beleben ohne<br />

ihre offensichtlichen Schwächen, die ja nicht zuletzt die Postmoderne aufgedeckt hatte, zu<br />

wiederholen.<br />

Ähnlich wie in der <strong>Über</strong>gangsphase der siebziger Jahre gab es<br />

auch in <strong>den</strong> späten neunziger Jahren Bauten in dem hier<br />

betrachteten Werk, die zwischen dem alten und dem neuen<br />

Formkonzept changierten. Ein gutes Beispiel stellt da<strong>für</strong> das<br />

1999 fertiggestellte Hauptgebäude <strong>für</strong> die Firma OHB dar.<br />

Modernistisch in seiner Formensprache, steht bei diesem<br />

Gebäude immer noch ein bildhaft- symbolisches Moment im<br />

Vordergrund. „Das gewählte Oval als Eingangsmotiv“, heißt es<br />

in dem Erläuterungstext, „spielt im weitesten Sinne auf die Umlaufbahn eines Satelliten an.“<br />

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