ZEIT - Pro Scientia
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Wo anders aber misst sich diese Zeit als im Raum der<br />
Erdoberfläche, die wie ein ungeheueres Zifferblatt die<br />
Bewegungen über sich hinschreiten lässt, dass man dann<br />
ihre Aufeinanderfolge und im günstigen Fall sogar ihre<br />
Zeitdauer an den Spuren abmessen kann, die sie<br />
hinterlassen haben? Die Strandlinien am Gestade eines<br />
sich hebenden Landes, die Terrassen an den Wänden<br />
eines Tales, das einen Fluss einschneidet, die Grenzen in<br />
denen ein Staat oder das Verbreitungsgebiet eines<br />
Volkes, einer Tier- oder Pflanzenart in verschiedenen<br />
Epochen sich befand, alle sind Zeitmarken. 4<br />
Alles, was ist, entwickelt sich; die Evolution begann mit<br />
dem Urknall und umfasst auch das anscheinend<br />
Unbelebte. Dabei spielen zyklische und rhythmische<br />
<strong>Pro</strong>zesse eine entscheidende Rolle. Sie erfassen die<br />
kleinsten wie die größten existierenden Gebilde. Etwas<br />
war plötzlich da, auf vielfältige Weise rhythmisch<br />
schwingend, und formierte sich zu Strings. Aus den<br />
Rhythmen der Strings entwickelten sich vielleicht Quarks<br />
und kurz danach erste Elementarteilchen, die sich binnen<br />
weniger Minuten zu Wasserstoff und Helium vereinten.<br />
Auch die Atome bilden Charakteristische und sehr<br />
konstante Schwingungsmuster. So entstanden zugleich<br />
mit der Natur ihre Zyklen, Messgrößen der Zeit.<br />
Das griechische Wort kýklos („Kreis, Kreislauf, Ring“)<br />
bezeichnete zunächst lediglich eine Reihe inhaltlich<br />
zusammengehörende Dinge. Heute meint es meist einen<br />
Kreislauf regelmäßig wiederkehrender Ereignisse, ein<br />
periodisch ablaufendes Geschehen. Rhythmus stammt<br />
vom griechischen rhythmós („Gleichmaß“). Das<br />
bedeutet eigentlich „das Fließen“. Seine übertragene<br />
Bedeutung verdankt es wohl dem gleichmäßigen Auf<br />
und Ab der Meereswogen. Dann benannte es den<br />
regelmäßig schwankenden Fortgang überhaupt und<br />
schließlich jede gleichmäßig gegliederte Bewegung. Das<br />
Wort Periode geht auf dem griechischen Wort peri-odos<br />
(„Kreislauf“) zurück. Heute bezeichnet es einerseits etwas<br />
regelmäßig Wiederkehrendes und andererseits den<br />
dazwischenliegenden Zeitabschnitt.<br />
Grundlegend wichtige Dinge geschahen in den ersten<br />
drei Minuten nach dem Urknall. Kräfte ordneten sich zu<br />
Gravitation, starker und schwacher Wechselwirkung,<br />
elektromagnetischer Kraft. Materie zog sich infolge der<br />
Gravitation dicht zusammen, und nach einer Milliarde<br />
Jahren bildeten sich die ersten Sterne. Man vermutet<br />
heute im All 10 21 Sterne, die sich zu 10 10 Galaxien<br />
gruppieren. Ihre Lebenszyklen umfassen Jahrmilliarde,<br />
ihre räumlichen Umläufe Jahre bis Jahrmillionen, ihre<br />
Rotationen nur Stunden bis Tage.<br />
Erdgeschichte, Evolution und Lebenszeit<br />
Zeit in der Erdgeschichte<br />
17<br />
Der Lebenszyklus eines Sterns beginnt, wenn immer mehr<br />
Atome zusammenstoßen. Dann erhitzt sich das Gas, es<br />
kommt zur Kernfusion, und der Stern leuchtet. Der Druck<br />
in seinem Innern steigt, bis er der Gravitation das<br />
Gleichgewicht hält. Diese Zustand bleibt so lande stabil,<br />
bis der Stern seinen Kernbrennstoff verbraucht hat; dann<br />
kühlt er ab und zieht sich zusammen. Liegt seine Masse<br />
jetzt unter einem bestimmten Grenzwert, dann bleibt er<br />
