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Dortmund bauen – Masterplan für eine Stadt

ISBN 978-3-86859-495-9 https://www.jovis.de/de/buecher/product/dortmund-bauen.html

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Kultur und Bildung — Politik <strong>für</strong> die <strong>Stadt</strong>gesellschaft<br />

Dieter Nellen (DN) — Was waren die grundsätzlichen<br />

Motive und Ziele Ihrer offensiven<br />

Urbanitäts strategie?<br />

Gerhard Langemeyer (GL) — Die Lebensfähigkeit<br />

<strong>eine</strong>r <strong>Stadt</strong> hängt am wirtschaftlichen Erfolg und den<br />

Arbeitsplätzen. Im <strong>Dortmund</strong>er Strukturwandel<br />

mit dramatischen Verlusten bei Kohle, Stahl und Bier<br />

mussten Technologiepolitik und Unternehmensgründungen<br />

allerdings flankiert werden. Im Wettbewerb<br />

mit anderen Städten galt es, in die Qualität<br />

von Kultur, Sport und Grünflächen zu investieren.<br />

Exemplarisch ist da<strong>für</strong> das Konzerthaus, gestartet als<br />

Initiative der <strong>Stadt</strong>verwaltung unter Oberstadtdirektor<br />

Harald Heinze mit dem Plan <strong>eine</strong>r Mehrzweckhalle<br />

im Verbund der Westfalenhallen. Das Projekt wurde<br />

bis zum Architektenwettbewerb vorangetrieben,<br />

scheiterte aber an der fehlenden Kofinanzierung.<br />

Ein Ortstermin der Verwaltungsführung unter<br />

Oberstadtdirektor Hans-Gerd Koch im Brückstraßen-<br />

Viertel führte zum Durchbruch. Eine Besichtigung<br />

des geschlossenen Universum-Kinos, in dem in den<br />

1920er Jahren auch Konzerte stattfanden, war <strong>für</strong><br />

mich Anlass, das Projekt wieder aufzugreifen. Der<br />

erste Gedanke: In der <strong>Stadt</strong>mitte, wo seit Jahrzehnten<br />

das Kino mit Konzert zum Freizeitangebot gehörte,<br />

sollten die Philharmoniker ein Zuhause bekommen.<br />

Eine Machbarkeitsstudie machte schnell klar, dass<br />

das Raumvolumen zu gering, die Bühne zu klein und<br />

die Akustik unzureichend waren. Als Lösung wurde ein<br />

Neubau an gleicher Stelle konzipiert, mit dem Ziel,<br />

<strong>eine</strong> r<strong>eine</strong> Konzerthalle mit höchsten akustischen<br />

Ansprüchen zu realisieren. Zusätzliche Grundstücke<br />

wurden erworben, ein Architektenwettbewerb ausgelobt.<br />

Die neue Nutzung sollte helfen, das Viertel<br />

zu reaktivieren. Ich konnte das Vorhaben politisch<br />

durchsetzen, weil neben kulturellen zugleich städtebauliche<br />

Ziele erreicht wurden, die <strong>eine</strong> Mitfinanzierung<br />

durch das Land NRW ermöglichten.<br />

DN — Für das <strong>Dortmund</strong>er U war zunächst <strong>eine</strong><br />

vornehmlich museale Nutzung angedacht, die sich<br />

dann zugunsten <strong>eine</strong>s multithematischen und<br />

interdisziplinären Modells erweiterte, also mehr in<br />

Richtung Centre Pompidou als Louvre. Wie ist Ihre<br />

Sicht zur Genese und Zukunft des U?<br />

GL — Dem Brauereikonzern Brau und Brunnen<br />

ist es über mehr als fünfzehn Jahre nicht gelungen,<br />

<strong>eine</strong> Folgenutzung <strong>für</strong> das nicht mehr benötigte<br />

Grundstück der ehemaligen Union-Brauerei an der<br />

Rheinischen Straße zu realisieren. Erst als der Konzern<br />

vorschlug, durch den Bau <strong>eine</strong>r Unternehmenszentrale<br />

<strong>eine</strong>n Anker zu setzen und der <strong>Stadt</strong> den<br />

Turm unentgeltlich mit der Maßgabe anbot, <strong>eine</strong><br />

Nutzung zu finden, konnte die städtebauliche Lösung<br />

an der Rheinischen Straße angegangen werden.<br />

Die Verlegung der Brinkhoffstraße und die Neuordnung<br />

der Kreuzung am Wallring war zuvor schon<br />

durch ein städtebauliches Konzept von Richard<br />

Rogers vorgeschlagen worden.<br />

Wieder war es das Bündnis von Städtebau und<br />

Kulturinvestition, das zum Erfolg führte. Einen Neubau<br />

<strong>für</strong> das Museum am Ostwall hatte ich schon bei der<br />

Wahl zum Kulturdezernenten propagiert, damals mit<br />

dem Standortvorschlag gegenüber dem Hauptbahnhof,<br />

wo jetzt die <strong>Stadt</strong>- und Landesbibliothek nach<br />

dem Entwurf von Mario Botta neben dem Deutschen<br />

Fußballmuseum steht.<br />

Im Turm legten die großen Raumtiefen und das<br />

geringe Tageslicht <strong>eine</strong> museale Nutzung nahe. Im<br />

ersten Anlauf schlug ich vor, das Gebäude insgesamt<br />

im Messebaustandard <strong>für</strong> Ausstellungszwecke herzu -<br />

richten und die Bestände des Museums am Ostwall<br />

dort zu präsentieren. Im Dialog mit dem Land<br />

Nordrhein-Westfalen wurde das Vorhaben zu <strong>eine</strong>m<br />

Zentrum <strong>für</strong> Kunst und Kreativität weiterentwickelt.<br />

Der Entwurf von Eckhardt Gerber und s<strong>eine</strong>n Partnern<br />

mit der vertikalen Erschließung durch Rolltreppen<br />

erinnert durchaus an das Centre Pompidou. Auch dort<br />

gibt es neben moderner Kunst Film und Fotografie.<br />

Die Sammlung ist ebenso in den oberen Geschossen<br />

untergebracht. Im <strong>Dortmund</strong>er U sind die größeren<br />

Raumhöhen oben zu finden.<br />

Durch die Einbindung weiterer Partner im U — dem<br />

Hartware MedienKunstVerein (HMKV), der Universität<br />

und der Fachhochschule — ist es enger und komplizierter<br />

geworden. Die darin liegenden Chancen<br />

kann man aber nutzen. Wenn es gelingt, aus den<br />

ersten Jahren die richtigen Konsequenzen zu ziehen,<br />

gebe ich dem <strong>Dortmund</strong>er U <strong>eine</strong> sehr gute Prognose,<br />

nicht nur als Wahrzeichen der <strong>Stadt</strong> s<strong>eine</strong> Beliebt -<br />

heit zu steigern.<br />

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