1 SOMMER LEBENSANGST BERLIN, GRUNEWALD, WINKLERSTRASSE, 69
1 WINKLERSTRASSE, LEBENSANGST BERLIN, GRUNEWALD, SOMMER 69 „So einen Vater zu haben bezeichne ich als das größte Glück, als das größte Geschenk was diese Welt einem Menschen bereiten kann. Es gibt doch nichts schöneres wenn Eltern mit ihren Kindern eins sind, sie verstehen, ihren Herzschlag spüren und die Gefühle und Emotionen respektieren.“ Für <strong>Romy</strong> wäre es die größte Strafe dieser Welt gewesen wenn Ihr Vater diese Sprache des Herzens seiner Tochter nicht verstanden hätte. So viele Kinder reden und kommunizieren mit ihren Eltern. Jedenfalls glauben sie das sie es tun... in Wirklichkeit reden sie aneinander vorbei. Der Eine hört den Anderen zwar reden, vernimmt auch klar und deutlich seine Stimme. Das eigentlich Gesagte, die eigentliche Aussage, das Statement geht vorbei. Da ist dieser Glaskasten, in dem Vater oder Mutter sitzen, und dieser Glaskasten in dem man selbst sitzt. Man redet. Aber es kommt nicht an. Man diskutiert. Aneinander vorbei. Man spricht. Aber eine andere Sprache. Man will verstehen. Kann aber nicht verstehen. Was entsteht aus diesem nachhaltigen Gefühl, zu glauben, nicht verstanden zu werden? Eine innere Leere? Ein Gefühl des Ungeliebtseins, oder gar Verachtung? Momente die ausreichen um nie verheilende Wunden zu erzeugen. „Evereybody´s Darling. … Ich werde von allen geliebt. Das ist mein Traum.“ Magda und <strong>Romy</strong> Schneider mit Horst Buchholz in einem Münchener Szenelokal Ich liebe es, verstanden, akzeptiert und respektiert zu werden, egal wie ich bin und egal welche Macken ich habe. Wir sind Herdentiere, keiner von uns will und kann in der totalen Isolation leben. Viele tun dies zwar und führen ein Leben in der Isolation, allerdings tun sie das nicht aus freien Stücken, sondern müssen es zwangsweise tun weil Ihnen keine andere Möglichkeit bleibt. Wenn man keine andere Möglichkeit hat, muss man eben versuchen mit den schlechtesten Karten das möglichst beste Spiel zu spielen. So fühlte sich <strong>Romy</strong> als sie mit 19 Jahren aus der Geborgenheit Ihres Elternhauses in die große Pariser Welt flüchtete. Alain Delon hatte Sie erobert. Alain war für <strong>Romy</strong> der Inbegriff von Freiheit und Lebensfreude. Auch wenn der junge Alain damals eine Sprache sprach die <strong>Romy</strong> nicht als ihre Muttersprache bezeichnen konnte, weil sie diese nicht verstand. Dennoch sprachen die beiden auf der Ebene des Herzens und des Gefühls die gleiche Sprache, die Sprache der Verliebten, die beiden zu eigen war, die beide verstanden. Endlich frei sein, weg von zu Hause. Von jetzt an gab es einen Menschen den <strong>Romy</strong> verstand, und vor allem einen Menschen der <strong>Romy</strong> verstand. Von nun an gab es keine Vorschriften mehr: <strong>Romy</strong> du musst auf deine Gesundheit achten, <strong>Romy</strong> du darfst nicht rauchen, du darfst dies nicht, du darfst jenes nicht. Bei Alain war das alles erlaubt, und wenn <strong>Romy</strong> das Bedürfnis nach zwei Schachteln Zigaretten am Tag hatte, dann war das in Ordnung, ohne das jemand hinter ihr stand und ihr ein schlechtes Gewissen einredete. Und das fühlte sich gut an. Sie hatte endlich das Gefühl zu leben, frei zu atmen ohne dieses imaginäre Zwangskorsett welches sie seit <strong>Sissi</strong> immer noch einschnürte. Alain führte sie in die „Haute sociètè“ der Pariser Gesellschaft, nahm sie mit auf Party´s, führte sie in die „Scène d´art“ von Paris ein. <strong>Romy</strong> hatte diese Zeit sehr genossen, rückblickend war es die schönste Zeit Ihres Lebens. Alain, der junge Rebell der mit lauter Musik bei offenem Cabrio und vor Freude jubelnd mit Ihr durch die Rues de Paris fuhr. Der sie Dinge lehrte, die sie in Ihrem bisherigen Leben niemals kennen gelernt hatte, Dinge die Ihr ein neues Lebensgefühl vermittelten. Über wütende Anrufe von Mutter Magda und Blatzheim konnten <strong>Romy</strong> und Alain nur lachen, sie amüsierten sich darüber wie man zwei jungen Menschen ihr frisch gewonnenes Glück nicht gönnen und nicht akzeptieren wollte. Noch dazu aus Eigennutz. <strong>Romy</strong> ist nicht zurück gekommen - nein! Jeder Anruf entfremdete sie mehr von zu Hause und ließ sie Ihr Leben in Alain´s Arme legen. Es gab kein zurück! Mit der Zeit wurde sie französischer als jede Französin - aus Prinzessin <strong>Sissi</strong> wurde eine starke Persönlichkeit, eine Frau die als emanzipierte Frau und Stilikone ihrer Zeit galt. "Hallo, wir sind zurück!“ <strong>Romy</strong> wurde abrupt aus Ihren Gedanken gerissen. Harry und David, Ihr Leben, Ihre Familie versetzten Sie wieder in die Normalität. In weiter Ferne Alain, unerreichbar Paris...