physio-Journal I 2/2019
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Ausgabe 2 / <strong>2019</strong><br />
Bestell-Nr: dF31558 · € 5<br />
Facts -<br />
Befunderhebung<br />
Evidenz –<br />
Untersuchung<br />
von Beckengürtelschmerzen<br />
Workshop –<br />
Muskelfunktionsprüfung<br />
Physiologiekarte –<br />
Blut- und<br />
Immunsystem<br />
Inkl. 6 Seiten Sonderteil<br />
Fachliteratur
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Stand 1B39<br />
Stand A15
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LIEBE LESER!<br />
Er ist die Grundlage jeder Behandlung: der Befund. Insbesondere<br />
in der ersten Behandlungseinheit wird besonders viel gefragt,<br />
palpiert, inspiziert, gemessen und getestet. Und wenn<br />
es auch manchmal vielleicht nervig scheint, den ganzen Erhebungsprozess<br />
zu durchlaufen, so ist ein ordentlicher Befund<br />
doch unumgänglich und enorm wichtig. Denn je genauer man<br />
weiß, welche Struktur für die Beschwerden verantwortlich sein<br />
könnte, desto erfolgreicher wird die Therapie verlaufen. Und<br />
damit man weiß, ob die Behandlung die gewünschten Effekte<br />
erbringt und ob man eine zutreffende Arbeitshypothese entwickelt<br />
hat, wird der Befund in den weiteren Einheiten ergänzt<br />
und vertieft. Gewissermaßen ist diese Arbeit wie ein Detektivspiel.<br />
Man sucht möglichst viele Puzzleteile und setzt diese<br />
zu einem großen Bild zusammen. Manchmal lässt sich dieses<br />
schneller erkennen und manchmal benötigt man einen längeren<br />
Atem und neue Befundtechniken. Wie sich ein Befund<br />
zusammensetzt und welche Tests bei den Erhebungen zum<br />
Einsatz kommen können, erfahrt ihr in dieser Ausgabe. So<br />
könnt ihr lesen, wie ein allgemeiner Befundbogen aufgebaut<br />
ist, wie ein Muskelfunktionstest aussieht und mit welchen<br />
Verfahren man Beckengürtelschmerzen untersuchen kann. In<br />
dieser Ausgabe findet ihr zum Beispiel einen Befundbogen,<br />
der speziell bei Indikationen für die Bindegewebsmassage<br />
zum Einsatz kommen kann. So wird eure Detektivarbeit immer<br />
präziser. Auch unsere Diagnostik-Reihe hat diesmal etwas mit<br />
einer Spurensuche zu tun. Damit ein möglicher Täter nämlich<br />
identifiziert werden kann, wird der Tatort auf DNA-Spuren untersucht,<br />
die mit Hilfe einer speziellen Methode vervielfältigt<br />
wird. Diese Methode heißt auch Polymerase-Kettenreaktion<br />
(engl. PCR) und wird nicht nur in der Kriminaltechnik, sondern<br />
auch in der Medizin angewandt. Wie sie genau funktioniert<br />
und welchen Nutzen sie für medizinische Untersuchungen hat,<br />
erfahrt ihr in dieser Ausgabe. Außerdem könnt ihr eine Pilotstudie<br />
zum Einfluss von Patientenedukation auf die Effektivität<br />
eines Rückentrainingsprogramms lesen. Habt ihr im Rahmen<br />
eurer Ausbildung oder des Studiums auch eine interessante<br />
Studie oder Hausarbeit erstellt? Dann lasst eure Erkenntnisse<br />
nicht in der Schreibtischschublade oder einem digitalen Ordner<br />
verstauben, sondern teilt sie mit anderen Physios und veröffentlich<br />
sie ebenfalls im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>. Wir freuen uns auf<br />
eure Beiträge.<br />
Wie immer viel Spaß mit dieser brandneuen Ausgabe wünschen<br />
euch<br />
Bernd und Benjamin<br />
PS So sind wir zu erreichen: bareiss@diefachwelt.de kolster@diefachwelt.de<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 1
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2 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
INHALT<br />
Impressum<br />
<strong>physio</strong>-JOURNAL<br />
Verlag<br />
Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
Geschäftsführer<br />
Benjamin Bareiss<br />
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
Herausgeber/Redaktion<br />
Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />
Benjamin Bareiss, Berlin<br />
Wissenschaftlicher Beirat<br />
Verena Gesing M.Sc., Dortmund<br />
Dr. Bernard C. Kolster, Marburg<br />
Prof. Dr. Udo Wolf, Fulda<br />
Franz van den Berg, Straßwalchen<br />
Erscheinungsweise<br />
3 Ausgaben/Jahr<br />
Bestellung<br />
Online unter: www.dieFachwelt.de<br />
1–10 Ex.: € 5,– je Exemplar<br />
11–20 Ex.: € 3,20 je Exemplar<br />
ab 21 Ex.: € 1,60 je Exemplar<br />
Layout/Producing<br />
Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich<br />
ANAMNESE 4<br />
BEFUNDERHEBUNG 6<br />
ELASTISCHES TAPEN 10<br />
UNTERSUCHUNG DES BECKENGÜRTELS 12<br />
WORKSHOP MUSKELFUNKTIONSPRÜFUNG<br />
DES M. ILIOPSOAS 17<br />
BEFUNDBOGEN 19<br />
Druck<br />
PRINTERA GRUPA, Sveta Nedelja/Kroatien<br />
Redaktionshinweise<br />
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin/Physiotherapie<br />
ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und<br />
klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere<br />
was Behandlung und medikamentöse Therapie<br />
anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung<br />
oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser darauf<br />
vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große<br />
Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem<br />
Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für<br />
Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen<br />
kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen<br />
werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf<br />
eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren<br />
an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten<br />
dem Verlag mitzuteilen.<br />
VORGESTELLT<br />
Patientenedukation 22<br />
Weltbewegend und/oder Wahnsinn?! 29<br />
BRAINTUNING<br />
Anatomie zum Herausnehmen 31<br />
Physiologiekarte: Blut- und Immunsystem 32<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge<br />
und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Mit Annahme des Manuskripts gehen das Recht zur<br />
Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung, zur<br />
Vergabe von Nachdruckrechten, zur elektronischen Speicherung<br />
in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken,<br />
Fotokopien und Mikrokopien an den Verlag über.<br />
Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz<br />
festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />
Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung<br />
von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt das<br />
jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten<br />
Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken einzustellen,<br />
die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />
Dritten geführt werden. Die Rechte für die Nutzung von<br />
Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über<br />
die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel. (0 30) 2 84 93-0 oder<br />
www.presse-monitor.de.<br />
Gebrauchsnamen<br />
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,<br />
Warenbezeichnungen und dgl. in dieser Zeitschrift berechtigt<br />
nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres<br />
von Jedermann benutzt werden dürfen; oft handelt<br />
es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Warenzeichen,<br />
auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind.<br />
© Die Fachwelt Verlags- und Handelsgesellschaft mbH<br />
Ifenpfad 2–4 · 12107 Berlin<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Healthy Food: Zwiebel 33<br />
Diagnostik: Polymerase-Kettenreaktion 35<br />
Workout: Dead Bug Progression 40<br />
Anzeigenwerbung – damit der Umsatz stimmt 52<br />
MITMACHEN & AUTOREN<br />
Mach mit! Unsere Autoren 54<br />
VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />
Veranstaltungskalender 55<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 3
TITELTHEMA<br />
ANAMNESE<br />
© Tartila – stock.adobe.com<br />
Text: Bernd Kolster<br />
L Eine sorgfältige Befunderhebung bildet<br />
die Basis für eine erfolgreiche Therapie.<br />
Durch den eingehenden Befund vor der<br />
Erstbehandlung werden zunächst die bestehenden<br />
Probleme erfasst. Im zweiten Schritt<br />
erfolgt die Erstellung eines individuellen Behandlungsplanes.<br />
Der Befund bildet auch die Basis der Dokumentation.<br />
Dokumentiert werden müssen<br />
sowohl der Befund als auch die Art<br />
der therapeutischen Maßnahmen und deren<br />
Auswirkung auf die Beschwerden des<br />
Patienten. Nur durch eine kontinuierliche<br />
Rückmeldung und durch ständige Anpassung<br />
der therapeutischen Maßnahmen an<br />
die momentanen Erfordernisse kann ein<br />
nachhaltiger Therapieerfolg erzielt werden.<br />
Hinzu kommt, dass die Kostenträger (Krankenkassen)<br />
eine entsprechende Dokumentation<br />
fordern. Diese kann mit einfachen<br />
und effektiven Mitteln, die weiter unten beschrieben<br />
werden, erfolgen.<br />
Die Säulen der Befunderhebung umfassen:<br />
Anamnese<br />
Inspektion<br />
Palpation<br />
Funktionsprüfung<br />
Objektivierung<br />
Behandlungsplanung<br />
Dokumentation<br />
Diese Schritte sind erforderlich, um eine Behandlung<br />
zu planen, durchzuführen und zu<br />
dokumentieren. Ein ausführlicher Befund<br />
sollte unbedingt vor jeder Erstbehandlung<br />
durchgeführt werden. Dies erfordert zwar<br />
zunächst etwas mehr Zeit, gibt aber dem<br />
Therapeuten die Gelegenheit, sich auf die<br />
individuellen Beschwerden des Patienten<br />
einzustellen und trägt dazu bei, ein solides<br />
Verhältnis zwischen ihm und dem Patienten<br />
aufzubauen. Letztere wissen es zu<br />
schätzen, wenn sich der Therapeut die Zeit<br />
nimmt, um auf die individuellen Beschwerden<br />
einzugehen. Zu beachten ist, dass die<br />
Befunderhebung den Therapeuten keinesfalls<br />
in die Lage versetzt, medizinische Diagnosen<br />
zu erstellen. Es geht vielmehr um<br />
eine <strong>physio</strong>therapeutische Befunderhebung<br />
als Basis für eine differenzierte Behandlung.<br />
Es empfiehlt sich, die Ergebnisse der Befunderhebung<br />
in einem entsprechenden Formularblatt<br />
festzuhalten. Dieses Dokument<br />
muss im Sinne der Schweigepflicht vertraulich<br />
sein; niemand mit Ausnahme des Therapeuten<br />
selbst sollte zu diesem Dokument<br />
Zugang haben.<br />
AUFBAU DER ANAMNESE<br />
ALLGEMEINE DATEN<br />
Die erste Säule der Befunderhebung stellt<br />
die Anamnese dar. Neben der Erfassung<br />
der allgemeinen Daten bilden die aktuellen<br />
Beschwerden den Einstieg in das Gespräch.<br />
So ermöglicht bereits die Anamnese den<br />
Zugang zum Patienten: Der Therapeut kann<br />
durch Offenheit, Freundlichkeit und Unvoreingenommenheit<br />
ein Vertrauensverhältnis<br />
zum Patienten schaffen, das die Basis für die<br />
spätere Behandlung darstellt. Die gezielte<br />
Befragung stattet den Therapeuten mit allen<br />
wichtigen Informationen über den Patienten<br />
und seine Beschwerden aus und hilft,<br />
wichtige Bedingungen oder Informationen<br />
zu erfassen.<br />
Die Anamnese gliedert sich in folgende Abschnitte:<br />
Allgemeine Daten<br />
Aktuelle Beschwerden<br />
Eigenananmese<br />
Familienanamnese<br />
Am Ende der Anamnese sollten noch einmal<br />
alle für den Patienten relevanten Punkte<br />
hervorgehoben und ihrer Wichtigkeit nach<br />
geordnet werden.<br />
Hier werden die persönlichen Daten des Patienten<br />
erfasst:<br />
Name und Adresse<br />
Telefonnummern<br />
(privat und beruflich)<br />
Geburtsdatum<br />
Größe<br />
Gewicht<br />
Adresse des überweisenden Arztes<br />
(wichtig für Rückfragen)<br />
4 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
AKTUELLE BESCHWERDEN<br />
TITELTHEMA<br />
Genauen Aufschluss über die aktuellen Beschwerden<br />
geben die sieben »W‘s« und die<br />
entsprechende Interpretation:<br />
»Was schmerzt oder wo schmerzt<br />
es?« Diese Frage informiert bezüglich<br />
hilft sie bei der Suche nach einem möglichen<br />
Auslöser. So kann beispielsweise ein<br />
zurückliegender Auffahrunfall ursächlich für<br />
entsprechende Beschwerden im HWS-Bereich<br />
sein (Schleudertrauma).<br />
»Welche Begleitbeschwerden treten<br />
auf?« Anhaltende Kopfschmerzen<br />
und Herzsensationen können<br />
beispielsweise Herzprobleme anzeigen, die<br />
eine gründliche ärztliche Abklärung erfordern.<br />
der Schmerzlokalisation. Hierbei wird<br />
der Patient angehalten, den Ort und die<br />
Ausbreitung des Schmerzes zu beschreiben.<br />
»Wie sind die Schmerzen?« Mit<br />
dieser Frage sind Schmerzcharakter,<br />
-stärke und -verlauf zu beurteilen.<br />
»Was wurde bisher gemacht?«<br />
Häufig haben Patienten insbesondere<br />
mit chronischen Erkrankungen<br />
»Wann schmerzt es?«H ä u fi gt r e -<br />
ten Schmerzen in einem bestimmten<br />
zeitlichen Muster auf. Dazu gehören<br />
beispielsweise die so genannten Anlaufschmerzen,<br />
die morgens kurz nach dem<br />
Aufstehen beginnen und bei weiterer Bewegung<br />
wieder nachlassen. Nächtliche<br />
»Wodurch werden die Schmerzen<br />
beeinflusst?« Häufig werden<br />
durch bestimmte Bewegungen, Körperhaltungen<br />
oder mechanische Einflüsse<br />
Schmerzen ausgelöst oder verstärkt. Die<br />
Kenntnis solcher auslösenden Faktoren gibt<br />
wichtige Hinweise für die spätere Therapie.<br />
eine Odyssee an Therapien hinter sich. Daher<br />
muss erfragt werden, welche Therapieversuche<br />
bisher unternommen wurden und<br />
welchen Erfolg sie erbrachten. Diese Informationen<br />
sind im Hinblick auf die spätere<br />
Therapieplanung von Bedeutung: Bislang<br />
erfolglose therapeutische Ansätze können<br />
Schmerzen treten u. a. bei entzündlichen<br />
Gelenkerkrankungen auf.<br />
»Seit wann bestehen die Schmerzen?«<br />
Mit dieser Frage soll zwischen<br />
akuten und chronischen Beschwerden<br />
unterschieden werden. Des Weiteren<br />
Im Gegensatz dazu können Beschwerden<br />
ANAMNESE<br />
auch durch bestimmte Bewegungen oder<br />
Haltungen (z. B. Schonhaltung) oder durch<br />
äußere Einflüsse (z. B. Hitze, Kälte, etc.) verbessert<br />
werden.<br />
EIGENANAMNESE<br />
aus der Liste der weiteren Therapiemaßnahmen<br />
gestrichen werden.<br />
Die Eigenanamnese umfasst Fragen nach<br />
aktueller Lebenssituation, Begleiterkrankungen,<br />
früheren Erkrankungen (geordnet<br />
nach Organsystemen) und Krankenhausaufenthalten<br />
und Operationen. Die Art der<br />
Berufstätigkeit kann Hinweise auf Stress und<br />
Überlastungssyndrome sowie Tätigkeiten in<br />
ungünstigen körperlichen Positionen geben,<br />
die zu Fehlhaltungen und Muskelverspannungen<br />
führen können. Wichtig ist auch<br />
die Dokumentation von Medikamenten, die<br />
eingenommen werden. Obwohl die Patienten<br />
in der Regel bereit sind, die Details ihrer<br />
Anamnese darzulegen, werden manchmal<br />
auch ungewollt wichtige Punkte verschwiegen.<br />
Die Frage nach der derzeitigen Medikation<br />
kann wertvolle Hinweise geben. Ebenso<br />
sollten die Ernährungsgewohnheiten sowie<br />
die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln<br />
erfragt werden. Ein weiterer wichtiger<br />
Punkt ist der drastische, ungewollte und<br />
schnelle Gewichtsverlust, der möglicherweise<br />
eine ernsthafte Grunderkrankung wie<br />
z. B. bösartige Erkrankungen anzeigen kann.<br />
Hier sollte unbedingt eine weitergehende<br />
ärztliche Abklärung erfolgen.<br />
Die Familienanamnese vervollständigt die<br />
Anamnese. Hier wird nach Erkrankungen<br />
von Eltern, Geschwistern und Kindern gefragt<br />
(Verwandte ersten Grades). So werden<br />
das Alter oder gegebenenfalls die Todesursache<br />
der Eltern erhoben. Von besonderem<br />
Interesse sind chronische Erkrankungen in<br />
der Familie.<br />
FAMILIENANAMNESE<br />
Gezielt sollte nach folgenden Krankheiten<br />
gefragt werden:<br />
Erbliche Erkrankungen<br />
(z. B. Hämophilie)<br />
Bösartige Erkrankungen<br />
(z. B. Krebserkrankung)<br />
Stoffwechselerkrankungen<br />
(z. B. Diabetes mellitus)<br />
Infektionserkrankungen<br />
(z. B. Tuberkulose)<br />
Missbildungen<br />
Psychische Erkrankungen<br />
(z. B. Depressionen)<br />
Literatur<br />
Kolster (2007): Bindegewebe. KVM – Der Medizinverlag, Berlin.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 5
TITELTHEMA<br />
© Fiedels – stock.adobe.com<br />
BEFUND<br />
ERHEBUNG<br />
Text: Verena Loidl<br />
Jede <strong>physio</strong>therapeutische Behandlung beginnt mit einer Befunderhebung.<br />
Eine zielgerichtete und effektive Therapie ist<br />
nur möglich, wenn zuvor alle relevanten Informationen über<br />
den Patienten und seine Erkrankung erhoben wurden. Die pro-<br />
GRUNDLAGEN<br />
rungen des Patienten liefern. Zudem werden mögliche Krankheitsursachen<br />
oder auslösende Faktoren identifiziert. Damit<br />
die Patientensicherheit gewährleistet ist, müssen Kontraindikationen<br />
ausgeschlossen werden. In Absprache mit dem Pa-<br />
fessionelle PT verlangt eine evidenzbasierte Therapie mit standardisierten<br />
Outcome-Messungen. Outcomes sind in diesem<br />
Zusammenhang definierte Ergebnisse, die eine Therapie haben<br />
kann. Um die Wirksamkeit der Maßnahmen nachweisen<br />
zu können, braucht es Belege, dass dem Patienten geholfen<br />
wurde. Offizielle Stellen (z. B. Kostenträger), Rahmenempfehlungen,<br />
Gesetze (§ 135a SGB V), Ärzte, aber auch Patienten<br />
fordern wirksame Therapieinterventionen sowie überprüfbare<br />
und eindeutige Angaben über die Behandlungsergebnisse.<br />
Die professionelle PT verlangt daher<br />
eine strukturierte und systematische Befunderhebungtienten<br />
und an dessen Belastbarkeit angepasst, werden Ziele<br />
vereinbart und die Therapieplanung gestaltet. Bereits in dieser<br />
Phase sollte festgelegt werden, mit welchen Messinstrumenten<br />
die gesteckten Ziele später überprüft werden. Ein Ausgangsbefund<br />
sollte vor Beginn der Therapie gemessen werden.<br />
Do beinhaltet die eigentliche Durchführung der Intervention.<br />
Im anschließenden Check werden die Behandlungsergebnisse<br />
mit geeigneten Messinstrumenten evaluiert. Dieser<br />
dritte Schritt bezieht sich auf die<br />
Planungsphase und stellt einen Vorher-Nachher-Vergleich<br />
an. Die Qualität<br />
der Überprüfung hängt davon ab, ob<br />
Der Plan-Do-Check-Act-Zyklus (PDCA-<br />
Zyklus) von E. Deming veranschaulicht<br />
den kontinuierlichen Prozess, der zur<br />
Steigerung der Behandlungs- und Ergebnisqualität<br />
verhilft.<br />
Plan steht für die Analyse der Ist-Situation,<br />
d. h. die Problemerfassung des<br />
Patienten. Die Befunderhebung soll ein<br />
umfassendes, genaues Bild über die aktuellen<br />
Beschwerden oder Funktionsstö-<br />
PDCA-Zyklus von Edward Deming<br />
(modifiziert nach Bulsuk 2009).<br />
bereits in der Planungsphase feststand,<br />
