Biogas aus Bioabfall
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Vergärungsprozess<br />
8 Vergärungsprozess<br />
Biomethan<br />
Die Vergärung basiert auf einem natürlichen Prozess, der beispielsweise in Mooren<br />
und Sümpfen, aber auch im Verdauungstrakt von Tieren – insbesondere im Pansen<br />
der Kuh – stattfindet. Wenn organische Substanzen in Abwesenheit von freiem<br />
Sauerstoff von mikrobiologischen Kulturen zersetzt werden (anaerobe Umsetzung),<br />
entstehen ein hochkalorisches Gasgemisch (<strong>Biogas</strong>) und organischer Dünger.<br />
Die <strong>Biogas</strong>technologie nutzt den natürlichen<br />
Prozess, bei dem organische Substrate wie<br />
Bioabfälle, Speisereste oder Gülle durch<br />
Mikroorganismen im anaeroben (sauerstofffreien)<br />
Milieu in <strong>Biogas</strong> und stabile<br />
organische Verbindungen (Gärprodukte)<br />
umgewandelt werden. Abhängig<br />
vom verwendeten Substrat schwankt<br />
der CH 4<br />
-Gehalt des <strong>Biogas</strong>es zwischen<br />
50 % und 70 %. Die zweite Komponente<br />
ist Kohlendioxid (CO 2<br />
), das zwischen 30 %<br />
und 45 % des <strong>Biogas</strong>es <strong>aus</strong>macht. Zudem<br />
lassen sich geringe Mengen anderer Bestandteile<br />
wie Wasser, Sauerstoff, Spuren von Schwefelverbindungen und<br />
Schwefelwasserstoff nachweisen.<br />
Vier aufeinanderfolgende biochemische Prozesse sind an der<br />
Erzeugung von <strong>Biogas</strong> beteiligt. Bei der Hydrolyse werden komplexe<br />
und langkettige Biomassen wie Kohlenhydrate, Proteine<br />
und Fette in niedermolekulare organische Verbindungen wie<br />
Zucker, Aminosäuren und Fettsäuren zerlegt. Die beteiligten<br />
hydrolysierenden Mikroorganismen setzen hydrolytische Enzyme<br />
frei, die die Biomasse außerhalb der mikrobiellen Zellen<br />
biochemisch zersetzen. Bei der Acidogenese werden die zuvor<br />
genannten Zwischenprodukte in niedere Fettsäuren wie Propionsäure,<br />
Buttersäure und Essigsäure sowie in CO 2<br />
und Wasserstoff<br />
(H 2<br />
) umgewandelt. Bei der Acetogenese wandeln dann<br />
säurebildende Mikroorganismen Propionsäure und Buttersäure<br />
in Essigsäure, H 2<br />
und CO 2<br />
um, die die Grundstoffe für die<br />
Prozessbeschreibung<br />
Biomasse<br />
Kohlenhydrate<br />
Proteine<br />
Fette<br />
Phase 1<br />
Hydrolyse<br />
hydrolysierende<br />
Zucker<br />
Aminosäuren<br />
Fettsäuren<br />
Mikroorganismen<br />
Phase 2<br />
Acidogenese<br />
säurebildende<br />
Fettsäuren<br />
(Proponsäure)<br />
Phase 3<br />
Acetogenese<br />
H 2<br />
/ CO 2<br />
Essigsäure<br />
bildende<br />
Essigsäure<br />
Mikroorganismen<br />
CH 4<br />
-Produktion bilden. Bei der Methanogenese produzieren<br />
schließlich Archaeen, die zu den ältesten Lebensformen der<br />
Erde gehören, das Gas Methan, indem sie H 2<br />
mit CO 2<br />
verbinden<br />
oder die Essigsäure zu CH 4<br />
und CO 2<br />
aufspalten.<br />
Üblicherweise finden die vier genannten Phasen gleichzeitig in<br />
einer hermetisch abgeschlossenen und gerührten Einheit, dem<br />
sogenannten Fermenter, statt. Vergorene Biomasse wird <strong>aus</strong><br />
dem Auslass als Rezirkulat wieder dem Einlass beigemengt,<br />
um diesen mit den Kulturen der angereicherten Mikroorganismen<br />
anzuimpfen. Die biochemischen Prozesse werden jedoch<br />
von verschiedenen Arten von Mikroorganismen <strong>aus</strong>geführt und<br />
erfordern jeweils unterschiedliche Umgebungsbedingungen.<br />
Um optimale Bedingungen für das Wachstum der jeweiligen<br />
Organismen zu schaffen, können die Prozesse in getrennten<br />
Behältern durchgeführt werden. So haben einige <strong>Biogas</strong>anlagen<br />
beispielsweise einen separaten Hydrolysetank, um den<br />
<strong>Bioabfall</strong> für die eigentliche Vergärung vorzubereiten. In diesem<br />
Tank werden Temperatur, Sauerstoffgehalt und pH-Wert<br />
für die hydrolysierenden Mikroorganismen eingestellt, während<br />
die Bedingungen im Hauptfermenter für die CH 4<br />
bildenden Archaeen<br />
optimiert werden.<br />
Die Temperatur ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Erzeugung<br />
von <strong>Biogas</strong>. Man unterscheidet zwischen psychrophilen<br />
(unter 25 °C), mesophilen (von 35 °C bis 48 °C) und thermophilen<br />
(über 50 °C) Betriebstemperaturen. Ein Vorteil niedriger<br />
Temperaturen besteht darin, dass die Menge an zuzuführender<br />
Wärmeenergie relativ gering ist. Allerdings ist auch die Reaktionsgeschwindigkeit<br />
gering. Dies führt wiederum<br />
zu verminderten <strong>Biogas</strong>erträgen<br />
oder längeren Verweilzeiten. Wie bereits<br />
Phase 4<br />
Methanogenese<br />
Methan<br />
bildende<br />
<strong>Biogas</strong><br />
CH 4<br />
/ CO 2<br />
erläutert, spielen bei der Vergärung von<br />
Abfällen und tierischen Nebenprodukten<br />
auch höhere Temperaturen eine wichtige<br />
Rolle bei der Neutralisierung schädlicher<br />
Keime. Für jedes Temperaturniveau sind<br />
spezifische Bakterien notwendig, die sich<br />
entsprechend reproduzieren müssen.<br />
Daher ist bei Änderungen der Umweltbedingungen<br />
eine Adaptionszeit im Fermenter<br />
notwendig. Auch weitere Faktoren<br />
wie u. a. hohe Stickstoffkonzentrationen<br />
können die CH 4<br />
-Produktion behindern.<br />
Eine kontinuierliche Überwachung der<br />
relevanten Parameter ist daher unerlässlich,<br />
um Probleme beim Anlagenbetrieb<br />
zu vermeiden.<br />
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