Österreichs Insiderblatt für die Elektrobranche Eine E&W ...
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Liebe Leser!<br />
Die Krise ist eine arme Sau.<br />
Zugegeben, Sie hat eine hässliche<br />
Visage, riecht ein wenig<br />
streng und reißt uns brutal aus<br />
den schönsten Träumen. Aber<br />
<strong>die</strong> Art und Weise, wie wir mit<br />
ihr umgehen, hat sie sich auch<br />
wieder nicht ver<strong>die</strong>nt. Auch eine<br />
Krise hat Gefühle. Sie ist zwar<br />
hart in der Sache, aber sportlich<br />
fair. Sie behandelt alle gleich und sucht niemanden<br />
heim, der es nicht ver<strong>die</strong>nt hätte – irgendwie.<br />
Das ist ein bisschen wie mit der „g´sunden<br />
Watsch´n”. Denke ich an meine (übrigens sehr<br />
schöne und behütete) Kindheit zurück, habe ich<br />
(neben vielem anderen) einen Satz im Ohr: „Du<br />
bettelst um eine Ohrfeige”. Und auch wenn ich<br />
<strong>die</strong>sen Wunsch nicht so direkt ausgedrückt habe<br />
damals – aber metaphorisch gesehen war es tatsächlich<br />
so. Meistens jedenfalls. Kein Wunder also,<br />
dass er dann auch ab und zu wackelte – der<br />
Watschenbaum.<br />
Aber zurück zur sportlichen Fairness: Wie würden<br />
Sie sich fühlen, wenn Sie ihr Gegner ganz<br />
offensichtlich gewinnen lässt? Na eben. Und ich<br />
wette mit Ihnen, dass <strong>die</strong>ses Gefühl noch viel<br />
stärker wäre, wenn Sie wüssten, dass Sie auch<br />
ohne Hilfe gute Chancen auf den Sieg gehabt<br />
hätten.<br />
So muss es auch der Krise gehen, <strong>die</strong> plötzlich alles<br />
in <strong>die</strong> Schuhe geschoben bekommt. <strong>Eine</strong>rlei ob<br />
sie etwas da<strong>für</strong> kann oder nicht. Da muss man<br />
verstehen, dass sie sich nicht gut fühlt dabei, so<br />
einfach wollte sie nicht gewinnen. Erbärmlich<br />
schlechte Manager packen jetzt nämlich reihenweise<br />
<strong>die</strong> Chance beim Schopf, ihr eigenes Versagen<br />
pauschal auf „Die Krise” zu schieben und<br />
vertauschen damit elegant Ursache mit Wirkung.<br />
Denn <strong>die</strong> Realität sieht ganz anders aus.<br />
Kennen Sie <strong>die</strong> Werbung <strong>für</strong> Fisherman´s<br />
Friend: „Sind sie zu stark, bist du zu schwach”?<br />
Wer so tut, als käme <strong>die</strong> Krise über uns wie eine<br />
unbeeinflussbare Naturkatastrophe, der hat gar<br />
nichts verstanden. Denn erst unser Misserfolg<br />
lässt sie wachsen. Unser Scheitern ist ihr Gewinn.<br />
Nicht umgekehrt. Für jene, <strong>die</strong> sich auf einen<br />
harten, aber fairen Kampf einlassen wollen,<br />
gibt´s nur ein Mittel: Handeln!<br />
Außerdem hat sich der US-Pfarrer Will Bowen<br />
anlässlich einer Versammlung der „Christ<br />
Church” etwas ausgedacht, was ebenso simpel<br />
Die Krise<br />
ist eine<br />
arme Sau<br />
wie effektiv ist.<br />
<strong>Eine</strong>s Tages teilte er eine ganze<br />
Menge lila farbener Armbänder<br />
aus und bat <strong>die</strong> Mitglieder<br />
seiner Gemeinde, vier<br />
sehr einfache Regeln zu befolgen.<br />
Regel 1: Jeder sollte sein<br />
Armband auf einem der beiden<br />
Handgelenke tragen. Regel<br />
2: Wer sich anschließend<br />
selbst dabei ertappte, wie er gerade jammerte, jemanden<br />
kritisierte oder über andere lästerte, sollte<br />
das Armband sofort auf das andere Handgelenk<br />
bewegen. Regel 3: Jeder, der beobachtete, wie jemand<br />
anderer mit einem lila Armband jammerte,<br />
lästerte oder sich beschwerte, sollte <strong>die</strong>sen auffordern,<br />
das Armband zu wechseln – und das dann<br />
auch selbst tun. Regel 4: Regel 2 und 3 sollte jeder<br />
so lange befolgen, bis er das Armband 21 Tage<br />
lang nicht wechseln musste.<br />
Glaubt man <strong>die</strong>se Geschichte, waren <strong>die</strong> Mitglieder<br />
der Gemeinde zunächst skeptisch, machten<br />
dann aber nahezu geschlossen mit und waren am<br />
Ende des „Spiels” – <strong>die</strong> Menschen benötigten vier<br />