was mit welchem Instrument gemessen<br />
werden soll. Angaben zu einem Therapieerfolg<br />
oder zu unerwünschten Effekten<br />
können getroffen werden, wenn<br />
vor Beginn der Therapie der Ausgangsbefund<br />
gemessen wurde.<br />
Act bedeutet die Anpassung an Situationsveränderungen<br />
und eine Überarbeitung<br />
der Zielformulierung. Stimmen<br />
6 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
die vorher festgelegten Therapieziele nicht mit dem erreichten<br />
Zustand überein, so folgt eine erneute Planungsphase bis der<br />
Sollzustand erreicht wird.<br />
Die Erfassung des Patientenproblems kann auf unterschiedliche<br />
Arten erfolgen:<br />
Eigenbeurteilung durch den Patienten (subjektiv),<br />
Fremdbeurteilung durch Angehörige, Fachleute<br />
(Th., Arzt),<br />
klinische Parameter.<br />
Weiterhin wird die Beeinträchtigung auf mehreren Ebenen<br />
analysiert:<br />
Körperfunktionen und -strukturen,<br />
Aktivitäten,<br />
Partizipation.<br />
Dahinter steht ein mehrdimensionales Erklärungsmodell für<br />
Erkrankungen: das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell, bei<br />
dem Krankheit nicht allein auf eine Funktionsstörung oder den<br />
Ausfall eines Systems (z. B. der Leber) reduziert wird.<br />
INSPEKTION<br />
Neben der Anamnese, die im vorherigen Artikel bereits vorgestellt<br />
entkleidet. Wichtig ist, dass die Patientenwünsche berück-<br />
wurde, spielen die Inspektion, die Palpation und die sichtigt werden, z. B. wenn sich der Patient nicht vollständig<br />
Funktionsprüfungen eine wesentliche Rolle in der Befundaufnahme.<br />
entkleiden möchte. Grundsätzlich sollte die offene Inspektion<br />
immer in einem geschlossenen Raum erfolgen, um die Hem-<br />
Der Begriff Inspektion stammt aus dem Lateinischen (inspectio;<br />
mungen des Patienten abzubauen. Ein kommentarloses »Ansicht,<br />
in = hinein und spicere = sehen) und bedeutet »Einstarren«<br />
des Patienten schafft Unsicherheit. Deshalb erklärt<br />
Betrachtung, Untersuchung«.<br />
der Th. die einzelnen Inspektionsschritte und deren Zweck.<br />
Die Inspektion ist eine visuelle Begutachtung des Patienten. Selbstverständlich sind gewisse Rahmenbedingungen, wie<br />
Alle optisch auffälligen Veränderungen vergleicht man mit einem<br />
z. B. geeignete Unterlagerung der Standfläche (Handtuch, La-<br />
anatomischen Idealbild und bewertet sie im Kontext zu ken etc.) und eine angemessene Raumtemperatur einzuhalten.<br />
den vom Patienten beschriebenen Symptomen. Es werden die Zunächst bemerkt man die spontan vom Patienten eingenommene<br />
indirekte (verdeckte) sowie die direkte (offene) Inspektion unterschieden.<br />
Haltung, wie z. B. Schulterstand, Ausmaß der<br />
Beckenkippung, Fuß- und Beinachse. Der Th. achtet auf Seitendifferenzen,<br />
Achsabweichungen und angeborene oder erworbene<br />
Indirekte/verdeckte Inspektion<br />
Körperkonturveränderungen (Ausprägung des Mus-<br />
Unterschiedliche Bewegungen oder Situationen des Patienten<br />
kelreliefs, Schwellung, Deformierung etc.). Bei der Beurteilung<br />
werden analysiert, ohne dass dieser davon erfährt. der Körperhaltung oder -stellung der Extremitätengelenke<br />
Den ersten Gesamteindruck erhebt man bei der Begrüßung<br />
wird das Beobachtete in Bezug zu einer theoretischen Norm<br />
und auf dem Weg in den Behandlungsraum. Weiter-<br />
gesetzt.<br />
hin beobachtet man den individuellen Bewegungsstereotyp Etwas mühsamer wird es, die seelische und mentale Verfassung<br />
bei Alltagsbewegungen (Wie kleidet der Patient sich aus?<br />
des Patienten wahrzunehmen. Bekanntlich haben die<br />
Wie hängt er seine Kleidung an<br />
Psyche und die inneren Haltungen<br />
einen enormen Einfluss auf<br />
ABWEICHUNGEN<br />
der Garderobe auf? Wie setzt<br />
Bei jedem Menschen findet man Abweichungen<br />
oder legt er sich hin?).<br />
die äußere Körperhaltung sowie<br />
von der fiktiven Normvorstellung. Das bedeutet<br />
den Therapieverlauf. Diese Komponenten<br />
komplettieren das Ge-<br />
keinesfalls, dass Pathologien vorliegen müssen.<br />
Offene/direkte Inspektion<br />
Die Kunst des Th. besteht darin, Schonhaltungen<br />
Die offene Inspektion erfolgt<br />
samtbild des Patienten und liefern<br />
oder Fehlstellungen zu erkennen und gleichzeitig<br />
möglichst im aufrechten Stand<br />
erste Hinweise auf die Motivation<br />
zu bewerten, ob diese in einem Zusammenhang<br />
von dorsal, ventral und lateral. Soweit<br />
möglich ist der Patient dabei<br />
sowie die Compliance des Patienten.<br />
mit dem aktuellen Patientenproblem stehen.<br />
PALPATION<br />
Der Begriff Palpation kommt ursprünglich aus dem Lateinischen<br />
(palpare) und bedeutet »streicheln, tasten, sanft klopfen«.<br />
Die Palpation ist eine Untersuchungstechnik, bei der manuell<br />
Körperstrukturen ertastet werden. Sie gilt als schwierigste<br />
Untersuchungsmethode. Einerseits muss man wissen, welche<br />
anatomischen Strukturen klinisch relevant sind und wo man<br />
diese palpieren kann. Andererseits setzt das »Fühlenkönnen«<br />
von Tasteindrücken sehr viel praktische Erfahrung voraus. Die<br />
taktile Wahrnehmung und Interpretation ist sehr individuell<br />
und von den gemachten Erfahrungen abhängig, was die Objektivität<br />
erschwert.<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 7
TITELTHEMA<br />
Allein das praktische Üben schult die Propriorezeptoren der<br />
Fingerbeeren. Die Grifftechnik kann mit einem oder mehreren<br />
Fingern sowie mit der ganzen Handfläche ausgeführt werden.<br />
Verwendet man beide Hände, so spricht man von einer bimanuellen<br />
Palpation.<br />
In der Regel beginnt jede Palpation flächig und am umliegenden<br />
Gewebe des Schmerzpunktes. Bei Toleranz des Patienten<br />
führt man die Techniken punktueller durch und arbeitet<br />
sich langsam an das Schmerzzentrum heran. Die maximale<br />
Druckkraft entspricht dem Gewicht einer 50 Cent-Münze, da<br />
ansonsten die Empfindlichkeit der Tastfingerrezeptoren abnimmt<br />
(Faustregel: Daumen auf den geschlossenen Augapfel<br />
drücken, ohne dass es als schmerzhaft wahrgenommen<br />
wird).<br />
Mittels Tastuntersuchung nimmt man verschiedene Merkmale<br />
der jeweiligen Struktur wahr:<br />
Größe,<br />
Konsistenz,<br />
Elastizität,<br />
Mobilität,<br />
Trophik<br />
(Ernährungs- oder Stoffwechselzustand des Gewebes),<br />
Formstörungen,<br />
Funktionsstörungen,<br />
Druckschmerzhaftigkeit.<br />
Palpationsarten<br />
Tastpalpation<br />
Der Patient befindet sich in Ruhelage, während der Th. leicht<br />
die relevante Struktur palpiert; z. B. Palpationskreis am Fuß.<br />
Bewegungspalpation<br />
Die flächig aufgelegte Palpationshand prüft die translatorische<br />
Beweglichkeit, während der Patient aktiv oder passiv bewegt,<br />
z. B. Vorlauf/Rücklauf Iliosakralgelenk-Test (ISG-Test).<br />
Kibler-Hautfalte<br />
Mit Daumen und Zeigefinger hebt man eine Hautfalte mit den<br />
subkutanen Gewebeschichten an und rollt sie parallel zur WS<br />
ab. Die Dicke der Hautfalte, der Widerstand beim Abheben<br />
und -rollen sowie die Schmerzempfindlichkeit werden beurteilt<br />
und lassen Rückschlüsse auf das subkutane Bindegewebe zu.<br />
Bindegewebsteststrich<br />
Diese Palpationsart findet in der Bindegewebsmassage Anwendung.<br />
Mit Mittel- und Ringfinger zieht man eine Hautfalte<br />
auf der Faszie durch, bis ein Widerstand wahrgenommen<br />
wird, und kann so das subkutane Bindegewebe beurteilen.<br />
Schmerz-/Druckpalpation<br />
Durch senkrechte Kompression/Distraktion oder parallele<br />
Scherbewegungen wird der Schmerz des Gewebes provoziert,<br />
z. B. Triggerpunkte bei hypertonem Muskelgewebe.<br />
FUNKTIONSPRÜFUNGEN<br />
Zu den Funktionsprüfungen können viele zusätzliche Testverfahren<br />
und Aspekte gezählt werden. Zu den wesentlichen Parametern<br />
gehören u. A. die Beweglichkeit, die Kraft und der<br />
Umfang.<br />
Beweglichkeit<br />
Die Beweglichkeit (Range of Motion, ROM) wird mit einem<br />
Goniometer (Winkelmesser) gemessen. Für sehr kleine Gelenke<br />
gibt es spezielle Finger-/Zehen-Goniometer. Als Grundlage<br />
dient die Neutral-Null-Methode (NNM) nach Debrunner.<br />
Dabei wird die erreichte Gelenkendstellung in Bezug zu einer<br />
definierten Neutral-Null-Stellung – entspricht der normalen<br />
anatomischen Position – angegeben.<br />
Wichtig ist, dass<br />
immer in derselben Ausgangsstellung gemessen wird<br />
und<br />
die Gegenseite mit gemessen wird.<br />
Eine Differenzierung zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit<br />
ist dabei sinnvoll und muss dokumentiert werden. Die<br />
passiven Bewegungsausmaße sind im Normalfall größer als<br />
die aktiven. Neben der Quantität (ROM) kann auch auf die<br />
Qualität geachtet werden (Ausweichbewegungen, Geschwindigkeit,<br />
Schmerz, Bewegungsfluss etc.). Im Protokoll werden<br />
für jedes Gelenk und jede Bewegungsebene drei Werte angegeben:<br />
die beiden Endpositionen und die Neutralstellung. Um<br />
Missverständnisse zu vermeiden, sollte die Reihenfolge der<br />
Endpositionen angegeben werden. Liegt ein Bewegungsdefizit<br />
vor, notiert man eine Null für die entsprechende Richtung.<br />
Der mittlere Wert wird nun nicht mehr mit Null beschrieben,<br />
sondern gibt das Ausmaß des Defizites an.<br />
Beispiel:<br />
Bestimmung des aktiven Bewegungsausmaßes für das rechte<br />
Kniegelenk<br />
Angegeben wird: Kniegelenk rechts aktiv; Extension/Flexion:<br />
5 °/0 °/140 °.<br />
Das heißt: Das aktive Bewegungsausmaß am rechten Kniegelenk<br />
beträgt 5 ° für die Extension und 140 ° für die Flexion. Die<br />
Angabe »0 °« zeigt, dass der Patient die Neutral-Null-Position<br />
erreicht.<br />
Läge ein Extensionsdefizit von 10 ° am rechten Kniegelenk vor,<br />
so würde man notieren: Extension/Flexion rechts: 0 °/10 °/140 °.<br />
8 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Kraftmessung mittels Muskelfunktionsprüfung (MFP)<br />
Im klinischen und rehabilitativen Bereich wird häufig die isotonische Muskelfunktionsprüfung<br />
nach Janda [1994, 2000] durchgeführt. Isotonisch bedeutet hier, dass sich der<br />
Muskel aufgrund der Kontraktion verkürzt. Dabei ändert sich die Spannung nicht. Der<br />
Einsatz eines manuellen Widerstandes erlaubt eine Aussage über die Muskelkraft (bzw.<br />
-schwäche) während einer Bewegung [Froböse u. Nellessen 1998].<br />
Bei der Testdurchführung ist darauf zu achten, dass das maximale Bewegungsausmaß<br />
mit gleichbleibender Geschwindigkeit getestet wird. Dabei muss der Widerstand<br />
gegen die Bewegungsrichtung konstant bleiben.<br />
Die Kraftgrade werden nach Janda in sechs Stufen eingeteilt:<br />
Stufe 5 volles Bewegungsausmaß gegen maximalen Widerstand möglich<br />
Stufe 4 volles Bewegungsausmaß gegen submaximalen Widerstand möglich<br />
Stufe 3 volles Bewegungsausmaß gegen die Schwerkraft möglich<br />
Stufe 2 volles Bewegungsausmaß unter Aufhebung der Schwerkraft möglich<br />
Stufe 1 optisch sichtbare oder palpierbare Muskelkontraktion vorhanden<br />
Stufe 0 keine Muskelkontraktion vorhanden, komplette Lähmung<br />
Zusatz S = Spastik, K = Kontraktur<br />
Bei dieser manuellen Muskelfunktionsprüfung handelt es sich um eine subjektive Einschätzung<br />
des Untersuchers. Der angegebene Kraftgrad liefert keine Aussage zur<br />
Qualität der Bewegung. Zur qualitativen Beurteilung ist es wichtig, zusätzlich darauf<br />
zu achten, wie der Patient die Bewegung ausführt. Aufmerksam sollte der Untersucher<br />
schauen, in welcher zeitlichen Beziehung die einzelnen Muskelgruppen, die<br />
an der Bewegungsausführung beteiligt sind, rekrutiert werden. Mit diesem Test lässt<br />
sich nicht die Ermüdung bei Dauerleistung beurteilen. Zudem gelten die angegebenen<br />
Kraftgrade nicht für die faziale Muskulatur, bei der im Seitenvergleich getestet und die<br />
Symmetrie beurteilt wird.<br />
BEFUNDERHEBUNG<br />
Umfang<br />
Der Umfang einer Extremität wird mit einem Maßband in Zentimetern gemessen. Umfangsmessungen<br />
dienen der Quantifizierung sowie der Verlaufskontrolle bei Patienten<br />
mit bestehenden Schwellungen (z. B. Lymphödem) oder Atrophien. Das Maßband<br />
sollte bei jeder Messung die gleiche Spannung haben und darf das Gewebe nicht<br />
einschnüren.<br />
Für eine standardisierte Dokumentation der Umfänge legt man Messorte fest. Für<br />
die obere Extremität verwendet man meist als Referenzlinie den Epicondylus lateralis<br />
humeri und für die untere Extremität den lateralen Kniegelenkspalt.<br />
FÜR ZUVERLÄSSIGE (RELIABLE) MESSERGEBNISSE:<br />
Bei einem Patienten immer an der gleichen Stelle und zum gleichen<br />
Tageszeitpunkt messen.<br />
Alle Messungen an einem Patienten sollten vom gleichen Th. durchgeführt<br />
werden.<br />
Die nichtbetroffene Extremität muss als Referenz immer mitgemessen<br />
werden.<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 9
VORGESTELLT<br />
Text: Benjamin Bareiss<br />
GESCHICHTE UND WIRKWEISE –<br />
EINE KURZE EINFÜHRUNG<br />
Geschichte und Herkunft<br />
In der Bezeichnung „kinesiologisches Taping“ steckt das<br />
Wort Kinesis; dieses kommt aus dem Griechischen und bedeutet<br />
‚Bewegung’. Leben ist Bewegung. Bewegung und Beweglichkeit<br />
sind grundlegende Qualitäten für alle Menschen.<br />
In dieser Hinsicht ist jeder – ob Profisportler oder Laie – zum<br />
verantwortlichen Umgang mit dem eigenen Körper aufgerufen,<br />
und es ist die Aufgabe des Therapeuten, den Einzelnen<br />
dabei zu unterstützen und seine Beweglichkeit zu fördern.<br />
Diese Einsicht liegt auch den Erkenntnissen des japanischen<br />
Arztes und Chiropraktikers Dr. Kenzo Kase zugrunde. Er war<br />
überzeugt, dass über die Haut, das größte Reflexorgan des<br />
Körpers, die gesamte Muskulatur und weitere Strukturen beeinflusst<br />
werden können.<br />
Davon ausgehend schuf er mit dem kinesiologischen Taping<br />
(Synonyme: Senso-Taping ® , Kinesio-Taping ® , Medi-Taping ® ,<br />
K-Taping ® u.a.) einen völlig neuen Ansatz zur Behandlung von<br />
Muskeln, Nerven, Gelenken usw. direkt über die Haut, eine<br />
Therapieform, die die Selbstheilungsmechanismen des Körpers<br />
aktiviert, den Patienten jedoch während des Prozesses<br />
nicht in seiner Beweglichkeit einschränkt. In den 1980er-Jahren<br />
wurde das kinesiologische Taping in den USA bekannter,<br />
nach Europa kam es 1997 über Belgien und Holland. Seit<br />
1998 wird das kinesiologische Taping nach Dr. Kenzo Kase<br />
auch in Deutschland praktiziert.<br />
Zunächst wurden überwiegend Anlagen erprobt, die die<br />
Muskelfunktion beeinflussen. Erst im Laufe der Zeit hat man<br />
die speziellen Anlagetechniken entdeckt, mit denen es möglich<br />
ist, durch länger andauernde Reizung der Hautrezeptoren<br />
Gelenke zu stabilisieren, mit denen sich der Lymphabfluss<br />
verbessern lässt und man über segmentale Verbindungen<br />
und Bindegewebe (Faszien) Einfluss auf die Aktivität der inneren<br />
Organe und des Nervensystems nehmen kann. Heute<br />
kommt das Taping mit elastischen Bändern nicht nur in der<br />
Physio- und Sport<strong>physio</strong>therapie zum Einsatz, sondern auch<br />
bei Heilpraktikern, Ergotherapeuten, Schmerztherapeuten<br />
und in der Lymphtherapie sowie als unterstützende Therapie<br />
zur Akupunktur.<br />
Bedeutung und Wirkung<br />
Das kinesiologische Taping ist nicht mit dem klassischen Taping<br />
zu verwechseln. Beim klassischen Taping werden Gelenke<br />
mit unelastischen Verbänden ruhiggestellt und stabilisiert.<br />
Die elastischen Tape-Bänder, die beim kinesiologischen Taping<br />
verwendet werden, haben nicht nur andere Materialeigenschaften,<br />
sondern auch ein davon abweichendes, weitaus<br />
größeres Wirkungsspektrum. Man kann die Anlagetechniken<br />
kinesiologischen Tapings nicht mit einem klassischen<br />
Tape durchführen und umgekehrt; jedoch lassen sich beide<br />
Behandlungsformen unter anderem im Sportbereich sinnvoll<br />
kombinieren, um die Leistungsfähigkeit der Betroffenen zu<br />
optimieren.<br />
Das Wirkprinzip basiert darauf, dass über die Haut, unser<br />
größtes Reflexorgan, die körpereigenen Heilungsmechanismen<br />
mobilisiert werden sollen. So soll die volle Funktionsfähigkeit<br />
des Bewegungsapparates wiederhergestellt bzw.<br />
erhalten und ein störungsfreier Energiefluss gewährleistet<br />
werden. Folgende Wirkungen sollen erzielt werden, die zum<br />
Teil durch Studien unterschiedlicher Evidenzlevel belegt werden<br />
konnten (s. Quellen: Literatur):<br />
• Gezielte Modifikation und Regulation des Muskeltonus,<br />
• reflektorische Stabilisation der Gelenkstrukturen,<br />
Anregung des Gelenkstoffwechsels, verbesserte Knorpellernährung,<br />
• Durchblutungsförderung,<br />
• Verbesserung der Propriozeption und damit auch der<br />
Stütz- und Zielmotorik,<br />
• Verbesserung der Koordination und Herstellen einer<br />
<strong>physio</strong>logischen Belastung des Bewegungsapparats,<br />
• Entstauung des Gewebes und Abtransport von Stoffwechselendprodukten<br />
durch verbesserten venösen und<br />
lymphatischen Rücktransport,<br />
• Vergrößerung des Zirkulationsraumes, Druckminderung<br />
und Entlastung des Gewebes durch den anhebenden<br />
Hauteffekt (Lifting-Effekt),<br />
• Förderung der <strong>physio</strong>logischen Wundheilung, schnellerer<br />
Abbau von Entzündungsmediatoren,<br />
• Förderung des psychischen Wohlbefindens,<br />
10 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
• reflektorische Schmerzlinderung durch Aktivierung der<br />
Mechanorezeptoren der Haut und Dämpfung der<br />
Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren),<br />
• Beseitigung von Energieblockaden im Meridiansystem,<br />
Gewährleistung der energetischen Balance der Meridiane<br />
Materialeigenschaften und Wirkweise<br />
Elastische Tape-Bänder sind selbstklebend. Sie bestehen aus<br />
einem 100%igen Baumwollstoff mit einer haftenden Acrylbeschichtung<br />
auf der Rückseite, die in einer sinuswellenförmigen<br />
Struktur aufgetragen ist. Die Tape-Bänder sind in<br />
Längsrichtung durchschnittlich um bis zu 130–140 % dehnbar,<br />
in Querrichtung nur gering dehnbar. In der Dicke und<br />
im Gewicht sind sie der Haut angeglichen, damit der Körper<br />
keine Immobilisierung in seinen <strong>physio</strong>logischen Bewegungsabläufen<br />
erfährt; das heißt, der Behandelte bleibt voll<br />
beweglich. Die meisten elastischen Tapes sind antiallergisch,<br />
atmungsaktiv und wasserresistent. Aufgrund dieser Eigenschaften<br />
können sie je nach Qualität bis zu einer Woche oder<br />
länger getragen werden. Die Klebefläche wird dabei direkt<br />
