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Burgblatt-2019-02_01-36_red

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20<br />

Hans-Böckler-Stiftung<br />

Rente: Ein Fünftel der Langjährig Versicherten hat geringe Ansprüche<br />

20 Prozent der Versicherten in der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung haben trotz<br />

langjähriger Versicherungszeiten nur geringe<br />

Rentenansprüche, zeigt eine neue,<br />

von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte<br />

Veröffentlichung. 90 Prozent davon sind<br />

Frauen, viele haben lange in Teilzeit gearbeitet<br />

und zwischenzeitlich die Berufstätigkeit<br />

unterbrochen. Ein stärkerer sozialer<br />

Ausgleich in der gesetzlichen Rente<br />

würde das Risiko von Altersarmut ebenso<br />

<strong>red</strong>uzieren wie mehr und besser bezahlte<br />

Beschäftigung, ergibt die Untersuchung<br />

des Instituts Arbeit und Qualifikation<br />

(IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Parallel<br />

kapitalgestützte Vorsorgeformen,<br />

etwa Aktiensparpläne, zu fördern, halten<br />

die IAQ-Forscher nicht für sinnvoll, weil sie<br />

die Menschen mit dem größten Risiko von<br />

Niedrigrenten nicht erreichen würden.<br />

Geringe gesetzliche Renten bedeuten<br />

nicht in jedem Fall Armut. Wenn Ansprüche<br />

aus anderen Versorgungswerken bestehen,<br />

der Partner besser verdient hat<br />

oder Vermögen vorhanden ist, können<br />

auch Menschen mit kleiner Rente im Alter<br />

ihren Lebensstandard halten. Doch<br />

weil die gesetzliche Rentenkasse für die<br />

große Mehrheit in Deutschland das finanzielle<br />

Fundament der Altersvorsorge<br />

ist, erhöhen geringe Ansprüche das Risiko<br />

stark, sich nach Erreichen der Altersgrenze<br />

finanziell einschränken zu müssen. Außerdem<br />

gerät das Rentensystem in eine Legitimationskrise,<br />

wenn zu viele langjährig<br />

Versicherte nur dürftige Leistungen erhalten.<br />

Welche Gruppen besonders häufig Niedrigrenten<br />

beziehen, obwohl sie lange Versicherungszeiten<br />

aufweisen, haben Prof.<br />

Dr. Martin Brussig und Lina Zink vom Institut<br />

Arbeit und Qualifikation (IAQ) der<br />

Universität Duisburg-Essen mithilfe von<br />

Datensätzen von Rentenversicherung und<br />

Arbeitsagentur analysiert. Genauer: Wer<br />

von den zwischen 1940 und 1947 Geborenen<br />

nach wenigstens 30 Versicherungsjahren<br />

– die auch beitragsfreie oder beitragsgeminderte<br />

Zeiten enthalten können<br />

– eine Rente bekommt, die nicht wenigstens<br />

zehn Prozent über dem Existenzminimum<br />

liegt.<br />

Das ist bei insgesamt jedem Fünften der<br />

langjährig Versicherten der Fall. 90 Prozent<br />

der Betroffenen sind Frauen. Bei<br />

westdeutschen Frauen sind niedrige Rentenansprüche<br />

vor allem eine Folge von<br />

langen Kindererziehungszeiten, oft in<br />

Kombination mit Minijobs oder langjähriger<br />

Teilzeit. Bei ostdeutschen Versicherten<br />

beruhen sie oft auf langer bzw. wiederholter<br />

Arbeitslosigkeit in den Jahren nach<br />

1990. Weitere Risikofaktoren sind diskontinuierliche<br />

Erwerbsbiografien, die durch<br />

späte Berufseinstiege, Arbeitslosigkeit,<br />

Krankheit und Kindererziehungszeiten geprägt<br />

sind. Je mehr Faktoren zusammenkommen,<br />

desto höher der Anteil der geringen<br />

Rentenansprüche. So liegt in einer<br />

relativ kleinen Gruppe von westdeutschen<br />

Frauen, bei denen langjährige Teilzeitbeschäftigung<br />

in geringem Umfang, Arbeitslosigkeit<br />

oder Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit<br />

nach der Kinderbetreuungsphase<br />

zusammenkommen, der Anteil der Niedrigrenten<br />

bei 93,5 Prozent – trotz mindestens<br />

30 Versicherungsjahren.<br />

Das Risiko, im Alter mit einer Niedrigrente<br />

dazustehen, ließe sich nach Auffassung<br />

der IAQ-Forscher deutlich verringern. Ein<br />

stärkerer sozialer Ausgleich in der Rentenversicherung<br />

und Maßnahmen, die eine<br />

stabile vollzeitnahe Beschäftigung bei guter<br />

Bezahlung ermöglichen, würden den<br />

Betroffenen helfen. Und nicht nur ihnen:<br />

Auch der demografische Wandel wäre<br />

leichter zu bewältigen, wenn Teilzeitbeschäftigte<br />

ihre Arbeitszeit ausweiten<br />

könnten und der Niedriglohnsektor eingedämmt<br />

würde. Parallel zur gesetzlichen<br />

Rentenversicherung neue kapitalgestützte<br />

Vorsorgeformen, etwa Aktiensparpläne,<br />

zu fördern, hält IAQ-Experte Brussig dagegen<br />

nicht für sinnvoll.<br />

Hans-Böckler-Stiung

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