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Atellierbesuch bei Gerhard Häupler - Ein feature

Das floridsdorfer Gruselkabinett eines Post-Expressionisten oder die Kontinuität des Unfröhlichen

Das floridsdorfer Gruselkabinett eines Post-Expressionisten
oder die Kontinuität des Unfröhlichen

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Atelierbesuch <strong>bei</strong> <strong>Gerhard</strong> Häupler<br />

„es gibt keine moralisch wertbare Kunst!“<br />

Das floridsdorfer Gruselkabinett eines Post-Expressionisten<br />

oder die Kontinuität des Unfröhlichen* 1<br />

Es ist ein extrem heisser Junitag, ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Ich suche mit<br />

dem Auto eine „Holzmeistergasse“ Nr. 6, wo ich im ersten Stock eines vorbildlich<br />

restaurierten Hinterhauses der Gründerzeit-Epoche teils mit Backsteinziegeln, teils<br />

weiss verputzt im ersten Stock zu einer Fotosession und Gespräch mit dem<br />

Künstler erwartet werde. Transdanubien, wie alle Bezirke in Wien jenseits der<br />

Donau, also in der nördlichen Peripherie der Stadt genannt werden, ist mir fremd,<br />

es liegt für mich irgendwo In the middle of nowhere, keine Gegend, wo ich<br />

normalerweise hinkomme. Im begrünten Hof sitzt ein junger Mann und eine Frau<br />

mit einem Kinderwagen auf einer Bank und mustern mich neugierig, wollen<br />

erraten, was mich hierher führt und welche Treppe ich nehme, mit einer<br />

Profikamera und zwei Objektiven in der Hand… nein, ich komme nicht von der<br />

Fürsorge! Ich interessiere mich bloß für Kunst.<br />

Ich läute an einer mir beschriebenen Türe ohne Namensschild. Die einzig richtige<br />

Option, wie es scheint, denn es gibt nur zwei Türen pro Stock und auf der zweiten<br />

steht ein anderer Name. <strong>Ein</strong>e freundliche ältere Dame öffnet mir, die Schwester der<br />

anderen Dame, welche für mich Montesquieu übersetzt - jenen berühmten „Essai<br />

Sur le Goût“ welcher Diderot in seine berühmte Ecyclopedie aufnahm und der bis<br />

heute unübersetzt geblieben ist. Sie hat die Sache mit dem Atelierbesuch<br />

eingefädelt, da sie wußte, daß ich für eine exclusive Kunstzeitschrift schreibe, und<br />

es war vermutlich zuliebe ihrer Schwester, denn der Künstler <strong>Gerhard</strong> Häupler<br />

scheint nicht nur als ihr Trauzeuge zu ihr in einer besonders freundschaftlichen<br />

Beziehung zu stehen und sie ist auch überzeugt vom künstlerischen Rang ihres<br />

Schützlings.<br />

Alle rauchen - auch der Künstler selber, eine hagere, dürre Gestalt mit Brille,<br />

dunkler Hose und t-Shirt, Jahrgang 43, der mir etwas schüchtern in der Küche die<br />

Hand gibt und mir Platz auf dem einzig freien Sessel und ein Glas Mineralwasser<br />

anbietet. Er selbst bleibt stehen. Ich frage ihn natürlich gleich, ob er Autodidakt sei<br />

1<br />

dieser Stimmungszustand ist eine Wortschöpfung von Gerda Medek<br />

Seite 1 von 67


oder wo er malen gelernt hatte, denn ich habe bis jetzt nur ein einziges Digitalfoto<br />

eines großformatigen Öl-Portraits von Michel Houellebecq gesehen, und das war<br />

wirklich gut, trefflich, lebensnah. Ich gebe es zu, das war auch der eigentliche<br />

Grund, der mich hierherführte, denn ich schätze Houellebecq als Autor und er<br />

offenbar auch. Die nächste Frage meinerseits: was er von ihm gelesen hätte,<br />

erstaunte mich, denn ich hätte primär auf „Die Unterwerfung“ getippt, weil es das<br />