über der betroffenen Region auf der Haut angebracht. Durch<br />
die Wellenstruktur entstehen entsprechend geformte Hautfalten;<br />
ein elastisches Tape hebt die Haut bei jeder Bewegung<br />
an und verschiebt sie gegen das Unterhautgewebe.<br />
Literatur<br />
Białoszewski D., Wozniak W., Zarek S. (2009): Clinical efficacy of kinesioloy taping in reducing edema of the lower limbs in patients treated with the ilizarov method-preliminary<br />
report. Ortop Traumatol Rehabil 11: 46–54.<br />
Christou E.A. (2004): Patellar taping increases vastus medialis oblique activity in the presence of patellafemoral pain. J Electromyogr Kinesiol 14: 495–504.<br />
González-Iglesias J., Fernandéz-de-las-Peñas C., Cleland J.A. et al. (2009): Short-term effects of cervical Kinesio taping on pain and cervical range of motion in patients with<br />
acute whiplash injury: a randomized clinical trial. J Orthop Sports Phys Ther 39(7): 515–521.<br />
Guerra de Hoyos J.A., Andrés Martín Mdel C., Bassas y Baena de Leon E et al. (2004): Randomised trial of long term effect of acupuncture for shoulder pain. Pain 112(3): 289–298.<br />
Hsieh T.S., Wu P.L., Liao J. H. et al. (2007): Does elastic taping on the triceps surae facilitate the ability of vertical jump? J Biomech 40(S2): 412.<br />
Kase K., Hashimoto T., Okane T. (2003a): Kinesio Taping perfect manual: amazing taping therapy to eliminate pain and muscle disorder. Perfect Manual. Kinesio Taping Assiciation,<br />
Tokyo.<br />
Kase K., Wallis J., Kase T. (2003b): Clinical therapeutic applications of the Kinesio taping method. 2. Aufl., Ken Ikai Co. Ltd., Tokyo.<br />
Krausse C. (2010): Elastisches Tapen bei Schmerzen und funktionellen Störungen des Bewegungsapparates aus der Sicht eines Physiotherapeuten. Dissertation. Hogeschool van<br />
Arnhem en Nijmegen, Nijmegen, Arnheim, Niederlande.<br />
Motte de la S.J. (2008): 3-D analysis of a functional reach test in subjects with functional ankle instability. Dissertation. Virginia Commonwealth University, Richmond, Virginia, USA.<br />
Ng G.Y.F., Cheng J.M.F. (2002): The effects of patellar taping on pain and neuromuscular performance in subjects with patellofemoral pain syndrome. Clin Rehabil 16: 821–827.<br />
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Lassen Sie sich inspirieren und nutzen Sie das breite Angebot der Aussteller!<br />
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Holen Sie sich in Vorträgen, Seminaren und Workshops neue Anregungen für<br />
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Ihre Patienten, für Ihre Praxis, für Ihre Profession!<br />
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Beim <strong>physio</strong>kongress West erwartet Sie ein spannendes Programm mit<br />
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aktuellen Themen und Top-Referenten.<br />
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Wir freuen uns auf Sie.<br />
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Messe Essen 27.–28. September <strong>2019</strong> | Freitag–Samstag<br />
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Bleiben Sie am Puls der Zeit!<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 11
TITELTHEMA<br />
UNTERSUCHUNG<br />
DES..<br />
BECKENGURTELS<br />
Text: Verena Gesing<br />
M. ischiococcygeus<br />
L Die Untersuchung des Beckengürtels ist<br />
wichtig und kann viele Hinweise liefern.<br />
Wichtig ist hier eine strukturierte Vorgehensweise.<br />
Es ist nicht immer einfach herauszu-<br />
finden, welche Pathologie den Symptomen<br />
eines Patienten zu Grunde liegt. Oft werden<br />
Beckengürtelschmerzen den unspezifischen<br />
Rückenschmerzen zugeordnet oder anders<br />
herum. Um einen guten Befund durchzuführen,<br />
sollte zunächst klar sein, worum es<br />
sich hierbei überhaupt handelt.<br />
DEFINITION BECKENGÜRTELSCHMERZEN<br />
Beckengürtelschmerzen können u. a. als<br />
Folge einer Beckenringinstabilität auftreten.<br />
Der Schmerzbereich befindet sich meistens<br />
zwischen Crista iliaca und Glutealfalte vor<br />
allem im Bereich des ISG mit möglichen<br />
Schmerzausstrahlungen in den hinteren<br />
Oberschenkel und zur Symphyse (Vleeming<br />
et al. 2008).<br />
Für eine genaue Befundung ist es wichtig,<br />
Kenntnisse über Ätiologie und Patho<strong>physio</strong>logie<br />
von Beckengürtelschmerzen zu haben.<br />
ÄTIOLOGIE VON BECKENGÜRTELSCHMERZEN<br />
Meist multikausal<br />
Schwangerschaft: hormonelle Umstellung<br />
und Auflockerung des Bindegewebes<br />
u. A. durch Ausschüttung von<br />
Relaxin während der Schwangerschaft,<br />
zusätzliches Gewicht des Fetus auf ligamentäre<br />
und muskuläre Strukturen und<br />
Druck durch den Kopf des Fetus auf den<br />
Beckenring<br />
Insuffizienz der Beckenbodenmuskulatur<br />
und des M. transversus abdominis<br />
• Ein eindeutiger Nachweis für den Einfluss<br />
des Beckenbodens auf die ISG-<br />
Stabilität ist: je schwächer der Beckenboden,<br />
desto instabiler der Beckengürtel<br />
(Pool-Goudzwaard et al. 2005)<br />
• Ein Nachweis für die signifikante Erhöhung<br />
der ISG-Stabilität kann durch die<br />
Kontraktion des M. transversus abdominis<br />
erfolgen (Richardson et al. 2002)<br />
Überwiegend sitzende Tätigkeiten<br />
Unfälle oder Erkrankungen (z. B. Morbus<br />
Bechterew, aber auch Stolpern, Hüpfen<br />
oder ein Tritt ins Leere)<br />
ISG-Veränderungen durch Fusionen bei<br />
5,8 % der 20–39-Jährigen, aber bei<br />
46,7 % bei über 80-Jährigen (Dar et al.<br />
2008).<br />
PATHOPHYSIOLOGIE<br />
Der Beckengürtel ist die verbindende Struktur<br />
zwischen Oberkörper und unterer Extremität.<br />
Er muss daher stabil sein, um die<br />
Kraft des Oberkörpers zu tragen, aber auch<br />
flexibel, um z. B. die Gehbewegung zuzulassen.<br />
Bei Frauen muss er wegen des Gebärens<br />
noch flexibler sein. Die benötigte<br />
Flexibilität des Beckenrings wird durch Gelenkverbindungen<br />
gewährleistet – im Bereich<br />
des ISG als Amphiarthrose und im<br />
Bereich der Symphyse als Synchondrose, die<br />
in ihrem Bewegungsumfang durch straffe<br />
Bandverbindungen stark beschnitten sind.<br />
Da an diesen beiden Stellen Bewegungen<br />
(zwar nur kleine) stattfinden, können sie<br />
auch automatisch zu Schwachstellen werden.<br />
12 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
M. transversus perinei profundus M. sphincter ani externus<br />
Anamnese<br />
Hier werden Symptome und Schmerzlokalisationen,<br />
die häufig bei Pathologien des<br />
ISG’s/Symphyse vorkommen, angegeben<br />
(siehe Leitlinie Beckengürtelschmerz). Symptome<br />
können Schmerzen während langem<br />
Sitzen, Stehen und Gehen, v. A. bei größeren<br />
Schritten und Einbeinständen (ISG/Symphyse)<br />
sein. Die Schmerzlokalisation (ISG)<br />
ist unterhalb der SIPS (im Glutealbereich)<br />
oder im posterioren Oberschenkel. Sowohl<br />
die Symptome als auch die Schmerzlokalisationen<br />
können allerdings immer<br />
variieren.<br />
Weitere wichtige anamnestische Angaben<br />
sind:<br />
Vorerkrankungen, wie z. B. Frakturen<br />
des Beckens<br />
Schwangerschaften/Geburten – sie sind<br />
relevant, da diese die Stabilität des Beckengürtels<br />
beeinflussen.<br />
Bestehen die Schmerzen vielleicht seit<br />
den o. g. Ereignissen oder traten während<br />
der Ereignisse ähnliche Schmerzen<br />
auf?<br />
Hinweise auf Red oder Yellow Flags, wie<br />
z. B. Gewichtsabnahme, starkes Krankheitsgefühl,<br />
Tumorerkrankung in der<br />
Vorgeschichte (RF) oder Unzufriedenheit<br />
am Arbeitsplatz, Depressions- oder<br />
Angsterkrankung (YF)<br />
Inspektion<br />
BEFUNDABLAUF<br />
Schonhaltungen<br />
Bewegungs- und oder weitere Haltungsauffälligkeiten<br />
Mögliche Muskel- und<br />
Faszienirritationen<br />
a. Überprüfung der Adduktoren<br />
b. Überprüfung des M. piriformis<br />
c. Überprüfung der Fascia thoracolumbalis<br />
d. Mitüberprüfung des faszialen Systems<br />
durch Nervendehntests (s. u.)<br />
Dabei sollten die Muskeln auch auf Abschwächungen<br />
oder Verkürzungen (Hypertonie/Stiffness)<br />
überprüft werden. So ist es<br />
z. B. wichtig zu wissen, ob der M. iliopsoas<br />
hyperton oder die Glutealmuskulatur abgeschwächt<br />
ist. Zudem muss erhoben werden,<br />
ob die segmentalen Stabilisatoren aktivierbar<br />
sind. Zu diesen zählen folgende Muskeln:<br />
M. transversus<br />
M. multifidii<br />
Beckenboden<br />
Klinische Tests<br />
Bewegungsüberprüfung (BWP):<br />
a) aktive BWP: Beckenflexion, -extension,<br />
Latflex und Rotation<br />
b) passive BWP: s. o.<br />
Reproduzierbarkeit der schmerzhaften<br />
Situation:<br />
Der Patient soll hierbei Situationen nachstellen,<br />
bei denen die Schmerzen i. d. R. auftreten.<br />
Schmerzprovokationstests:<br />
Zurzeit werden Schmerzprovokationstest<br />
zur Identifizierung einer ISG Pathologie<br />
empfohlen. Das Durchführen von mehreren<br />
(5–7) Tests führt zu einer zuverlässigeren<br />
Aussagekraft. Um den Befund einer ISG Pathologie<br />
zu verifizieren, müssen 3 von 5 der<br />
durchgeführten Tests positiv sein. Die Tests<br />
gelten als positiv wenn der Schmerz, den<br />
der Patient kennt provoziert wird.<br />
ISG:<br />
1. Distraktionstest (Klaffen)<br />
2. Thigh Trust<br />
3. Gaenslens Test<br />
4. Patrick Faber Test/-4-er Zeichen<br />
5. ASLR<br />
6. Passive Hüft Iro<br />
7. Kompressionstest<br />
8. Sacral Thrust<br />
9. Cranial Shear<br />
10. Bilaterale Hüftinnenrotation<br />
11. Drop Test<br />
Symphyse:<br />
1. ASLR<br />
2. Symphyse: RL mit angestellten Beinen –<br />
45° Hüftflexion und Anspannen in ADD<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 13
TITELTHEMA<br />
Bewegungstest<br />
1. Federtest<br />
2. Scral Thrust (Druck von cranial auf das<br />
Sacrum, dann Gewichtsverlagerung auf<br />
das Sacrum oberhalb von S2 [Nutation]<br />
und unterhalb von S2 [Kontranutation])<br />
Bei einem positiven Ergebnis kann das Ergebnis<br />
durch Anlegen eines Beckengurtes<br />
verifiziert werden. Der Beckengurt kann<br />
auch als Test dienen. Wird dieser angelegt<br />
und die Schmerzen lassen nach, dann kann<br />
dies ebenfalls einen Hinweis (auch bei der<br />
schmerzhaften oder belastenden Situationen,<br />
wie z. B. Sitz) auf eine Instabilität des<br />
Beckengürtels liefern. Zusätzlich zu den<br />
erwähnten Tests sollte auch eine mögliche<br />
Rectusdiastase getestet werden.<br />
Wichtige Differenzierungen<br />
Wird eine Beckengürtelpathologie vermutet,<br />
macht es Sinn, auch immer die Nachbarregionen<br />
zu untersuchen. Exemplarische<br />
Techniken könnten sein:<br />
LWS: Traktion/Kompression<br />
Hüftgelenk: Innenrotation und Kompression,<br />
Flexion und Adduktion<br />
Wenn bei wiederholten Rumpfbewegungen<br />
z. B. ein Zentralisierungsphänomen auftritt,<br />
ist eine Beckengürtelpathologie eher unwahrscheinlich.<br />
Neurale Mobilität<br />
Um eine Mitbeteiligung der neuralen Strukturen<br />
zu untersuchen, müssen diese noch<br />
getestet werden.<br />
a) N. femoralis – Prone knee bend<br />
b) N. ischiadicus – Laseque/ Bragard<br />
c) Neurodynamik/Durabeweglichkeit –<br />
Slump<br />
Probebehandlung<br />
Die oben dargestellte Untersuchung sollte<br />
dem Therapeuten ermöglichen, die Ursache<br />
der Pathologie einzugrenzen bzw. zu finden<br />
und anschließend eine Probebehandlung<br />
durchzuführen.<br />
UNTERSUCHUNG<br />
DES..<br />
BECKENGURTELS<br />
Literatur<br />
Vleeming, A.; Hanne, B.; Albert; Östgaard, H. C.; Bengt<br />
Sturesson, Stuge, B. (2008): European guidelines for the<br />
diagnosis and treatment of pelvic girdle pain. Eur Spine J<br />
17: 794–819.<br />
Pool-Goudzwaard, A.; van Dijke, H.; van Gurp, M. et al.<br />
(2005): Beitrag der Beckenbodenmuskulatur zur Stabilität<br />
des Beckenrings. Manuelle Therapie 9(2): 75–81.<br />
Richardson, C.A.; Snijders, C.J.; Hides, J.A. et al. (2002):<br />
The Relation Between the Transversus Abdominis Muscles,<br />
Sacroiliac Joint Mechanics and Low Back Pain. Spine (Phila<br />
Pa 1976). 27 (4): 399–405.<br />
Dar, G.; Khamis, S.; Peleg, S.; Masharawi, Y.; Steinberg, N.;<br />
Peled, N.; Latimer, B.; Hershkoviz, I. (2008): Sacroiliac joint<br />
fusion and implications for manual therapy diagnosis and<br />
treatment. Manual Therapy 13: 144–158.<br />
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14 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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TITELTHEMA<br />
..<br />
Text: Klaus-Peter Valerius et al.<br />
MUSKELFUNKTIONSPRUFUNG<br />
DES M. ILIOPSOAS<br />
Zu den Funktionsprüfungen eines Befundes zählen auch die Muskelfunktionstests.<br />
Hier könnt ihr erfahren, wie der Test des M. iliopsoas aussieht.<br />
WORKSHOP<br />
Der M. iliopsoas beugt das Schwungbein im Hüftgelenk; allerdings<br />
nur dann, wenn die maximale Kraft benötigt wird, etwa<br />
beim Beugen des Hüftgelenkes aus der gestreckten Rücken<br />
lage. Beim ruhigen Laufen ist der Muskel kaum aktiv. Seine<br />
Hauptaufgabe liegt in der Balancierung des Rumpfes auf den<br />
Femurköpfen, also bei fixiertem Femur. So spannt er sich bei<br />
dem Versuch, im Stehen bei rückgeneigtem Rumpf das Gleichgewicht<br />
zu halten, deutlich spürbar an. Der M. iliopsoas nimmt<br />
seinen Ursprung an der Lendenwirbelsäule. Insbesondere in<br />
der anfänglichen Kontraktion aus gestreckter Haltung im Hüftgelenk<br />
wirkt er im Sinne einer Verstärkung der Lendenlordose.<br />
Auch kippt er das Becken auf den Hüftgelenken nach ventral.<br />
Ursprung M. iliacus: Fossa iliaca<br />
Ligamentum iliolumbale,<br />
Ligamentum sacroiliacum anterius<br />
M. psoas major: Seitenflächen der<br />
Wirbelkörper T XII bis L IV,<br />
Processus costales L I bis L V<br />
Ansatz knapp distal des Trochanter minor<br />
Innervation M. iliacus: Nervus femoralis, L1–L3<br />
M. psoas major: Rami ventrales, L1–L4<br />
Articulatio coxae<br />
Flexion<br />
FUNKTIONEN<br />
Articulatio coxae und Articulationes intervertebrales (LWS)<br />
Lordosierung der Lendenwirbelsäule und Kippung des Beckens nach ventral<br />
Synergisten<br />
M. rectus femoris<br />
M. tensor fasciae latae<br />
M. gluteus medius<br />
(ventraler Anteil)<br />
M. sartorius<br />
M. gracilis<br />
M. pectineus<br />
Mm. adductores<br />
(aus maximaler Extension)<br />
Antagonisten<br />
M. gluteus maximus<br />
M. semimembranosus<br />
M. semitendinosus<br />
M. biceps femoris, Caput longum<br />
M. gluteus medius<br />
(dorsaler Anteil)<br />
M. gluteus minimus<br />
(dorsaler Anteil)<br />
Mm. adductores<br />
(aus maximaler Flexion)<br />
M. pectineus<br />
(aus maximaler Flexion)<br />
Synergisten<br />
M. longissimus thoracis<br />
M. iliocostalis lumborum<br />
M. rectus femoris<br />
M. quadratus lumborum<br />
(nur Lordorsierung)<br />
M. sartorius<br />
M. tensor fasciae latae<br />
Antagonisten<br />
M. gluteus maximus<br />
(dorsaler Anteil)<br />
M. biceps femoris, Caput longum<br />
M. semimembranosus<br />
M. semitendinosus<br />
M. rectus abdominis<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 17
TITELTHEMA<br />
MUSKELFUNKTIONSPRÜFUNG<br />
Kraftgrad<br />
5/4<br />
Ausgangsstellung: Der Patient steht und hält sich an der Behandlungsliege<br />
fest.<br />
Untersuchungsgang: Der Untersucher gibt am distalen Oberschenkel<br />
des Patienten Druck in Richtung Extension im Hüftgelenk.<br />
Instruktion: »Ziehen Sie Ihr Knie gegen meinen Widerstand in<br />
Richtung Nase, halten Sie es in der Endstellung und bleiben Sie<br />
dabei aufrecht stehen.«<br />
3<br />
Ausgangsstellung: Der Patient steht und hält sich an der Behandlungsliege<br />
fest.<br />
Untersuchungsgang: Der Untersucher beobachtet die Beinbewegung<br />
und unterstützt eventuell die geradlinige Bewegung.<br />
Instruktion: »Ziehen Sie Ihr Knie in Richtung Nase und bleiben<br />
Sie dabei aufrecht stehen.«<br />
2<br />
Ausgangsstellung: Der Patient liegt auf der Seite. Das oben<br />
liegende Bein ist im Hüftgelenk extendiert.<br />
Untersuchungsgang: Der Untersucher beobachtet die Bewegung<br />
des unteren Beines.<br />
Instruktion: »Ziehen Sie Ihr Knie in Richtung Nase.«<br />
1/0<br />
KLINISCHE RELEVANZ<br />
Bei einer Kontraktur des M. iliopsoas wird die Lendenlordose<br />
dauerhaft verstärkt und dadurch können die Zwischenwirbelscheiben<br />
dieser Region geschädigt werden.<br />
Schmerzen bei ruckartiger Streckung des gebeugten rechten<br />
Hüftgelenkes können auf eine Entzündung des Wurmfortsatzes<br />
des Blindarmes hindeuten (Psoaszeichen).<br />
Ausgangsstellung: Der Patient steht und hält sich an der Behandlungsliege<br />
fest.<br />
Untersuchungsgang: Der Untersucher beobachtet die Beinbewegung.<br />
Instruktion: »Versuchen Sie, Ihr Knie in Richtung Nase zu ziehen.«<br />
WORKSHOP<br />
PROBLEME/HINWEISE<br />
Wenn die Ausgangsstellung im Stand unsicher erscheint,<br />
ist ein Stück des Bewegungsweges auch im Sitz zu testen.<br />
Bei Fixation der beiden Beine ermöglicht der M. iliopsoas<br />
aus der Rückenlage den Rumpf anzuheben.<br />
Literatur<br />
Valerius, K. P. et al. (2014): Das Muskelbuch. KVM – Der Medizinverlag, Berlin.<br />
18 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
© leremy – stock.adobe.com<br />
TITELTHEMA<br />
Datum der Befundaufnahme<br />
Name des Therapeuten<br />
BEFUNDBOGEN<br />
Speziell für<br />
BGM-Techniken<br />
Patientendaten<br />
Nachname<br />
Vorname<br />
PLZ, Ort<br />
Straße, Hausnummer<br />
Tel.-Nr. privat<br />
Geburtsdatum<br />
Größe<br />
Berufliche Tätigkeit<br />
Sportliche Aktivitäten<br />
Behandelnder Arzt<br />
Ärztliche Diagnose<br />
Ärztliche Verordung<br />
beruflich<br />
Gewicht<br />
Eigenanamnese (Unfallzeitpunkt: Hergang, ärztl. Versorgung)<br />
Lebenssituation<br />
Begleiterkrankung<br />
Frühere Erkrankungen<br />
Medikation<br />
Versorgung mit Hilfsmitteln<br />
Krankenhausaufenthalt<br />
Sportliche Aktivitäten<br />
Ernährung/Ergänzung<br />
Schneller Gewichtsverlust<br />
Familienanamnese<br />
Erbliche Erkrankungen<br />
Bösartige Erkrankungen<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 19
TITELTHEMA<br />
Stoffwechselerkrankungen<br />
Infektionserkrankungen<br />
Missbildungen<br />
Psychosomatische Erkrankungen<br />
Aktuelle Beschwerden: die sieben »W‘s«<br />
1 Was oder wo?<br />
2 Wann?<br />
3 Seit wann?<br />
4 Wie?<br />
5 Wodurch werden die Beschwerden beeinflusst?<br />
6 Welche Begleiterscheinungen treten auf?<br />
7 Was wurde bisher unternommen?<br />
Inspektion (Befunde in das Schema eintragen)<br />
Hautveränderungen (Farbe, Zustand, Dermographien)<br />
Narben<br />
Schwellungen<br />
Atrophien<br />
Haltungsstatus (dorsal, ventral und lateral)<br />
