22.10.2018 Aufrufe

Dortmund bauen – Masterplan für eine Stadt

ISBN 978-3-86859-495-9 https://www.jovis.de/de/buecher/product/dortmund-bauen.html

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Strategieformate und Entwicklungsprozesse <strong>für</strong> die Gesamtstadt<br />

Großprojekt ohne »Leuchtturm«?<br />

Der Strukturwandel in <strong>Dortmund</strong> folgte dem Lauf der<br />

Kohle: Im Süden stand sie hoch an, im Norden taucht<br />

sie ab. Im Süden gab es daher schon früh Impulse<br />

<strong>für</strong> die Gestaltung des Wandels — beginnend mit den<br />

Entwicklungen im Umfeld der Technischen Universität<br />

bis hin zur Entwicklung der PHOENIX-Standorte. Im<br />

Nordteil der <strong>Stadt</strong> hingegen »fielen in großem Umfang<br />

Arbeitsplätze weg. Dazu kam ein Verlust an Kaufkraft,<br />

der wiederum mit Segregation einher ging. Der<br />

Norden drohte abgehängt zu werden. Und das darf<br />

nicht sein.«* So fasste Oberbürgermeister Sierau den<br />

Hintergrund <strong>für</strong> ein Programm besonderer Art zusammen,<br />

mit dem die ganze nördliche Hälfte der <strong>Stadt</strong> in<br />

den Blick genommen wurde: »nordwärts« wurde in<br />

Gang gesetzt, um dem Süd-Nord-Gefälle in der <strong>Stadt</strong><br />

entgegenzuwirken.<br />

Strategie der vielen Schritte<br />

Für diese Entwicklung wurde <strong>eine</strong> Strategie gewählt,<br />

die man ansonsten vor allem aus dem Kontext<br />

Internationaler Bauausstellungen kennt und die<br />

exem plarisch mit der IBA Emscher Park (1989—1999) —<br />

nicht zufällig auch in der Gebietskulisse des nördlichen<br />

Ruhrgebietes — vorexerziert wurde: Es gibt<br />

k<strong>eine</strong>n »großen Plan«, auf den hinentwickelt wird,<br />

sondern Ziel- und Wertvorgaben, die <strong>eine</strong>m offenen,<br />

projektorientierten Prozess Orientierung geben.<br />

In diesem Fall gilt als Oberziel die »Harmonisierung<br />

der Lebensbedingungen«. Dies soll sich auf alle<br />

Eckpunkte der Nachhaltigkeit — soziale, ökologische<br />

und ökonomische Entwicklung — sowie die Stärkung<br />

der Zivilgesellschaft beziehen.<br />

Mit dieser Ausrichtung wurden inzwischen drei<br />

Projektgenerationen ins Leben gerufen — mit über<br />

200 Projekten. Deren thematische Spannweite ist<br />

groß und reicht von der Restaurierung <strong>eine</strong>s Kirchturms<br />

bis zur <strong>Dortmund</strong>er Seenplatte, von Bildungsnetzwerken<br />

bis zu <strong>eine</strong>r Fußballgolfanlage … und<br />

vielem mehr. Nicht zuletzt sind auch die — was ihre<br />

Ausdehnung betrifft — ganz großen Projekte wie<br />

die Entwicklung des 450 Hektar umfassenden Standortes<br />

Westfalenhütte Teil dieses Spektrums.<br />

* Ullrich Sierau, »Ohne die <strong>Stadt</strong>gesellschaft<br />

geht es nicht.« — <strong>Dortmund</strong>s<br />

Oberbürgermeister Ullrich Sierau im<br />

Gespräch mit Klaus Selle, in: pnd | online<br />

Ausgabe I / 2018 (www.planung-neudenken.de<br />

/ images / stories / pnd /<br />

dokumente / 1_2018 / sierau_selle.pdf,<br />

Zugriff: 17. 04. 2018)<br />

Wer diese Projekte sichtet, wird zu dem Ergebnis<br />

kommen, dass der Vergleich mit Internationalen<br />

Bauausstellungen an <strong>eine</strong>m Punkt nicht greift:<br />

Während bei <strong>eine</strong>r IBA der Aspekt der internationalen<br />

Sichtbarkeit <strong>eine</strong> ganz zentrale Rolle spielt und nicht<br />

selten in spektakulären Projekten s<strong>eine</strong>n Ausdruck<br />

finden soll, geht es in <strong>Dortmund</strong> deutlich »bodenständiger«<br />

zu. Viele Projekte setzen an Alltagssorgen<br />

der Menschen in den <strong>Stadt</strong>bezirken an — gehe es um<br />

den Erhalt <strong>eine</strong>s Nahversorgungszentrums oder die<br />

Verbesserung der Bildungschancen von Kindern<br />

aus marginalisierten Milieus. Auch die ganz großen<br />

Aufgaben, die schon bei der IBA Emscher Park von<br />

besonderer Bedeutung waren, insbesondere die<br />

Wiedernutzung von vielen hundert Hektar Industrieflächen,<br />

werden in <strong>Dortmund</strong> mit anderer Ambition<br />

angegangen. Hier spielt etwa die Frage, wie viele<br />

Arbeitsplätze mit der Ansiedlung von Logistikzentren<br />

(IKEA, Amazon) geschaffen werden, <strong>eine</strong> größere Rolle<br />

als die besondere bauliche Umsetzung <strong>eine</strong>s solchen<br />

Projekts. »Sichtbarkeit« ist zwar auch ein Kriterium,<br />

aber sie richtet sich vorrangig nach Innen — auf<br />

<strong>Stadt</strong> und Region selbst und soll dort auch zur Image-<br />

Verbesserung des <strong>Dortmund</strong>er Nordens beitragen.<br />

Das schließt natürlich nicht aus, dass es noch<br />

Projekte mit besonderer Symbolkraft geben wird. Der<br />

Prozess ist offen — auch <strong>für</strong> solche Vorhaben. Aber<br />

auch <strong>für</strong> <strong>Dortmund</strong> gilt: Solche Projekt-Leuchttürme<br />

sind weder Ursache noch Motor des Wandels, sondern<br />

deren sichtbarer Ausdruck — und der muss zu Ort<br />

und Aufgabe passen.<br />

Governance <strong>eine</strong>r<br />

Gemeinschaftsaufgabe<br />

»nordwärts« ist von Beginn an als Projekt der<br />

ganzen <strong>Stadt</strong>gesellschaft angelegt worden. Der Rat<br />

der <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> hat es 2015 beschlossen und<br />

begleitet ebenso wie die Bezirksvertretungen die<br />

Aktivitäten kontinuierlich. Auch die Verwaltung spielt<br />

<strong>eine</strong> wichtige Rolle bei vielen Teilprojekten und bei<br />

dem Bemühen, den Prozess im Zusammenhang<br />

zu gestalten. Aber es war von vornherein klar, dass<br />

das »Dekadenprojekt« nur gelingen kann, wenn viele<br />

Kooperationspartner gefunden werden — in der<br />

Wirtschaft, in der Wissenschaft und in der Zivilgesellschaft.<br />

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