ALfA e.V. Magazin – LebensForum | 123 3/2017
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tungen mit aus dem Ausland importierten<br />
hES-Zellen. Weltweit sollen nach Angaben<br />
des Human Pluripotent Stem Cell<br />
Registry derzeit mehr als 3.000 Zelllinien<br />
aus humanen embryonalen Stammzellen<br />
verfügbar sein.<br />
Interessanterweise hält der aktuelle<br />
Erfahrungsbericht der Bundesregierung<br />
über die Durchführung des Stammzellgesetzes<br />
hierzu jedoch fest: »Etwas im<br />
Gegensatz zu diesem Anstieg an verfügbaren<br />
neuen hES-Zellen lässt sich allerdings<br />
weiterhin eine Fokussierung der internationalen<br />
Forschung auf eine überschaubare<br />
Anzahl von Standard- bzw.<br />
Referenz-hES-Zelllinien beobachten«<br />
(S.17). Ursache hierfür könnte sein, dass<br />
DPA<br />
sich noch »keine substantiell neuen Bedingungen<br />
zur Ableitung und zur weiteren<br />
Kultivierung von hES-Zellen durchgesetzt<br />
haben und daher die Verwendung<br />
von gut charakterisierten Linien naheliegend<br />
erscheint«. Dieser Trend zeige sich<br />
»auch bei der Forschung an hES-Zellen<br />
in Deutschland. So wurden in allen 17<br />
während des aktuellen Berichtszeitraumes<br />
(2014/2015) genehmigten Anträgen<br />
nach dem Stammzellgesetz auch jeweils<br />
die Einfuhr und Verwendung einiger<br />
der ersten von James Thomson etablierten<br />
hES-Zellen genehmigt.« Dem<br />
US-Stammzellforscher gelang es 1998<br />
als Erstem, embryonale Stammzellen<br />
des Menschen dauerhaft im Labor zu<br />
kultivieren.<br />
Zur Erinnerung: In der Debatte im<br />
Vorfeld der Änderung des ohnehin umstrittenen<br />
Stammzellgesetzes im Frühjahr<br />
2008 war die vom Deutschen Bundestag<br />
mehrheitlich beschlossene Verlegung<br />
des Stichtags vom 1. Januar 2002<br />
auf den 1. Mai 2007 unter anderem mit<br />
der mangelnden Qualität der bis dahin<br />
etablierten embryonalen Stammzelllinien<br />
begründet worden.<br />
Aber mit der Wahrheit nahm man es<br />
in der Stammzelldebatte ohnehin nicht<br />
sonderlich genau. Von den damals noch<br />
als »Alleskönnern« gehandelten Zelltypen<br />
erwartete zum Beispiel Thomson eine<br />
»unbegrenzte Versorgung mit spezifischen<br />
Zelltypen zu Transplantationszwecken<br />
für eine ganze Reihe von Erkrankungen,<br />
vom Herzinfarkt über Morbus<br />
Parkinson bis zur Leukämie«. Und der<br />
Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle,<br />
der als Erster in Deutschland mit diesen<br />
Zellen zu arbeiten begann (weshalb<br />
das Stammzellgesetz von manchen auch<br />
»Lex Brüstle« genannt wird), versprach<br />
damals »Nervenzellen für Parkinson-<br />
Patienten, Herzmuskulatur für Infarktopfer,<br />
insulinbildende Zellen für Diabetiker<br />
und blutbildende Zellen für Leukämiekranke«.<br />
len heute Pharmafirmen dabei, die Kosten<br />
für die vergleichsweise teuren Tierversuche<br />
zu drücken.<br />
Verschwiegen wurden dagegen, dass<br />
humane embryonale Stammzellen ein bis<br />
zu 100-prozentiges Risiko besitzen, zu Tumoren<br />
zu entarten. »Alle embryonalen<br />
Stammzellen bilden Tumore aus, wenn sie<br />
im undifferenzierten Zustand in ein anderes<br />
Umfeld als das der frühen Embryonalentwicklung<br />
verpflanzt werden. Daher ist<br />
an eine aus diesen Zellen hergestellte Kultur<br />
die Bedingung absoluter Reinheit zu<br />
stellen, die bislang noch in keinem Ansatz<br />
(...) sicher« erreicht wurde, schrieb Gisela<br />
Badura-Lotter bereits 2005.<br />
Ein Problem, das, wie auch der aktuelle<br />
Erfahrungsbericht der Bundesregierung<br />
zeigt, auch zehn Jahre später noch nicht<br />
zufriedenstellend gelöst werden konnte.<br />
Was die Autoren des Berichts jedoch<br />
»Deutsche Forscher importierten<br />
die ältesten Stammzelllinien.«<br />
So wandlungsfähig wie eine Stammzelle: Oliver Brüstle<br />
»Auch nach 15 Jahren gibt es keine<br />
einzige Therapie mit hES-Zellen«<br />
Bis heute gibt es keine einzige Therapie<br />
mit embryonalen Stammzellen. Das<br />
Einzige, wozu die aus menschlichen Embryonen<br />
gewonnenen Zellen bisher tatsächlich<br />
taugen, ist ein Substitut: Als<br />
Testsysteme für Wirkstoffe von Medikamenten<br />
helfen embryonale Stammzel-<br />
nicht daran hindert, bereits die nächste<br />
bioethische Sau durchs Dorf zu treiben:<br />
»Angesichts der im Berichtszeitraum entstandenen<br />
Verfügbarkeit sehr effektiver<br />
Werkzeuge zur genetischen Manipulation<br />
von Zellen in vitro (insbesondere<br />
CRISPR/Cas) ist die genetische Veränderung<br />
von hES-Zellen mit deutlich geringerem<br />
Aufwand verbunden, als dies in<br />
der Vergangenheit der Fall war. Aus diesen<br />
Arbeiten werden neue Erkenntnisse<br />
über Veränderungen erwartet, die bei der<br />
jeweiligen Erkrankung auf molekularer<br />
und zellulärer Ebene auftreten, was zu<br />
einem besseren Verständnis der Pathogeneseprozesse<br />
und ggf. zu neuen Therapieansätzen«<br />
für Erkrankungen führen<br />
könne, die »derzeit nur inadäquat« behandelbar<br />
seien.<br />
Die derzeit nur inadäquate Behandlung<br />
von beispielsweise degenerativen<br />
Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson<br />
und dergleichen mehr führte um die Jahrtausendwende<br />
zu einer fiebrigen Goldgräberstimmung.<br />
Nicht nur, aber auch in<br />
Deutschland. Gelernt scheint man daraus<br />
noch nicht zu haben.<br />
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