25.01.2020 Aufrufe

Atellierbesuch bei Gerhard Häupler - Ein feature

Das floridsdorfer Gruselkabinett eines Post-Expressionisten oder die Kontinuität des Unfröhlichen

Das floridsdorfer Gruselkabinett eines Post-Expressionisten
oder die Kontinuität des Unfröhlichen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schürrer schreibt im Vorwort des Ausstellungskataloges - und so beginnt der Text<br />

von Indoor Depression - über seinen hochgeschätzten Maler-Freund Häupler die<br />

berührenden und nachdenklich machenden Worte: „ Konfrontiert mit Bildern von<br />

<strong>Gerhard</strong> Häupler, sehe ich vieles, was gerne verdrängt wird. Nicht nur von<br />

Akademien, auch von vielen Galerien und vielen, vielen Menschen. Darüber<br />

spricht man nicht. Darüber schreibt man nicht. Das malt man nicht. Das malt<br />

<strong>Gerhard</strong> Häupler. Das ist peinlich“… und peinlich ist so vieles, was gerne unter<br />

den Teppich gekehrt wird, an der dunklen, ja geradezu pechschwarzen Seite der<br />

menschlichen Seele, in all ihrer Janusköpfigkeit, in all den Facetten ihrer<br />

Perversionen und triebgesteuerten Sexualität, welche alles andere sind oder<br />

erscheinen wollen, als erbaulich. Denn sie sind für viele verletzend, die in der<br />

Kunst nur das Schöne sehen wollen, das seit Platon mit zwei weiteren<br />

Grundkategorien der Tugend vernetzt und verbunden sind, welche unsere<br />

Stützpfeiler der Erbauung abgeben sollen, nämlich des Wahren und des Guten, oder<br />

sagen wir einer Welt, die zumindest auf „gut“ getrimmt ist oder so erscheinen will.<br />

Man tut sich etwas schwer, das Genre von <strong>Gerhard</strong> Häupler einzuordnen. Vielleicht<br />

trifft es aber vielleicht noch am ehesten der vom deutschen Kunstkritiker Franz Roh<br />

geprägte Begriff des Post-Expressionismus, welcher eine Vielzahl von<br />

Kunstsströmungen der Nachkriegszeit umfasst, welche allsamt vom<br />

Expressionismus beeinflusst waren, und denen zumindest ein Kriterium<br />

gemeinsam war: die generelle Ablehnung des klassischen Begriffs der Ästhetik im<br />

Sinne einer auch moralisch wertenden Kunst rund um den ins Negative<br />

umgedeuteten klassischen Schönheitsbegriff, wie ihn die traditionelle bildende<br />

Kunst <strong>bei</strong>nahe zweitausend Jahre seit der griechischen Kunstauffassung des<br />

Altertums idealisierend verkörperte. Es sind nicht nur die Sujets oder die oft<br />

dunklen aber kräftigen Farben zeigen zumeist verstörendes: nackte Männer in<br />

erregtem Zustand, vor oder nach einer Selbstbefriedigung, blonde, langmähnige,<br />

gelockte Puppenfiguren mit Cellulitis-Beinen, wie man sie von Barockengeln kennt,<br />

aber mit bereits bösem Gesichtsausdruck und auch eine comixartige Serie über<br />

Übles, das mit den dort verwendeten Mitteln der textlichen Überhöhung ar<strong>bei</strong>tet,<br />

indem sie das darin zum Ausdruck Gebrachte textlich noch unterstreicht.<br />

Nach seinen Vorbildern befragt, nennt Häupler Kokoschka und Goya, und<br />

tatsächlich haben einige der portraitierten Protagonisten eine stilistische<br />

Ähnlichkeit mit jenem magischen Realismus, er zugleich fasziniert wie abstößt, den<br />

wir bereits <strong>bei</strong> Goya kennengelernt hatten und sich als Hauptcharakteristikum<br />

auch der Bilder Häupler ausmachen läßt. Der Teufel steckt da<strong>bei</strong> nicht im Detail,<br />

sondern wird offensichtlich in jedem einzelnen Portrait Häuplers, unter denen sich<br />

auch Josef Fritzl, das Inzestmonster von Amstetten oder Jack Unterweger, ein<br />

Seite 4 von 67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!