Abweichende Bewegungsmuster (Gebrauchsbewegungen, Gang)<br />
Palpation (Befunde in das Schema eintragen)<br />
Haut<br />
Sensibilität<br />
Temperatur<br />
Oberflächenbeschaffenheit<br />
Turgor/Gewebespannung<br />
Feuchtigkeit<br />
Schwellung, Ödem, Erguss<br />
Schmerzhafte Palpationspunkte<br />
Muskulatur<br />
Gewebespannung<br />
Tonus<br />
Myogelosen<br />
Triggerpunkte<br />
20 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
TITELTHEMA<br />
Bindegewebe<br />
Gewebespannung<br />
Flächiges Verschieben der Unterhaut gegenüber der Körperfaszie<br />
Abheben von Hautfalten<br />
Verschieblichkeit der oberen Verschiebeschicht<br />
Objektivierung<br />
VAS bei Befunderhebung<br />
Behandlungsdokumentation<br />
Datum Behandlungsziel Maßnahme VAS vor Behandlung nach Behandlung Bemerkung<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 21
VORGESTELLT<br />
© leremy – stock.adobe.com<br />
EINFLUSS VON PATIENTENEDUKATION<br />
AUF DIE EFFEKTIVITÄT EINES<br />
RÜCKENTRAININGSPROGRAMMS<br />
BEI UNSPEZIFISCHEN RÜCKENSCHMERZEN –<br />
EINE KONTROLLIERTE PILOTSTUDIE<br />
Text: Jürgen Baier, Angelika Heinl, Anna-Lena Luber, Susanna Feistl, Pia Böheim<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Hintergrund: Patientenedukation stellt im<br />
modernen Therapiemanagement der Physiotherapie<br />
ein zentrales Element dar. Für<br />
den Therapieerfolg spielt dabei nicht nur die<br />
motivationale Selbstwirksamkeit der Patienten<br />
sondern auch deren Handlungskompetenz<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Ziel: Das Ziel bestand in der Untersuchung<br />
des Einflusses einer Edukationsmaßnahme<br />
auf die Wirksamkeit eines Rückentrainingsprogramms<br />
für Patienten mit unspezifischen<br />
Rückenschmerzen.<br />
Methode: Zur Feststellung der Wirksamkeit<br />
einer edukativen Maßnahme wurden<br />
21 Personen mit unspezifischen Rückenschmerzen<br />
sowie sitzender beruflicher Tätigkeit<br />
in 2 Gruppen aufgeteilt. Während<br />
die Kontrollgruppe (KG) ein dreiwöchiges<br />
Rückentrainingsprogramm ohne vorherige<br />
anatomisch-funktionelle Kenntniserweite-<br />
rung absolvierte, wurden den Teilnehmern<br />
der Interventionsgruppe (IG) im Vorfeld in einem<br />
40 minütigen Vortrag anatomische und<br />
biomechanische Funktionszusammenhänge<br />
der Wirbelsäule vermittelt. Zur Feststellung<br />
der Effektivität wurden die Änderungen beider<br />
Gruppen als Vorher-Nachher-Vergleich<br />
gegenüber gestellt. Primäre Messparameter<br />
waren Schmerzintensität und -frequenz. Als<br />
sekundäre Kriterien wurden die flexorische<br />
Beweglichkeit und die Auswirkung auf den<br />
Alltag mittels des Roland Morris Disability<br />
Questionnaire (RMDQ) verwendet.<br />
Ergebnisse: In beiden Gruppen konnte<br />
gruppenintern eine Verbesserung für alle<br />
schmerzbezogenen Parameter festgestellt<br />
werden, was allgemein für eine Wirksamkeit<br />
des Rückentrainingsprogramms spricht. In<br />
Relation zur KG waren die Verbesserungen<br />
für die Teilnehmer der IG für die Schmerzintensität<br />
um 94,1 Prozent höher, jedoch<br />
statistisch nicht signifikant (p = 0,25). Im<br />
Gruppenvergleich zeigte die Reduzierung<br />
der Schmerzhäufigkeit eine 14-fach höhere<br />
Chance für die Teilnehmer der IG. Die beiden<br />
sekundären Parameter zeigten nur geringe<br />
Gruppenunterschiede.<br />
Schlussfolgerung: Die Studie weist hinsichtlich<br />
des Behandlungserfolgs auf ein Verbesserungspotenzial<br />
hin, wenn die Patienten<br />
begleitend zur eigentlichen Therapie über<br />
die anatomischen und funktionellen Hintergründe<br />
im Sinne einer Patientenedukation<br />
eingehend informiert werden. Offen bleibt<br />
die Frage, ob die deutlichere Schmerzbeeinflussung<br />
aufgrund der besseren Motivationslage<br />
zum eigenständigen Üben oder<br />
aufgrund einer intensiveren Beachtung der<br />
Regeln zur Verhaltensprävention bei Rückenbeschwerden<br />
erklärt werden kann.<br />
EINLEITUNG<br />
Rückenschmerzen sind eines der meist<br />
verbreiteten Krankheitsbilder in Deutschland.<br />
Laut einer Umfrage des Robert<br />
Koch Instituts in verschiedenen Regionen<br />
Deutschlands liegt die Prävalenz zwischen<br />
32 und 49 Prozent [van Baal et al.,<br />
2018]. Rückenbeschwerden gelten daher<br />
als große Volkskrankheit und verlangen<br />
vermehrt nach einer guten medizinischen<br />
Versorgung.<br />
Dabei werden von den Betroffenen nicht<br />
nur Arztbesuche, sondern auch zunehmend<br />
<strong>physio</strong>therapeutische Leistungen in<br />
Anspruch genommen [Schmidt 2012]. Im<br />
Jahr 2018 wurden bei der AOK rund 2,67<br />
Millionen <strong>physio</strong>therapeutische Leistungen<br />
aufgrund der Diagnose Rückenschmerzen<br />
(M54) verzeichnet, was einem Anteil von<br />
22 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
rund 21 Prozent aller <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Leistungen entspricht [Statista 2018].<br />
Betrachtet man die Ursachen von Rückenbeschwerden,<br />
so liegt laut einer Statistik<br />
der Bertelsmann Stiftung der Anteil<br />
unspezifischer Rückenschmerzen bei<br />
etwa 85 Prozent aller Rückenbeschwerden<br />
[Volbracht et al. 2016]. Rückenschmerzen<br />
werden als unspezifisch bezeichnet, wenn<br />
es keinen Hinweis auf spezifische Ursachen<br />
im Sinne einer Diagnose gibt oder wenn die<br />
momentan verfügbaren diagnostischen Methoden<br />
für eine genaue Diagnosestellung<br />
nicht ausreichen [Diemer u. Sutor 2017].<br />
Die Diagnose eines spezifischen Rückenschmerzes<br />
hingegen wird gestellt, wenn ein<br />
nachweisbarer Zusammenhang zwischen<br />
den Rückenschmerzen und einer definierten<br />
Ursache besteht. Sie sind demnach durch eine<br />
klar fassbare, von anderen Krankheitsbildern<br />
der Wirbelsäule eindeutig abgrenzbare Diagnose<br />
gekennzeichnet [Hofer et al. 2004].<br />
Bei der Literatur-Recherche zum Thema<br />
»unspezifischer Rückenschmerz« sowie dessen<br />
Ursachen und Therapiemöglichkeiten<br />
ergaben sich mehrere Aspekte, die in dem<br />
hier angewendeten Übungsprogramm eine<br />
Verbesserung der Symptomatik versprachen.<br />
Laut Rasev [2012] sei die Ursache häufig<br />
auf eine mangelhafte intermuskuläre Zusammenarbeit<br />
der tiefen Rückenmuskulatur<br />
und lokalen Stabilisatoren zurückzuführen<br />
[Rasev 2012]. Desweiteren fand man bei<br />
Rückenschmerzpatienten eine Veränderung<br />
der Projektionsfelder im sensorischen Kortex,<br />
was zu einer verschlechterten Zweipunktdiskrimination<br />
am Rücken führte [Flor<br />
et al. 1997]. Ferner zeigten sich deutliche<br />
Hinweise auf eine mangelhafte Körperwahrnehmung<br />
und als Folge ein Defizit der Bewegungskontrolle<br />
[Luomajoki u. Moseley 2011].<br />
Beim Training der lokalen Stabilisatoren<br />
sollte der Fokus nicht auf einem Kraftgewinn<br />
liegen, da bereits 30 Prozent ihrer Maximalkraft<br />
ausreichend wären, die Segmente<br />
der Wirbelsäule zu schützen [Valerius et al.<br />
2006]. Vielmehr sollte das Augenmerk auf<br />
die rechtzeitige Aktivierung und die ausreichende<br />
Haltedauer der segmentalen Stabilisatoren<br />
gerichtet werden [Häfelinger u.<br />
Schuba 2002, Luomajoki 2012].<br />
Eine positive Schmerzbeeinflussung wird<br />
außerdem durch Anwendung von Mobilisationstechniken<br />
berichtet. Dabei können insbesondere<br />
tonisch agierende Muskeln, die<br />
zu einem nozizeptiven Hypertonus und zur<br />
Verkürzung neigen, positiv beeinflusst werden.<br />
Dies sei des Öfteren bei M. piriformis,<br />
M. trapezius pars descendens, M. iliopsoas<br />
und M. pectoralis major der Fall [Frisch<br />
1987, Schünke 2014, Hüter-Becker u. Dölken<br />
2015]. Durch Mobilisationstechniken<br />
wurde eine Verbesserung der Trophik im<br />
bewegten Körperabschnitt festgestellt, was<br />
einer Degeneration von Knorpelgewebe bei<br />
Hypomobilität vor allem in den nicht beanspruchten<br />
Bereichen entgegenwirkt [Akeson<br />
et al. 1992].<br />
Die hohe Anzahl betroffener Patienten<br />
und die damit verbundenen Krankheitskosten<br />
sowie krankheitsbedingte Fehltage<br />
unterstreichen die große Relevanz von Therapiemöglichkeiten<br />
bei Rückenschmerzen<br />
für das deutsche Gesundheitssystem. Es gilt<br />
dabei nicht nur die Patienten bestmöglich zu<br />
versorgen, sondern auch die Bestrebungen<br />
nach vermehrter Gesundheitsökonomie zu<br />
unterstützen. Dementsprechend werden<br />
Therapiemöglichkeiten mit großer Effektivität<br />
und wirtschaftlicher Effizienz gesucht.<br />
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich damit,<br />
wie <strong>physio</strong>therapeutische Therapiekonzepte<br />
weiter optimiert werden können.<br />
Für die Physiotherapie bieten hierfür insbesondere<br />
verhaltenspräventive Maßnahmen<br />
eine essentielle Ressource [Bollert u. Geuter,<br />
2007]. Konkret bedeutet dies, den Betroffenen<br />
eine Selbsthilfestrategie an die Hand<br />
zu geben, bei der sie sich als selbstwirksam<br />
erleben können. Patienten, die durch entsprechende<br />
Edukationsmaßnahmen ihren<br />
Gesundheitszustand aktiv und selbstverantwortlich<br />
mitgestalten, können zu einer<br />
erhöhten Behandlungseffizienz und einem<br />
wirksameren Therapieverlauf beitragen.<br />
Patientenedukation beschreiben Forbes<br />
et al. [2017] als eine Maßnahme der Kommunikation,<br />
bei der Patienten informiert<br />
werden und wodurch die Ergebnisse im<br />
Therapieprozess in Bezug auf Schmerz, Behinderung<br />
und Alltagsfunktion verbessert<br />
werden sollen. Dabei spielen die Selbstwirksamkeit<br />
des Patienten und die Selbsthilfestrategien,<br />
mit denen Patienten ihrem Beschwerdebild<br />
begegnen, eine zentrale Rolle.<br />
Der Patient wird zum mündigen und selbst<br />
agierenden Gestalter seines eigenen Gesundheitszustandes,<br />
was einerseits Handlungsspielräume<br />
eröffnet und mehr Autonomie<br />
ermöglicht, andererseits weist es dem<br />
Patienten eine aktive Rolle zu und überträgt<br />
ihm eine Mitverantwortung im Therapieverlauf<br />
[Weinhold u. Karstens 2009; Bollert u.<br />
Geuter 2009].<br />
Das Feld der Patientenedukation inkludiert<br />
dabei äquivalente Themenbereiche,<br />
die ebenso das Ziel verfolgen die Selbstverantwortung<br />
des Patienten zu stärken oder<br />
eine intensivere Mitarbeit zu aktivieren.<br />
Grossklaus et al. [2014] erkennen in der Adhärenz<br />
des Patienten einen maßgeblichen<br />
Einflussfaktor auf den Therapieerfolg. Eckert<br />
und Göhner [2015] proklamieren einen verbesserten<br />
therapeutischen Erfolg in der Rehabilitation<br />
von neurologisch betroffenen<br />
Patienten bei einer erhöhten Motivationslage<br />
des Patienten. Zudem hänge der Therapiefortschritt<br />
auch von der Volition, also<br />
der Planungs- und Durchführungsfähigkeit<br />
des Patienten ab [Eckert u. Göhner 2015].<br />
Forschungsfrage und Hypothese<br />
Zweck dieser Arbeit war es herauszufinden,<br />
ob eine intensivere Patientenedukation die<br />
Effektivität eines Selbsthilfeprogramms optimieren<br />
kann. Konkret stellt sich die Frage, inwiefern<br />
Kenntnisse über Anatomie und über<br />
biomechanische Funktionszusammenhänge<br />
des Rückens die Wirksamkeit eines Rückentrainingsprogramms<br />
für Menschen mit<br />
unspezifischen Rückenschmerzen erhöhen.<br />
Vermutet wird, dass ein vermehrtes medizinisches<br />
Wissen zu einem besseren Verständnis<br />
und einer höheren gesundheitlichen<br />
Selbstverantwortung und Handlungskompetenz<br />
führt, wodurch sich die Patientenedukation<br />
in der untersuchten Art und Weise<br />
positiv auf das Therapieergebnis auswirkt.<br />
Aus diesen theoretischen Überlegungen<br />
ergibt sich folgende Hypothese: Erweitertes<br />
Wissen über anatomische und biomechanische<br />
Funktionszusammenhänge erhöht<br />
die Effektivität eines Rückentrainingsprogramms.<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 23
VORGESTELLT<br />
METHODE<br />
Zur Beantwortung der Forschungsfrage bot<br />
es sich an, das Studiendesign als Vergleichsstudie<br />
zweier Gruppen hinsichtlich der Vorher-Nachher-Situation<br />
zu konzipieren. Dazu<br />
wurden 21 Personen mit unspezifischen Rückenschmerzen<br />
rekrutiert und in zwei Gruppen<br />
aufgeteilt. Während die Kontrollgruppe<br />
das dreiwöchige Rückentraining ohne vorherige<br />
anatomisch-funktionelle Kenntniserweiterung<br />
absolvierte, wurde den Teilnehmern<br />
der Interventionsgruppe im Vorfeld<br />
des ebenfalls dreiwöchigen Übungsprogramms<br />
über einen 40-minütigen Vortrag<br />
anatomische und biomechanische Funktionszusammenhänge<br />
der Wirbelsäule vermittelt.<br />
Voraussetzung zur Rekrutierung war neben<br />
unspezifischen Rückenschmerzen eine<br />
überwiegend sitzende Tätigkeit. Zudem<br />
wurden nur Probanden aufgenommen, die<br />
sich im Zeitraum der Studiendurchführung<br />
weder in ärztlicher, noch in <strong>physio</strong>therapeutischer<br />
Behandlung befanden oder sich<br />
einer anderen Therapieform (z. B. Akupunktur)<br />
unterzogen.<br />
Die Rekrutierung der Versuchspersonen<br />
wurde multizentrisch zum Einen in einer<br />
Physiotherapieschule und zum Anderen in<br />
Interventionsgruppe<br />
n = 12<br />
Datenerfassung erster<br />
Behandlungstermin (t0)<br />
• Schmerzintensität (VAS)<br />
• Schmerzfrequenz<br />
• Finger-Boden-Abstand<br />
• Roland Morris Disability<br />
Questionaire (RMDQ)<br />
Untersuchungspopulation<br />
n = 12<br />
Kontrollgruppe<br />
n = 9<br />
Datenerfassung erster<br />
Behandlungstermin (t0)<br />
• Schmerzintensität (VAS)<br />
• Schmerzhäufigkeit<br />
• Finger-Boden-Abstand<br />
• Roland Morris Disability<br />
Questionaire (RMDQ)<br />
Abbildung 1: Studienablaufplan<br />
Rückentrainingsprogramm<br />
für 3 Wochen<br />
mit vorherigem Vortrag (t1)<br />
über anatomische und<br />
biomechanische Funktionszusammenhänge<br />
der<br />
Wirbelsäule<br />
Rückentrainingsprogramm<br />
für 3 Wochen<br />
ohne vorherigem Vortrag<br />
über anatomische und<br />
biomechanische Funktionszusammenhänge<br />
der<br />
Wirbelsäule<br />
drei Institutionen mit überwiegender Bürotätigkeit<br />
durchgeführt. Die Verteilung der<br />
Teilnehmer in eine der beiden Gruppen<br />
wurde dabei nicht randomisiert vorgenommen,<br />
sondern basierte auf der institutionellen<br />
Trennung, womit eine Verblindung der<br />
Teilnehmer ermöglicht wurde.<br />
Bis auf den Vortrag war das Vorgehen<br />
in beiden Gruppen identisch. Zu Beginn<br />
wurde der Eingangsbefund (t0) nach einem<br />
vorgegebenem Schema erhoben. Im Anschluss<br />
wurde dem Teilnehmer das Rückentrainingsprogramm<br />
vorgestellt, gefolgt von<br />
einer 21-tägigen selbstständigen Trainingsphase<br />
(t1) durch die Probanden und einen<br />
unmittelbar darauf folgenden Abschlussbefund<br />
(t2). Die Untersuchungen fanden in<br />
vier zeitlich und räumlich getrennten Erhebungsblöcken<br />
statt. Abbildung 1 gibt einen<br />
Überblick über den Studienablauf.<br />
Die Befunderhebung für den Eingangsbefund<br />
verlief analog zum Abschlussbefund.<br />
Neben den anamnestischen Daten,<br />
erhoben die Studienleiter einen Schmerzbefund.<br />
Dieser beinhaltete Schmerzlokalisation,<br />
Schmerzintensität mittels der Visuellen<br />
Analog-Skala (VAS) und wöchentliche<br />
Schmerzhäufigkeit. Die Änderungen in den<br />
Interventionsgruppe<br />
n = 12<br />
Datenerfassung nach Abschluss<br />
des Programms (t2)<br />
• Schmerzintensität (VAS)<br />
• Schmerzfrequenz<br />
• Finger-Boden-Abstand<br />
• Roland Morris Disability<br />
Questionaire (RMDQ)<br />
• Trainingsdauer<br />
Outcome-Kriterien<br />
Primär: Änderungen in der<br />
• Schmerzintensität (VAS)<br />
• Schmerzfrequenz<br />
Sekundär: Änderungen hinsichtlich<br />
• Mobilität (Finger-Boden-Abstand)<br />
• körperlicher Einschränkungen im<br />
täglichen Leben (RMDQ-Score)<br />
Interventionsgruppe<br />
n = 12<br />
Datenerfassung nach Abschluss<br />
des Programms (t2)<br />
• Schmerzintensität (VAS)<br />
• Schmerzhäufigkeit<br />
• Finger-Boden-Abstand<br />
• Roland Morris Disability<br />
Questionaire (RMDQ)<br />
• Trainingsdauer<br />
Parametern Schmerzintensität und -frequenz<br />
dienten als primäres Outcome.<br />
Die VAS wurde von Schomacher [2008]<br />
nicht nur als praxistauglich und einfach<br />
handhabbar beurteilt, sondern weise auch<br />
eine hohe Empfindlichkeit mit geringer Fehlerquote<br />
auf und erfülle die wissenschaftliche<br />
Gütekriterien der Validität und Reliabilität<br />
[Schomacher 2008; Hilfiker 2010]. Sie<br />
eigne sich somit zur Messung subjektiver<br />
Empfindungen wie der Schmerzäußerung<br />
von Patienten in der Physiotherapie.<br />
Sekundäre Outcome-Kriterien waren das<br />
flexorische Bewegungsausmaß in Form des<br />
Finger-Boden-Abstands (FBA) und die Auswirkung<br />
der Beschwerden auf den Alltag<br />
mittels eines modifizierten Roland Morris<br />
Disability Questionaire (RMDQ). Zum Ausschluss<br />
eines spinal bedingten Rückenproblems<br />
wurde der Straight-Leg-Raise-Test<br />
durchgeführt.<br />
Beim FBA wird die Distanz in Zentimetern<br />
zwischen Mittelfinger und Boden gemessen.<br />
Frost et al. [1982] sowie Gauvin<br />
et al. [1990] beschreiben den FBA als einfaches,<br />
sicheres und reliables Messinstrument.<br />
Im modifizierten RMDQ wird anhand<br />
von 10 Items der Grad der Einschränkungen<br />
hinsichtlich Körper- und Alltagsfunktionen<br />
erfasst [Roland u. Fairbank 2000]. Ein Wert<br />
von 10 bedeutet hierbei den höchsten Behinderungsgrad.<br />
Der Wert Null bedeutet<br />
keinerlei Einschränkungen. Bräuer et al.<br />
[2017] postulieren eine gute Eignung des<br />
RMDQ bei milden bis moderaten Rückenbeschwerden,<br />
weswegen die vorliegende<br />
Studie dieses Instrument als Basis für die Erfassung<br />
von Alltagseinschränkungen nutzt.<br />
Die Datenanalyse erfolgte als Intention-to-treat-Analyse<br />
über die Differenzen<br />
der Vorher- und Nachher-Situation, indem<br />
die Veränderungen der Outcome-Kriterien<br />
beider Gruppen verglichen wurden.<br />
Die Auswertung der gegenüber gestellten<br />
Schmerzveränderungen erfolgte deskriptiv,<br />
wobei der Gruppenunterschied in absoluten<br />
Werten und als relatives Verhältnis berechnet<br />
wurde. Zur Überprüfung der Signifikanz<br />
der Schmerzentwicklung wurde der<br />
t-Test herangezogen. Der Vertrauensbereich<br />
wurde mit einem Konfidenzintervall von<br />
0,95 (α = 0,05) angesetzt.<br />
24 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
ERGEBNIS<br />
Im Zeitraum von Juni 2018 bis Oktober<br />
2018 wurden 21 Patienten rekrutiert. Die<br />
