B I L D U N G S C H W E I Z - beim LCH
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BILDUNG SCHWEIZ 7/8 I 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
«Wir produzieren Bildung, nicht Stühle»<br />
Die Wertevorstellungen im Bereich der gestalterischen Fächer haben sich gewandelt . Standen früher<br />
bestimmte handwerkliche techniken im Vordergrund, ist moderner Unterricht problem- und prozessorientiert .<br />
Der neue Name des Vereins der Werklehrpersonen, «swv, Design und technik», trägt diesem Wandel<br />
auch äusserlich rechnung, wie die Verantwortlichen des swv im Gespräch mit Franziska Peterhans betonen .<br />
Viktor Dittli (rechts), redaktor der Fachzeitschrift «Werkspuren», und andreas müller, Präsident des<br />
swv, setzen sich für eine Stärkung und Neuausrichtung der gestalterischen Fächer ein .<br />
Andreas Müller und Viktor<br />
Dittli gehören zu einer ausster-<br />
benden Gruppe von Lehrper-<br />
sonen. Denn, Werklehrer mit<br />
Monofachausbildung, wie sie<br />
die beiden noch genossen ha-<br />
ben, werden heute nicht mehr<br />
ausgebildet. «Wir haben aus<br />
diesem Grund Nachwuchspro-<br />
bleme, sowohl in den Schulen<br />
als auch in unserem Verein»,<br />
sagt der Präsident des Schwei-<br />
zerischenWerklehrerinnen- und Werklehrervereins swv,<br />
Andreas Müller, denn auch<br />
klar und deutlich. Von einst<br />
weit über 500 Mitgliedern sind<br />
bis heute weniger als 500 ge-<br />
blieben – Tendenz abnehmend.<br />
Doris Fischer<br />
Dies ist mit ein Grund für eine<br />
Neuausrichtung des Vereins,<br />
die sich unter anderem in ei-<br />
nem neuen Namen ausdrückt:<br />
«swv, Design und Technik».<br />
«Mit dieser Bezeichnung wol-<br />
len wir uns neu positionieren<br />
und auch ein Signal für die<br />
Fachentwicklung setzen», be-<br />
tont Andreas Müller. Unter die-<br />
sen Bildungsbereich, dessen<br />
Zielsetzung Ästhetische Litera-<br />
lität ist, sind im Übrigen auch<br />
Musik, Theater, Tanz, Textiles<br />
und Technisches Gestalten,<br />
Bildnerisches Gestalten einzu-<br />
reihen.<br />
Vorausgegangen war ein inten-<br />
sives Ringen um die Begriff-<br />
lichkeit zumal der Fachbereich<br />
vielschichtig ist und auch in-<br />
nerhalb der einzelnen Kantone<br />
unterschiedliche Namen exis-<br />
tieren und verschiedenste Aus-<br />
prägungen und Disziplinen<br />
wie Gestalten, technisches Ge-<br />
stalten, textiles Gestalten unter<br />
ein Dach gebracht werden<br />
mussten; die Vorstellungen der<br />
Lehrpersonen waren deshalb<br />
erwartungsgemäss sehr hete-<br />
rogen.<br />
«Ich beispielsweise bezeichne<br />
mich noch immer als Werkleh-<br />
rer, weil ich noch in diesem<br />
Rahmen ausgebildet wurde,<br />
unterrichte jedoch ‹Ange-<br />
wandte Gestaltung› an einem<br />
Gymnasium», erklärt Viktor<br />
Dittli, Vorstandsmitglied und<br />
Herausgeber der Zeitschrift<br />
«Werkspuren».<br />
Neue Inhalte, neuer Name<br />
Die neue Bezeichnung hängt<br />
stark mit den veränderten In-<br />
halten des Fachbereichs Wer-<br />
ken zusammen. So kommen<br />
nach Ansicht der Verantwortli-<br />
chen den handwerklichen Fer-<br />
30<br />
tigkeiten und Techniken wie<br />
hobeln, schleifen, stricken, hä-<br />
keln nicht mehr die frühere<br />
Bedeutung zu, müssten aber<br />
dennoch weiterhin Teil der Bil-<br />
dungsziele sein.<br />
«Die Erfahrung, selber etwas<br />
zu tun, ist nach wie vor wichtig,<br />
aber je nach Schulstufe mehr<br />
oder weniger einzubauen.» So<br />
seien primäre Materialerfah-<br />
rungen und Verfahren auf der<br />
Unterstufe nach wie vor ele-<br />
mentar. «Sie bilden die Basis<br />
von Design und Technik. Die<br />
Kinder müssen das Material in<br />
den Händen gehalten haben,<br />
sie müssen einmal einen<br />
‹Spriesse› in den Fingern ge-<br />
habt haben», betont Dittli.<br />
«Aber auf dieser Stufe von<br />
Design zu sprechen, wäre<br />
falsch.» Auf der Mittelstufe<br />
liege der Fokus auf dem me-<br />
thodischen Problemlösen und<br />
dem Vernetzen. Auf der Ober-<br />
stufe seien dann die Vorausset-<br />
zungen entwickelt, um Design<br />
überhaupt zu verwirklichen,<br />
erklärt Dittli.<br />
Ikea produziert günstiger<br />
Im modernen Werkunterricht<br />
steht das Prozesshafte, das Pro-<br />
blemlöseverhalten im Vorder-<br />
grund: Die Entwicklung einer<br />
Idee bis hin zur Umsetzung<br />
und allenfalls Ausgestaltung ei-<br />
nes Prototyps. Das rein Hand-<br />
werkliche könne eine Ma-<br />
schine und jeder ausgebildete<br />
Handwerker besser ausführen.<br />
«Ikea produziert günstiger und<br />
schneller. Wir produzieren Bil-<br />
dung und nicht Stühle», formu-<br />
liert Viktor Dittli treffend.<br />
Im Gespräch mit der Zentral-<br />
sekretärin des <strong>LCH</strong>, Franziska<br />
Peterhans, betonen die beiden<br />
denn auch stark, dass sie nicht<br />
das Fach Werken und alte<br />
Strukturen verteidigen, son-