Kaiserlich Erleben
Ausgabe 3/2018
Ausgabe 3/2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4 TITEL<br />
Unterwegs auf dem Geo-Pfad Eichstetten<br />
Klangsteine,<br />
Kindel und Co.<br />
Lösskindel in bizarren Formen, dunkle Höhlen und magnetische Steine – wer für Geologie zuvor nur<br />
ein Gähnen übrig hatte, lernt auf dem Themen-Pfad bei Eichstetten das Staunen.<br />
Ein wildes Flattern. Ein<br />
schwarzer Schatten.<br />
Dann verschwindet eine<br />
Fledermaus im Dunkeln der<br />
Höhle. Schnell ziehen wir unsere<br />
Köpfe zurück. Pardon. Das<br />
ist dein Reich, Fledermaus, aber<br />
Hineinzuschauen war einfach zu<br />
verlockend. Immer wieder lassen<br />
wir uns auf dem Geo-Pfad auf<br />
diese Weise überraschen: von<br />
grün schillernden Smaragdeidechsen,<br />
überwucherten Rebhüttchen,<br />
schmalen Wegen und<br />
wilden Kräutern am Wegesrand.<br />
Das alles gibt es nebenher. Denn<br />
eigentlich geht es bei dem neuneinhalb<br />
Kilometer langen Themenpfad<br />
mit seinen 13 Stationen<br />
darum, wie das kleine Mittelgebirge<br />
Kaiserstuhl aufgebaut und<br />
entstanden ist. Und wie es von<br />
Menschenhand verändert wurde.<br />
Um Vulkangestein, Löss und vieles<br />
mehr. Ein trockenes Thema?<br />
Dachten wir am Anfang auch.<br />
Bis wir an der ersten Station der<br />
Fledermaus begegneten und etwas<br />
Löss von den Wänden ihrer<br />
guten Stube kratzten: So etwas<br />
Weiches kann so fest sein, dass<br />
es einen Stollen trägt? Und doch<br />
zerbröselt es gelbbraun zwischen<br />
den Fingern? Faszinierend.<br />
Der Lössstollen ist das erste<br />
Highlight an der Route. Er befindet<br />
sich nur wenige Gehminuten<br />
vom Startpunkt am Eichstetter<br />
Samengarten entfernt. Weil es<br />
damals noch keine Fahrstraße<br />
zum oberhalb liegenden Gewann<br />
„Hasen“ gab, bahnte sich ein<br />
Winzer 1920 einen Weg durch<br />
den Hang. Auch Rüben und<br />
Kartoffeln wurden in den Lösshöhlen<br />
gelagert. Heute darf der<br />
Stollen aus Sicherheitsgründen<br />
nicht mehr betreten werden.<br />
Schatzkiste der<br />
Vergangenheit<br />
Roter Klatschmohn betupft<br />
die Hänge auf unserem Weg zum<br />
Rusental – der nächsten Station<br />
entlang des Geopfads. Hier<br />
taucht ein ausladender Nussbaum<br />
die Welt in kühles Grün.<br />
Ein holpriger Feldweg führt<br />
zum „Aufschluss Rusental“, einem<br />
Hang, an dem das Gestein<br />
nicht zugewachsen ist, sondern<br />
offen zutage tritt. Wie ein Schatzkistchen,<br />
das den Deckel lüftet,<br />
zeigt uns der entblößte Berg<br />
seine Entstehungsgeschichte.<br />
Die unterschiedlichen Gesteinsschichten<br />
sind mithilfe der Tafel<br />
gut zu erkennen: unten eine<br />
Schicht Phonolith, der als heiße<br />
Schmelze entlang der Schichten<br />
aufgedrungen ist. Phonolith ist<br />
auch als Klangstein bekannt,<br />
weil man ihm – je nach Beschaffenheit<br />
– Töne entlocken kann.<br />
Darüber rund 30 Millionen Jahre<br />
alter geschichteter Mergel, aus<br />
Ton und Kalk bestehendes Sedimentgestein.<br />
Auch Magneteisen<br />
– sogenannter Magnetit – befindet<br />
sich in dem Hang, dem man<br />
mit einem Taschenmesser nachspüren<br />
kann.<br />
Am Himmel zieht ein Bussard<br />
weite Kreise, unter unseren Füßen<br />
knackt der Kies – es geht<br />
weiter zur nächsten Station,<br />
der Karl-Otto-Hütte. Der Blick<br />
schweift über das Grün der Reben<br />
hinüber zum Schwarzwald,<br />
der mit seinen blauen Gipfeln den<br />
Horizont begrenzt. Traumhaft<br />
schön. Wir müssen uns einen<br />
Ruck geben, um wieder loszukommen.<br />
Hinter der Hütte führt<br />
der Weg an Holunderbüschen<br />
entlang zu einem Laubwald. Das<br />
eigentlich Interessante liegt dabei<br />
zu unseren Füßen: Blickt man<br />
den Waldhang hinunter, erkennt<br />
man eine ursprüngliche Terrassenlandschaft.<br />
Das Gebiet war<br />
nicht immer bewaldet, sondern<br />
wurde landwirtschaftlich genutzt.<br />
Grünland mit Streuobstwiesen<br />
befand sich an der Stelle,<br />
wo heute Wald ist. Erst vor etwas<br />
mehr als 100 Jahren wurde das<br />
Bildnachweis: Freya Pietsch<br />
<strong>Kaiserlich</strong> erleben · 03/2018