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Leseprobe CONNEXI Neurologie Ausgabe 3-2019

Science, Medicine, Magazine, doctors, neurology, neurointensive care

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MEDIZINISCHES CANNABIS FÜR KINDER?<br />

EDUCATION<br />

Syndrom und Tic-Störungen, Epilepsie und Cerebralparesen<br />

(insbesondere Infantile CP) sowie<br />

ADHS. Nowak stellte einige dieser Studien sowie<br />

Einzelfallbeobachtungen aus seiner Praxis vor.<br />

Eine randomisierte plazebokontrollierte Doppel-<br />

Blind-Studie [1], die 74 Kinder und Adoleszente<br />

mit einer therapieresistenten Epilepsie einschloss,<br />

konnte zeigen, dass sich die Anfallsfrequenz nach<br />

einer Behandlung mit THC und CBD innerhalb von<br />

sechs Monaten bei mehr als der Hälfte der Probanden<br />

um 50 bis 100 % reduzieren ließ.<br />

In einer Kasuistik stellte Nowak den Fall eines<br />

18-jährigen autistischen Patienten (Asperger-<br />

Syndrom) mit den Nebendiagnosen ADHS, einer<br />

Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen<br />

vor. Der Patient litt unter extremer Impulsivität<br />

mit Ausrastern, unsozialem Verhalten und Kränkungsphantasien<br />

mit Mordgedanken. Nach mehrfach<br />

erfolglosen Behandlungsversuchen erhielt<br />

er Cannabis-Extrakte und vaporisierte Blüten**;<br />

nach zweimonatiger Behandlungsdauer konnten<br />

alle weiteren Medikamente abgesetzt werden. Der<br />

Patient zeigt seitdem keine emotionalen Ausbrüche<br />

mehr, war erstmals in Fördermaßnahmen integrierbar<br />

und zeigt eine insgesamt verbesserte Lebensqualität.<br />

Bei einem 16-jährigen Patienten mit ausgeprägter<br />

Tourette-Symptomatik wurde zunächst auf<br />

Dronabidol und schließlich auf vaporisierte Blüten<br />

umgestellt. Innerhalb von sechs Monaten konnten<br />

alle weiteren Medikamente abgesetzt werden und<br />

der Patient beschrieb ebenfalls eine deutlich verbesserte<br />

Lebensqualität.<br />

Auch bei Indikationen wie CP oder in der Versorgung<br />

von schwerst-mehrfach-behinderten Kindern<br />

mit Spastiken, Schmerzen und Unruhe zeigten die<br />

** Das Cannabis wird bis zu einer Temperatur erhitzt, bei der<br />

die Cannabinoide und weitere Pflanzeninhaltsstoffe verdampft<br />

werden, ohne dabei verbrannt zu werden.<br />

vorgestellten Studien und Fallbeobachtungen, dass<br />

eine Cannabis-Therapie positive therapeutische<br />

Effekte haben kann.<br />

Fazit<br />

Die Therapie mit Cannabis-Präparaten hat auch<br />

bei der Behandlung neuropsychiatrischer Krankheitsbilder<br />

im Kindesalter ein großes Potenzial<br />

und kann eine sinnvolle Ergänzung zu weiteren<br />

therapeutischen Maßnahmen sein. „Gerade in<br />

dem sensiblen Bereich der Behandlung von Kindern<br />

und Jugendlichen mit kognitiven und psychischen<br />

Störungsbildern sind aber sicher noch weitere<br />

intensive klinische Studien erforderlich, um die<br />

Chancen einer Cannabis-Therapie zu erkennen<br />

und ausschöpfen zu können“, konstatierte Nowak.<br />

Um den nach wie vor geringen Informationsstand<br />

zu den therapeutischen Optionen zu verbessern,<br />

sei eine kontinuierliche Wissensvermittlung und<br />

Aufklärungsarbeit in der Ärzteschaft erforderlich.<br />

Denn noch immer werde die Beschäftigung mit<br />

dem Thema Cannabis von der „Macht der inneren<br />

Bilder“ beeinflusst und Cannabis eher auf negative<br />

Aspekte bezogen. Das therapeutische Potenzial<br />

sollte mit den Erkenntnissen über das ECS neu<br />

erkannt und ausprobiert werden. Jeder Behandler<br />

müsse seine eigenen Erfahrungen sammeln, resümierte<br />

Nowak abschließend.<br />

Bericht: Elke Klug, Redaktion<br />

Referenz<br />

1. Thiele E A, Marsh E D, French J A, et al. Cannabidiol in patients<br />

with seizures associated with Lennox-Gastaut syndrome<br />

(GWPCARE4): a randomised, double-blind, placebocontrolled<br />

phase 3 trial. The Lancet 2018;391:1085–1096<br />

10.1016/S0140-6736(18)30136-3 [PubMed] [CrossRef]<br />

Quelle: Symposium „Medizinisches Cannabis in der Therapie<br />

von neuropsychiatrischen Erkrankungen im Kindesalter“ im<br />

Rahmen der Neurowoche 2018 am 02.11.2018 in Berlin.<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Canopy Growth Germany<br />

GmbH<br />

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