durch Abstoßungskräfte zwischen den Elektronen seiner<br />
Materie stabil und heißt Weißer Zwerg. Ist sie größer, so<br />
fällt er in sich zusammen und wird ein schwarzes Loch.<br />
Falls ein Weißer Zwerg zu einem Doppelsternsystem<br />
gehört, kann Materie seines Partners auf ihm<br />
einschlagen. Dadurch wird gewaltige Fusionsenergie<br />
frei, und man sieht ihn von der Erde aus aufleuchten –<br />
eine Nova. Einige Sterne werden im Verlauf der<br />
Kernfusion zu heiß und explodieren, das sind die<br />
Supernovae. Dabei werden komplexer<br />
zusammengesetzte Atome, die höheren Elemente, in<br />
den Raum geschleudert. Sie gliedern sich anderen<br />
Systemen an oder sammeln sich zu neuen „Sternen der<br />
zweiten Generation“. Das ist der Kreislauf der Materie<br />
im All.<br />
Unser Sonnensystem entstand, als sich schwere Elemente<br />
in der Umgebung der Sonne zu Planeten<br />
zusammenschlossen. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren<br />
bildete sich so die Erde. In diesen glutflüssigen,<br />
gasdurchsetzten Körper schlug wenig später ein großer<br />
Asteroid ein. Dabei ausgelöste Schockwellen bewirkten<br />
eine Trennung der chaotisch durchmischten Elemente.<br />
Die schweren sanken in den Erdkern ab, die Gase<br />
bildeten eine Ur-Atmosphäre, und ein Teil der<br />
umherspritzenden Materie fügte sich zum Mond. Im Lauf<br />
der Zeit kühlte die Erde ab, ihre Oberfläche erstarrte in<br />
großen Schollen. Damit begann ihr geologischer<br />
Lebenszyklus. Auf 3,9 Milliarden Jahre datiert man das<br />
älteste bekannteste Gestein.<br />
Die Gesteinschollen verdichteten sich zu Uhrkontinenten,<br />
die vor rund 700 Millionen Jahren im Superkontinent<br />
Rodinia vereint waren. Nach wiederholter Teilung und<br />
Verschiebung bildete sich vor 250 Millionen Jahren die<br />
zusammenhängende Landmasse Pangäa. Auch diese<br />
zerbrach, und seit 200 Millionen Jahren treiben ihre Teile<br />
auf dem zähflüssigen Untergrund auseinander. Eine erste<br />
Bruchlinie trennte das südliche Gondwana vom Nordteil,<br />
der das heutige Asien, Europa und Nordamerika<br />
umfasste und Laurasia genannt wird. Vor etwa 200<br />
Millionen Jahren, in der Blütezeit der Dinosaurier, begann<br />
Nordamerika sich von Eurasien zu lösen. Südamerika<br />
wurde vor 150 Millionen Jahren von Gondwana<br />
abgespalten und bewegte sich westwärts, es lagerte<br />
sich irgendwann später mit einer schmalen Landbrücke<br />
an Nordamerika an. Im Zeitraum vor vielleicht 110 bis<br />
vor 40 Millionen Jahren löste sich Indien von Gondwana.<br />
Machtvoll wurde es gegen Asien gepresst, wo es das<br />
Himalayagebirge auftürmte. Australien und Antarktika<br />
trennten sich erst im Ganzen von Afrika, dann<br />
voneinander.<br />
1912 hatte der deutsche Meteorologe Alfred Wegener<br />
die These von der Drift der Kontinente aufgestellt.<br />
Inzwischen kann man die von ihm vermuteten Vorgänge<br />
umfassender erklären, und weiß, dass die heutigen<br />
Kontinente auf großen Platten sitzen. An ihren<br />
Bruchkanten dringt geschmolzenes Magma aus dem<br />
Erdinneren zwischen die Platten und drückt sie<br />
auseinander. Gegenwärtig wird die Atlantik pro Jahr um<br />
25 mm breiter. Die anhaltende Plattentektonik<br />
beeinflusst die Zeitmessung, indem sie die<br />
geographische Länge der Observatorien nationaler<br />
Zeitdienste verändert. Dadurch verschieben sich die<br />
Zeiten des Meridiandurchgangs der Gestirne. Das