SB_04_18_Fin
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Starnberger Bote 13 Bewertung von Unternehmen<br />
Die Firma wird verkauft<br />
Schilder mit „Geschäftsaufgabe -<br />
Alles muss raus“ an Schaufenstern<br />
sagen nichts darüber aus, ob eine<br />
Aufgabe wg. Unwirtschaftlichkeit,<br />
eine Neueröffnung an anderer Stelle,<br />
ob Altersgründe, zu hohe Mieten<br />
oder geändertes Kaufverhalten<br />
(Internethandel) dahinterstecken.<br />
Liegen mehrere Ladenschließungen in<br />
einer Innenstadt vor, lassen die unzugänglichen<br />
Daten solcher Ereignisse<br />
nicht erkennen, ob ein bedrohliches<br />
„Ladensterben“ oder eine gesunde<br />
„Umstrukturierung“ vorliegt.<br />
Ein kurzer Überblick soll verstehen helfen,<br />
was beim „Wandel des Handels“<br />
hinter den Schaufensterscheiben vor<br />
sich geht.<br />
Beim Verkauf von Unternehmen existieren<br />
ähnliche Verfahren wie bei der<br />
Immobilienbewertung:<br />
1. Das Substanzwertverfahren<br />
Vorteilhaft ist die einfache Anwendung,<br />
bei der jedoch der Blick in die Zukunft<br />
entfällt. Im Wesentlichen wird simuliert,<br />
welcher materieller Aufwand nötig<br />
ist, um einen vergleichbaren Betrieb<br />
(Kopie) neu aufzubauen.<br />
Immaterielles Vermögen wie Kundenstamm,<br />
Image und Markenname können<br />
so jedoch nur schwer erfasst werden.<br />
Das kann nur über Schätzungen<br />
erfolgen, welchen die Aufwendungen<br />
berücksichtigen, die dem (ideellen)<br />
Vermögen zu Grunde liegen.<br />
Der Substanzwert bezeichnet also ähnlich<br />
wie der Sachwert einer Immobilie<br />
den Betrag, den ein Käufer für die<br />
Errichtung eines Unternehmens einsetzen<br />
müsste.<br />
2. Das Ertragswertverfahren<br />
Das klassische Ertragswertverfahren<br />
berechnet die Höhe des Kaufpreises<br />
unter der Voraussetzung, dass der<br />
erwartete Gewinn eine angemessene<br />
Verzinsung darstellt und dass<br />
die Erträge zur Deckung aller Zinsund<br />
Tilgungszahlungen sowie zur<br />
<strong>Fin</strong>anzierung neuer Investitionen ausreichen.<br />
Entscheidend ist somit – wieder<br />
ähnlich der Immobilienbewertung<br />
- was erwirtschaftet werden kann,<br />
also die zukünftige Ertragskraft. Bei<br />
Rechtstreitigkeiten ist dies die überwiegend<br />
anerkannte Methode.<br />
Mit der 2009 in Kraft getretenen<br />
Erbschaft- und Schenkungssteuerreform<br />
wurde die Bewertung von<br />
Unternehmensbeteiligungen neu geregelt.<br />
Seitdem ist ein vereinfachtes<br />
(steuerliches) Verfahren üblich. Für<br />
die Berechnung des Ertragswertes zur<br />
Anwendung ist der nachhaltig realisierbare<br />
Jahresüberschuss mit einem<br />
Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren.<br />
Die Bewertungsgrundlage bildet<br />
dabei der durchschnittliche bereinigte<br />
Jahresüberschuss der letzten drei<br />
Wirtschaftsjahre.<br />
3. Die Multiplikatormethode<br />
Bezugsgröße für die Multiplikatormethode<br />
ist der Umsatz oder der<br />
Gewinn vor Zinsen und Ertragssteuern.<br />
Bei beiden Varianten wird der<br />
Durchschnitt des Umsatzes bzw. des<br />
Gewinns aus sechs Geschäftsjahren<br />
gebildet. Aus den letzten beiden und<br />
aus dem prognostizierten Wert des<br />
aktuellen Geschäftsjahres sowie der<br />
folgenden drei Jahre.<br />
Das Ergebnis, der sog. „nachhaltige<br />
Umsatz“ bzw. der „nachhaltige<br />
Gewinn“, wird dann mit einem Faktor<br />
der entsprechenden Branche multipliziert.<br />
Anzunehmen, dass die Zukunftsaussichten<br />
primär von der Branchenzugehörigkeit<br />
des jeweiligen Unternehmens<br />
abhängen, ist jedoch problematisch,<br />
denn gerade für kleinere<br />
Unternehmen sind der Standort und die<br />
Inhaberabhängigkeit weitaus wichtiger.<br />
Die Multiplikatormethode sollte<br />
daher nicht allein angewendet werden,<br />
sondern zur Überprüfung der<br />
Ertragswertmethode.<br />
Peter Riemann<br />
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