physio-Journal I 2/2019
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TITELTHEMA<br />
UNTERSUCHUNG<br />
DES..<br />
BECKENGURTELS<br />
Text: Verena Gesing<br />
M. ischiococcygeus<br />
L Die Untersuchung des Beckengürtels ist<br />
wichtig und kann viele Hinweise liefern.<br />
Wichtig ist hier eine strukturierte Vorgehensweise.<br />
Es ist nicht immer einfach herauszu-<br />
finden, welche Pathologie den Symptomen<br />
eines Patienten zu Grunde liegt. Oft werden<br />
Beckengürtelschmerzen den unspezifischen<br />
Rückenschmerzen zugeordnet oder anders<br />
herum. Um einen guten Befund durchzuführen,<br />
sollte zunächst klar sein, worum es<br />
sich hierbei überhaupt handelt.<br />
DEFINITION BECKENGÜRTELSCHMERZEN<br />
Beckengürtelschmerzen können u. a. als<br />
Folge einer Beckenringinstabilität auftreten.<br />
Der Schmerzbereich befindet sich meistens<br />
zwischen Crista iliaca und Glutealfalte vor<br />
allem im Bereich des ISG mit möglichen<br />
Schmerzausstrahlungen in den hinteren<br />
Oberschenkel und zur Symphyse (Vleeming<br />
et al. 2008).<br />
Für eine genaue Befundung ist es wichtig,<br />
Kenntnisse über Ätiologie und Patho<strong>physio</strong>logie<br />
von Beckengürtelschmerzen zu haben.<br />
ÄTIOLOGIE VON BECKENGÜRTELSCHMERZEN<br />
Meist multikausal<br />
Schwangerschaft: hormonelle Umstellung<br />
und Auflockerung des Bindegewebes<br />
u. A. durch Ausschüttung von<br />
Relaxin während der Schwangerschaft,<br />
zusätzliches Gewicht des Fetus auf ligamentäre<br />
und muskuläre Strukturen und<br />
Druck durch den Kopf des Fetus auf den<br />
Beckenring<br />
Insuffizienz der Beckenbodenmuskulatur<br />
und des M. transversus abdominis<br />
• Ein eindeutiger Nachweis für den Einfluss<br />
des Beckenbodens auf die ISG-<br />
Stabilität ist: je schwächer der Beckenboden,<br />
desto instabiler der Beckengürtel<br />
(Pool-Goudzwaard et al. 2005)<br />
• Ein Nachweis für die signifikante Erhöhung<br />
der ISG-Stabilität kann durch die<br />
Kontraktion des M. transversus abdominis<br />
erfolgen (Richardson et al. 2002)<br />
Überwiegend sitzende Tätigkeiten<br />
Unfälle oder Erkrankungen (z. B. Morbus<br />
Bechterew, aber auch Stolpern, Hüpfen<br />
oder ein Tritt ins Leere)<br />
ISG-Veränderungen durch Fusionen bei<br />
5,8 % der 20–39-Jährigen, aber bei<br />
46,7 % bei über 80-Jährigen (Dar et al.<br />
2008).<br />
PATHOPHYSIOLOGIE<br />
Der Beckengürtel ist die verbindende Struktur<br />
zwischen Oberkörper und unterer Extremität.<br />
Er muss daher stabil sein, um die<br />
Kraft des Oberkörpers zu tragen, aber auch<br />
flexibel, um z. B. die Gehbewegung zuzulassen.<br />
Bei Frauen muss er wegen des Gebärens<br />
noch flexibler sein. Die benötigte<br />
Flexibilität des Beckenrings wird durch Gelenkverbindungen<br />
gewährleistet – im Bereich<br />
des ISG als Amphiarthrose und im<br />
Bereich der Symphyse als Synchondrose, die<br />
in ihrem Bewegungsumfang durch straffe<br />
Bandverbindungen stark beschnitten sind.<br />
Da an diesen beiden Stellen Bewegungen<br />
(zwar nur kleine) stattfinden, können sie<br />
auch automatisch zu Schwachstellen werden.<br />
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