Buch war, das Houellebecq so bekannt machte, aber es war „Karte und Gebiet“, das<br />

wesentlich Subtilere von <strong>bei</strong>den, das ihn inspirierte, dieses Portrait von ihm zu<br />

malen. Noch mehr überrascht mich, daß im Atelier Peter Slotertdijk an prominenter<br />

Stelle auf einer Staffelei steht, der anscheinend gerade fertig geworden ist, ebenso<br />

phantastisch lebensnah.<br />

Ich frage, ob er Autodidakt sei, was ich mir nach der relativen Professionalität<br />

seines Malstils nicht wirklich vorstellen konnte, und er nennt mir seinen Lehrer,<br />

einen mir völlig unbekannten Mann, Fritz Martintz, Professor an der „Kunstschule<br />

Wien“ in der Lazarettgasse, offenbar auch Förderer und Entdecker seines Talents.<br />

Und Talent, das hat er wirklich, ohne Zweifel, vor allem in der Portrait- und<br />

Aktmalerei. Auf dem Küchentisch des ziemlich chaotisch wirkenden<br />

„Kommunikatinszentrums“ der kleinen Wohnung liegen relativ aktuelle Ausgaben<br />

der Zeitschrift Profil und des Spiegels und dort erschienene Portraits scheinen wie<br />

aus den Klatschspalten dieser Boulevardmagazine heimlich herausgekrochen zu<br />

sein, sich verselbständigt, in einer Art besonderer Transformation durch <strong>Gerhard</strong><br />

Häupler eine zweite Existenz gewonnen zu haben, welche von einer bis zur<br />

Unerträglichkeit gesteigerten Präsenz beseelt sind. Seine Protagonisten sind mehr<br />

oder weniger bekannte Persönlichkeiten aus Literatur, Kunst und Politik, es sind<br />

Verbrecher, gescheiterte Existenzen und es fällt eines auf: daß es mehr die Botschaft<br />

oder nennen wir es ruhig <strong>bei</strong>m Namen: ihre Philosophie ist, die sie verkörpern,<br />

welche Häupler in erster Linie beschäftigt. Da<strong>bei</strong> trifft er den Gesichtsausdruck,<br />

ohne daß sie ihm je Modell gestanden wären, meist vortrefflich, was wiederum die<br />

These ins Wanken bringt und etwas relativiert, daß es immer nur die direkte<br />

äußere Anschauung sei, welche den Künstler befähige, in die Seele der betroffenen<br />

Abgebildeten zu blicken, sondern daß ihr Ausdruck vielmehr von der Auffassung<br />

herrührt, die der Künstler ihnen durch sein Verständnis ihres damit in den Fokus<br />

gerückten Seelenzustandes hat oder uns vermittelt, und der diese Portraits so<br />

faszinierend macht.<br />

Häupler reicht mir, noch am Küchentisch stehend, ein Exemplar eines dünnen 26<br />

Seiten umfassenden Ausstellungskataloges herüber, welche offenbar die einzig<br />

größere Ausstellung seines Lebens (neben zahlreichen kleineren) war - vielleicht<br />

seine wirklich einzige maßgebliche, und sie trägt den überraschenden Titel „Indoor<br />

Seite 2 von 67


Depression. No way out“. Darauf am Titelbild eine kniender Mann, offensichtlich ein<br />

