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Raumgefühl - Experten im Allgäu

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KOLUMNE

Gefangen im Wertstoffhof

von Freddy Schissler

Es gibt Leute, die können sich nicht von alten Dingen trennen. Ich gestehe, ich gehöre

zu ihnen. Zuletzt sollte ich eine Winterjacke, deren Farbe früher einmal ein

Grün gewesen sein muss, vom Dachboden holen. Sie hatte mir über 30 Jahre

treue Dienste geleistet. So etwas schätze ich. Aber meine Frau bestand auf einer

Entsorgung im Wertstoffhof. Nun ist es so, dass ich Wertstoffhöfe noch nie wirklich

gemocht habe, und ich wusste dort auch nach wenigen Minuten, weshalb.

Beim ersten Wertstoffhof-Mitarbeiter stoppte ich

meinen Wagen.„T’schuldigung, wo muss ich parken?“

Wertstoffhof-Chef (geistesabwesend): „Rechts.“

„Wo genau rechts denn?“

Wertstoffhof-Chef (angespannt): „Was dabei?“

„Kartonagen, Papier und Zeitungen, Kleider und

Farben.“

Wertstoffhof-Chef (wach): „Keine Farben heute.“

„Wann dann?“

Wertstoffhof-Chef (bissig): „Erster Dienstag im Monat,

10 bis 12 Uhr.“

„Zu dieser Zeit arbeite ich.“

Wertstoffhof-Chef (schadenfroh): „Ihr Problem.“

„Jetzt hören Sie mal! Ich kann die Farben auch in den

normalen Müll schmeißen.“

Wertstoffhof-Chef (mahnend): „Strengstens verboten!“

„Soll ich mir extra frei nehmen, nur um in einen Wertstoffhof

zu fahren?“

Wertstoffhof-Chef (schlagfertig): „Die Frau schicken.“

„Die geht ebenfalls arbeiten.“

Wertstoffhof-Chef (lächelnd): „Schlecht.“

Hinter mir begannen die ersten Autofahrer zu hupen.

Ich fuhr auf den Parkstreifen und ging einige Meter

weiter auf Wertstoffhof-Mitarbeiter Nummer zwei zu.

„In diesen Container kann man Kartonagen

schmeißen?“

Mitarbeiter: „Nein, Sie müssen zerkleinern.“

„Aber andere schmeißen doch auch die Kartons in den

Container.“

Mitarbeiter (irritiert): „Das sind Spezialkartons. Sie

müssen Ihre zerkleinern.“

„Ich habe sie dort hinten im Auto.“

Mitarbeiter (verwundert): „Dann holen Sie sie.“

„Können Sie mir helfen?“

Mitarbeiter (völlig irritiert): „Nein.“

Ich schleppte alle Kartons vom Auto zu jenem Tisch,

hinter dem der Mitarbeiter stand. Er drückte mir ein

Messer in die Hand und erklärte mir, wie ich es am

besten ansetzen solle. Nach meinem vierten Versuch

bat er mich lächelnd, ihm das Messer wieder zurück

zu geben. Er übernahm nun doch jene Arbeit, die ich

ohnehin von ihm erwartet hatte.

Ich verabschiedete mich und ging in Richtung meines

Autos, wo sich noch Zeitungen, alte Kleider und die

Farben befanden. Auf halbem Weg lief mir ein weiterer

Wertstoffhof-Mitarbeiter über den Weg, bei dem ich

mich nach dem Container für alte Kleider erkundigte.

„Gleich am Eingang, wo unser Chef steht“, antwortete

der Mann, schüttelte aber den Kopf: „Heute ist der

Container voll.“

Ich hasse Wertstoffhöfe. Dann entdeckte ich den

Chef. Er verließ seinen Arbeitsplatz und ging schnellen

Schrittes auf einen Wohncontainer zu: Er musste offenbar

für kleine Jungs. Ich öffnete meinen Kofferraum,

schnappte die blauen Säcke, eilte zum Container,

schmiss sie hinein und rannte wieder zu meinem Auto.

Auf Höhe des Wohncontainers öffnete sich die Türe.

Heraus kam der Wertstoffhof-Chef. Oder besser gesagt:

Er wollte, prallte jedoch mit dem Kopf gegen die

Tür, die ich mit der Spitze meines Fußes erwischt hatte

und wieder zustieß. „Können Sie nicht aufpassen!?“,

schrie der Chef. Als er mich sah, verfinsterte sich sein

Blick noch mehr.

„Sie schon wieder!“

Zwei Wochen später musste ich erneut in den Wertstoffhof.

Draußen stürmte es, und als ich hineinfuhr,

traute ich meinen Augen nicht. Stand da nicht dieser

mürrische Wertstoffhof-Chef, eingemummelt in eine

schöne, grünliche Winterjacke.

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