ZEIT - Pro Scientia
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Wie man die Perioden weitergehend in Epochen<br />
(Abteilungen) gliedert, verdeutlicht Tabelle 2 (im<br />
Anhang) am Beispiel der Erdneuzeit.<br />
Die Gliederung der Erdneuzeit in Epochen<br />
Die Wissenschaft von den geologischen Schichten mit<br />
Leitfossilien als Zeitmarken heißt Biostratigraphie. Der<br />
Begriff geht auf lat. Stratum („Schicht“) zurück. Sie ist<br />
Teilgebiet der Stratigraphie, welche die Zeitliche<br />
Aufeinanderfolge der Schichtgesteine untersucht. Diese<br />
gehört ihrerseits zur Geochronologie, die sich allgemein<br />
mit der Einordnung von Ereignissen und Zeitabschnitten<br />
im Verlauf der Erdgeschichte befasst. Geologische<br />
„Kalender“ sind sehr vielgestaltig. Stratigraphische<br />
Objekte wurden zuerst und auf unterschiedliche Weise<br />
für die Forschung zugänglich. Im <strong>Pro</strong>zess des<br />
Aufschiebens und Senkens von Gebirgen entstanden<br />
Bruchstellen und offenbarten die Abfolge ihrer Schichten.<br />
Strömendes Wasser schliff zusammenhängende<br />
Querschnittsbilder frei, die viele Epochen der<br />
Erdgeschichte umfassen können. Ein berühmtes Beispiel<br />
dafür ist der Grand Canyon in Kalifornien. Weitrechende<br />
Kenntnisse gewann man schließlich in Zusammenhang<br />
mit dem Bergbau. Die im wörtlichen Sinn tiefsten Einblicke<br />
erlauben geologische Bohrungen.<br />
1912 untersuchte der Geologe Gerard de Geer in<br />
Schweden den Rückzug der Gletscher von der Südküste<br />
zum nördlichen Gebirge. Ihr Schmelzwasser hinterlässt in<br />
Seen geschichtete Ablagerungen. Bei stehendem Wasser<br />
im Sommer ergeben sich dunkle Tonschichten, bei der<br />
Schneeschmelze lagern sich helle Sandschichten ab.<br />
Eine solche Jahresschicht heißt Warve. De Geer benutzte<br />
die „Bänderung“ des Warventons und bestimmte die<br />
Zeitdauer des Vorgangs auf 10.000 Jahre. Seither sind<br />
solche ausgezählten Schichten für die letzten 20.000<br />
Jahre wiederholt verwendet worden.<br />
Der Engländer Flindern Petrie hat als Erster<br />
archäologische Schichten anhand der darin<br />
gefundenen Artefakte zeitlich identifiziert. Er sortierte in<br />
Ägypten Keramiken nach ihren Entwicklungsstadien „in<br />
sich selbst“. Ganz andere von Menschen geschaffene<br />
Schichte entdeckten die Archäologen in Tschatal Hüjük,<br />
der vielleicht ältesten Stadt der Welt. Für einige<br />
Jahrtausende war sie Hauptstadt der Hethiter.<br />
Der Brite James Mellaart grub sie zwischen 1951 und 1965<br />
aus. Er zählte die übereinander liegenden weißen<br />
Putzschichten der Lehmziegelhäuser, die ihre Bewohner<br />
jährlich erneuert hatten. Einen präziseren Kalender hat<br />
noch kein Archäologe gefunden. Mellaart konnte eine<br />
achthundertjährige Stadtgeschichte zuverlässig<br />
rekonstruieren, die selbst wieder acht Jahrtausende<br />
zurückliegt.<br />
Manchmal offenbaren geologische „Kalender“<br />
überraschende Einzelheiten aus ferner Vergangenheit.<br />
Der amerikanische Paläontologe John Wells zählte 1963<br />
an fossilen Korallen die feinen Streifen aus, die ähnlich<br />
den Jahresringen der Bäume das tägliche Wachstum<br />
dieser Kalkgehäuse erkennen lassen. Er fand<br />
durchschnittlich 400 Tagesstreifen innerhalb eines<br />
Jahresrings bei den 400 Millionen Jahre alten Exemplaren<br />
und 380 Tagesstreifen bei denjenigen, die nur 320<br />
Millionen Jahre alt waren. Diese Ergebnisse rechnete er<br />
