Sport + Mobilität mit Rollstuhl 11/2019
Informationsschrift des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes e. V.
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BRD und der DDR aufgewachsen ist, wurden<br />
alte Erinnerungen zu solch einer harten<br />
Grenze wieder wach.<br />
Nach Kaliningrad rein fuhren viele polnische<br />
bzw. später litauische LKWs, der<br />
private Autoverkehr wurde immer weniger<br />
und aus dem Kaliningrad Gebiet raus<br />
kamen dicke Mercedes‐ und BMW‐SUVs<br />
<strong>mit</strong> russischen Kennzeichen. Nachdem wir<br />
das Haff gesehen hatten, ging es weiter<br />
Richtung Osten durch Masuren immer nahe<br />
der Südgrenze zum Kaliningrad Gebiet.<br />
Wir hatten uns dort ein Zimmer reserviert.<br />
Irgendwie zog es mich aber nach einem<br />
Eintrag, den ich auf meiner ADAC‐<br />
Karte gefunden hatte und der eine schau‐<br />
tauriert. Des Nachts waren nur wir und<br />
ganz wenige andere Gäste in der Anlage;<br />
ein unvergessliches Erlebnis – dessen Historie<br />
man auch nicht vergessen darf und<br />
aus der man unbedingt für die Zukunft lernen<br />
sollte. Für mich eine sehr wichtige<br />
Einstimmung auf die Begegnung <strong>mit</strong> den<br />
jungen europäischen Demokratien des<br />
Baltikums.<br />
In der Nacht begann es dann auch noch<br />
zu regnen und so gelangten wir voller Gedanken<br />
in die Lietuvos Respublika, seit<br />
2004 EU‐Mitglied. Was haben die eigentlich<br />
für eine Währung und muss man da<br />
Maut bezahlen – erschreckend für mich zu<br />
erkennen, wie wenig ich davon wusste…<br />
die Schattenseiten der neuen Zeit, <strong>mit</strong> sozialen<br />
Verwerfungen, Problemen <strong>mit</strong> alten<br />
Wohnungen, verarmten Menschen und<br />
vieles mehr. Nur gut, dass es da auch Menschen<br />
gibt, die sich engagieren in Vereinigungen<br />
wie beispielsweise den Maltiečiai.lt.<br />
Wir fuhren also weiter um das Kaliningrader<br />
Gebiet, nun von der östlichen und<br />
nördlichen Seite bis nach Klaipėda. Dort<br />
wurden wir von unserer Ansprechpartnerin<br />
Dalia Kedaviciene bereits freudig erwartet.<br />
Fotos: Klaus D. Herzog<br />
rige Faszination in sich trug: ›Die Wolfsschanze‹<br />
– ehemaliges Führerhauptquartier<br />
während des Zweiten Weltkrieges.<br />
Völlig ungewiss, was uns erwartet und wie<br />
wir da<strong>mit</strong> umgehen würden, steuerte ich<br />
also das Kwatera Hitlera an.<br />
Zu unserer Überraschung fand sich in<br />
der Baracke der ehemaligen Fahrbereitschaft<br />
ein barrierefreies Zimmer. Die Anlage,<br />
die heute von der staatlichen Forstverwaltung<br />
betrieben wird, wird zurzeit behutsam<br />
als museales Zeitdokument res‐<br />
Klaus und Wioletta <strong>mit</strong> Angelica<br />
(2. v. r.), der Initiatorin der Move-it-<br />
Camps in Litauen.<br />
Was wir sahen, war ein fruchtbares Bauernland<br />
<strong>mit</strong> vielen alten Dörfern, viel Natur<br />
und einer gewissen (vielleicht verklärten)<br />
Romantik. Es wurde viel gebaut,<br />
überall neue Straßen – Aufbruchstimmung.<br />
Viele Störche, alte Holzhäuser. Was<br />
wir noch erfahren sollten, sind sicher auch<br />
KNAPP 1800 KILOMETER<br />
BIS ZUM ZIELORT<br />
Was die Kollegen von uns erwarteten und<br />
welche Aufgaben nun auf uns zukamen,<br />
war nicht so scharf umrissen. Als Instruktoren/Übungsleiter<br />
sollten wir an dem 5.<br />
Move‐it Camp teilnehmen. Einem Post‐Rehabilitationsprogramm<br />
nach schwedischem<br />
Vorbild. Ich erinnerte mich, davon<br />
vor Jahren schon mal im ›Paraplegiker‹,<br />
dem Magazin der Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten, gelesen zu haben.<br />
Die Schweden exportierten es nach 1991<br />
und es wurde von der Litauer Kollegin<br />
(Angelica) übernommen und weiter entwickelt.<br />
Als Camp‐Bosse stellen sich uns Olga<br />
und Vitalijus Žurkelis vor, beide Physiotherapeuten,<br />
die sich hauptsächlich um<br />
den organisatorischen Rahmen kümmern.<br />
Die Instruktoren selbst sind allesamt <strong>Rollstuhl</strong>fahrer*innen:<br />
zwei Frauen, Milda und<br />
Irma und vier Männer: Remigius, Donatus,<br />
Darust und Laisvydas, alles echte ›Nordmänner‹.<br />
Es kamen noch 14 Teilnehmer<br />
und sieben Helfer*innen dazu, und die<br />
Frau, die das hier alles auf den Weg gebracht<br />
hat: Angelica.<br />
Inhaltlich also alles schon ein bisschen<br />
ähnlich, wie bei uns in Deutschland, auch<br />
<strong>Sport</strong> + <strong>Mobilität</strong> <strong>mit</strong> <strong>Rollstuhl</strong> <strong>11</strong>/<strong>2019</strong> 21