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08 |<br />
Vom Yin und Yang in Niefern-Öschelbronn<br />
Bürgermeisterin Birgit Förster spricht über ihre Gemeinde, Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
Niefern-Öschelbronn ist eine<br />
Gemeinde zum Wohlfühlen, das<br />
wird schnell deutlich, wenn man<br />
sich mit Bürgermeisterin Birgit<br />
Förster unterhält. Die Rathauschefin<br />
wirbt im Interview für ihre<br />
Doppelgemeinde, in der man<br />
zum einen alles für den täglichen<br />
Bedarf und darüber hinaus<br />
kaufen kann, aber auch gleichzeitig<br />
schnell mitten in der Natur<br />
ist.<br />
Ihr Lieblingsplatz – außer dem<br />
Chefsessel im Rathaus?<br />
Der Gaisberg und die Schanz –<br />
beide sind nicht weit von meinem<br />
Haus entfernt. Dort gehe<br />
ich immer mit den Hunden spazieren.<br />
Die Nähe zur Autobahn sorgt<br />
für kurze Wege nach Stuttgart<br />
und Karlsruhe. Auch Pforz<br />
heim ist nur einen Katzen<br />
sprung entfernt. Das lässt<br />
vermuten, dass in Niefern<br />
Öschelbronn nur gewohnt,<br />
aber nicht gelebt wird. Stimmt<br />
das?<br />
Das muss ich definitiv verneinen.<br />
Wir sind natürlich auch<br />
„Schlafstadt“ – aber wir haben<br />
viele Bürger, die sich in unseren<br />
über 50 Vereinen engagieren<br />
und so ein reges Gemeindeleben<br />
ermöglichen. Hinzu kommen<br />
unsere zahlreiche Freizeitangebote.<br />
Wie ist der NiefernÖschel<br />
bronner? Gibt es den über<br />
haupt?<br />
Den gibt es nicht. Niefern-<br />
Öschelbronn hat sich aus der<br />
freiwilligen Zusammenlegung<br />
entwickelt. Aber bis heute gibt<br />
es noch kleine, liebevolle Unterschiede<br />
– und dazu kommen die<br />
Zugereisten, weil wir ja sehr attraktiv<br />
liegen.<br />
NiefernÖschelbronn in drei<br />
Worten?<br />
Entweder oder? NÖ! (Sowohl als<br />
auch!)<br />
Dabei handelt es sich um den<br />
Slogan der Gemeinde. Wie ist<br />
er entstanden?<br />
Der Slogan ist aus einem Hochschulprojekt<br />
entstanden: Studenten<br />
der HS Pforzheim haben<br />
herausgearbeitet, dass Niefern-<br />
Öschelbronn von Unterschieden<br />
geprägt ist und wie beim Yinund-Yang-Prinzip<br />
voneinander<br />
profitiert. Man hat also das „entweder<br />
oder“, muss sich aber<br />
nicht entscheiden. Ganz konkret:<br />
Man hat das Ländliche und das<br />
Städtische, Jung und Alt, Sport<br />
und Kultur, Entspannen und Erleben.<br />
Es gibt Flora, Fauna und<br />
Habitat – also viel Raum für natürliche<br />
Erholung –, aber auch<br />
ein sehr gut strukturiertes Innenleben,<br />
das alles bietet, was man<br />
im Alltag benötigt.<br />
Ganz konkret: Wie unter<br />
schiedlich sind die Ortsteile?<br />
Öschelbronn ist noch ein traditioneller<br />
eher ländlich geprägter<br />
Ortsteil, in dem viel durch die<br />
Foto: Sadler<br />
Vereine organisiert wird – zum<br />
Beispiel der Weihnachtsmarkt. In<br />
Niefern muss man von der Mentalität<br />
zwischen Vorort und Niefern<br />
unterscheiden, weil beides<br />
durch die B10 geteilt wird. Beide<br />
sind durch den Bahnanschluss,<br />
die Bundesstraße und die unmittelbare<br />
Nähe zur Autobahn eher<br />
städtischer geprägt. Es gibt<br />
auch viele Vereine, die natürlich<br />
miteinander kommunizieren,<br />
aber der Weihnachtsmarkt wird<br />
beispielsweise von der Gemeindeverwaltung<br />
organisiert und<br />
auch die Gewerbetreibenden<br />
bringen sich ein.<br />
Wie gelingt es in einer Doppel<br />
gemeinde, dass keiner von<br />
beiden Ortsteilen zu kurz<br />
kommt?<br />
Ich versuche, so viel Präsenz wie<br />
möglich zu zeigen und immer im<br />
Dialog mit den Bürgern zu bleiben.<br />
Dadurch entwickelt man<br />
auch ein Gefühl dafür, falls sich<br />
der eine oder andere ungerecht<br />
behandelt fühlt. Wir feiern<br />
nächstes Jahr 50-jährigen Zusammenschluss,<br />
dabei wollen<br />
Birgit Förster<br />
Im Mai 2016 ist die parteilose<br />
Birgit Förster im ersten Wahlgang<br />
mit 52,74 Prozent der<br />
Stimmen zur Bürgermeisterin<br />
von Niefern-Öschelbronn gewählt<br />
worden. Damit schlug<br />
sie ihre sechs Mitbewerber klar<br />
aus dem Feld. Am 1. Juli 2016<br />
trat sie ihr Amt an. Im Mai<br />
2019 hat sie für den Kreistag<br />
