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Traditionelles und Neues in der 'Spale' Gewusst ... - IG Spalenvorstadt

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<strong>IG</strong> <strong>Spalenvorstadt</strong> SpaleZytig<br />

Lob <strong>der</strong> <strong>Spalenvorstadt</strong><br />

E<strong>in</strong> Stimmungsbild aus dem Jahr 1972, erschienen <strong>in</strong> den ’Basler Nachrichten’<br />

Der unten stehende Artikel war während fünf Wochen<br />

ausgehängt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vitr<strong>in</strong>e von Jürg Bächlers<br />

’Spalen-Apotheke’. Wir wollen ihn den Leser<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Lesern <strong>der</strong> SpaleZytig nicht vorenthalten, zumal<br />

er heute noch gültig ist.<br />

Ich hab sie e<strong>in</strong>fach gern, ich habe sie immer gut<br />

gemocht. Die hablichen, farbigen Bürgerhäuser mit<br />

ihren Laternen, ihren Dachstühlen <strong>und</strong> ihren Hauszeichen<br />

s<strong>in</strong>d mir lieb <strong>und</strong> vertraut. Ich beneide die<br />

Menschen, die hier wohnen dürfen, nicht zuletzt auch<br />

deswegen, weil ihnen die nahe Präsenz <strong>der</strong> Feuerwehr<br />

im Lützelhof e<strong>in</strong> ungeahntes Gefühl von Sicherheit<br />

vermitteln muss.<br />

Man sollte von <strong>der</strong> Lyss herkommen <strong>und</strong> zum Spalentor<br />

h<strong>in</strong>ausbummeln, wenn man die Schönheiten<br />

<strong>der</strong> Vorstadt genau kennenlernen will. Da geht man<br />

nämlich denselben Weg, den die Schweizer Söldner<br />

e<strong>in</strong>st unter die Füsse genommen haben, als sie sich<br />

zum vierzehnten Ludwig <strong>in</strong> den Dienst nach Frankreich<br />

begaben. Man kann sich auch leicht vorstellen,<br />

wie die “Spalen“ damals ausgeschaut hat, als die Bäcker,<br />

Metzger, Spengler, Küfer <strong>und</strong> Ba<strong>der</strong> ihre Waren<br />

auf herunterklappbaren Läden vor den Häusern<br />

zum Verkaufe anboten, o<strong>der</strong> wenn die Bürgerfrauen<br />

ihr Tr<strong>in</strong>kwasser am Spalenbrunnen holten <strong>und</strong> zu e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Schwatz beie<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verweilten.<br />

Die Überraschungen, die die <strong>Spalenvorstadt</strong> für<br />

den stillen Betrachter bereithält, s<strong>in</strong>d so zahlreich,<br />

dass man sie gar nicht alle aufführen kann. Schon<br />

<strong>der</strong> Anblick, den e<strong>in</strong>em das Tor vermittelt, ist mit<br />

Gold nicht aufzuwiegen. Es setzt den e<strong>in</strong>maligen,<br />

grandiosen Abschluss <strong>der</strong> leicht gew<strong>und</strong>enen Geschäftsstrasse.<br />

Ich möchte vor den Männern, die im<br />

letzten Jahrh<strong>und</strong>ert den Mut hatten, das schönste<br />

Stadttor unseres Landes von <strong>der</strong> Spitzhacke zu verschonen,<br />

noch heute den Hut ziehen <strong>und</strong> vor denen,<br />

die später den klugen Gedanken ausheckten, das<br />

Tram um das Tor herumzuführen, würde ich am<br />

liebsten vor Ehrerbietung nie<strong>der</strong>knien, wenn sie noch<br />

lebten. Von 100 Baslern haben 99 die Rückseite <strong>der</strong><br />

Häuser, welche gerade Nummern tragen, überhaupt<br />

noch nie gesehen! Da lohnt es, sich auf <strong>der</strong> Höhe des<br />

Tores nach rechts zu wenden <strong>und</strong> dem Spalengraben<br />

e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>wurfweite zu folgen. E<strong>in</strong> schmales Gässle<strong>in</strong><br />

führt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Hof, <strong>und</strong> da bietet sich e<strong>in</strong>em<br />

e<strong>in</strong> allerliebster Anblick: die Lauben auf <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terseite<br />

<strong>der</strong> Häuser <strong>und</strong> die kle<strong>in</strong>en Gärtchen mit ihrem<br />

halben Dutzend Bäumen, die von den Bewohnern mit<br />

H<strong>in</strong>gabe gepflegt werden.<br />

Die <strong>Spalenvorstadt</strong> wartet aber noch mit weiteren<br />

Überraschungen auf. Es lohnt sich, den Säulenstock<br />

des Spalenbrunnens e<strong>in</strong>mal genauer anzuschauen:<br />

Die tanzenden Bauern hat Holbe<strong>in</strong> entworfen, <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Dudelsackpfeifer ganz oben stammt von e<strong>in</strong>em<br />

Kupferstich Albrecht Dürers.<br />

Der reizvolle, altväterische Briefkasten aus <strong>der</strong> Zeit<br />

<strong>der</strong> ersten Basler-“Dybli“, <strong>der</strong> am Tor noch zu sehen<br />

ist, geht auf Melchior Berri zurück. Man sollte sich<br />

auch e<strong>in</strong>mal die Mühe nehmen, den oberen Teil <strong>der</strong><br />

wertvollen Bürgerhäuser eigens zu betrachten. Die<br />

Erker, die Dachstöcke <strong>und</strong> Dachstühle, die Giebel allesamt<br />

vermitteln e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliges, buntfarbiges Bild.<br />

Genau wie im Mittelalter pulsiert auch heute frohes<br />

Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Spalenvorstadt</strong>. Jedes Haus ist e<strong>in</strong><br />

Wohnhaus <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Geschäftshaus zugleich, <strong>und</strong> von<br />

<strong>der</strong> Spielzeugeisenbahn <strong>und</strong> falschen Nase bis zum<br />

zweischläfrigen Bett <strong>und</strong> zum Sp<strong>in</strong>nrad ist hier eigentlich<br />

alles zu kaufen, was man zum Dase<strong>in</strong> unbed<strong>in</strong>gt<br />

benötigt.<br />

Wenn mich e<strong>in</strong>er fragen würde, ob ich da gerne<br />

me<strong>in</strong> Zuhause hätte, da würde ich sofort herzhaft ja<br />

sagen; unter <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en zaghaft geäusserten Bed<strong>in</strong>gung<br />

vielleicht: ob man den “Dreier“ nicht ausklammern<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versenkung verschw<strong>in</strong>den lassen<br />

könnte...<br />

Clemes<br />

Basler Nachrichten:<br />

Samstag/Sonntag, 12./13. Februar 1972 Nr.66<br />

Ausgabe 14 / Dezember 2010 Seite 15

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