Selbstportrait, realistisch und expressiv zugleich, der sich nicht dem Betrachter<br />

zuwendet, sondern ein Ziel in der Ferne fixieret, das seine gespannte<br />

Aufmerksamkeit erregt. Es war eine Ausstellung in Tschechien, in Prag, und<br />

umfaßt Ar<strong>bei</strong>ten von 1995 bis 1998, also schon ein Vierteljahrhundert zurück<br />

reichend, und der Text ist zum Großteil auf Tschechisch mit Ausnahme eines<br />

Vorwortes von Hermann Schürrer.<br />

Wer war dieser Mann, der ihn so gut kannte? Die Wikipedia weist ihn als<br />

österreichischen Schriftsteller aus Wolfsegg am Hausruck aus, und er ist seit 1986<br />

tot. Ich habe nie von ihm gehört. Er war Gründungsmitglied einer Literatengruppe,<br />

die in der Zeitschrift Freibord hervortrat, deren erste Ausgabe 1976 erschien und<br />

sich der experimentellen Literatur widmete. „Europa: die Toten haben nichts zu<br />

lachten“ ist sein einziges ausgewiesenes verlegtes Buch mit Prosatext, neben einem<br />

Gedichtband „Klar Schiff zum Gefecht. Das ABC von A-Zet“ - und zu lachen haben<br />

auch die meisten Portraitierten nichts in Häuplers Œuvre. Und wenn sie<br />

unfreiwillig mitunter in ihren Posen mitunter fast komisch wirken, so bleibt einem<br />

sofort das Lachen darüber im Halse stecken, denn in dieser schonungslosen<br />

Direktheit steckt vor allem eines: eine Anklage.<br />

Forscht man weiter, so war ein Literat namens Schürrer, einer der geistigen<br />

Ziehväter unseres Malers, ein ausgesprochener Rebell gegen die Gesellschaft, was<br />

zur damaligen Zeit zum Markenzeichen und gutem Ton der geistig Schaffenden in<br />

Österreich gehörte, geistig groß geworden in der Burschenschaft Olympia, die als<br />

rechtsextrem galt, und der nach seiner Relegation von der Universität Wien laut<br />

Wikipedia „als Mitar<strong>bei</strong>ter eines Grafikers“ aufscheint (man kann sich ausmalen<br />

von wem), „verrichtete Handlangerdienste und verkehrte in Kaffeehäusern. Im Juli<br />

1970 stellte er sein Projekt Europa ist ein faules Ei. Ich setze meinen Kopf dagegen in<br />

einem griechischen Lokal ("Hellas") in Wien vor.“ Schürrer war Mitglied der<br />

„Grazer Autoren- und Autorinnenversammlung“, welche Ernst Jandl, Helmut<br />

Eisendle und Waltraud Seidlhofer 1973, als Alternative zum Österreichischen<br />

Schriftstellerverband gründeten, und zu ihrer besten Zeit 600 Mitglieder zählte.<br />

Der rebellische Dichter wurde mehrfach wegen Widerstandes gegen die<br />

Staatsgewalt bestraft, und saß wegen Amtsehrenbeleidigung und Vagabondage im<br />

Gefängnis, verbrachte sogar zwei Jahre in einer psychiatrischen Anstalt, bevor er<br />

für zwei Jahre nach Westberlin zog, aber es doch schließlich zu einem Ehrengrab<br />

auf dem Wiener Zentralfriedhof als einem der bemerkenswertesten Talente der<br />

schriftstellerischen Avantgarde Österreichs schaffte. <strong>Ein</strong> Schicksal, das er mit<br />

anderen Berühmtheiten der Wienerstadt teilt.<br />

Seite 3 von 67


Schürrer schreibt im Vorwort des Ausstellungskataloges - und so beginnt der Text<br />

von Indoor Depression - über seinen hochgeschätzten Maler-Freund Häupler die<br />

berührenden und nachdenklich machenden Worte: „ Konfrontiert mit Bildern von<br />

<strong>Gerhard</strong> Häupler, sehe ich vieles, was gerne verdrängt wird. Nicht nur von<br />

Akademien, auch von vielen Galerien und vielen, vielen Menschen. Darüber<br />

spricht man nicht. Darüber schreibt man nicht. Das malt man nicht. Das malt<br />

