April 2019 - coolibri Hamm, Unna, Hagen
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THEMA<br />
Suche nach Innovation<br />
WenigerPublikum,höhereKosten, verändertesAusgehverhalten –das Phänomen Clubsterben hatviele Ursachen. Verschiedene<br />
Akteuredes NachtlebensimRuhrgebiet erzählen,was dahinterstecktund welcheInnovationen dieregionale Clubszenebraucht,<br />
um auch morgennochzufeiern.<br />
R U H R G E B I E T<br />
Fragtman Partygänger, dieEnde desvergangenenJahrhundertsdas<br />
Nachtleben im Ruhrgebiet<br />
aktivaufsuchten, hörtman Geschichten<br />
vonlegendärenFeierstätten, vonClubs,die wie<br />
einzweites Zuhausewaren,von einerPartykultur,<br />
diesoausgelassenwie kompromissloswar.<br />
Und Klagen darüber,dassheute alles anders ist.<br />
Dafür gibteszum einenhandfeste wirtschaftlicheGründe.Kaumein<br />
Club der90erwürde die<br />
heutigenSicherheits-, Brandschutz-oderLärmschutzvorschriftenüberleben,dazu<br />
kommen<br />
gestiegene GEMA-Kostenund DJ-Gagen,der generelledemografischeWandelund<br />
dasvon vielenals<br />
Genickbruch bezeichneteRauchverbot.<br />
Zumanderen befindetsichder kompletteGlobusseitAnbruch<br />
desInternetzeitaltersineinem<br />
kulturellen Wandel, derdas Ausgehverhalten<br />
unddie Freizeitgestaltung massiv verändert.<br />
Auch Steffen Korthals,der als DJ Dashseitden<br />
90ernPlatten im Pott auflegt, beim JuicyBeats<br />
mitwirkt undseit2017das Clubprogramm der<br />
erfolgreichenBochumerLocationRotunde austüftelt,<br />
siehtinder Digitalisierung eine Ursache<br />
für denWandel: „Das Entertainmentspieltsich<br />
dank Gaming, Streaming undCoheute zu Hause<br />
ab.Die Ablenkungkommt alsoauf dieLeute<br />
zu,holt sieschon aufder Couchab.“<br />
6<br />
Währenddessensieht derjunge DJ undKulturschaffende<br />
Jonathanvom KollektivSpontan Bochum<br />
dieKommerzialisierungdes Techno-Genresinder<br />
Mitschuld: „Soein bisschen istder Hype<br />
vorbei,Technoist jetztMainstream und<br />
durch großeSponsoren,Agenturenund exorbitanteGagen<br />
immer teurergeworden.Während<br />
dieAnsprüche wachsen, grummelnnicht wenige,wennsie<br />
für eine Partymehrals zehn Euro<br />
ausgebensollen.“Den Unwillen,für qualitatives<br />
Clubprogramm zu zahlen,nimmt auch derEssenerAhmet<br />
Sisman, derhinterProjekten wiedem<br />
Goethebunker,der Rave-Reihe „The ThirdRoom“<br />
oder demim<strong>April</strong> schließendenStudio steht, in<br />
dieKritik. „Beimdeutschen Publikum herrscht<br />
eine absoluteGeiz-ist-Geil-Mentalität, vorallem<br />
im Vergleichzuanderen Ländern, wo viel mehr<br />
für Kulturangebote ausgegebenwird. Warum<br />
unterstützen dieLeute nichtdas,was<br />
siehierhaben?Woist da derLokalpatriotismus?“<br />
Sismansieht aber ebenso in derfehlenden<br />
Innovationskraft derRegioneinen Grund<br />
für kriselndeClubgeschäfte.Dennwährend<br />
in Städten wieBerlin oder Amsterdam<br />
diefunktionierendeClubszeneinternationalfür<br />
neue Impulsesorge unddadurch<br />
zumTouristenmagnetwerde,fände sich<br />
im Ruhrgebiet garkeinNährboden für Experimente.„Gäbe<br />
es im Ruhrgebieteinestabile<br />
Szene, wäre es derenAufgabe miteinanderzu<br />
arbeiten, gemeinsametwas zu erreichen, zusammen<br />
etwasNeues auszuprobieren. Stattdessen<br />
hinkt dieRegionjedem TrendfünfJahre<br />
hinterher.“ Ohne dieVoraussetzungzur Innovation<br />
seiesnicht verwunderlich,dassdas Nachtlebenlahme.<br />
Antriebdurch Erlebnishunger<br />
Waszieht dieLeute dann noch zum Feiern?<br />
SteffenKorthals siehteinen klarenTrend:„Wenn<br />
dieLeute rausgehen, mussmehrgeboten werden–darumist<br />
dasFormat Festival inzwischen<br />
auch so erfolgreich, wo um denKern, alsodie<br />
Musik, einhalber Jahrmarkt aufgebautwird.“<br />
Ahmet Sisman<br />
Foto: Promo<br />
Jonathan<br />
Foto: Dana Schmidt