RR_Weihnachtsgeflüster_Internet_1218
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G<br />
ans im Glück<br />
Bei Familie Eyting auf dem Eytje-Hof in Gristede verlebt der zukünftige Weihnachtsbraten schöne<br />
Monate, nicht ahnend, dass er an Heiligabend letztlich doch in die Röhre guckt<br />
Von Kathrin Janout | Über<br />
die Weiden ziehen, frische<br />
Luft atmen, saftiges Gras fressen<br />
– was eigentlich normal<br />
klingt für einen Naturvogel<br />
ist längst nicht mehr selbstverständlich.<br />
Im Jahr 2016<br />
kamen laut Statistischem<br />
Bundesamt rund 90 Prozent<br />
der Weihnachtsgänse aus Polen<br />
und Ungarn, in der Regel<br />
aus Intensivmast. Die Tiere<br />
werden auf engem Raum gehalten,<br />
mit billigem Getreide<br />
gefüttert, nach neun bis zwölf<br />
Wochen geschlachtet und<br />
zum Teil sogar lebend gerupft.<br />
Zum Spottpreis liegen<br />
sie schließlich in den Tiefkühltruhen<br />
der Discounter.<br />
Bewegung entscheidend<br />
für Qualität<br />
Aber die ethischen Gründe<br />
seien nur das eine, sagt<br />
Landwirt Arnd Eyting. Auch<br />
der Geschmack sei abhängig<br />
von der Art der Haltung. Seine<br />
Tiere haben fünf Hektar<br />
Weideland zur Verfügung, in<br />
Gruppen sind sie hier unterwegs,<br />
den ganzen Tag in Bewegung.<br />
„Das ist gut für die<br />
Qualität der Gänse“, so Eyting,<br />
„für das Muskelfleisch“.<br />
Aromatisch, saftig und zart<br />
soll der Weihnachtsbraten<br />
sein, um die Familie beim<br />
Festmahl beglücken zu können.<br />
Dabei darf er weder zu<br />
viel noch zu wenig Fett haben.<br />
Während die Billiggänse<br />
innerhalb kürzester Zeit gemästet<br />
werden, erhalten die<br />
Tiere auf dem Eytje-Hof nur<br />
in den ersten sechs Lebenswochen<br />
viel Futter. „Damit sie<br />
groß werden“, erklärt Eyting.<br />
Von Ende Juli bis Mitte November<br />
verbringen die rund<br />
400 Gänse die Zeit auf den<br />
Weiden als Selbstversorger.<br />
„So kommen sie gut durch<br />
den Sommer und bleiben gesund“,<br />
sagt Eyting. „Wenn sie<br />
zu schwer sind, bewegen sie<br />
sich zu wenig.“ Erst danach<br />
wird noch einmal Getreide<br />
gefüttert, damit die Tiere bis<br />
zum Schlachttermin an Gewicht<br />
zulegen.<br />
Vor Ort entspannt sterben<br />
Geschlachtet wird bei<br />
Familie Eyting direkt auf<br />
dem Hof. „Wir haben extra<br />
Schlachträume eingerichtet“,<br />
erzählen Arnd Eyting und<br />
seine Frau Johanna. So müssen<br />
die Tiere nicht in Boxen<br />
gesteckt und transportiert<br />
werden. Entspannt leben,<br />
entspannt sterben. Soweit<br />
das eben möglich ist. Nach<br />
Ablauf der Zeit wird die Gans<br />
zunächst mit einem Schlag<br />
auf den Kopf betäubt. Es<br />
folgt ein Schnitt in den Hals,<br />
damit sie ausblutet. Und<br />
schließlich die langwierigste<br />
Arbeit: das Rupfen der Federn.<br />
„Die Gänse werden bei<br />
uns trocken gerupft“, erklären<br />
die Eytings. „Wir nutzen nur<br />
Wasserdampf, damit sich die<br />
Federn besser von der Haut<br />
lösen.“ Dadurch bleibe die<br />
Oberhaut unbeschädigt. „Das<br />
ist entscheidend für den Geschmack<br />
und die Haltbarkeit.“<br />
Während früher komplett von<br />
Hand gerupft wurde, benutzt<br />
Familie Eyting mittlerweile<br />
eine Maschine. „Die ist wie<br />
ein großer Staubsauger, der<br />
die Federn wegzieht“, vergleicht<br />
der Landwirt. Nach<br />
dem Rupfen kommt die Gans<br />
in ein Wachsbad, um auch die<br />
letzten kleinen Federchen<br />
entfernen zu können. Trotz<br />
der Erleichterung durch die<br />
Maschine, bleibe es aber viel<br />
Handarbeit, betont Johanna<br />
Eyting. „Es muss immer nachgezupft<br />
werden.“<br />
Fünf Stunden bis zum Gänsebraten<br />
Sind erstmal die Federn<br />
weg, wird die Gans ausgenommen.<br />
Nur Leber, Herz und<br />
Magen werden anschließend<br />
in einem Tütchen verpackt<br />
wieder hineingeschoben.<br />
„Die Leute müssen daran<br />
denken, sie zu entfernen, bevor<br />
der Braten in den Ofen<br />
kommt“, sagt Arnd Eyting<br />
und wirft seiner Frau einen<br />
kurzen Blick zu. Man erlebt<br />
viel in 30 Jahren Weihnachtsgansgeschäft.<br />
Familie Eyting<br />
gibt beim Verkauf gleich ein<br />
Rezept mit. So sollte auch<br />
ein unerfahrener Koch in der<br />
Lage sein, einen wunderbaren<br />
Gänsebraten zuzuberei-<br />
8 | rasteder weihnachtsgeflüster