<strong>Gerhard</strong> Häupler. Das ist peinlich“… und peinlich ist so vieles, was gerne unter<br />

den Teppich gekehrt wird, an der dunklen, ja geradezu pechschwarzen Seite der<br />

menschlichen Seele, in all ihrer Janusköpfigkeit, in all den Facetten ihrer<br />

Perversionen und triebgesteuerten Sexualität, welche alles andere sind oder<br />

erscheinen wollen, als erbaulich. Denn sie sind für viele verletzend, die in der<br />

Kunst nur das Schöne sehen wollen, das seit Platon mit zwei weiteren<br />

Grundkategorien der Tugend vernetzt und verbunden sind, welche unsere<br />

Stützpfeiler der Erbauung abgeben sollen, nämlich des Wahren und des Guten, oder<br />

sagen wir einer Welt, die zumindest auf „gut“ getrimmt ist oder so erscheinen will.<br />

Man tut sich etwas schwer, das Genre von <strong>Gerhard</strong> Häupler einzuordnen. Vielleicht<br />

trifft es aber vielleicht noch am ehesten der vom deutschen Kunstkritiker Franz Roh<br />

geprägte Begriff des Post-Expressionismus, welcher eine Vielzahl von<br />

Kunstsströmungen der Nachkriegszeit umfasst, welche allsamt vom<br />

Expressionismus beeinflusst waren, und denen zumindest ein Kriterium<br />

gemeinsam war: die generelle Ablehnung des klassischen Begriffs der Ästhetik im<br />

Sinne einer auch moralisch wertenden Kunst rund um den ins Negative<br />

umgedeuteten klassischen Schönheitsbegriff, wie ihn die traditionelle bildende<br />

Kunst <strong>bei</strong>nahe zweitausend Jahre seit der griechischen Kunstauffassung des<br />

Altertums idealisierend verkörperte. Es sind nicht nur die Sujets oder die oft<br />

dunklen aber kräftigen Farben zeigen zumeist verstörendes: nackte Männer in<br />

erregtem Zustand, vor oder nach einer Selbstbefriedigung, blonde, langmähnige,<br />

gelockte Puppenfiguren mit Cellulitis-Beinen, wie man sie von Barockengeln kennt,<br />

aber mit bereits bösem Gesichtsausdruck und auch eine comixartige Serie über<br />

Übles, das mit den dort verwendeten Mitteln der textlichen Überhöhung ar<strong>bei</strong>tet,<br />

indem sie das darin zum Ausdruck Gebrachte textlich noch unterstreicht.<br />

Nach seinen Vorbildern befragt, nennt Häupler Kokoschka und Goya, und<br />

tatsächlich haben einige der portraitierten Protagonisten eine stilistische<br />

Ähnlichkeit mit jenem magischen Realismus, er zugleich fasziniert wie abstößt, den<br />

wir bereits <strong>bei</strong> Goya kennengelernt hatten und sich als Hauptcharakteristikum<br />

auch der Bilder Häupler ausmachen läßt. Der Teufel steckt da<strong>bei</strong> nicht im Detail,<br />

sondern wird offensichtlich in jedem einzelnen Portrait Häuplers, unter denen sich<br />

auch Josef Fritzl, das Inzestmonster von Amstetten oder Jack Unterweger, ein<br />

Seite 4 von 67


Mörder, der erst im Knast zum gefeierten Schriftsteller wurde, mehrfach finden.<br />

Vielleicht steht auch dessen Kultroman „Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus“,<br />

„Tobendes Ich“ oder „Lyrisches Tagebuch aus dem Gefängnis“ in Häuplers<br />

Bücherschrank. Man sollte nichts ausschließen.<br />

Wenn es auch dazu keine direkten Parallelen in seiner Biographie gibt, verlief sein<br />