Interventionsgruppe (IG) umfasste 12 Schüler<br />
aus dem ersten Ausbildungsjahr einer<br />
Berufsfachschule für Physiotherapie in Niederbayern.<br />
Darunter befanden sich 7 Frauen<br />
und 5 Männer im Alter zwischen 18 und 25<br />
Jahren. Die Kontrollgruppe (KG) setzte sich<br />
aus 9 Versuchspersonen zusammen. Die<br />
ausgewählten Institutionen befanden sich<br />
ebenfalls in einer niederbayerischen Stadt<br />
sowie in zwei oberbayerischen Gemeinden.<br />
Die Kontrollgruppe umfasste 7 Frauen und 2<br />
Männer im Alter von 32 bis 62 Jahren.<br />
Die demographischen und klinischen<br />
Baseline-Daten der Untersuchungspopulation<br />
in den Versuchsgruppen werden in<br />
Tabelle 1 und Tabelle 2 dargestellt. Hierbei<br />
erkennt man eine Heterogenität in der<br />
Gruppenzuteilung hinsichtlich Alter und in<br />
der Genderverteilung, was als Diskussionspunkt<br />
aufgrund der möglichen Verzerrungsgefahr<br />
zu beachten ist. Relativ homogen<br />
verteilt zeigen sich hingegen die Faktoren<br />
BMI, tägliche Sitzdauer, Trainingsdauer und<br />
Trainingshäufigkeit.<br />
Die klinischen Ausgangsdaten zeigen<br />
eine weitgehende Übereinstimmung bei<br />
den Parametern Schmerzintensität und<br />
RMDQ-Score. Bei den Parametern Schmerzhäufigkeit<br />
und FBA zeigt sich dagegen eine<br />
Diskrepanz, wobei die Teilnehmer der KG<br />
eine höhere Schmerzhäufigkeit und eine<br />
deutlich schlechtere Flexionsmobilität im<br />
FBA aufweisen.<br />
Zudem sind Gruppenunterschiede<br />
bei den Angaben zu Schmerzmitteleinnahme<br />
und bei der Erstauslösung durch<br />
ein Trauma zu erkennen. In der IG wurden<br />
keine Schmerzmittel verwendet, während 2<br />
Teilnehmer der KG medikamentös auf ihre<br />
Schmerzen Einfluss nahmen. 5 der 21 Probanden<br />
gaben an, dass die Rückenschmerzen<br />
auf ein vorangegangenes Trauma zurückzuführen<br />
seien. Demnach hatten 10<br />
Teilnehmer der IG (83,3 %) und 6 Teilnehmer<br />
der KG (66,7 %) keine vorangegangene<br />
Verletzung.<br />
Es gab keine Behandlungsabbrüche, sodass<br />
von jedem angetretenen Teilnehmer<br />
sowohl die Daten der Eingangsuntersuchung<br />
als auch der Abschlussuntersuchung<br />
vorliegen. Demzufolge konnte bei den Outcome-Kriterien<br />
eine Intention to treat-Analyse<br />
durchgeführt werden. Von 3 Teilnehmern<br />
aus der IG fehlte allerdings die Angabe<br />
zum Trainingsaufwand. Die fehlenden Angaben<br />
des Trainingsaufwandes flossen nicht<br />
in den Gruppenvergleich ein, sodass von jeder<br />
Gruppe jeweils 9 Angaben in der Vergleichsanalyse<br />
erfasst sind. In Tabelle 3 sind<br />
die Eingang- und Abschlusswerte der Zielparameter<br />
dargestellt. Die Differenzen der<br />
jeweiligen Werte sind in Tabelle 4 ersichtlich.<br />
Tabelle 1: demographische Baseline-Daten der Untersuchungspopulation<br />
IG<br />
n = 12<br />
Geschlecht<br />
weiblich, n (%)<br />
7 (58,3)<br />
männlich, n (%)<br />
5 (41,7)<br />
KG<br />
n = 9<br />
7 (77,8)<br />
2 (22,2)<br />
Alter in Jahren, Mittelwert (sd) 20,17 (2,04) 50,22 (10,35)<br />
BMI, Mittelwert (sd) 22,08 (2,21) 25,52 (4,31)<br />
Tägliche Sitzdauer in Stunden, Mittelwert (sd) 8,54 (1,39) 8,69 (2,25)<br />
Anzahl der sportlich aktiven Teilnehmer, n (%) 9 (75,0) 5 (55,6)<br />
Tabelle 2: klinische Baseline-Daten der Untersuchungspopulation (Ausgangswerte)<br />
IG<br />
n = 12<br />
KG<br />
n = 9<br />
Schmerzintensität, Mittelwert (sd) 4,32 (0,87) 4,82 (1,28)<br />
Schmerzhäufigkeit, Mittelwert (sd) 1,42 (1,44) 2,22 (2,11)<br />
FBA, Mittelwert (sd) 1,58 (4,62) 8,56 (8,00)<br />
RMDQ, Mittelwert (sd) 1,50 (0,90) 1,67 (0,71)<br />
Anzahl der Teilnehmer mit Schmerzmittel, n (%) 0 (0) 2 (22,2)<br />
Teilnehmer mit primären Rückenschmerzen<br />
ohne vorangegangenes Trauma, n (%)<br />
10 (83,3) 6 (66,7)<br />
Tabelle 3: klinische Eingangs- und Abschlusswerte in beiden Gruppen<br />
Messzeitpunkt a IG<br />
M (SD)<br />
KG<br />
M (SD)<br />
Finger-Boden-Abstand [cm]<br />
t0 1,58 (4,62) 8,56 (8,00)<br />
t2 1,71 (5,32) 5,33 (6,95)<br />
VAS [NRS 0–10]<br />
t0 4,32 (0,87) 4,82 (1,28)<br />
t2 1,70 (1,16) 3,47 (1,44)<br />
t0 1,42 (1,44) 2,22 (2,11)<br />
Schmerzhäufigkeit b [n/Woche]<br />
t2 0,42 (0,67) 2,11 (2,32)<br />
RMDQ-Score [0-10]<br />
t0 1,50 (0,90) 1,67 (0,71)<br />
(Defizite im Alltag) c t2 1,17 (0,94) 2,00 (1,00)<br />
a<br />
Messzeitpunkt 0 = Eingangsbefund; Messzeitpunkt 2 = Abschlussbefund<br />
b<br />
5-stufige Lickert-Skala: 1 = Rückenschmerzen < als 2 x pro Woche; 5 = > als 5 x pro Woche<br />
c<br />
zehn Einschränkungs-Items auf Grundlage des RMDQ (bspw. »Wegen meiner Rückenschmerzen schlafe ich weniger als sonst.«);<br />
0 = keine Einschränkung; 10 = max. Angabe von Einschränkung<br />
Tabelle 4: Veränderungen der klinischen Parameter im Vorher-Nachher-Vergleich<br />
IG<br />
M (SD)<br />
KG<br />
M (SD)<br />
FBA [cm] 0,13 (0,80) -3,23 (4,65)<br />
Schmerzintensität [VAS] -2,62 (1,23) -1,35 (1,83)<br />
Schmerzhäufigkeit a -1,00 (1,21) -0,11 (2,20)<br />
Auswirkung auf den Alltag b -0,33 (0,65) 0,33 (1,32)<br />
Trainingsdauer gesamt in Minuten, Mittelwert (sd) 285,61 (50,35) 258,22 (54,15)<br />
Trainingshäufigkeit gesamt, Mittelwert (sd) 9,77 (2,39) 9,11 (1,54)<br />
a<br />
5-stufige Lickert-Skala: 1 = Rückenschmerzen < als 2 x pro Woche; 5 = > als 5 x pro Woche<br />
b<br />
zehn Einschränkungs-Items auf Grundlage des RMDQ (bspw. »Wegen meiner Rückenschmerzen schlafe ich weniger<br />
als sonst.«); 0 = keine Einschränkung; 10 = max. Angabe von Einschränkung<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 25
VORGESTELLT<br />
6<br />
2,5<br />
5<br />
2<br />
4<br />
1,5<br />
3<br />
1<br />
2<br />
1<br />
Eingangswert<br />
0,5<br />
0<br />
IG<br />
KG<br />
Abschlusswert<br />
0<br />
IG<br />
KG<br />
Abbildung 2: Vorher-Nachher-Situation der Schmerzintensität<br />
in beiden Gruppen<br />
Abbildung 3: Vorher-Nachher-Situation der Schmerzhäufigkeit<br />
in beiden Gruppen<br />
Nach der dreiwöchigen Trainingsphase<br />
zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die IG<br />
im primären Outcome. Die durchschnittliche<br />
Schmerzlinderung betrug 2,62 VAS-Punkte,<br />
während die Schmerzreduktion in der KG<br />
mit 1,35 VAS-Punkten deutlich geringer<br />
war (siehe Abbildung 2). Demzufolge fiel<br />
die absolute Verbesserung für die IG um einen<br />
VAS-Wert von 1,27 höher aus. Dies entspricht<br />
einer relativen Reduktionsverbesserung<br />
von 94,1 Prozent. Im t-Test ergab sich<br />
ein p-Wert von 0,25 (95 % KI: -2,46; 0,68),<br />
womit sich die Signifikanz nicht bestätigt.<br />
Ebenso wurde die Schmerzhäufigkeit<br />
in der IG mehr reduziert als in der KG. Die<br />
Teilnehmer der IG konnten die wöchentliche<br />
Schmerzhäufigkeit von durchschnittlich<br />
1,42-mal auf 0,42-mal verringern, was 29,1<br />
Prozent des Eingangswertes und einer relativen<br />
Verbesserung von 70,4 Prozent entspricht.<br />
In der KG betrug die Verringerung<br />
lediglich 0,11-mal pro Woche (siehe Abbildung<br />
3). Die relative Verbesserung betrug<br />
demnach 4,9 Prozent. Im Gruppenvergleich<br />
zeigt sich hierbei eine 14-fach höhere Verringerung<br />
der Schmerzfrequenz zugunsten<br />
der IG.<br />
Hinsichtlich der sekundären Parameter<br />
ergab sich eine minimale Verschlechterung<br />
der Beweglichkeit in der IG von 0,13 cm.<br />
Hier konnten die Teilnehmer der KG ihre<br />
FBA-Werte um 3,23 cm verbessern. Die Defizite<br />
im Alltag konnten in beiden Gruppen<br />
nur minimal verändert werden. Hier verbuchte<br />
die IG eine Verbesserung von 0,33<br />
RMDQ-Punkten, während die KG eine Verschlechterung<br />
im gleichen Ausmaß angaben.<br />
Im Trainingsaufwand waren die Angaben<br />
der beiden Gruppen vergleichbar mit einem<br />
minimalen Vorteil für die Teilnehmer der IG.<br />
Während der drei Wochen trainierten die<br />
Teilnehmer der IG durchschnittlich 9,77 Mal<br />
und kamen dabei auf durchschnittlich 285<br />
Trainingsminuten. In der gleichen Zeit brachten<br />
es die Teilnehmer der KG auf durchschnittlich<br />
9,11 Trainingseinheiten und auf<br />
einen durchschnittlichen Gesamtaufwand<br />
pro Person von 258 Minuten. Der durchschnittliche<br />
zeitliche Aufwand war demnach<br />
in der KG 9 Prozent geringer.<br />
DISKUSSION<br />
Ziel dieser Forschungsarbeit war es, den<br />
Vorteil einer Patientenschulung hinsichtlich<br />
anatomischer und biomechanischer Funktionszusammenhänge<br />
auf die Effektivität<br />
eines Rückentrainingsprogramms darzustellen.<br />
Grundsätzlich kann ein positiver Einfluss<br />
des Trainingsprogramms festgehalten<br />
werden, da sich sowohl die Kontrollgruppe<br />
als auch die Interventionsgruppe in drei von<br />
vier Outcome-Parametern verbessert haben.<br />
Im Gruppenvergleich zeigten sich im primären<br />
Outcome, der Schmerzreduzierung in<br />
Intensität und Häufigkeit, deutlichere, jedoch<br />
im Gruppenvergleich statistisch nicht<br />
signifikante Verbesserungen zugunsten der<br />
Interventionsgruppe. Dies deutet auf eine<br />
höhere Wirksamkeit der Intervention hin.<br />
Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen,<br />
dass Patienten, die über Wirkungszusammenhänge<br />
ihres Beschwerdebildes<br />
besser informiert sind, sowohl motivational<br />
als auch volitional über günstigere Voraussetzungen<br />
verfügen, um die Effektivität des<br />
Trainingsprogramms zu erhöhen. Insbesondere<br />
bestätigt sich die Annahme, dass durch<br />
eine Wissensvermittlung der Therapieerfolg<br />
in Hinblick auf die Schmerzlinderung und<br />
Verringerung der Schmerzhäufigkeit positiv<br />
auswirkt.<br />
Während sich dies in dieser Pilotstudie<br />
hauptsächlich in der Schmerzbeeinflussung<br />
darstellt, zeigt sich die Datenlage bezüglich<br />
der Alltagseinschränkung und der Verbesserung<br />
der Beweglichkeit indifferent. Eine<br />
mögliche Erklärung hierfür mag im höheren<br />
Altersdurchschnitt der Kontrollgruppe<br />
zu finden sein. Das höhere Alter lässt eine<br />
längere Beschwerdedauer vermuten, was<br />
die Chance auf eine Verbesserung mindert.<br />
Andererseits bot die schlechtere Mobilität<br />
der KG zu Beginn der Studie eine höhere<br />
Chance zur Verbesserung. Die durchschnittlich<br />
jüngeren Teilnehmer der IG hatten<br />
dagegen zu Beginn (vgl. Baselinedaten in<br />
Tabelle 2) des Rückentrainings weniger Einschränkungen<br />
in der Mobilität und im Alltag,<br />
was deren Verbesserungspotenzial hinsichtlich<br />
dieser Kriterien im Vergleich zu den<br />
Teilnehmern der KG schmälert.<br />
Die Studie bekräftigt die Feststellungen<br />
vorangegangener Forschungsarbeiten von<br />
Bollert und Geuter [2007] sowie Grossklaus<br />
et al. [2015]. Letztgenannte Forschungsgruppe<br />
identifizierte die Adhärenz des Patienten<br />
als wichtigen Einflussfaktor auf den<br />
Therapieerfolg. Bollert und Geuter [2007]<br />
beobachteten dies ebenso für eigenständig<br />
26 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VORGESTELLT<br />
durchgeführte Trainingsprogramme. Der<br />
Hinweis, dass der Therapieerfolg auch maßgeblich<br />
von der Motivationslage, also der<br />
Volition und von der Planungs- und Durchführungsfähigkeit<br />
des Patienten abhänge<br />
unterstützt die These von Eckert und Göhner<br />
[2015].<br />
Unterstützt wird zudem die Tendenz der<br />
Physiotherapie in Richtung zu einer beratenden<br />
Funktion. Der zukünftig vermehrt<br />
als Gesundheitscoach [Klemper <strong>2019</strong>] agierende<br />
Therapeut kann hierbei die positive<br />
Wirkung einer Verhaltensprävention als essentielle<br />
Ressource gut in das Coaching-Programm<br />
integrieren. Wie von Bollert und<br />
Geuter [2007] gefordert kann hiermit den<br />
Betroffenen eine Selbsthilfestrategie an die<br />
Hand gegeben werden, wodurch sie sich als<br />
selbstwirksam erleben.<br />
Mögliche Grenzen der Studie liegen unter<br />
anderem im Bereich der heterogen verteilten<br />
Untersuchungspopulation, die der<br />
fehlenden Randomisierung geschuldet ist.<br />
Neben der schon erwähnten Altersdifferenz<br />
sind auch Unterschiede in der Tendenz zur<br />
Chronifizierung der Beschwerden nicht ganz<br />
auszuschließen. Obwohl der Trainingsaufwand<br />
hinsichtlich der Trainingsdauer in beiden<br />
Gruppen nicht weit auseinander liegt,<br />
sind auch Unterschiede in der Motivation,<br />
die Übungen durchzuführen, denkbar.<br />
Limitiert wird die Aussagekraft der Studie<br />
auch aufgrund der relativ kurzen Übungsdauer<br />
von 3 Wochen. Womöglich wären die<br />
Effekte und Gruppenunterschiede in einer<br />
länger dauernden Übungsperiode deutlicher<br />
ausgefallen. Umso erstaunlicher ist es,<br />
dass in der Schmerzreduktion schon nach<br />
drei Wochen eine deutliche Veränderung<br />
festgestellt werden konnte, was die Effektivität<br />
von Trainingsprogrammen grundsätzlich<br />
unterstreicht.<br />
SCHLUSSFOLGERUNG UND AUSBLICK<br />
Der Effekt auf einen besseren Therapieerfolg,<br />
welcher durch die Vermittlung von weise auf eine Wirksamkeit, insbesondere<br />
nur bedingt bestätigen. Jedoch sind die Hin-<br />
medizinischem Hintergrundwissen auf die auf die Schmerzreduzierung deutlich.<br />
Patientenmotivation, deren Volition sowie<br />
deren Handlungskompetenz vermutet gewisses Potenzial einer intensiveren Pati-<br />
Insgesamt deutet die Datenlage auf ein<br />
wurde, lässt sich in der vorliegenden Arbeit entenedukation hinsichtlich des Therapieerfolgs<br />
hin. Die tatsächliche Rolle einer vertieften<br />
Kenntnis von anatomischen und biomechanischen<br />
Funktionszusammenhängen<br />
und Wirkmechanismen im Hinblick auf die<br />
Effektivität von Heimtrainingsprogrammen<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 27
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bleibt dabei weitgehend ungeklärt. Die<br />
Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstreichen<br />
jedoch die Bedeutung von eigenständigem<br />
Üben des Patienten als Teil der Verhaltensprävention<br />
bei Rückenbeschwerden.<br />
Dies verdeutlicht die Relevanz von Patientenedukation<br />
und Empowerment im<br />
therapeutischen Setting und wirft die Frage<br />
nach der Qualität solcher Interventionen<br />
auf. Weiterführende Forschung muss hier<br />
die Einflussfaktoren von Heimtrainingsprogrammen<br />
identifizieren. Eine intensivere<br />
Auseinandersetzung mit <strong>physio</strong>therapeutischen<br />
Bezugswissenschaften erscheint<br />
diesbezüglich vielversprechend, um Wirkmechanismen<br />
und deren Ursachen näher<br />
beleuchten zu können. So ließen sich durch<br />
eine bessere Erfassung der Patientenmotivation<br />
oder auch der Selbstregulationsfähigkeit<br />
konkrete Handlungsempfehlungen für<br />
die therapeutische Praxis ableiten.<br />
Kommende Studien sollten darauf achten,<br />
dass die Teilnehmer randomisiert zugeteilt<br />
werden, um die Gruppenheterogenität<br />
zu vermeiden. Zur deutlichen Darstellung<br />
der Gruppenunterschiede sollte zudem einerseits<br />
die Übungsdauer über eine längere<br />
Zeitspanne angesetzt werden und andererseits<br />
die Untersuchungspopulation größer<br />
gewählt werden. Eine größere Teilnehmeranzahl<br />
erhöht die Chance auf signifikante<br />
Ergebnisse und erhöht auch die Chance die<br />
Ursachen der Beeinflussbarkeit des Therapieerfolges<br />
transparenter darzustellen.<br />
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Literatur<br />
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Propriozeptives Training. (5. Aufl.), Aachen: Meyer & Meyer<br />
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Orthopädie. Georg Thieme Verlag.<br />
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Luomajoki H. (2012): Sechs Richtige: Mit der Testbatterie die<br />
lumbale Bewegungskontrolle untersuchen. manuelletherapie,<br />
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Volbracht E., Grote-Westrick M., Fürchtenicht A. (2016):<br />
Rückenschmerzen Viele Arztbesuche und unnötige Bilder –<br />
Patienten sind medizingläubig, Ärzte technikorientiert.<br />
Spotlight: Daten, Analysen, Perspektiven | Nr. 5, 2016, 3–2.<br />
Bertelsmann Stiftung, Gütersloh. Zugriff am 17.1.<strong>2019</strong>:<br />
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/<br />
Publikationen/ GrauePublikationen/VV_SpotGes_Rueckenschmerz_final.pdf.<br />
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28 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
WELTBEWEGEND<br />
UND<br />
ODER<br />
VORGESTELLT<br />
Text: Patricia Frahm,<br />
Torsten Koerting<br />
© Matt Brown, Troy Alan und Privat<br />
WAHNSINN?!<br />
»Heute gehe ich joggen, für eine Stunde, 7 Kilometer,<br />
einmal ganz locker um den Block, mit Musik auf den<br />
Ohren sollte ich das ja schaffen …«<br />
Oft genug vorgenommen und letztendlich doch zu oft gescheitert.<br />
Woran lag es meist? An der Motivation, am Wetter,<br />
daran, dass der Tag doch stressiger war als gedacht?! Dem<br />
passionierten Paraglider, erfahrenen Marathonläufer und begeisterten<br />
Trailrunner Torsten Koerting fehlt es ganz und gar<br />
nicht an Motivation, Durchhaltevermögen und Biss. Der Familienvater<br />
und selbständige Unternehmer steht nun vor seiner<br />
bisher größten Herausforderung und das ist alles andere als<br />
»ein bisschen Laufen«:<br />
Dem GRAND 2 GRAND in der amerikanischen Wüste!<br />
Seine Mission: 7 TAGE, 6 ETAPPEN, 12–80 Kilometer PRO TAG<br />
und insgesamt 270 Kilometer (km) als SELBSTVERSORGER bei<br />
trockener Hitze durch die malerischen Landschaften Nordamerikas.<br />
Die Strecke führt ihn und ca. 120 weitere hart gesottene<br />
Extremsportler in die entlegensten Ecken der westlichen USA.<br />
Am 23. September startet die Tour vom North Rim des Gran<br />
Canyon zur Grand Staircase (daher auch der Name G2G).<br />
In seinem Beruf schafft Koerting Räume, in denen Menschen<br />
zielgerichtet handeln können. Als GAME CHANGER<br />
brennt er für neue Ideen, Innovationen und Veränderungen.<br />
Sich weiterzuentwickeln und nachhaltig zu handeln liegt ihm<br />
in seinem Beruf und seinem Sport sehr am Herzen. Dabei<br />
bleibt er seinen 5 PRINZIPIEN treu:<br />
VISION<br />
Setze dir ein Ziel, das größer ist als du!<br />
PREPERATION<br />
Vorbereitung ist das A und O!<br />
EXECUTION<br />
Zieh durch, auch wenn’s hart wird!<br />
SUMMITING<br />
Genieße!<br />
MOMENTUM<br />
Schau zurück, verinnerliche deine Erkenntnisse und<br />
beginne von Neuem!<br />
Den Anstoß für dieses Wagnis gab ihm ein Urlaub mit seinem<br />
Kumpel Denis Tomczak in Österreich im Jahr 2017. Als ambitionierte<br />
Weitwanderer umrundeten sie den Widderstein. Die<br />
