Enya-Windsbraut-Birte-Laemmle-Leseprobe

In der Kapitänskabine schloss Enya hinter sich und Nino die
Tür. Der Junge sah plötzlich kreidebleich aus und fing leicht an
zu schwanken.
„Können wir das Fenster aufmachen?“, fragte er benommen.
„Klar, setz‘ dich erstmal“, sagte Enya und deutete auf die
Sitzecke mit dem winzigen Tisch in der Mitte. Sie öffnete das
kleine Fenster und blickte hinaus auf das Kielwasser der Aurora.
Vielleicht hatte er ja einen leichten Schock von der Begegnung
mit den Nymphen davongetragen. Sie war jedenfalls froh, dass
alle unverletzt und sicher an Bord waren. Ninos Gesichtsfarbe
normalisierte sich langsam wieder. Sie setzte sich ihm gegenüber
auf die Bank.
„Du hast da draußen ganz schön viel Kraft gehabt. Zu dritt
haben wir an dir gezogen und konnten dich nicht frei bekommen!
Sonst stöhnst du schon, wenn du nur einen Eimer Wasser
tragen sollst. Was war das gerade eben? Und warum hast du dann
so plötzlich doch losgelassen? Die Nymphen geben normalerweise
niemanden wieder frei, wenn er schon fast im Wasser ist.“
„Ich weiß nicht, ich ...“, sagte Nino und blickte unablässig zu
der kleinen Strähne, die Enya aus dem Zopf gerutscht war. Ein
Windhauch kam durchs Fenster und spielte damit. Enya hatte
ihr Haar in dem Trubel ganz vergessen, aber als Nino sie so
anstarrte, fiel es ihr wieder ein. Ein Glück, dass der Rest vom
Zopf gehalten hatte, sonst wäre sie in Erklärungsnot gekommen.
Sie drehte sich schnell zur Seite und verstaute die Strähne wieder
in ihrem Zopf. Sofort machte sich der kleine Windhauch auf den
Weg nach draußen und nun schien Nino wiederum ihm hinterher
zu blicken. Enya war verwirrt. Was war da los? Sie kannte
niemanden außer ihr selbst, der so einen schwachen Windhauch
überhaupt bemerkt hätte. Ahnte Nino, dass etwas mit ihr nicht
stimmte? Und wieso fühlte sie sich jetzt ertappt, obwohl er es
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