Werdegang auch nicht immer friktionsfrei. Als Sohn eines Beamtenehepaares<br />

standen ihm von Bildungsweg und den finanziellen Möglichkeiten des<br />

Elternhauses gewiss nur beschränkte Optionen zur Verfügung. Mehrere<br />

abgebrochene Lehren, die er schließlich mit einer Schlosserlehre abschloss,<br />

befriedigten ihn kaum zur Beschaffung lediglich des nötigen Unterhaltes um zu<br />

überleben, und es zog ihn zu eher künstlerischen Betätigungen, wie denen des<br />

Fotografen. Zumindest dieses eine Jahr, das er danach anschloss, mit der Option in<br />

einem Kreativberuf Fuss zu fassen, bestärkten ihn in seinem künstlerischen Talent.<br />

Und als er dann noch auf den wohl größten österreichischen Jazzmusiker, neben<br />

unbestritten in der Welt berühmtesten Joe Zawinul, nämlich auf Franz Pressler<br />

stieß, der eher unter seinem Künstlernamen Fatty George in Österreich und vor<br />

allem in Wien bekannt war, war dies für ihn gleichsam ein Schlüsselerlebnis, denn<br />

er ar<strong>bei</strong>tete fortan nicht nur in dessen Jazzclub am Petersplatz „Fattys Saloon“ in der<br />

Folge alsbald als Barkeeper wie auch als Texter einiger seiner Songs, bevor er dann<br />

endgültig die Malerei über eine Kunstschule als sein eigentliches<br />

Ausdrucksmedium entdeckte, worauf ihn sein Kunststudium sogar 1971 zu einem<br />

längeren Aufenthalt in der Kunstmetropole Paris veranlasste, wo er an der Alliance<br />

Française weiterstudierte. 1973 finden wir ihn bereits auf der Liste einer der<br />

Mitbegründer des Modern Art Club 13, zu denen Mitgliedern auch besagter<br />

Schürrer, aber auch Pichler, Jakoby, Stankowich und Aharon gehörten. Aber der<br />

Weg bis zum freischaffenden Künstler war ein langer und steiniger und langer.<br />

Aber kommen wir kurz zur allgemeinen Theorie des Hässlichen zurück, was<br />

grundsätzlich mit dem Schönen verknüpft, immer als so etwas wie dessen Gegenpol<br />

interpretiert wurde. Wenn wir die klassische Theorie des Schönen hernehmen, so<br />

wie sie sich z.B. aus der Interpretation von Hegel ergibt, so ist das Schöne immer<br />

als ein Moment des Geistes. Hegels gesamter Versuch einer Interpretation des<br />

Schönen ist nichts anderes, als ihn als einen Reflex des Geistes aufzufassen,<br />

jedenfalls als keine Eigenschaft, die den Dingen zukäme. Und das ist ein ganz<br />

entscheidender Punkt. Denn es bedeutet, daß sich die Interpretation dessen, was<br />

schön sei, lediglich in unseren Köpfen abspielt, als ein Akt der Rezeption, wenn<br />

man so will, als ein Produkt der Vernunft. Das knüpft an an die aktehrwürdige<br />

griechische Tradition, daß jedes Denken an sich schon als ein poetischer Akt, also ein<br />

solcher der Hervorbringung zu interpretieren sei. Konnotiert ist dieser als ein zu<br />

Seite 5 von 67


schaffender, welcher dem Kunstwerk immer schon eigen ist, als Ar<strong>bei</strong>t in dem<br />

Sinne, etwas in die Welt zu setzen, was vorher nicht vorhanden war, und das<br />

grundsätzlich einmal ohne jegliche Wertung. Erst durch die Rezeption also entsteht<br />

überhaupt Schönheit, und damit kann man auch die These vertreten, Schönheit<br />

existiere lediglich im Auge des Betrachters. Das impliziert aber wiederum die<br />

Schwierigkeit, daß das Betrachtete durch den bloßen Schein von der Realität<br />

getrennt werden, will heißen, daß das, was uns so oder anders erscheint, nicht einmal<br />

als das Schöne an sich in den Blick kommt, sondern gefiltert durch die Art und<br />