knapp 17 km und ca. 1400 Höhenmeter legten sie nicht, wie<br />
jeder andere Bergsteiger in einem 2-Tages-Trip zurück, sondern<br />
absolvierten die Stecke läuferisch.<br />
DER BERG WAR BEZWUNGEN,<br />
ZWEI HOBBYLÄUFER BERAUSCHT<br />
UND EINE VISION GEBOREN!<br />
Mit der Unterstützung seiner wunderbaren Frau Birgit, seinen<br />
zwei Kindern (8 und 14 Jahre), dem Extremsportler Norman<br />
Bücher, den Laufspezialisten Herbert Steffny, Kim Dania<br />
Schierhorn, Robert Pollhammer und dem ehemaligen Spitzensportler<br />
auf der langen Strecke Kurt Stenzel ging er das Projekt<br />
»G2G« an.<br />
Ab Oktober 2017 folgten dann diverse Langlauf Veranstaltungen,<br />
bei denen er unterschiedliche Rennstrategien (Galloway<br />
Methode: run/walk/run) testete, mit voller Ausrüstung<br />
(bis zu 14 kg) bis zu 60 km lief, seine Frau beim Marathon in<br />
New York unterstützte und sogar einen Mega Marsch über<br />
100 km joggend (!!!) absolvierte. Dabei kümmerte es ihn auch<br />
nicht, dass der Zielbogen noch gar nicht stand.<br />
Als Voraussetzung für ein solches Abenteuer ist ein sehr<br />
guter körperlicher sowie geistiger Zustand unabdingbar. Die<br />
Teilnehmer des Ultraruns durchqueren bei wüstenähnlichen<br />
Bedingungen die abgelegensten Fleckchen der USA, ohne auf<br />
permanenten Zugang zur Zivilisation oder zu medizinischer<br />
Versorgung zu vertrauen. Um diesen ermüdenden und zehrenden<br />
Strapazen Stand zu halten, ließ sich Koerting bei einer<br />
sportmedizinschen Untersuchung, mit anschließender Laufbandergometrie,<br />
Herzultraschall und ausführlichem Gespräch<br />
mit den Ärzten durchchecken. Ohne Zweifel konnte das Team<br />
aus Medizinern, Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten<br />
Torsten Koerting auf seine Reise in den Canyon schicken.<br />
Seine Vorbereitungen vor Ort beginnen bereits am 2. September.<br />
In den Bundesstaaten Oregon, Nevada und Kalifornien<br />
holt er sich bei der Umrundung des Crater Lake (50 km +<br />
Ausrüstung) und des Lake Tahoe (266 km als Selbstversorger)<br />
den letzten Feinschliff.<br />
»To be part of the G2G family« ist nicht das einzige Ziel,<br />
das Koerting und auch die Gründer des Runs verfolgen.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 29
VORGESTELLT<br />
EINE VISION GRÖSSER ALS DU SELBST!<br />
1 Jahr lang Vorbereitung, 1 Jahr lang die Komfortzone verlassen,<br />
1 Jahr lang die Extrameile laufen und das nur für ein Ziel: nur für den Verzicht auf kulinarische Köstlichkeiten, sondern<br />
Der Run durch das »Cowboycountryland« sorgte jedoch nicht<br />
Sein ganz persönlicher »American Dream« sollte wahr werden. auch für eine Beschränkung der Habseligkeiten auf exakt 13,5<br />
»Stell dir vor du bist bei 40 Grad am Strand und läufst. Kilogramm, die während des Laufs am Körper getragen werden<br />
mussten. Eine 726 Gramm »schwere« Matratze in Tor-<br />
Nicht mal eben zur Abkühlung ins Wasser, sondern 50, 60,<br />
70 km lang. An der Stelle, wo man so richtig schön tief in den so-Länge inklusive. Koerting hatte während des Laufs noch ein<br />
Sand einsinkt …«, so beginnt Koerting, wenn er von seinem ganz anderes Laster zu tragen. Eine Erschöpfungsnekrose im<br />
Abenteuer Grand2Grand erzählt, welches mittlerweile 9 Monate<br />
zurück liegt.<br />
Frau ermutigte ihn daraufhin mit einer Frage, die<br />
Fußgelenk bewegte ihn vor dem Start fast zur Aufgabe. Seine<br />
Die Atmosphäre aus Sand, Trail und Bergen<br />
ihn mitten ins Herz traf:<br />
bei einem der härtesten Rennen der Welt verlangte<br />
dem Motivationscoach alles ab. Und dabei<br />
»What are the stories you wanna tell?«<br />
geht es nicht nur darum die Ziellinie nach 273 km<br />
Es sind Geschichten über eine Reise zu sich<br />
zu erreichen, es geht um viel mehr.<br />
selbst. Geschichten, die von Fremden erzählen,<br />
Das grammgenaue Abwiegen der Nahrungsbeutelchen<br />
im Vorfeld entpuppte sich als logisti-<br />
einstehen, Unwegbarkeiten durchbrechen, die<br />
die über sich selbst hinauswachsen, füreinander<br />
scher Albtraum für jeden Teilnehmer. Wer jedoch<br />
zu Freunden werden und gemeinsam Visionen<br />
auf Spaghetti Bolognese in undefinierbarer hellrosa<br />
verwirklichen. Der Grand2Grand ist kein Rennen,<br />
es ist ein Abenteuer. Ein Abenteuer, das<br />
Pulverform nicht verzichten wollte, hatte seine Päckchen<br />
vorher sorgfältig zu packen und abzuwiegen.<br />
zu neuen Zielen inspiriert!<br />
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30 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
BRAINTUNING<br />
ANATOMIE ZUM SAMMELN<br />
M. extensor carpi ulnaris<br />
In der nächsten Ausgabe:<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong><br />
M. abductor pollicis longus<br />
.<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 31
BRAINTUNING<br />
2<br />
Blut und Immunsystem Nr. 17<br />
Definieren Sie den Begriff Hämatokrit und nennen Sie die Normwerte.<br />
© pathdoc - Fotolia.com<br />
Blut- und Immunsystem<br />
PHYSIOLOGIEKARTE<br />
.<br />
Nr. 17<br />
PHYSIOLOGIEKARTE<br />
Blut- und Immunsystem<br />
Der Anteil der Erythrozyten am Gesamtblut wird als Hämatokrit bezeichnet.<br />
Hinweis! Manche Lehrbücher definieren den Hämatokrit als Anteil aller Zellen<br />
(Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) am Blut. Aufgrund des geringen<br />
Anteils von Leukozyten und Thrombozyten werden diese oft vernachlässigt. Nur<br />
z. B. bei bestimmten Formen der Leukämie mit massiver Erhöhung der Leukozytenzahlen<br />
spielt dies eine Rolle.<br />
Der Hämatokrit beträgt bei der Frau etwa 41 %, beim Mann etwa 46 %. Er wird<br />
bestimmt, indem ein mit Blut gefülltes Röhrchen zentrifugiert wird und dann die<br />
jeweiligen Anteile mit einem Lineal ausgemessen werden.<br />
Anteil Erythrozyten<br />
Beispiel: Hämatokrit =<br />
Gesamtfüllstand<br />
2,1 cm<br />
= • 100 %<br />
4,6 cm<br />
= 46 %<br />
Plasma<br />
Zellen<br />
Buffy-Coat<br />
2<br />
.<br />
32 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
HEALTHY FOOD<br />
ZWIEBEL<br />
Text: Leonie von Lochow<br />
L Egal ob in der Küche oder in der Hausapotheke, sie ist bekannt,<br />
die Zwiebel, auch Allium cepa genannt. Unter Herbalisten,<br />
Thai-Doktoren, Physiotherapeuten und sämtlichen anderen<br />
Heilern verschiedenster Formen ist sie sehr beliebt. Sie hat<br />
einen vollen, scharfen bis hin zum süßen Geschmack und ergänzt<br />
fast jedes Essen äußerst gut. Sie gehört weltweit zu den<br />
beliebtesten Gemüsesorten. Jeder Ernährungsberater kennt sie,<br />
manche mögen sie nur glasiert und sogar der größte, stärkste<br />
und robusteste Mann verdrückt eine Träne, wenn er sie schneidet.<br />
Für eine ausgewogene Ernährung ist sie unerlässlich, doch<br />
auch in der Hausapotheke kann die Zwiebel einigen Nutzen<br />
haben. Beliebte Anwendungsgebiete der Zwiebel in der Hausapotheke<br />
sind beispielsweise Insektenstiche, entzündete Ohren,<br />
Husten, Halsschmerzen oder auch Blasenentzündungen<br />
[Bühring 2014]. Doch warum eigentlich? Ist es nur Omas seltsame<br />
Küche oder ein wirklich gutes Rezept?<br />
WIRKUNG<br />
In der Zwiebel selbst stecken viele gute Eigenschaften. Zum<br />
Beispiel beinhaltet sie Geranium, was zum einen das Immunsystem<br />
stimuliert und zum anderen wie eine Blockade gegen<br />
freie Radikale wirkt [Group 2002]. In der Vergangenheit wurde<br />
Geranium sogar in der Bekämpfung von Krebs und AIDS eingesetzt<br />
[Group 2002]. Jedoch bedarf es hier noch wesentlich<br />
mehr Forschung.<br />
Des Weiteren soll Geranium die Gehirnfunktionen unterstützen,<br />
indem es bei der Oxygenierung hilft, ebenso wie<br />
Schwefel, den die Zwiebel ebenfalls enthält und das nicht zu<br />
knapp. 100 Gramm (g) Zwiebeln enthalten 50 Milligramm<br />
(mg) Schwefelverbindungen. Hierbei handelt es sich um 10 %<br />
der empfohlenen Tagesdosis [Gesundheit <strong>2019</strong>]. Sulfur, wie<br />
Schwefel auch genannt wird, sorgt nicht nur für eine bessere<br />
Sauerstoffversorgung des Gehirns, sondern unterstützt ebenfalls<br />
die Darmflora und die Arbeit der Leber bei der Entgiftung.<br />
Sulfurverbindungen sind es übrigens, welche die Tränen beim<br />
Schneiden fließen lassen. Denn in den äußeren Zellschichten<br />
der Zwiebel befindet sich eine schwefelhaltige Aminosäure<br />
namens Iso-Alliin. Dieses wirkt ebenfalls antiseptisch. In den<br />
inneren Schichten der Zwiebel sitzt allerdings ein Enzym namens<br />
Alliinase. Treffen diese zwei Stoffe zusammen, reagieren<br />
sie. Alliinase spaltet die Aminosäure Iso-Alliin in einzelne Teile<br />
auf, wodurch Propanithol-S-Oxid entsteht [Gesundheit <strong>2019</strong>].<br />
Dieses ist tränenauslösend.<br />
Dazu wirkt die Schwefelverbindung entzündungshemmend<br />
und lässt Schleimhäute abschwellen [Bühring 2014].<br />
Hier kommt die Otitis (Ohrenentzündung) ins Spiel. Mit einem<br />
Zwiebelsäckchen wird durch die entzündungshemmenden<br />
und abschwellenden Eigenschaften schnell für Linderung gesorgt.<br />
In verschiedenen Studien wurde zudem herausgefunden,<br />
dass die in der Zwiebel vorhandenen Schwefelverbindungen<br />
offenbar die Zellmembran der Erytrozythen stärken soll, sodass<br />
der Sauerstofftransport vereinfacht wird. Im Instituto<br />
di Ricerche Farmacologiche »Mario Negri« wurde sogar eine<br />
Senkung des Herzinfarktrisikos bei einer zwiebelreichen Ernährung<br />
festgestellt. Gleichzeitig hemmen sie die Blutgerinnung,<br />
sodass der Blutfluss leichter und Thrombosen vorgebeugt<br />
wird [Gesundheit <strong>2019</strong>].<br />
Weiterhin enthalten Zwiebeln Selenium, was lange fälschlicherweise<br />
für ein tödliches Gift gehalten wurde. Es ist jedoch<br />
eines der stärksten antioxidativen Mineralien [Group 2002].<br />
Es wirkt auch als Gegengift für Alkoholintoxikationen und<br />
schwere Metalle, wie zum Beispiel Arsen und Quecksilber.<br />
Ebenfalls verhindert es die Oxidation, die zur Verhärtung von<br />
Gewebe führt, verlangsamt dadurch Alterungsprozesse und<br />
kann zur Behandlung von Narben genutzt werden.<br />
Die von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) empfohlene<br />
tägliche Dosis Selenium beträgt 50–220 Mikrogramm<br />
pro Tag. 220 Mikrogramm täglich sollen laut einer Studie nämlich<br />
gemütssteigernd wirken [Group 2002]. Jedoch wurde der<br />
Gegenbeweis bisher nicht erbracht.<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 33
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
ZUBEREITUNG<br />
Zwiebel kann man in verschiedenen Varianten zu sich nehmen.<br />
Wer sie gerne im Essen mag, muss jedoch vorsichtig<br />
sein. Denn kochen bei hoher Hitze oder gar braten lassen alle<br />
wichtigen Stoffe aus der Zwiebel verschwinden. Besser ist<br />
es, sie möglichst roh oder schonend gedünstet in die Mahlzeit<br />
zu geben. Da ist die asiatische Küche sehr zu empfehlen.<br />
Wer sich einfach so die wichtigen Inhaltsstoffe der Zwiebel zu<br />
Gemüte führen möchte, kann sie jedoch auch in verschiedenen<br />
Variationen einnehmen. Als Beispiel empfiehlt die World<br />
Health Organisation (WHO) 50 g frische oder 20 g getrocknete<br />
Zwiebel. Des Weiteren kann auch 1 Teelöffel (TL) Saft<br />
einer Zwiebel 3–4 mal täglich oder 4–5 TL Tinktur pro Tag eingenommen<br />
werden. Kontraindikationen sind übrigens keine<br />
bekannt [Duke 2002].<br />
TIPPS<br />
Gegen die tränenden Augen kann man eine Taucherbrille mit<br />
Nasenteil aufsetzen oder die Zwiebel ganz einfach ein paar<br />
Minuten in den Kühlschrank legen.<br />
Das bei Ohren- oder Halsschmerzen beliebte Zwiebelsäckchen<br />
ist ebenfalls schnell zubereitet. Dreimal pro Tag eine<br />
Zwiebel fein hacken und in ein Baumwolltuch einwickeln.<br />
Dann das Bündel etwas über Wasserdampf erhitzen und direkt<br />
auf die schmerzende Stelle legen. Nicht länger als 30 Minuten<br />
einwirken lassen.<br />
Literatur<br />
Bühring, U. (2014): Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde, Grundlagen - Anwendung – Therapie. Georg Thieme Verlag, Haug.<br />
Duke, J. A.; Bogenschutz-Godwin, M. J.; duCellier, J.; Duke P. K. (2002): Handbook of Medicinal Herbs, Seconds Edition. CRC Press LLC.<br />
Group, D. W. (2002): Encyclopedia of Mind Enhancing Foods, Drugs aud Nutritional Substances. McFarland & Company, Inc.<br />
Zentrum der Gesundheit (<strong>2019</strong>): Knoblauch – die Wunderknolle. Zugriff am 10.05.<strong>2019</strong> unter https://www.zentrum-der-gesundheit.de/zwiebeln.html<br />
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34 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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DIAGNOSTIK<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Text: Susanne Klotz<br />
POLYMERASE-KETTENREAKTION<br />
Herzlich Willkommen zu einem neuen Artikel in der Diagnostik-Reihe.<br />
Nachdem wir in den letzten beiden Ausgaben wortwörtlich<br />
einen Blick ins Innere des Körpers geworfen und das<br />
Spektrum der Endoskopie kennengelernt haben, wenden wir<br />
unseren Blick heute auf Strukturen, die nicht mit dem bloßen<br />
Auge erkennbar sind: unsere Gene. Die Analyse der Gene als<br />
Teilgebiet der Labordiagnostik hat innerhalb, aber auch außerhalb<br />
der Medizin einen wichtigen Stellenwert. Ausgangspunkt<br />
und somit Voraussetzung für einen Großteil der genanalytischen<br />
Verfahren ist die Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase<br />
chain reaction – PCR), mit der wir uns heute näher<br />
beschäftigen werden. Die PCR wurde 1984 von dem US-amerikanischen<br />
Biochemiker Kary Banks Mullis entwickelt, welcher<br />
1993 für diese Entdeckung den Nobelpreis in Chemie erhalten<br />
hat. Sie erlaubt die beliebige Vermehrung (Amplifikation) von<br />
DNA-Sequenzen außerhalb des lebenden Organismus.<br />
GRUNDLAGEN DES AUFBAUS DER DNA<br />
Bevor wir nun also die Komponenten und<br />
den Ablauf der PCR kennen lernen, an dieser<br />
Stelle erstmal eine kurze Wiederholung<br />
des Aufbaus unserer Gene: Die Schlüsselsubstanz<br />
bilden die Makromoleküle Nukleinsäuren,<br />
die zur Herstellung von Eiweißen als<br />
wesentliche Grundbausteine von Organismen<br />
essentiell sind.<br />
In den Nukleinsäuren ist die genetische<br />
Information verschlüsselt, aus welchen Aminosäuren<br />
und in welcher Anordnung die<br />
Proteine aufgebaut sind. Im Prinzip könnt<br />
ihr euch das wie einen Bauplan für Proteine<br />
vorstellen. Die Nukleinsäuren liegen in unseren<br />
Chromosomen in Form von Desoxyribonukleinsäuren<br />
(engl. deoxyribonucleic<br />
acid – DNA) vor. Die DNA besteht aus zwei<br />
gegenläufigen Strängen, die sich umeinander<br />
winden, was der DNA das Aussehen<br />
einer gedrehten Strickleiter verleiht. Diese<br />
Form der DNA wird als Doppelhelix bezeichnet.<br />
Die beiden Stränge setzen sich aus<br />
abwechselnden Zuckermolekülen (Desoxyribose)<br />
und Phosphatresten zusammen. Von<br />
den Zuckermolekülen eines Stranges geht<br />
jeweils eine von vier stickstoffhaltigen Basen<br />
ab, welche ein Paar mit der gegenüberliegenden<br />
Base des anderen Stranges bildet,<br />
wobei sich Adenin (A) mit Thymin (T) und<br />
Guanin (G) mit Cytosin (C) verbindet.<br />
Der Komplex aus einer Base, einem Zuckermolekül<br />
und einem Phosphatrest wird<br />
als Nukleotid bezeichnet. Die Nukleinsäuren<br />
bestehen also aus vielen miteinander<br />
verbundenen Nukleotiden. Da in der DNA<br />
die vier verschiedenen Basen A, T, G und<br />
C enthalten sind, können auch vier Typen<br />
von Nukleotiden unterschieden werden. Die<br />
Zuckermoleküle der Nukleotiden enthalten<br />
u. a. Kohlenstoff-Atome, welche im Uhrzeigersinn<br />
gezählt werden (1’ bis 5’).<br />
An der 3’-Position ist der Zucker mit dem<br />
Phosphatrest des nächsten Nukleotids (an<br />
der 5’-Position) verbunden. Dadurch wird<br />
die Nomenklatur der Positionen der Nukleinsäuren<br />
ermöglicht, da sich der eine Strang<br />
des Doppelstranges vom 5’- zum 3’-Ende<br />
(5’ → 3’-Richtung) und der komplementäre<br />
Strang vom 3’- zum 5’-Ende (3‘ → 5’-Richtung)<br />
orientiert. Diese Reihenfolge ist später<br />
bei der Synthese der neuen DNA im Rahmen<br />
der PCR wichtig, denn die Synthese läuft nur<br />
in 5’ → 3’-Richtung.<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Abbildung 1<br />
Ein DNA-Abschnitt von etwa 1000 Nukleotiden<br />
wird als Gen bezeichnet. Mehrere<br />
Gene sind auf einem Chromosom enthalten.<br />
Chromosomen bestehen im einfachen Fall<br />
aus einem Chromatid, welcher von einem<br />
aufgewickelten DNA-Doppelstrang (auf<br />
dem Gene enthalten sind) und angelagerten<br />
Proteinen gebildet wird. Je nach Phase des<br />
Zellzyklus lagern sich zwei Chromatiden aneinander,<br />
so dass das Chromosom dann aus<br />
zwei DNA-Doppelsträngen mit angelagerten<br />
Proteinen besteht (siehe Abbildung 1).<br />
© designua – stock.adobe.com<br />
Für die Durchführung der PCR wird natürlich<br />
die zu vervielfältigende DNA in Form<br />
einer biologischen Probe benötigt. Solch<br />
eine Probe kann vom Prinzip her jede Zelle<br />
mit einem Zellkern sein. Die im Zellkern enthaltene<br />
DNA kann in Vorbereitung der PCR<br />
von den restlichen Zellbestandteilen isoliert<br />
werden, aber die PCR kann auch mit nicht<br />
hochgereinigter DNA durchgeführt werden<br />
solange diese aus den Zellen freigesetzt<br />
wurde. Neben der DNA in wässriger Lösung<br />
bedarf es für die PCR noch Primer, die vier<br />
Vorstufen-Bausteine der Desoxyribonukleinsäuren<br />
(Desoxyribonukleosidtriphosphate –<br />
dNTP) in ausreichender Menge und eine<br />
hitzestabile DNA-Polymerase.<br />
Primer<br />
Als Primer oder auch Amplimere werden<br />
Oligodesoxyribonukleotide von einer Länge<br />
von 15 bis 30 Nukleotiden bezeichnet. Primer<br />
docken an den flankierenden DNA-Sequenzen<br />
neben der Zielsequenz durch<br />
Hybridisierung an, d. h. es werden Wasserstoffbrücken<br />
zwischen den Bausteinen des<br />
Primers und des DNA-Stranges gebildet.<br />
Die Zielsequenz, sprich die zu replizierende<br />
DNA, muss also selbst nicht bekannt sein,<br />
um erfolgreich kopiert zu werden, wohl<br />
aber die Bereiche, die an die Zielsequenz<br />
angrenzen. Mit dem Wissen um die Abfolge<br />
KOMPONENTEN DER PCR<br />
der Nukleotide in der flankierenden Sequenz<br />
kann ein passgenauer Primer aus den<br />
komplementären Nukleotiden aufgebaut<br />
werden. Da ein Doppelstrang aus zwei komplementären<br />
Einzelsträngen besteht, werden<br />
zwei verschiedene Primer benötigt, um<br />
zwei vollständige neue Doppelstränge zu<br />
erhalten. Jeder der beiden Primer dockt nur<br />
