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März 2020 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne

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KINO<br />

Waves |Start: 19.3.<br />

Emotionaler Looping<br />

„Waves“ vonFilmemacherTrey EdwardsShults („It comesatnight“) ist<br />

zweifelsfreider fahrlässig übersehenste Film deraktuellen Award-Saison.<br />

Dabei istereineMeisterklasse in Empathie.<br />

Erzähltwirdin„Waves“ dieGeschichteeiner eigentlich rechtordinären, afroamerikanischen<br />

Familieaus Südflorida, dieimLaufe derHandlungerst<br />

aufeineTragödiezusteuert undsichdann wieder aus ihr herausmanövrierenmuss.<br />

Im Fokusstehendabei dieGeschwister Tylerund Emily. Es geht<br />

um Jugend,Verliebtsein, Familie, Leistungsdruck,Schuldund wieall das<br />

aufeinanderprallen kann.Ohnejeseine Motive überdeutlich anzusprechen<br />

schafftder Film es,die kompliziertenHintergründeund Motivationen<br />

derCharakterezuvermitteln. So zieht„Waves“ seineZuschauer augenscheinlich<br />

mühelos in seineWelt, wirft einenmittenhineinindiesenamerikanischenVorort,<br />

insTeenieleben,indie unausweichliche<br />

Katastrophe.<br />

Neben narrativen Bestleistungen überzeugt„Waves“<br />

aber auch durch eine furios dynamischeKamera.<br />

Unermüdlichschwingt diesedurch dasLebender<br />

Protagonisten, wirbeltumsie herum, wie<br />

eine unsichtbare Kraft. Stetsfühlt mansich, als<br />

wäre manselberder Luftzug, derdurch dieRäume<br />

undOrtedes Geschehens schwebt. Ähnlich verhält<br />

sich dieMusik in diesem Film.Ständigströmt sie<br />

um dieBilderherum,fließtganznatürlich durch<br />

dieSzenen. In Form vonpumpendem Hip-Hop oder<br />

verlorenen Pianotönen,als sphärisches Hintergrundrauschenoderplatzeinnehmender<br />

Krach.<br />

Traumgleichwirktder Film dadurch, dasGefühldes Unmittelbarenverliert<br />

er aber nie.<br />

Trey Edwards Shults liefertmit „Waves“ einwirklich erstaunlichesStück<br />

Kino ab.Technischbrillantund wunderschön anzusehen, gleichzeitig aber<br />

auch hochemotionalund voller intimerMomente,die wissen, wiesie ihren<br />

Zuschauern insHerzstechen.Esist eine emotionale Achterbahn,die in ihrerMitte<br />

einenkühnenLooping wagt –und deshalb in denweitenGefilden<br />

derFamiliendramen als einzigartigheraussticht.DasssämtlicheAwardshows<br />

undPreisverleiherdiesenFilmübersehen haben,ist nichts anderes<br />

als eine Schande. Eine,ander dergewitzteKinogängervon heute sich<br />

nichtbeteiligensollte–unddrumdiesemrarenEdelstein vonFilm gute<br />

zwei StundenseinesLebensleihensollte. Es lohnt sich.<br />

Foto: ©A24<br />

R: Trey EdwardsShults;D:KelvinHarrisonJr.,TaylorRussell McKenzie,<br />

Sterling K. Brown, LucasHedges,Alexa Demie, Renée EliseGoldsberry<br />

Die Farbe aus dem All |Start: 5.3.<br />

Lila Seltsamkeiten<br />

Einpaarder Macher von„Mandy“, demschaurigschönsten Acid Trip seit es<br />

Film gibt, treffenauf Mystik-Sci-Fivon H.P.Lovecraft –und raus kommt<br />

„Die Farbeaus demAll“. Diesieht fürZuschauer vielleicht nurlilaaus,für<br />

dieFamilieGardener, in derenVorgarten einKomet alsQuelleder undefinierbarenFarbegecrashtist,hat<br />

sieaberdesaströseFolgen. Denn das<br />

Land,die Menschen,der Verstand rund um denKometen fangen an zu<br />

mutieren.„DieFarbeaus demAll“ istein bösartig unterhaltsamer Mixaus<br />

surrealer Mystik, pulpigem Horror,schrägem Humorund einemherrlich<br />

überzogenen NicolasCage. Insgesamthätte derFilm wenigerFamiliendrama<br />

undmehrseinereinfallsreichabgedrehten Seltsamkeitenvertragen,<br />

„Die Farbeaus demAll“ bleibt aber einfantastisch groteskesVergnügen.<br />

R: RichardStanley;D:NicolasCage,Joely Richardson,Tommy Chong<br />

30<br />

Foto: Drop Out Cinema<br />

Der Fall Richard Jewell |Start: 19.3.<br />

Empörende Taktiken<br />

1996 entdeckteSicherheitsmann RichardJewell beiden olympischen<br />

Spiele in Atlantaeinen verdächtigen Rucksack –samt Bombe. Schnellgeriet<br />

Jewell insFadenkreuz vonFBI undMedienhetzern. ClintEastwooderzähltdiese<br />

wahreGeschichteineinem schmucklosenFilm,der zwar emotional<br />

effektiv agiert undvon starken Schauspielern getragen wird,letztlich<br />

aber dasgleiche Verbrechen begeht, dass er anklagt. Eastwood formulierteineharscheKritikander<br />

Presse,die Jewells Geschichte durchdas<br />

Schüren vonEmpörungtaktisch sensationalisierte –und benutztdazu<br />

selber glasklar durchschaubare Taktiken derEmpörung. Kann manmachen,mussman<br />

als Zuschauerabernicht anständigfinden. Genausowie<br />

Eastwoods offensichtlicheFetischisierung des„simplenMannes mitdem<br />

guten Herzen“, für dieereinekomplexe Charakterisierung Jewells opfert.<br />

R: ClintEastwood; D: Paul Walter Hauser,Kathy Bates, SamRockwell<br />

Foto: Claire Folger ©2019 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved

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