Weise, wie es uns erscheint. Die Theorie der Ästhetik ist also letztlich eine<br />

Rezeptionsauffassung. Wenn dem aber so ist, kann das Schöne auch ein Produkt<br />

einer Täuschung sein oder zumindest höchst individuell und differenziert<br />

interpretiert werden. Oder anders gesagt: auch das Hässliche, das Un-Schöne hätte<br />

dann eine gewisse Legitimation, und diese These ist gar nicht einmal so neu, vertrat<br />

sie doch schonGotthold Ephraim Lessing im 18. Jahrhundert, dem schon die<br />

Faszinationskraft des Hässlichen nicht fremd war.<br />

Trotz allem: eine Theorie des Hässlichen ist an sich in der Kunstgeschichte noch nicht<br />

geliefert worden, obzwar auch schon lange bekannt, z.B. <strong>bei</strong> Friedrich Schlegel, daß<br />

das Schöne und das Hässliche zwei unzertrennliche Korrelate sind. Umberto Eco<br />

lieferte zwar ein vielbeachtetes Buch über die „Geschichte der Hässlichkeit“ und Karl<br />

Rosenkranz, ein Schüler Hegels, sprach sogar von einer „Ästhetik des Hässlichen“,<br />

doch ein Manko blieb da<strong>bei</strong> stets bestehen: daß das Hässliche immer nur in<br />

Abhängigkeit vom Begriff des Schönen stand, und deshalb auch der Versuch, ihn als<br />

„Negativ-Schönes“ zu definieren, das Hässliche immer noch nicht in seiner<br />

Eigenständigkeit erfasst war, es vielleicht auch nie sein könnte, und im 18. Jh.<br />

immer noch alleine als Kontrastmittel zum Begriff des Schönen herangezogen wurde.<br />

Wie es einen Willen zum Schein gibt, den ein Jahrhundert später Nietzsche und<br />

auch Schopenhauer als bewegende Kraft zur Re-Interpretation des Natürlichen als<br />

einzigem Zugang zur Realität für den Menschen generell als These in den Raum<br />

stellten, bezeichnete hingegen schon Rosenkranz ein „Wohlgefallen am Hässlichen“<br />

als krankhaft und damit Ausdruck eines durch und durch verderbten Zeitalters.<br />

Aber spätestens Friedrich Nietzsche, der an den Karthartesis-Begriff der antiken<br />

Tragödie im Geiste der Musik anknüpfte, fällt eine stärkere Gewichtung des<br />

Hässlichen auf, da er es sogar in seiner Strahlkraft (wohl des unerwarteten<br />

Überraschungseffektes wegen) über die des Schönen stellt. Und ist <strong>bei</strong> ihm auch<br />

erstmal von etwas Neuem zu lesen: dem Begriff der Lust, der da<strong>bei</strong> eine Rolle<br />

spielt, so wie schon im tragischen Schauspiel der Antike das Hässliche und<br />

Disharmonische mitunter dadurch eingesetzt werden, um die Seele einerseits<br />

aufzurütteln, andererseits aber auch, um durch diese Spannung eine Art Lust <strong>bei</strong>m<br />

Seite 6 von 67


Betrachter zu erzeugen. In der Kritischen Gesamtausgabe von Nietzsche (KSA 1,<br />

152) findet sich darum auch der höchst bemerkenswerte Satz, der noch eine andere<br />

Befindlichkeit, in den Fokus rückt, auf die auch schon Montesquieu im „Essai sur le<br />

Goût“ verwies: Denn dort spricht Nietzsche von einer eigentümlichen<br />

Annehmlichkeit, die der Mensch bewußt sucht, und darauf weist Konrad Paul<br />

Liesmann in seinem Buch „Schönheit“ hin: die Langeweile. „Um der Langeweile zu<br />

entgehen, sucht der Mensch diese Spannung, sucht das Laute, das Abstoßende, das<br />