„Auch eine Krise hat Gefühle. Sie ist<br />
zwar hart in der Sache, aber sportlich<br />
fair. Sie behandelt alle gleich und sucht<br />
niemanden heim, der es nicht ver<strong>die</strong>nt<br />
hätte – irgendwie.”<br />
bis zehn Monate um 21 Tage lang jammerfrei zu<br />
sein – optimistischer, glücklicher, gesünder und hatten<br />
mehr Spaß am Leben. Insgesamt sollen weltweit<br />
fast sechs Millionen Armbänder verschickt<br />
worden sein - zu einem Dollar pro Stück.<br />
Glaubt man das alles nicht und vermutet dahinter<br />
eine gut erfundene PR-Story und <strong>die</strong> Idee, vielen<br />
Menschen ein wenig Geld abzuknöpfen, ist<br />
das auch egal. Denn ich selbst habe im Selbstversuch<br />
herausgefunden, dass man das Armband gar<br />
nicht physisch am Handgelenk tragen muss, um<br />
<strong>die</strong> Jammerfrequenz deutlich herunterzufahren. Es<br />
reicht, an <strong>die</strong>se Geschichte zu denken.<br />
Und dass Jammern <strong>die</strong> Symptome des bejammerten<br />
Zustands noch verstärkt, hat sogar eine USamerikanische<br />
medizinische Stu<strong>die</strong> bewiesen. Der<br />
Umkehrschluss gilt: Weniger jammern heißt ganz<br />
einfach, eine positivere Sicht der Welt zu haben.<br />
Editorial<br />
Und das kann so falsch nicht sein.<br />
Wer ein bisschen mehr über Will Bowen und seine<br />
Idee erfahren möchte, kann das im Internet<br />
unter acomplaintfreeworld.org, auf der <strong>die</strong>ser nicht<br />
nur <strong>für</strong> eine jammerfreie Welt wirbt, sondern auch<br />
gleich <strong>für</strong> ein paar Merchandising-Artikel. Mit<br />
dem Zweck – Sie haben´s längst erraten – ganz<br />
selbstlos <strong>die</strong> Welt zu verbessern ...<br />
Im Editorial der vergangenen Ausgabe habe ich<br />
Ihnen versprochen, Sie würden <strong>die</strong>smal erfahren,<br />
was <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> „Wege aus der Krise: Von Roosevelt<br />
lernen” von Gauti Eggertsson, einem Ökonomen<br />
der Federal Reserve Bank of New York,<br />
über <strong>die</strong> wahren Hintergründe zur Lösung der<br />
Wirtschaftskrise von 1930 herausgefunden hat.<br />
Eingermaßen bekannt ist ja, dass Roosevelt sich<br />
damals einiges einfallen ließ, um <strong>die</strong> Wirtschaft<br />
wieder anzukurbeln. So ließ er etwa eine 755 Kilometer<br />
lange Straße quer durch <strong>die</strong> Blue Ridge<br />
Mountains bauen, in Milwaukee arbeitslose Frauen<br />
in Handarbeit tausende von Puppen nähen<br />
und schickte Journalisten quer durch <strong>die</strong> USA mit<br />
dem Auftrag, einen Reiseführer über jeden Winkel<br />
des riesigen Landes zu schreiben. Nahm man bislang<br />
an, all <strong>die</strong>se Maßnahmen hätten dazu beigetragen,<br />
den Weg aus der großen Wirtschaftskrise<br />
zu finden, so hat besagte Stu<strong>die</strong> durchaus erstaunliche<br />
Ergebnisse gebracht.<br />
Dabei entdeckte Eggertsson nämlich, dass <strong>die</strong> damalige<br />
Wende weniger durch <strong>die</strong> ökonomischen<br />
Effekte von Roosevelts Maßnahmen hervorgerufen<br />
wurde, sondern vielmehr durch <strong>die</strong> psychologische<br />
Wirkung der Politik. Bis dahin hatten <strong>die</strong><br />
Amerikaner damit gerechnet, dass <strong>die</strong> Wirtschaft<br />
weiter schrumpft – und durch ihr Verhalten da<strong>für</strong><br />
gesorgt, dass <strong>die</strong>s auch tatsächlich der Fall war.<br />
Roosevelt habe es geschafft, <strong>die</strong>se negativen Erwartungen<br />
zu durchbrechen: Die Amerikaner fassten<br />
wieder Hoffnung und gaben daher mehr Geld<br />
aus. Die Stu<strong>die</strong>: „Der Schlüssel <strong>für</strong> <strong>die</strong> Erholung<br />
war das erfolgreiche Management von Erwartungen<br />
über <strong>die</strong> zukünftige Politik.”<br />
Und immer wieder zeigt sich: Die Welt entsteht<br />
im Kopf. Nützen wir ihn!<br />
DI Andreas Rockenbauer<br />
Herausgeber