physio-Journal I 2/2019
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DIAGNOSTIK<br />
FÜR DEN PRAXISALLTAG<br />
Text: Susanne Klotz<br />
POLYMERASE-KETTENREAKTION<br />
Herzlich Willkommen zu einem neuen Artikel in der Diagnostik-Reihe.<br />
Nachdem wir in den letzten beiden Ausgaben wortwörtlich<br />
einen Blick ins Innere des Körpers geworfen und das<br />
Spektrum der Endoskopie kennengelernt haben, wenden wir<br />
unseren Blick heute auf Strukturen, die nicht mit dem bloßen<br />
Auge erkennbar sind: unsere Gene. Die Analyse der Gene als<br />
Teilgebiet der Labordiagnostik hat innerhalb, aber auch außerhalb<br />
der Medizin einen wichtigen Stellenwert. Ausgangspunkt<br />
und somit Voraussetzung für einen Großteil der genanalytischen<br />
Verfahren ist die Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase<br />
chain reaction – PCR), mit der wir uns heute näher<br />
beschäftigen werden. Die PCR wurde 1984 von dem US-amerikanischen<br />
Biochemiker Kary Banks Mullis entwickelt, welcher<br />
1993 für diese Entdeckung den Nobelpreis in Chemie erhalten<br />
hat. Sie erlaubt die beliebige Vermehrung (Amplifikation) von<br />
DNA-Sequenzen außerhalb des lebenden Organismus.<br />
GRUNDLAGEN DES AUFBAUS DER DNA<br />
Bevor wir nun also die Komponenten und<br />
den Ablauf der PCR kennen lernen, an dieser<br />
Stelle erstmal eine kurze Wiederholung<br />
des Aufbaus unserer Gene: Die Schlüsselsubstanz<br />
bilden die Makromoleküle Nukleinsäuren,<br />
die zur Herstellung von Eiweißen als<br />
wesentliche Grundbausteine von Organismen<br />
essentiell sind.<br />
In den Nukleinsäuren ist die genetische<br />
Information verschlüsselt, aus welchen Aminosäuren<br />
und in welcher Anordnung die<br />
Proteine aufgebaut sind. Im Prinzip könnt<br />
ihr euch das wie einen Bauplan für Proteine<br />
vorstellen. Die Nukleinsäuren liegen in unseren<br />
Chromosomen in Form von Desoxyribonukleinsäuren<br />
(engl. deoxyribonucleic<br />
acid – DNA) vor. Die DNA besteht aus zwei<br />
gegenläufigen Strängen, die sich umeinander<br />
winden, was der DNA das Aussehen<br />
einer gedrehten Strickleiter verleiht. Diese<br />
Form der DNA wird als Doppelhelix bezeichnet.<br />
Die beiden Stränge setzen sich aus<br />
abwechselnden Zuckermolekülen (Desoxyribose)<br />
und Phosphatresten zusammen. Von<br />
den Zuckermolekülen eines Stranges geht<br />
jeweils eine von vier stickstoffhaltigen Basen<br />
ab, welche ein Paar mit der gegenüberliegenden<br />
Base des anderen Stranges bildet,<br />
wobei sich Adenin (A) mit Thymin (T) und<br />
Guanin (G) mit Cytosin (C) verbindet.<br />
Der Komplex aus einer Base, einem Zuckermolekül<br />
und einem Phosphatrest wird<br />
als Nukleotid bezeichnet. Die Nukleinsäuren<br />
bestehen also aus vielen miteinander<br />
verbundenen Nukleotiden. Da in der DNA<br />
die vier verschiedenen Basen A, T, G und<br />
C enthalten sind, können auch vier Typen<br />
von Nukleotiden unterschieden werden. Die<br />
Zuckermoleküle der Nukleotiden enthalten<br />
u. a. Kohlenstoff-Atome, welche im Uhrzeigersinn<br />
gezählt werden (1’ bis 5’).<br />
An der 3’-Position ist der Zucker mit dem<br />
Phosphatrest des nächsten Nukleotids (an<br />
der 5’-Position) verbunden. Dadurch wird<br />
die Nomenklatur der Positionen der Nukleinsäuren<br />
ermöglicht, da sich der eine Strang<br />
des Doppelstranges vom 5’- zum 3’-Ende<br />
(5’ → 3’-Richtung) und der komplementäre<br />
Strang vom 3’- zum 5’-Ende (3‘ → 5’-Richtung)<br />
orientiert. Diese Reihenfolge ist später<br />
bei der Synthese der neuen DNA im Rahmen<br />
der PCR wichtig, denn die Synthese läuft nur<br />
in 5’ → 3’-Richtung.<br />
E<br />
<strong>physio</strong>-<strong>Journal</strong> 35