Plötzliche und das Erschreckende.“ Und er zitiert den oben genannten Satz aus der<br />

KSA „Alles, was aufregt, ist angenehm“. Insofern liegt also <strong>Gerhard</strong> Häupler voll<br />

im Trend, und man könnte mit C.G. Jung auch abschließen, der in seinem Aufsatz<br />

über Joyce’ Ulysses 1932 meinte, das Hässliche von Heute sei Anzeichen und<br />

Vorbote großer künftiger Veränderungen.<br />

Aber da sind wir schon wieder <strong>bei</strong> der Philosophie oder ihrem Anspruch, den ihr<br />

Karl Marx andenken wollte, wenn er meinte, die Philosophen hätten die Welt nur<br />

verschieden interpretiert und es käme nun darauf an, sie zu verändern. Genau as war<br />

vielleicht auch die Grundidee der 68er-Bewegung, in der <strong>Gerhard</strong> Häupler<br />

aufgewachsen ist. Und es ist darum auch nur ein kleiner Schritt zu der<br />

programmatischen Umsetzung, daß es in der Kunst um etwas anderes geben solle<br />

oder sogar müsse, als um die Reproduktion des Schönen. Was will also engagierte<br />

Kunst? In die gesellschaftlichen Prozesse aufklärend und und irritierend eingreifen.<br />

Die Welt im wahrsten Sinne aus den Angeln zu heben und damit zu verändern - ob<br />

zu verbessern, steht auf einem anderen Blatt…<br />

Dr. Stefan Hammerl, Wien<br />

s.hammerl@me.com<br />

Seite 7 von 67


Peter Sloterdijk (2012)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.15 m<br />

Seite 8 von 67


Michel Houellebecq (2012)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.15 m<br />

Seite 9 von 67


Günter Geiger (2010)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1,55 m x 1,15 m<br />

Seite 10 von 67


Bernhard Braun (2010)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1,55 m x 1,15 m<br />

Seite 11 von 67


Thomas Frechberger (2009)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.15 m<br />

Seite 12 von 67


Alexander Schiessling (2010)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1,15 m<br />

Seite 13 von 67


Relief, Des Kaisers neue Kleider (1996)<br />

Relief/Öl<br />

1.30 m x 0,60 m<br />

Seite 14 von 67


Relief, Des Kaisers neue<br />

Kleider (1996) - Detail<br />

Relief/Öl<br />

1.30 m x 0,60 m<br />

Seite 15 von 67


Relief, Des Kaisers neue Kleider<br />

(1996) - Detail<br />

Relief/Öl<br />

1.30 m x 0,60 m<br />

Seite 16 von 67


Männerspiele (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 17 von 67


Kill Adam (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 18 von 67


Na und ? (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.00 m<br />

Seite 19 von 67


<strong>Ein</strong> neues Gesicht zum jüngsten<br />

Gericht (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1,70 m x 1,10 m<br />

Seite 20 von 67


Short Story (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 21 von 67


Seite 22 von 67


Ertappt (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 23 von 67


Puppe (1994)<br />

Öl auf Holz<br />

0.85 m x 0.55 m<br />

Seite 24 von 67


Puppe (1994)<br />

Öl auf Holz<br />

0.85 m x 0.55 m<br />

Seite 25 von 67


Puppe (1995)<br />

Öl auf Holz<br />

1.00 x 0.70 m<br />

Seite 26 von 67


Seite 27 von 67


Beata, die Muse der Verkannten (2014)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.50 m<br />

Seite 28 von 67


Christine (1986)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.30 m x 0.95 m<br />

Seite 29 von 67


Seite 30 von 67


Houllebecq in Ar<strong>bei</strong>t (2019)<br />

Pastell<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 31 von 67


Christian Kracht (2012)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.00 m<br />

Seite 32 von 67


Game over (2001)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 33 von 67


Künstlerin (2015)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.15 m<br />