auf die Zeit vor 570 Millionen Jahren zurück und schloss,<br />
dass damals der Tag etwa 20 Stunden und das Jahr 438<br />
Tage gehabt haben dürfte. Ursache der immer<br />
langsamer werdenden Erddrehung ist die vom Mond<br />
verursachte Gezeitenreibung. 7<br />
Erdgeschichte, Evolution und Lebenszeit<br />
Zeit in der Erdgeschichte<br />
19<br />
IV. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN: „<strong>ZEIT</strong>“ UND ALLGEMEINE GEOGRAPHIE<br />
Zeit<br />
wird als Grunddimension aller Vorgänge und<br />
Erscheinungen im Sinne einer Abfolge des Geschehens<br />
definiert. Die physikalische Z. bezieht sich auf periodisch<br />
gleichmäßig bewegte Körper, und ihre Grundeinheiten<br />
werden an die Drehung der Erde um die Sonne und um<br />
die eigene Achse angelehnt (’ Jahr, ’Tag). Die Basis<br />
unserer Z.-Messung ist der Mittlere ’Sonnentag mit der<br />
Sekunde als 86 400stem Teil davon. Der Kalender rechnet<br />
die Zeit seit Christi Geburt (n. Chr.), der<br />
Geowissenschaftler die Jahre vor heute (v.h.).<br />
Zeitausnutzung:<br />
in der Energiewirtschaft benützte Verhältniszahl, die<br />
angibt, inwieweit ein Kraftwerk innerhalb einer<br />
Betrachtungszeitspanne (z.B. einem Jahr) in Betrieb war.<br />
Die Z. errechnet sich als Quotient aus tatsächlicher<br />
Betriebszeit und der Nennzeit. Dabei ist unerheblich, mit<br />
welcher Leistung ein Kraftwerk in der Betriebszeit<br />
gearbeitet hat.<br />
Zeitbudget:<br />
die einem Individuum oder einer Gruppe zur Ausübung<br />
einer bestimmten Tätigkeit zur Verfügung stehende Zeit.<br />
Besonders in der ’ Aktionsraumforschung und bei<br />
Untersuchungen über ’ Aktionsreichweiten ’<br />
sozialgeographischer Gruppen spielt das Z. eine große<br />
Rolle. (’ Zeitgeographie)<br />
Zeitdistanz:<br />
in Grad angegebener Winkelabstand zwischen einem<br />
Gestirn und dem ’ Zenit.<br />
Zeitgeographie:<br />
Ausrichtung der neueren ’ Kultur-, insbesondere ’<br />
Sozialgeographie, die sich bemüht, bei der Erklärung<br />
räumlicher Verhaltens und raumwirksamer <strong>Pro</strong>zesse die<br />
zeitliche Dimension räumlicher Aktivitäten stärker zu<br />
berücksichtigen, z.B. durch ’ Zeitbudget–Studien für<br />
bestimmte ’ Sozialgeographische Gruppen.<br />
Zeithorizont:<br />
zeitliche Grenze für eine raumwirksame Aktivität. Man<br />
spricht z.B. in der ’ Raumplanung vom Z. einer<br />
Planungsmaßnahme.<br />
Zeitlohn:<br />
Vergütung einer Arbeitsleistung nach dem Umfang der<br />
aufgewandten Zeit. Im Gegensatz zum ’ Leistungslohn<br />
wir auf den Z. häufig dort zurückgegriffen, wo die<br />
Messung der Leistung schlecht möglich ist oder dadurch<br />
gegebenenfalls eine Qualitätsminderung zu befürchten<br />
wäre.<br />
Zeitsiedlung: ’ temporäre Siedlung:<br />
Siedlung, die nur für mehrere Wochen benützt wird. Sie<br />
findet sich vor allem bei höheren Jägern und<br />
Hirtennomaden. Die Wanderungen der eigenen bzw.<br />
Wildtierherden ist die Ursache der ständigen Verlegung<br />
der Behausungen. Die t. S. wird auch als Frist- oder<br />
Temporalsiedlung bezeichnet.<br />
Zeitzonen:<br />
24 festgelegte Meridianstreifen von je 15° Breite, in<br />
denen die international anerkannten, je um eine Stunde<br />
verschobenen ’ Ortszeiten gelten (z.B. die<br />
Mitteleuropäische Zeit). Im Interesse einheitlicher Zeit in<br />
bestimmten Ländern und Ländergruppen wurde bei der<br />
Festlegung der Z. in der Praxis vielfach von der<br />
Abgrenzung durch Meridiane abgewichen. 8