an einer der zwei spezifischen DNA-Einzelstränge<br />
an. Nachdem sich der Primer an den<br />
Einzel-DNA-Strang angelagert hat, bietet er<br />
durch seine freie 3’-Position des Zuckermoleküls<br />
den Startpunkt für die Synthese des<br />
neuen komplementären DNA-Stranges. Primer<br />
werden bei der PCR im Überschuss (in<br />
sehr hoher Konzentration) zu der Lösung<br />
gegeben, damit diese sich nach der Denaturierung<br />
aufgrund ihrer hohen Konzentration<br />
zuerst an die getrennten DNA-Stränge<br />
binden. Somit wird verhindert, dass sich die<br />
Einzelstränge bedingt durch die niedrigere<br />
Temperatur wieder zu einem Doppelstrang<br />
aneinanderlagern (renaturieren).<br />
Desoxyribonukleosidtriphosphate<br />
(dNTP)<br />
Wie ihr in der Wiederholung des chemischen<br />
Aufbaus der DNA sehen konntet, besteht<br />
die DNA aus vielen Nukleotiden. Diese<br />
Nukleotiden können auch als Nucleosidmonophosphate<br />
bezeichnet werden, da sie neben<br />
einer der vier Basen A, T, G und C und<br />
dem Zuckeranteil nur einen Phosphatrest<br />
enthalten. Nukleotiden können aber auch<br />
mehr als einen Phosphatrest enthalten und<br />
werden dann Nukleosiddiphosphat (zwei<br />
Phosphatreste) oder Nukleosidtriphosphat<br />
(drei Phosphatreste) genannt. Bei dem Zusammenbau<br />
der DNA-Stränge werden von<br />
den Nukleosidtriphosphaten zwei der drei<br />
Phosphatreste abgespalten und die verbliebenen<br />
Nucleosidmonophosphate verknüpft.<br />
DNA-Polymerase<br />
Diese Enzyme wirken als Katalysatoren<br />
für die DNA-Synthese aus den einzelnen<br />
Bausteinen entlang einer einsträngigen<br />
DNA-Matrize (Vorlage). Als Katalysatoren<br />
werden Stoffe bezeichnet, die die Reaktionsgeschwindigkeit<br />
von chemischen Reaktionen<br />
erhöhen, ohne dabei selbst verbraucht<br />
zu werden. Bei der PCR kommt klonierte<br />
Taq-Polymerase als Katalysator zum Einsatz,<br />
welches eine hitzestabile DNA-Polymerase<br />
aus dem Bakterium Thermus aquaticus ist.<br />
Das Bakterium lebt in Geysiren bei etwa<br />
70 °C, kann aber auch kurzzeitige Temperaturerhöhungen<br />
auf 95 °C tolerieren. Die<br />
Polymerase ermöglicht die chemische Verknüpfung<br />
der Moleküle zu einem neuen<br />
Strang, welcher komplementär zu der Matrize<br />
aufgebaut ist.<br />
36 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
ABLAUF DER PCR<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Nachdem der wässrigen Lösung nun alle<br />
vier Komponenten zugefügt wurden, kann<br />
die PCR starten, wobei sie in mehreren Zyklen<br />
von je drei Schritten abläuft (siehe Abbildung<br />
2):<br />
1 Strangtrennung/Denaturierung<br />
Durch Erhitzen der Lösung für 15 Sekunden<br />
auf 95 °C werden die beiden Stränge<br />
der DNA, welche als Doppelhelix vorliegen,<br />
voneinander getrennt. Dies ist möglich, da<br />
die Basenpaare nur mit relativ schwachen<br />
Wasserstoffbrücken verbunden sind und<br />
nicht wie die Zuckermoleküle und Phosphatreste<br />
über Phosphodiester-Brücken. Bei dem<br />
kurzzeitigen Erhitzen trennen sich nur die<br />
Wasserstoff-, nicht aber die Phosphodiester-Brücken.<br />
Somit liegen die ehemaligen<br />
Doppelstränge als Einzelstränge vor.<br />
2 Hybridisierung der Primer/Annealing<br />
Nach dem Erhitzen wird die Lösung schnell<br />
runtergekühlt, in der Regel auf Temperaturen<br />
zwischen 40 und 70 °C, was durch die<br />
Basenzusammensetzung und die Länge der<br />
Primer bestimmt wird. Die zwei Primer können<br />
bei optimalen Temperaturen mit jeweils<br />
einem der beiden komplementären Stränge<br />
hybridisieren. Dabei binden sich die Primer<br />
spezifisch an die flankierenden DNA-Frequenzen<br />
neben der Zielfrequenz, wobei die<br />
Bindung an beiden Strängen an dem 3’-<br />
Ende der Zielsequenz erfolgt.<br />
3 DNA-Synthese/Elongation<br />
Im letzten Schritt des Zyklus wird die Lösung<br />
wieder erhitzt, dieses Mal auf 70 bis<br />
72 °C, welches die optimale Temperatur<br />
für die Taq-Polymerase ist. Dadurch kann<br />
die DNA-Synthese an den Primern starten,<br />
indem an den freien Nukleotid am Ende<br />
der Primer (3’-Position) das komplementäre<br />
Desoxyribonukleosidtriphosphat (dNTP)<br />
(5’-Position) angebaut wird. Das nächste<br />
dNTP wird dann an die freie 3’-Position<br />
des vorherigen dNTPs angebaut. Nach diesem<br />
Prinzip wird der gesamte DNA-Strang<br />
in 5’ → 3’-Richtung angefügt. Da sich die<br />
vier Basen spezifisch paaren, werden die<br />
Bausteine zu einem Strang zusammengefügt,<br />
der komplementär zu dem Strang ist,<br />
an dem sich der Primer angelagert hat. Es<br />
1<br />
2<br />
3<br />
5‘<br />
DNA-Doppelstrang 5‘<br />
DNA-Doppelstrang 3‘<br />
3‘<br />
Denaturierung durch<br />
Erhitzen Denaturierung – Trennung durch<br />
5‘<br />
durch Erhitzen Einzelstrang – Trennung 5‘<br />
durch Einzelstrang<br />
3‘<br />
3‘<br />
Hybridisierung<br />
der Hybridisierung Primer<br />
5‘<br />
durch der Primer<br />
5‘<br />
Abkühlen<br />
durch Abkühlen<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘<br />
5‘<br />
DNA-Synthese mit<br />
Hilfe DNA-Synthese der Polymerase mit<br />
durch Hilfe der Erhitzen Polymerase<br />
durch Erhitzen<br />
3‘<br />
3‘<br />
Neue synthetisierte 5‘<br />
DNA-Doppelstränge<br />
Neue synthetisierte 5‘<br />
DNA-Doppelstränge 3‘<br />
3‘<br />
Abbildung 2<br />
Schematischer Ablauf eines PCR-Zykluses<br />
Schematischer Ablauf eines PCR-Zykluses<br />
Ziel-Sequenz<br />
Ziel-Sequenz<br />
3‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘<br />
5‘<br />
Zugabe von Primern,<br />
Polymerase Zugabe von und Primern,<br />
dNTPs Polymerase im 1. und Zyklus<br />
dNTPs im 1. Zyklus<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘<br />
5‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘ Primer<br />
5‘ Primer<br />
5‘ 3‘<br />
5‘ 3‘<br />
5‘<br />
5‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘ Polymerase<br />
3‘<br />
5‘ neuer Polymerase DNA-Strang<br />
5‘ 3‘<br />
Primer neuer DNA-Strang<br />
5‘ 3‘<br />
Primer<br />
5‘<br />
5‘<br />
3‘<br />
3‘<br />
5‘<br />
5‘ Wiederholung der<br />
Schritte Wiederholung 1–3 in der den<br />
nachfolgenden Schritte 1–3 in den Zyklen<br />
5‘<br />
3‘ nachfolgenden Zyklen<br />
5‘<br />
3‘<br />
5‘<br />
5‘<br />
entsteht wieder ein vollständiger DNA-Doppelstrang<br />
und die DNA ist somit erfolgreich aus dem ursprünglichen einen Doppelstrang<br />
geben werden. Im ersten Zyklus entstehen<br />
repliziert worden.<br />
zwei Doppelstränge, am Ende des zweiten<br />
Zyklus sind es vier Doppelstränge und am<br />
Der dreischrittige Zyklus (auch PCR-Amplifikationszyklus<br />
genannt) kann durch ent-<br />
Doppelstränge. Die Vermehrung der Dop-<br />
Ende des dritten Zyklus sind es schon acht<br />
sprechende Veränderung der Temperatur pelstränge ist exponentiell, so dass nach 20<br />
beliebig oft wiederholt werden, bis die gewünschte<br />
Anzahl an DNA-Kopien erstellt stränge vorhanden sind. Berechnet werden<br />
Zyklen bereits mehr als eine Million Doppel-<br />
wurde. Da die Polymerase hitzestabil ist und kann die Anzahl der Doppelstränge nach<br />
ausreichend Primer und dNTPs vorhanden n Zyklen mit 2 n. In der Regel umfasst eine<br />
sind, braucht der Lösung in den nachfolgenden<br />
Zyklen keine weitere Zutat hinzuge-<br />
PCR 20 bis 40 Zyklen, wobei ein einzelner<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 37
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Zyklus etwa 3 bis 5 Minuten dauert. Somit<br />
ist die gesamte PCR innerhalb einer bis weniger<br />
Stunden abgeschlossen. Die Länge der<br />
vervielfältigten DNA-Stränge kann bis zu ca.<br />
20 Kilobasen (kb; 1 kb entspricht 1000 Basenpaaren)<br />
reichen.<br />
Ein großer Vorteil der PCR liegt in ihrer<br />
hohen Spezifität, im molekularbiologischen<br />
Sprachgebrauch auch als Stringenz bezeichnet.<br />
Damit ist die Tatsache gemeint, dass<br />
Primer und Zielsequenz übereinstimmen<br />
müssen, um sich zu hybridisieren. Die Übereinstimmung<br />
kann von außen sehr gut über<br />
die Temperatur und den Salzgehalt der Lösung<br />
bestimmt werden. Ein wichtiges Anwendungsfeld<br />
ist hier die Gendiagnostik<br />
zur Detektion von Mutationen, da die Temperatur<br />
während der Annealing-Phase der<br />
PCR so gewählt werden kann, dass sich die<br />
Primer nur mit bestimmten Sequenzen des<br />
DNA-Einzelstranges verbinden. Sollte die<br />
DNA andere Sequenzen aufweisen, unterbleibt<br />
die Bindung und somit die Synthese<br />
neuer DNA.<br />
NACHWEIS DER REPLIZIERTEN DNA<br />
Nachdem nun die PCR abgelaufen ist, also<br />
jede Menge DNA repliziert wurde, bedarf es<br />
noch einer Methode ihres Nachweises bzw.<br />
der Bestimmung unbekannter DNA-Fragmente,<br />
da die PCR selber nur DNA amplifiziert,<br />
nicht aber identifiziert. Dies geschieht<br />
mit Hilfe der Gelelektrophorese als eigenständiges<br />
Verfahren im Anschluss an die<br />
Netzgerät<br />
Kathode<br />
Anode<br />
Vertiefung im Gel<br />
für die Probe<br />
Laufrichtung der Probe<br />
entsprechend<br />
des elektrischen Feldes<br />
Agarose-<br />
Gel<br />
PCR (siehe Abbildung 3). Hierbei nutzt man<br />
die negative Ladung der Phosphatreste, die<br />
die DNA zu einem Polyanion machen, welches<br />
in einem elektrisch geladenen Feld zur<br />
Anode wandert. Das geladene Feld wird in<br />
einer Gelmatrix, die je nach Größe der zu<br />
trennenden Teilchen aus Agarose oder Polyacrylamid<br />
besteht, durch Anlegen einer<br />
Pipette<br />
mit Probe<br />
Anlagerung<br />
der Moleküle<br />
in Banden<br />
Abbildung 3<br />
elektrischen Spannung erzeugt. Die Lösung<br />
mit den zu trennenden Molekülen wird in<br />
kleinen Vertiefungen im Gel nahe der Kathode<br />
gegeben und die elektrische Spannung<br />
angelegt. Nun wandern die geladenen<br />
Moleküle durch die Gelmatrix, welche wie<br />
ein dreidimensionales Molekularsieb wirkt,<br />
in Richtung Anode und werden je nach<br />
Größe, Form und Ladung der Moleküle unterschiedlich<br />
verlangsamt. Durch die unterschiedlichen<br />
Geschwindigkeiten können die<br />
Moleküle getrennt bzw. voneinander differenziert<br />
werden. Dabei laufen gleiche Moleküle<br />
in sogenannten diskreten Zonen oder<br />
auch Banden durch das Gel. Der Vergleich<br />
der Laufstrecken der Banden mit Banden<br />
bekannter Moleküle ermöglicht die Bestimmung.<br />
Um die Banden bestimmen zu können,<br />
müssen sie nach der Gelelektrophorese<br />
sichtbar gemacht werden, z. B. durch vorherige<br />
radioaktive Markierung, Nutzung von<br />
Fluoreszenzfarbstoffen und UV-Licht oder<br />
durch Blotting, bei dem die nachzuweisenden<br />
Moleküle auf eine Membran übertragen<br />
werden.<br />
ANWENDUNG IN DER MEDIZIN UND IN ANDEREN BEREICHEN<br />
Da die PCR nicht nur spezifisch sondern<br />
auch sehr empfindlich ist, können mit ihr<br />
schon kleinste Mengen an DNA vermehrt<br />
und somit eindeutig nachgewiesen werden.<br />
Dies kann man sich beim Nachweis<br />
von Bakterien und Viren zu einem frühen<br />
Zeitpunkt zu Nutze machen. Auch wenn<br />
noch keine Antikörper gebildet wurden,<br />
die Immunantwort des Körpers bisher also<br />
ausgeblieben ist, kann mit Hilfe der PCR die<br />
DNA der Viren und Bakterien nachgewiesen<br />
werden. So kann z. B. bereits zu einem<br />
Zeitpunkt mit therapeutischen Maßnahmen<br />
angefangen werden, zu denen ein Test zum<br />
Nachweis auf Antikörper noch ein falsch-negatives<br />
Ergebnis liefern würde. Bei anderen<br />
Erkrankungen, z. B. bei der Tuberkulose, ist<br />
der Nachweis des Erregers in Probenmaterial<br />
oder Anzüchtung schwierig, langwierig<br />
und nicht immer erfolgreich. Durch die hohe<br />
Empfindlichkeit der PCR reichen schon zehn<br />
Tuberkulosebakterien unter einer Millionen<br />
menschlichen Zellen zum Nachweis des Bakteriums.<br />
Auch bei der Früherkennung von<br />
einigen Krebsentitäten ist die PCR vielversprechend,<br />
da sie Mutationen in bestimmten<br />
Wachstumskontrollgenen detektieren<br />
kann. Durch Zugabe von entsprechenden<br />
Primern wird die mutierte DNA repliziert<br />
und somit nachgewiesen, nicht-mutierte<br />
DNA wäre nicht kompatibel mit dem Primer<br />
und damit auch nicht replizierbar. In ähnlicher<br />
Weise kann schon heute der Erfolg<br />
einer Chemotherapie oder das Vorhandensein<br />
eines Rezidivs beurteilt werden, da mit<br />
der PCR das Vorhandensein von Tumor-Zell-<br />
38 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
brechen. Dabei macht man sich die Tatsache<br />
zu Nutze, dass die einzelnen Genorte (Lage<br />
eines Gens auf einem Chromosom) in der<br />
Population stark variieren und somit jedes<br />
Individuum ein charakteristisches DNA-Profil<br />
besitzt. Da die PCR, wie bereits erwähnt,<br />
sehr empfindlich ist, reichen für die Erstellung<br />
eines DNA-Profiles schon kleine Mengen<br />
Blut, Sperma oder Speichel oder auch<br />
eine einzige Haarwurzel oder Hautschuppe.<br />
Ein weiteres Einsatzfeld ist die Erforschung<br />
der molekularen Evolution, weil DNA bemerkenswert<br />
stabil ist und unter günstigen<br />
Bedingungen Jahrtausende intakt bleiben<br />
kann. Daher kann mit der PCR auch fossile<br />
DNA amplifiziert und charakterisiert werden<br />
und so Erkenntnisse über die Evolution liefern.<br />
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Diagnostik und der in Deutschland nur eingeschränkt<br />
erlaubten Präimplantationsdiagnostik<br />
(PID) werden embryonale Zellen mit<br />
Hilfe der PCR auf die Vererbung bestimmter<br />
Risikofaktoren oder Erkrankungen untersucht.<br />
Im Bereich der PID erlaubt die PCR<br />
so eine Selektion von genetisch belasteten<br />
und unbelasteten Embryonen bevor sie in<br />
die Gebärmutter transferiert werden, was<br />
ethische Fragestellungen aufwirft.<br />
Neben dem Einsatz bei medizinischen<br />
Fragestellungen findet die PCR z. B. auch<br />
Anwendung in der Forensik. Typische Fragestellungen<br />
hier sind strittige Vaterschaften<br />
oder andere Verwandschaftsbeziehungen<br />
und natürlich der sogenannte »genetische<br />
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Hallbach, J. (<strong>2019</strong>): Klinische Chemie und Hämatologie. 4. Auflage. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag, 239–244.<br />
Koolman, J.; Röhm, K.-H. (<strong>2019</strong>): Taschenatlas Biochemie des Menschen. 5. Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.<br />
Müller, H.-J.; Prange, D. R. (2016): Einleitung. In: Müller H.-J., Prange D. R. (Hrsg.). PCR – Polymerase-Kettenreaktion.<br />
2. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 1–8.<br />
Netzker, R. (2012): Gentechnik und Nachweis bzw. Analyse von Nukleinsäuren. In: Rassow J., Hauser K., Netzker R.,<br />
Deutzmann R. (Hrsg.). Biochemie. 3. Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 473–491.<br />
Powledge, T. M. (2004): The polymerase chain reaction. Adv Physiol Educ 28: 44–50.<br />
Schartl, M.; Gessler, M.; von Eckardstein, A. (2009): Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.<br />
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DEAD BUG PROGRESSION<br />
ODER: DER KÄFER<br />
Ein zentraler Bestandteil der <strong>physio</strong>therapeutischen Behandlung ist die Durchführung von<br />
Kräftigungsübungen. In der Reihe »Workout« werden verschiedene Übungen vorgestellt, die<br />
vielleicht auch für Deine Patienten interessant sind. Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren.<br />
L Was hat ein auf dem Rücken liegender Käfer mit einem<br />
unserer Patienten gemeinsam?<br />
Beide benötigen einen starken »Core«, um den Weg zurück<br />
zur optimalen Bewegung zu finden. Der Käfer benötigt<br />
seine Körpermitte, den sog. Core, um sich wieder auf den<br />
Bauch zudrehen. Bei unserem Patienten bewegt und stabilisiert<br />
die Körpermitte die Wirbelsäule und ist an der Atmung<br />
beteiligt.<br />
Strukturell umfasst die Körpermitte den Bereich vom<br />
Zwerchfell bis zum Becken, darin inbegriffen alle skelettalen<br />
und muskulären Partien sowie deren beteiligten Bandstrukturen.<br />
Das Training der Rumpfkraft bildet sowohl im Sport als<br />
auch in der Therapie eine wichtige Grundlage für kraftvolle<br />
und effiziente Bewegungen. Entsprechend gibt es eine schier<br />
unendliche Anzahl an Trainingsmethoden und -übungen.<br />
Viele Trainingsmethoden bedienen sich dabei aus Elementen<br />
von Yoga, Pilates oder auch der segmentalen Stabilisation.<br />
Eine sehr effektive Core-Übung, um auf die einführende<br />
Frage zurückzukommen, ist der Käfer, oder in Englisch: Dead<br />
Bug. Der Käfer ermöglicht eine sehr intensive Kräftigung der<br />
Rumpfmuskulatur, ohne dabei eine starke Belastung auf die<br />
Wirbelsäule aufzubringen.<br />
INDIKATION FÜR DIESE ÜBUNG<br />
LWS-Syndrom, BWS-Syndrom, Lumbago und weitere unspezifische<br />
Rückenschmerzen, Stabilisierung und Kräftigung der<br />
Bauchmuskulatur, Beckenboden-Störungen, ISG-Störung, Entgegenwirken<br />
einer kyphotischen Fehlhaltung sowie dem Ausgleich<br />
von muskulären Dysbalancen.<br />
BESCHREIBUNG DER ÜBUNG<br />
Ausgangstellung<br />
Legen Sie sich flach auf den Rücken; die Arme sind dabei<br />
voll ausgestreckt und die Hände zeigen Richtung Decke. Die<br />
Beine werden in der Hüfte und den Knien 90° gebeugt. Der<br />
Bauchnabel wird eingezogen, der Beckenboden angespannt<br />
und die Wirbelsäule flach am Boden gehalten. Bereits in der<br />
Ausgangsposition wird dabei auf die korrekte Positionierung<br />
der Wirbelsäule geachtet.<br />
40 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Endstellung<br />
Aus der Ausgangsposition werden nun gleichzeitig der rechte<br />
Arm und das linke Bein Richtung Boden abgesenkt. Die Extremitäten<br />
werden so lange Richtung Boden geführt, bis die<br />
Wirbelsäule nicht mehr neutral gehalten werden kann. Die<br />
Bewegung wir langsam und kontrolliert ausgeführt und dabei<br />
ausgeatmet. Die Endposition wird für wenige Sekunde gehalten<br />
und anschließend wird in die Ausgangsposition zurückgekehrt.<br />
Nun folgt die Bewegung auf der anderen Seite.<br />
BEANSPRUCHTE MUSKULATUR<br />
Der Käfer ist eine komplexe Ganzkörperübung, bei der die<br />
Stabilisierung der tiefliegenden Rückenmuskulatur im Vorder-<br />
grund steht, aber auch die Bauchmuskeln, der Rücken, die<br />
Schultern und die Hüftmuskulatur beansprucht werden.<br />
BESONDERE ASPEKTE, DIE BEACHTET WERDEN SOLLTEN<br />
Zunächst wirkt die Grundvariante des Käfers vielleicht sehr<br />
einfach und auf Grund der vielen Variationen, die im Internet<br />