Seite 34 von 67


Uschi (2008)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 35 von 67


Spokes The Raven nevermore … (2008)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.50 m x 1.00 m<br />

Seite 36 von 67


Unbekannter Dichter (2012)<br />

Öl auf Leinwand<br />

1.55 m x 1.00 m<br />

Seite 37 von 67


Vor Gericht präsentierte sie sich selbstbewusst<br />

(2017)<br />

Mischtechnik<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 38 von 67


Jeffry Dhamer, Serienmörder (2017)<br />

Mischtechnik<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 39 von 67


Jack Unterweger (2016)<br />

Pastell<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 40 von 67


Seite 41 von 67


Kim Jong Un, Diktator (2017)<br />

Mischtechnik<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 42 von 67


Seite 43 von 67


Beate Tscheppe NSU (2017)<br />

Mischtechnik<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 44 von 67


Alfred U. Seekiller (2018)<br />

Pastell<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 45 von 67


Josef Fritzl, der Kellermeister (2017)<br />

Pastell<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

Seite 46 von 67


Seite 47 von 67


Unterweger Lesung (2016)<br />

Pastell<br />

1.00 m x 0.70 m<br />

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Seite 49 von 67


Seite 50 von 67


Puppe (1995)<br />

Öl auf Holz<br />

1.00 x 0.70 m<br />

Seite 51 von 67


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AUSSTELLUNGEN<br />

von <strong>Gerhard</strong> Häupler, geb. am 26.07. 1943 in Wien<br />

1975 Modern Art Club 13 <strong>Ein</strong>zelausstellung<br />

Seite<br />

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1976 Jubiläumsausstellung im Künstlerhaus 3. Preis<br />

1976 Gelerie Arc Gemeinschaftsausstellung<br />

1979 Galerie im Pferdestall (Herzog) EZ<br />

1979 Theodor Körner Preis<br />

1980 Aktion „Künstler in Betrieben“<br />

1980 Jelinek Eck<br />

1981 Ankauf des Kulturamtes<br />

1982 Galerie Podium mit Ludwig Gris, Bildhauer<br />

1982 Galerie am Hof, Linz Hörschong (EZ)<br />

1983 Solidaritätsfest Gassergasse EZ<br />

1984 Alte Schmiede Präsentation der Grafikmappe „Wien , ich muß dich erst<br />

erfinden, du existierst ja nicht“ mit Hermann Schürrer<br />

1984 Galerie Bartenstein EZ<br />

1984 United Art gallery EZ<br />

1984 Galerie am Spitelberg (EZ)<br />

1985 EKZ-Simmering EZ<br />

1985 Zentralsparkasse -Filiale Ennsgasse<br />

1985 PAX-Extrablatt EZ, mit Lesung und Präsentation des Gedichtbandes<br />

„Die roten Stöckelschuhe“<br />

1985 Lesung im Podium<br />

1987 Bilder an Stefan Szenoner für Auss. in den USA<br />

1988 <strong>Ein</strong> Jahr Aufenthalt in Nepal<br />

1989 Ausstellung in Kathmandu „Indian Library“<br />

1990 Slender-Center EZ<br />

1991 Faßzieherkeller EZ<br />

1992 Galerie Samek EZ<br />

1993 Hausverwaltung Wiesbauer mit Edith Schmetterer<br />

1994 Ausstellung im Atelier EZ<br />

1995 Kulturzentrum Mischendorf, Bgld. EZ<br />

1995 Kulisse EZ<br />

1995 Bier<strong>bei</strong>sl Westbahnstraße EZ<br />

1995 Kulisse EZ<br />

1996 „Villa Rustica“ Marburg Slo.<br />

1996 Inigo Wien 1010<br />

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KONTAKT<br />

<strong>Gerhard</strong> Häupler<br />

Holzmeistergasse 6/1/6<br />

1210 Wien<br />

0650 4 60 85 04<br />

gerhard.haeupler@gmx.net<br />

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