01-2019 HEINZ MAGAZIN Essen
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Liza Kos ©Michel Kitenge<br />
„Ich wünschte mir, dassdie<br />
MenschenihreSicherheit<br />
wenigstens mal vorübergehendverlassenkönnten<br />
und sich Dingeaus der Nähe,vielleicht<br />
sogarvon<br />
innenanschauen.“<br />
dass das Introvertiert-Sein ein Gegensatz zur Bühne ist. Die Bühne<br />
gibt einem die Möglichkeit, laut zu sein, ohne sich anzustrengen.<br />
Ein introvertierter Mensch sitzt ineiner Menschenmenge und es<br />
fällt ihm schwer, gegen alle anzuschreien. Mit dem Mikro in der<br />
Hand hast dudie Macht. Du kommunizierst mit dem Publikum und<br />
es antwortetdir,wenndudas erlaubst.<br />
Gibt es etwas, dasdunicht wagen würdest?<br />
Dinge, die mit einem enormen Risiko verbunden sind. Wo man<br />
denkt, das wäre jetzt ein dummer Tod. Ich möchte einen schlauen<br />
Tod.<br />
Wie bist du eigentlich zurComedy gekommen?Duhastmit Musik angefangen,richtig?<br />
Ja. Mein Vater ist Musiker. Ich sage immer, erhat mich indie Musikschule<br />
gebracht, als ich sechs war und mit 14 Jahren wieder abgeholt.<br />
Das stimmt natürlich nicht ganz, aber ich habe die klassische<br />
russische Musikschulausbildung absolviert. 2<strong>01</strong>1 habe ich damit angefangen,<br />
Lieder zu schreiben. Ich bin mit lustigen und ernsten<br />
Songs auf die Bühne gegangen und habe zwischendurch auch ein<br />
paar Sachen erzählt. Dahabe ich gemerkt: Ohmein Gott, das kann<br />
ich doch! Humor habe ich von meinem Vater gelernt. Erhat einen<br />
zynischen Humor, davon habe ich als Kind sehr viel eingesaugt.<br />
Dann hieß es oft: Warum bist dusofrech? Dabei habe ich eigentlich<br />
nur meineElterngespiegelt.<br />
Istder Begriff„Integrations-Comedy“ eigentlichvon dir?<br />
Ich glaube nicht. Den Begriff hat man mir irgendwann mal zugeschrieben.<br />
Wenn ich mich selbst beschreibe, sage ich multikultiple<br />
Persönlichkeit. Und Multikulti-Talent. Und integrierteste Russin<br />
Deutschlands, weil ich perfekt Türkisch spreche. Aber klar, es geht in<br />
meinem Programm die ganze Zeit umIntegration, weil esummein<br />
Leben geht.<br />
Wie hältst du es überhauptmit nationalen Identitäten? Du bist aus Russland<br />
nach Deutschlandgekommen,hasteinen Ausfluginden Islamunternommen<br />
und dein Vaterkommtursprünglichaus der Ukraine…<br />
Ich bin ein sehr offener Mensch. Kosmopolitisch, kann man sagen.<br />
Innendrin bin ich gegen alle Grenzen. Ich setze mich für die Gleichberechtigung<br />
der Frauen und der LGBT-Community ein sowie gegen<br />
Islamophobie. Und da merke ich sehr schnell, dass esrussischsprachige<br />
Menschen –auch in Deutschland –gibt, die das nicht so<br />
cool finden. Ich habe dazu mal ein Statement auf Facebook geschrieben<br />
und dann wurde mir gesagt, essei kein gutes Zitat inZeiten<br />
der Russland-Phobie. Aber ich sehe das anders. Die Menschen,<br />
die homophob sind, sind meiner Meinung nach instrumentalisiert<br />
worden vom Gesetz gegen homosexuelle Propaganda. In Russland<br />
ging es schon mal viel toleranter zu, in den Neunzigerjahren zum<br />
Beispiel. Ich finde das furchtbar schade. Esgibt natürlich auch viele,<br />
die genauwie ichdenken. Aber dasmacht es schwierig.<br />
Du warstneulich im Urlaub in der Türkeiund hast aufdeiner Facebookseite<br />
geschrieben„Ichliebe diesesLand“.Das istjawahrscheinlichgenauso<br />
einambivalentesVerhältnis?<br />
Die Türkei ist wunderschön. Ich liebe die türkische Kultur ohne Ende.<br />
Ich möchte mein Türkisch weiter perfektionieren und weiter lernen.<br />
Und ich finde die Menschen einfach toll. Ich bin sehr easy damit.<br />
Viele Deutsche sagen, in dieser Situation fahre ich nicht indie<br />
Türkei. Daskannich nichtsoganzverstehen,weilPolitik das eineist.<br />
Aber das Land ist für mich eine andere Kiste. Die Mentalität ist mir<br />
sehr nah geworden. Ich habe dort das Gefühl, als wäre ich zuhause.<br />
Was ich übrigens auch inDeutschland und in Russland habe. Ich habe<br />
ganzschön vieleZuhauses.<br />
Liegt das auch ander Sprache? Und: Wie viele Sprachen sprichst dueigentlich?<br />
Ich habe gesehen, dass du auch mal Tschetschenisch gelernt<br />
hast…<br />
Genau, ich habe viele Sprachen angefangen zu lernen. Auch Albanisch<br />
und Tschetschenisch. Russisch, Deutsch, Englisch und Türkisch<br />
kann ich. Das sind dann vier Sprachen. Und ich muss wohl bemerken,<br />
Türkisch ist amschwächsten und ich vergesse leider auch<br />
vieles, wenn ich nicht übe. Aber esliegt nicht so sehr an der Sprache.<br />
Es geht darum, dass ich aus meiner Schublade herausgekommen<br />
bin und in die türkische Kultur eingetaucht bin. Richtig mit<br />
Kopfund allem. MitKopftuch, kann man sagen.<br />
❚ LIZA KOS–Wasglaub‘ ich,wer ichbin? TheaterTakelgarn,Philipp-Reis-Str.10Düsseldorf; Termin: 11.1., 20<br />
Uhr; Tickets: 9,99-19,90 €//Cabaret Queue,Hermannstr. 74, Dortmund; Termin: 9.2., 19:30 Uhr; Tickets: ab 16 €//<br />
Stratmanns TheaterimEuropahaus,Kennedyplatz7,<strong>Essen</strong>; Termin: 15.2., 20 Uhr; Tickets: 20,80-25,20 €<br />
Liza Kos ©Michel Kitenge<br />
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