zu finden sind, tendieren die Patienten häufig dazu, zu schnell<br />
in der methodischen Reihe voranzuschreiten.<br />
Bevor diese Übung allerdings verändert werden sollte,<br />
sollte der Patient ca. dreimal 15 kontrollierte Wiederholun-<br />
gen durchführen können. Die Grundübung, bei der vor allem<br />
die Aktivierung der tiefliegenden Wirbelsäulenmuskulatur im<br />
Vordergrund steht, bildet die Grundlage für dynamischere<br />
Übungen.<br />
Damit eignet sich der Käfer auch hervorragend als<br />
Warm-Up aber auch als Hausaufgabe.<br />
Die gezeigte Übung lässt sich einfach verändern und ist dadurch<br />
für nahezu jeden Patienten geeignet (siehe Variationen).<br />
Mit Hilfe eines Kettlebells (es kann auch gegen die Hände des<br />
Therapeuten oder gegen ein Theraband gearbeitet werden)<br />
kann der Core zusätzlich aktiviert werden. Auch im Pilates gibt<br />
es eine Variante des Dead Bugs, bzw. des Käfers, die hier als<br />
Regression angeführt werden kann.<br />
VARIATIONEN<br />
Bei dieser Variante der Übung ist die Rückenlage ebenfalls die<br />
Ausgangsposition. Die Arme liegen flach neben dem Körper.<br />
Der Fokus liegt auf der Aktivierung des Powerhouses (der<br />
Bauchnabel ist Richtung Wirbelsäule gezogen und der Beckenboden<br />
angespannt). Die Wirbelsäule ist neutral und beide<br />
Beine sind aufgestellt. Während die Spannung gehalten wird,<br />
wird nun zunächst das rechte Bein angezogen und in 90°<br />
Knieflexion und 90° Hüftflexion gebracht. Mit dem nächsten<br />
Atemzug wird das linke Bein in dieselbe Position gebracht.<br />
Im Vergleich zu der oben dargestellten Übungsvariante wird<br />
im Pilates auf den zusätzlichen Einsatz der oberen Extremität<br />
verzichtet und der Fokus verstärkt auf die Rumpfkontrolle gelegt.<br />
Egal ob als Präventionsübung, in der Rehabilitation oder<br />
auch im Pilates, die Bewegungsführung der Übung steht immer<br />
im Vordergrund.<br />
Dafür sollte immer auf ein langsames, kontrolliertes Bewegungstempo<br />
sowie eine optimale Ausrichtung der Wirbelsäule<br />
geachtet werden. Sobald die Grundübung beherrscht wird,<br />
kann die Übung auch über die Positionierung bzw. die Bewegung<br />
der Arme leichter oder schwerer gestaltet werden.<br />
Langfristig kann der Käfer auch um Zusatzaufgaben erweitert<br />
werden, um den Patienten auf dynamischere Übung vorzubereiten<br />
und eine optimale Stabilisierung der Wirbelsäule auch<br />
während komplexeren (alltagsnäheren) Aufgaben zu gewährleisten.<br />
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<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 49
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FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
© stockpics – stock.adobe.com<br />
ANZEIGENWERBUNG<br />
DAMIT DER UMSATZ STIMMT<br />
Text: Rolf Leicher<br />
L Physiotherapeuten sind beim Thema<br />
Werbung skeptisch: »Muss nicht sein, kostet<br />
nur Geld«, »Bringt nichts, man kennt uns<br />
doch«, »Andere machen auch nichts«. Allerdings<br />
gibt es gute Gründe, die für Inserate<br />
sprechen. Der Firmenname prägt sich ein<br />
und gute Werbung fällt auf und erhöht den<br />
Bekanntheitsgrad, vor allem bei Neukunden.<br />
Natürlich kosten Inserate Geld. Aber richtig<br />
eingesetzt bringt Werbung auch Geld. Auch<br />
im Internetzeitalter sind Inserate die Klassiker<br />
der Werbung.<br />
DIE MEDIEN<br />
Unter den Printmedien haben »Tageszeitungen«<br />
durch große Auflage große Bedeutung.<br />
Trotz Online-Konkurrenz werden<br />
Inserate beachtet, denn Print liest man anders<br />
als digital. Die meisten bringen zwei<br />
Mal jährlich eine Sonderbeilage zum Thema<br />
»Gesundheit«, dort finden Sie Ihre Zielgruppe.<br />
Beilagen werden von Lesern sogar<br />
aufgehoben, haben also eine längere Lebensdauer.<br />
Veranstaltungen in den Stadtteilen<br />
sind auch ein Anlass für ein Inserat. In<br />
den »Anzeigenblättern« ist ein Inserat preisgünstiger<br />
als in der Tageszeitung. Außerdem<br />
erscheinen sie in einer sehr hohen Auflage.<br />
Sie sind kostenlos und werden an jeden<br />
Haushalt geliefert, sofern das nicht durch<br />
einen Aufkleber am Briefkasten verboten ist<br />
(»Bitte keine Werbung und kostenlose Zeitung«).<br />
Die Auflage kann noch so hoch sein,<br />
die Zahl der Leser, die das Angebot lesen,<br />
ist meist deutlich geringer, weil Anzeigenblätter<br />
nicht so beachtet werden. Dennoch<br />
berichten viele Inserenten über gute Erfolge<br />
mit ihrer Werbung in Anzeigenblättern, in<br />
denen man einen bestimmten Personenkreis<br />
erreichen kann. Einige Anzeigenredaktionen<br />
bieten dem Inserenten auch kurze redaktionelle<br />
Notizen an.<br />
»Gemeindenachrichten« oder »Amtsblätter«<br />
sind noch preisgünstiger, wirken<br />
aber für viele Leser eher langweilig und altmodisch,<br />
vor allem im Vergleich zu den anderen<br />
Medien. Meist ist das Layout veraltet.<br />
Sie erreichen die Bürger eines bestimmten<br />
Stadtteils, der Verbreitungskreis ist sehr eng.<br />
Die Leser sind meist die Älteren, jüngere Kunden<br />
erreicht man durch Inserate in den Klub-<br />
Zeitungen der verschiedenen Sportvereine.<br />
GESTALTUNG,<br />
TEXT, PLATZIERUNG<br />
Viele Therapeuten machen den Text der eigenen<br />
Visitenkarte zum Inserat. Besondere<br />
Öffnungszeiten (Montag bis Donnerstag<br />
von 8:00 bis 20:00 geöffnet) sind ein Anlass<br />
für ein Inserat. Werbung muss auffallen,<br />
sonst geht sie unter in der Flut der vielen<br />
Inserate. Das erreicht man mit einer besonderen<br />
Schriftart, z. B. schräg laufend, oder in<br />
Kleinbuchstaben getextet. Eine ungewöhnliche<br />
Textanordnung (Blocksatz, rechts- oder<br />
linksbündig) fällt auf. Leser knüpfen an eine<br />
modern wirkende Werbeaussage Gedanken<br />
zu einem modernen Praxisbetrieb. Je kleiner<br />
das Inserat, desto weniger Gestaltungsmöglichkeiten<br />
durch Grafik und Hervorhebungen<br />
durch Fettdruck gibt es. In größeren<br />
Inseraten sind Hervorhebungen im Text<br />
möglich: fett, kursiv, oder drei Punkte größer.<br />
Unterstreichungen, Versalien und zentrierte<br />
Texte sind nicht zeitgemäß. Von der<br />
»Erinnerungswerbung« spricht man, wenn<br />
nur die Firma mit Adresse getextet wird. Bei<br />
den Kontaktdaten ist die Homepage wichtig,<br />
damit sich Neukunden dort informieren<br />
können. Auf nichts sagende Floskeln sollte<br />
man verzichten: »Wir beraten Sie gerne« (Ist<br />
das nicht selbstverständlich?), »Wir freuen<br />
uns auf Ihren Anruf« (Was hat der Leser davon,<br />
dass Sie sich freuen?).<br />
DER SLOGAN – NACH-<br />
HALTIG & EINPRÄGSAM<br />
Ein Slogan ist ein kurzes einprägsames Statement,<br />
das eine Firma erinnerungsfähig<br />
macht. Er vermittelt die Alleinstellung der<br />
52 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Physiotherapie gegenüber dem Wettbewerb.<br />
Ein Werbeslogan, einmal erfunden,<br />
besteht langfristig und ist völlig unabhängig<br />
von modischen Trends. Der Slogan besteht<br />
aus wenigen und kurzen Worten und soll<br />
die Emotionen des Lesers ansprechen oder<br />
ihn durch eine ungewöhnliche Aussage<br />
nachdenklich machen: »Die mit den heilenden<br />
Händen«, oder »Auf Heilung programmiert«,<br />
»Wenn es gut sein muss« oder<br />
»Zum Wohlfühlen – von Anfang an«. Bei der<br />
Anzahl der Worte gilt die Obergrenze von<br />
sechs Wörtern. Gedächtnisfreundlich zu texten<br />
heißt, Worte zu verwenden, die emotional<br />
besetzt und im allgemeinen Sprachgebrauch<br />
üblich sind (Beispiele: »Ich bin doch<br />
nicht blöd«, »Geiz ist geil«). Beim eigenen<br />
Entwurf eines Slogans wird die Datenbank<br />
www.slogans.de empfohlen.<br />
Schwieriger wird es mit einem Reim, der<br />
sich zwar schnell einprägt, aber meist aus<br />
vielen Worten besteht und längere Lesezeit<br />
benötigt. (Beispiel: »Haribo macht Kinder<br />
froh, und Erwachsene ebenso«). Trotzdem:<br />
ein Slogan, der das Zeug zum Sprichwort<br />
hat, prägt sich noch besser ein und verbreitet<br />
sich sehr schnell.<br />
UNVERZICHTBAR – DAS<br />
PRAXISLOGO<br />
Die Deutsche Lufthansa hat den Kranich,<br />
die Firma Apple den angebissenen Apfel.<br />
Beim Jaguar denkt man an die springende<br />
Wildkatze. Logos sind Bildmarken, die an ein<br />
Unternehmen oder Dienstleister erinnern.<br />
Viele meinen, ein Logo für die Praxis sei<br />
nicht üblich, nicht nötig, nicht seriös. Neue<br />
Praxen haben großes Interesse am Logo und<br />
suchen ein gängiges Motiv, um sich vom<br />
Wettbewerb ab zu heben. Wer auf sein Erscheinungsbild<br />
Wert legt, kommt nicht am<br />
Logo vorbei, und findet auch zum Namen<br />
passende grafische Elemente.<br />
Andernfalls ist ein besonderer Schriftzug<br />
in einer bestimmten Farbe ein unverwechselbares<br />
Erkennungszeichen. Man nennt<br />
es »Corporate Identity«, wenn durch die<br />
Grafik oder Bildmarke ein Alleinstellungsmerkmal<br />
entsteht. Ideal ist es, wenn sich<br />
der Leser alleine schon durch das Logo an<br />
den Namen der Praxis erinnert. Die Widererkennung<br />
setzt sich erst nach und nach<br />
durch, Patienten müssen sich an das Logo<br />
gewöhnen.<br />
Das Praxislogo hat einen vielseitigen<br />
Einsatzbereich: Visitenkarte, Homepage,<br />
Namensschild am Eingang, Flyer, Rechnungen,<br />
Mahnungen und es wird kontinuierlich<br />
eingesetzt. Die Einführung muss auf einen<br />
Schlag erfolgen, nicht nach und nach. Das<br />
Logo ist farbig, muss aber auch in Schwarz/<br />
Weiß wirken und in unterschiedlichen Größen<br />
zur Geltung kommen. Farben sprechen<br />
Emotionen des Betrachters stärker an als<br />
Schwarz/Weiß. Kräftige Farben prägen sich<br />
beim Betrachter stärker ein.<br />
Je häufiger es erscheint, desto schneller<br />
vollzieht sich das Einprägen. Grafiker kosten<br />
Geld, aber sie sind Profis, wenn es um ein<br />
gutes Logo geht. Unter »Logomarket.de«<br />
findet man im Internet viele gute Beispiele.<br />
Wirkung von Farben<br />
Orange<br />
Blau<br />
Gelb<br />
vital, aufbauend, aktivierend,<br />
energiegeladen<br />
souverän, seriös, kühl,<br />
zurückhaltend<br />
kommunikativ, heiter,<br />
fröhlich, kreativ, warm<br />
Schwarz modern, sachlich, seriös,<br />
nobel, elegant, luxuriös<br />
Grün<br />
natürlich, harmonisch,<br />
entspannend, mitfühlend<br />
Gelegentlich liest man auch Anzeigen in<br />
Schreibschrift. Dabei sollte für die bessere<br />
Lesbarkeit der Text etwa zwei Punkte größer<br />
sein. Am Computer kann man die Optionen<br />
testen. Anregungen für das eigene<br />
Inserat findet man oft auch in ganz anderen<br />
Branchen.<br />
DIE WIEDERHOLUNG<br />
Wie oft kann man die gleiche Anzeige unverändert<br />
wiederholen? Bei Kleinanzeigen<br />
(ein- oder zweispaltig bis 40 mm hoch) ist<br />
häufiges Wiederholen fast schon obligatorisch.<br />
Ein einzelnes Kleininserat bewirkt fast<br />
nichts. Es ist so, als wollte man einen Nagel<br />
mit einem Schlag in die Wand bringen.<br />
Die Wiederholung erhöht die Wirksamkeit.<br />
Es geht um die nachhaltige Wirkung. Einfache<br />
Werbebotschaften haben meist einen<br />
schnellen Anfangserfolg.<br />
Vielen Lesern wird das Inserat erst nach einiger<br />
Zeit bewusst. Anzeigenrahmen und<br />
Firmenlogo gehören zu den Konstanten,<br />
sollten also nicht verändert werden, damit<br />
die Wiedererkennung für den Leser erhalten<br />
bleibt. Das Mindestmaß sollte 30 mm<br />
sein, bei kleineren Maßen empfiehlt sich<br />
eine Fließtextanzeige. Der Beachtungswert<br />
hängt nicht nur von der Platzierung ab,<br />
sondern von der Gestaltung eines Inserats.<br />
Und auch vom Umfeld, also von den Nachbarinseraten,<br />
worauf man allerdings keinen<br />
Einfluss halt. Wenn es anders wäre, würden<br />
die Anzeigenredaktionen für die sogenannten<br />
Logenplätze rechts oben einen Zuschlag<br />
berechnen.<br />
Immer wieder entsteht die Frage: Wo<br />
ist meine Anzeige richtig platziert? Ist die<br />
rechte Seite besser? Oder wirkt die Anzeige<br />
auf der linken Seite optimal? Noch immer lesen<br />
die meisten Menschen eine Zeitung von<br />
vorne nach hinten, so dass dann die rechte<br />
Seite zuerst und dann die linke gelesen wird.<br />
Genau umgekehrt ist es bei den Lesern, die<br />
eine Zeitung von hinten nach vorne lesen.<br />
Ob eine Anzeige wirkt, hängt auch vom<br />
Wochentag ab. Am Montag oder Mittwoch,<br />
wenn der Anzeigenteil dünn ist, fallen Inserate<br />
grundsätzlich stärker auf. Am Samstag<br />
wird die Zeitung zwar länger gelesen, aber<br />
auch oberflächlich, weil die Lesemenge sehr<br />
groß ist. Umfragen bestätigen, dass der<br />
Wechsel zwischen den Wochentagen günstig<br />
ist. So erreicht man alle Kunden mit den<br />
unterschiedlichen Lesegewohnheiten.<br />
Checkliste: an alles gedacht?<br />
Anzeigenformat<br />
Erscheinungsdatum<br />
Werbeslogan<br />
Textanordnung<br />
Schriftart, Schriftgröße<br />
Grafik, Farbe<br />
Firmenlogo<br />
Werbeträger<br />
Textmenge<br />
ja<br />
✓ nein ✗<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 53
MITMACHEN & AUTOREN<br />
Dein Artikel im <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>!<br />
Sei es eine Hausarbeit, eine Bachelor-Thesis oder auch ein Artikel über Deine Schule,<br />
Du kannst ihn uns zuschicken und Teil dieser Zeitschrift werden.<br />
Haben wir Dein Interesse geweckt oder hast Du noch Fragen?<br />
Dann sende eine Mail an: kontakt@dieFachwelt.de<br />
Wir freuen uns auf Deine Ideen!<br />
MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!! MACHT MIT!!<br />
Die Autoren dieser Ausgabe:<br />
Verena Loidl<br />
Verena Gesing<br />
Jürgen Baier<br />
Susanna Feistl, Pia Böheim, Angelika Heinl, Anna-Lena Luber (l.n.r.)<br />
Patricia Frahm<br />
Torsten Koerting<br />
Leonie von Lochow<br />
Susanne Klotz<br />
Jesper Schwarz<br />
Hier könnte auch dein<br />
Bild zu sehen sein!<br />
Rolf Leicher<br />
Bernd Kolster<br />
Benjamin Bareiss<br />
54 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
VERANSTALTUNGEN & TERMINE<br />
Datum Veranstaltung Ort Internet<br />
SEPTEMBER <strong>2019</strong><br />
05.09.–07.09.<strong>2019</strong> 31. Jahreskongress <strong>2019</strong> der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie Frankfurt/M www.geriatrie-kongress.de<br />
06.09.–07.09.<strong>2019</strong> therapie on tour mit pt HOLIdays Bochum www.therapie-ontour.de<br />
07.09.<strong>2019</strong> NEURO <strong>2019</strong> Bremen<br />
12.09.–14.09.<strong>2019</strong> 124. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation München www.dgpmr-kongress.de<br />
13.09.–14.09.<strong>2019</strong><br />
Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und<br />
Klinische Neurorehabilitation e. V.<br />
Berlin<br />
www.dgnkn-kongress.de<br />
25.09.–28.09.<strong>2019</strong> Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) Frankfurt/Main www.gma<strong>2019</strong>.de<br />
26.09.–27.09.<strong>2019</strong> 18. Europäischer Gesundheitskongress München www.gesundheitskongress.de<br />
26.09.–29.09.<strong>2019</strong> REHACARE Düsseldorf www.rehacare.de<br />
27.09.–28.09.<strong>2019</strong> TheraPro Essen mit <strong>physio</strong>kongress West Essen<br />
www.messe-stuttgart.de/<br />
therapro-essen<br />
OKTOBER <strong>2019</strong><br />
03.10.–05.10.<strong>2019</strong> 43. Jahreskongress der »Deutsche Gesellschaft für Lymphologie e. V.« Bad Krozingen www.lymphologie-kongress.de<br />
09.10.–11.10.<strong>2019</strong> Deutscher Kongress für Versorgungsforschung Berlin www.dkvf<strong>2019</strong>.de<br />
09.10.–12.10.<strong>2019</strong> Deutscher Schmerzkongress Mannheim www.schmerzkongress<strong>2019</strong>.de<br />
11.10.<strong>2019</strong> PhysioSchüler- und StudierendenTag Düsseldorf www.<strong>physio</strong>congress.de/psst1<br />
22.10.–25.10.<strong>2019</strong> Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie Berlin www.dkou.org<br />
25.10.–26.10.<strong>2019</strong> therapie Hamburg Hamburg www.therapiemesse-hamburg.de<br />
NOVEMBER <strong>2019</strong><br />
07.11.–08.11.<strong>2019</strong> Dreiländer-Tagung für Gesundheitsberufe Bochum<br />
18.11.–21.11.<strong>2019</strong> MEDICA Düsseldorf www.medica.de<br />
22.11.–23.11.<strong>2019</strong> 4. Forschungssymposium Physiotherapie Hildesheim<br />
28.11.–30.11.<strong>2019</strong> 14. Deutscher Wirbelsäulenkongress München www.dwg-kongress.de<br />
DEZEMBER <strong>2019</strong><br />
04.12.–06.12.<strong>2019</strong> 19. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin Hamburg www.divi<strong>2019</strong>.de<br />
05.12.–07.12.<strong>2019</strong> 26. Jahrestagung der Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation Leipzig www.dgnr-tagung.de<br />
06.12.<strong>2019</strong> Berufseinsteigerforum von Physio Deutschland Freiburg<br />
www.<strong>physio</strong>congress.de/berufseinsteigerforumfreiburg<strong>2019</strong><br />
FEBRUAR 2020<br />
07.02.–09.02.2020 TheraPro mit 14. <strong>physio</strong>kongress Stuttgart www.messe-stuttgart.de/therapro/<br />
13.02.–15.02.2020 13. Endoprothetikkongress (mit Physiotag) Berlin www.endokongress.de<br />
13.02.–15.02.2020 21. Jahrestagung des Deutschen Netzwerkes für Evidenzbasierte Medizin Basel (CH)<br />
MÄRZ 2020<br />
26.03.–28.03.2020 31. Schmerz- und Palliativtag Mainz www.schmerz-und-palliativtag.de<br />
Quellen Veranstaltungskalender<br />
• AWMF – Kongresskalender, AWMF online Das Portal der wissenschaftlichen Medizin, http://www.awmf.org/service/kongresskalender.html<br />
• Physio Deutschland Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V., https://www.<strong>physio</strong>-deutschland.de/fachkreise/veranstaltungen.html<br />
• PT – Portal für Physiotherapeuten, https://www.<strong>physio</strong>therapeuten.de/termines<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 55
AUSBLICK<br />
<strong>physio</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
DAS ERWARTET EUCH<br />
IN DER 20. AUSGABE<br />
TITELTHEMA: PROPRIOZEPTIVE NEUROMUSKULÄRE<br />
FAZILITATION (PNF)<br />
PNF<br />
Wichtige Hintergrundinformationen und Indikationen<br />
Physiologie<br />
Neuronaler Aufbau von Reflexbögen<br />
Evidenz in der Physiotherapie<br />
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Technik der Propriozeptive<br />
Neuromuskulären Fazilitation<br />
Healthy Food<br />
Mit Lebensmitteln die Therapie unterstützen<br />
Tests und Assessments<br />
Weiteres:<br />
Physiologiekarten<br />
Muskelplakat<br />
Assessments<br />
Veranstaltungskalender<br />
… und vieles mehr<br />
56 <strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong>
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