kandidiert.<br />
wir die Gemeinsamkeiten hervorheben.<br />
Wie ist die Gemeinschaft in<br />
beiden Ortschaften?<br />
Von den 12 000 Einwohnern gibt<br />
es einen sehr aktiven Anteil, der<br />
auch regelmäßig sichtbar und<br />
präsent ist. Es gibt aber auch einen<br />
großen Teil, der hier lebt<br />
und schläft, sich allerdings nicht<br />
aktiv am Gemeindeleben beteiligt.<br />
Das Fest der NiefernÖschel<br />
bronner?<br />
Das ist definitiv das Straßenfest,<br />
das immer im Wechsel stattfindet.<br />
Worauf sind Sie besonders<br />
stolz?<br />
Auf die Neugierde der Bürger,<br />
die sich auch auf neue Themen<br />
einlassen und sich beteiligen.<br />
Immerhin hatten sie 38 Jahre<br />
lang den selben Bürgermeister<br />
und nun komme ich seit dreieinhalb<br />
Jahren zum Teil mit ganz<br />
anderen Ideen. Unsere Bürger<br />
argumentieren in der Regel sehr<br />
sachlich und sind meistens sehr<br />
Vor ihrer Wahl war die am<br />
12. Juli 1973 in Aachen (Nordrhein-Westfalen)<br />
geborene Diplom-Verwaltungswirtin<br />
bei der<br />
Bundeswehrverwaltung, bei<br />
der Verwaltung der Polizei Baden-Württemberg<br />
und als<br />
Hauptamtsleiterin der Stadt<br />
Neubulach tätig. Birgit Förster<br />
ist verheiratet und hat zwei<br />
Kinder. (ts/Foto: Gemeinde)<br />
gut informiert. Aber natürlich gibt<br />
es auch ein paar Bruddler.<br />
Eigentlich spricht man ja nicht<br />
über Geld. Wir machen es<br />
trotzdem: Wie ist die Gemein<br />
de finanziell aufgestellt?<br />
Ich glaube, es ist kein Geheimnis,<br />
dass wir eine Null-Verschuldung<br />
und eine sehr gute Eigenkapitalquote<br />
haben. Niefern-<br />
Öschelbronn ist finanziell unabhängig<br />
und sehr gut aufgestellt.<br />
Aufgrund der doppischen Haushaltsführung<br />
müssen wir natürlich<br />
die Generationenverantwortung<br />
achten und daher die Abschreibungen<br />
im Blick behalten.<br />
Wo sehen Sie die Doppelge<br />
meinde in 50 Jahren?<br />
Hoffentlich klimaneutral, weiterhin<br />
dynamisch, gut aufgestellt<br />
und mit einer optimalen Versorgung<br />
für Jung und Alt.<br />
Was wünschen Sie dem Ort?<br />
Ich wünsche der Gemeinde weiterhin<br />
aufgeschlossene und innovative<br />
Entscheidungen mit soliden<br />
Finanzen und den Wunsch,<br />
sich gegenseitig noch besser<br />
kennen und lieben zu lernen.<br />
Es ist fast Halbzeit in Ihrer ers<br />
ten Amtsperiode: In welchen<br />
Bereichen hat sich die Ge<br />
meinde verändert?<br />
Zum einen im optischen Auftreten,<br />
bei dem das Entree ein großes<br />
Thema war, zum anderen<br />
habe ich meinen Schwerpunkt<br />
auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz<br />
gelegt. Diese Punkte prägen<br />
auch unser tägliches Handeln.<br />
Apropos Nachhaltigkeit: War<br />
um hat die Gemeinde ein E<br />
CarSharingAngebot initiiert?<br />
Wird das Elektrofahrzeug rege<br />
genutzt?<br />
Das wird leider noch nicht so gut<br />
angenommen, wie ich es mir<br />
wünsche. Für uns ist Elektromobilität<br />
eine Alternative zum Verbrennungsmotor<br />
und macht für<br />
kurze Wege Sinn. Daher haben<br />
wir auch unsere Bauhof-Fahrzeugflotte<br />
umgestellt. Elektromobilität<br />
ist für uns eine Ergänzung,<br />
da wir zu gewissen Teilen<br />
den Strom selbst erzeugen können.<br />
Meiner Ansicht nach muss<br />
man sich im Bereich Mobilität<br />
breit aufstellen. Wenn die Technik<br />
es hergibt, bin ich auch gerne<br />
bereit, Fahrzeuge mit Wasserstoffmotoren<br />
zu nutzen und<br />
anzubieten.<br />
Die Lage an der Grenze zwi<br />
schen Baden und Württem<br />
berg war historisch gesehen<br />
manchmal von Nachteil. Wie<br />
ist es heute?<br />
Man merkt die Grenze tatsächlich<br />
auch heute noch. Und tatsächlich<br />
spüren wir das im Bereich<br />
der Bus-Anschlüsse. Es<br />
gibt heute noch keine Möglichkeit<br />
mit dem Bus durchgehend<br />
nach Mühlacker zu fahren: Entweder<br />
muss man von Öschelbronn<br />
den Weg über Pinache auf<br />
sich nehmen oder sich im Vorort<br />
in die Bahn setzen. Unabhängig<br />
davon, dass sich die meisten<br />
gedanklich nach Pforzheim orientieren,<br />
vermisse ich eine Bus-<br />
Direktverbindung nach Mühlacker<br />
tatsächlich noch.<br />
Ramona Deeg