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ZEIT - Pro Scientia

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von niederen zu höheren (=komplexeren)<br />

Lebewesen in zeitlicher Abfolge der<br />

geologischen Schichten.<br />

b) Evolution im Sinne der (neo-) darwinistischen<br />

Theorie. ist ein wissenschaftliches Modell, wovon<br />

es bisweilen - wie bei jeder anderen Theorie -<br />

Varianten gibt. Eine wissenschaftliche Theorie<br />

kann für sich niemals einen absoluten<br />

Wahrheitsanspruch erheben. Sie muss sich einer<br />

ständigen Prüfung stellen (Verifikation –<br />

Falsifikation). Aufgrund geänderter Hypothesen<br />

und neuer Grundsätze nähert sich eine Theorie<br />

– durch ständige „Evolution“ – asymptotisch<br />

einem Modell, das die Wirklichkeit getreu<br />

reproduzieren soll. (Anmerkung: Lehrsätze, die<br />

nicht in Frage gestellt werden dürfen, auch<br />

wenn sie offensichtlich nicht durch<br />

Beobachtungen gestützt bzw. anhand von<br />

Gegenbeispielen widerlegt werden, nennt man<br />

Dogmen.)<br />

Der Evolutionsbegriff muss je nach Zusammenhang<br />

unterschieden werden, um Missverständnisse zu<br />

vermeiden. Zur Bedeutung dieser Unterscheidung siehe<br />

später.<br />

Aus Sicht der Thermodynamik verläuft die Evolution des<br />

Lebens scheinbar gegen den Strom der Irreversibilität<br />

(=Entropieverlauf). D. h. die Natur scheint höhere<br />

Ordnungen anstatt die absolute Unordnung, nämlich das<br />

thermische Gleichgewicht, anzustreben. Das widerspricht<br />

dem Zeitpfeil der Physik.<br />

Eine Aussage, die häufig zu finden ist, lautet: Die<br />

Wahrscheinlichkeit für das Auftreten neuer, aber<br />

überlebensfähiger Arten ist zwar gering, doch muss<br />

Evolution über viele Jahrtausende hinweg und in kleinen<br />

kontinuierlichen Schritten betrachtet werden. Bei dieser<br />

Betrachtung treten zunächst mindestens zwei<br />

Schwierigkeiten auf:<br />

1) Statistisch gesehen wird die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Ereignisses nicht durch die Häufigkeit des „Würfelns“ (der<br />

Messung) beeinflusst. Wenn ein Ereignis heute sehr<br />

unwahrscheinlich ist (z.B. 20x hintereinander eine „5“ zu<br />

würfeln), wird es auch nach einem Millennium sehr<br />

unwahrscheinlich sein. Ein beliebtes Beispiel - in Analogie<br />

zum Informationsgehalt des DNA-Codes - beschreibt<br />

einen 24 Stunden täglich Schreibmaschine tippenden<br />

Schimpansen (als Zufallsgenerator). Auch nach<br />

Jahrmillionen wird weder ein Vers von Shakespeare noch<br />

von Goethe zu erwarten sein.<br />

2) In der Betrachtung der tatsächlichen<br />

Fossildokumentation, fasst der Biologe Stephan Jay Gould<br />

[19] folgende zwei Merkmale der Paläoontologie<br />

zusammen:<br />

� Stillstand (Stasis): Nach Auftreten einer neuen Art sind<br />

morphologische Veränderungen für gewöhnlich<br />

beschränkt und richtungslos.<br />

� Plötzliches Auftreten: Neue Arten treten sprunghaft<br />

und „voll gestaltet“ auf. Das prominenteste Beispiel ist<br />

wohl die so genannte „Kambrische Explosion“ (vor rund<br />

540 Mil. Jahren), gerne auch als biologischer „Big Bang“<br />

bezeichnet. [20] Siehe Abbildung A3.<br />

Erdgeschichte, Evolution und Lebenszeit<br />

Zeit und Evolution<br />

25<br />

Fossildokumentation schematisch [aus A3]<br />

Diese empirischen Merkmale stimmen nur ungenügend<br />

mit der theoretischen Voraussage einer „glatten“<br />

kontinuierlichen Evolution mit fließendem Übergang<br />

zwischen den Arten überein.<br />

Es stellt sich die Frage, ob die Biologie ohne eine<br />

grundlegende Bezugnahme auf mikroskopische Physik<br />

das Phänomen des Lebens und damit der Evolution in<br />

vollem Umfang erklären kann. Laut Dürr [15] könnte die<br />

Quantenphysik durch ihr prinzipielles Merkmal der<br />

holistischen Beziehungen neue Möglichkeiten im<br />

Verständnis der Evolution eröffnen.<br />

Interdisziplinäre Herausforderungen im 21. Jahrhundert<br />

Weitere offene Fragen im Zusammenhang zwischen<br />

Naturgesetz und Evolution stellen Herausforderungen an<br />

die heutige interdisziplinäre Forschung:<br />

�Lässt sich die Verletzung der Entropie in der Entstehung<br />

des Lebens und dessen Evolution durch Theorien der<br />

„Selbstorganisation“ [21] ausreichend erklären?<br />

�Verliert das Pasteur’sche Prinzip „Omne vivum ex vivo“<br />

(Leben kommt von Leben) zum Zeitpunkt der Entstehung<br />

des ersten Lebens seine Gültigkeit? [22] Oder: Wie lässt<br />

sich der Sprung vom Anorganischen zum Organischen,<br />

vom Toten zum Lebendigen erklären?<br />

�Lassen sich Eigenschaften des Lebens wie „der Wille<br />

zum Leben“, Instinkt oder gar Bewusstsein auf materieller/<br />

molekularer Grundlage erklären? Oder: Wo liegen die<br />

Grenzen des „physikalischen Reduktionismus“?<br />

�Bilden die Arten „quantisierte Zustände“, gleich wie die<br />

diskreten Energienieveaus der Elektronen? Wäre das ein<br />

Grund, warum Evolution in diskreten Schritten statt einem<br />

kontinuierlichen Fluss auftritt?<br />

� Muss der Energieerhaltungssatz mit einen<br />

Informationserhaltungssatz ergänzt werden um damit<br />

den sogenannten gefürchteten „Maxwellschen Dämon“<br />

[23] zu vermeiden?<br />

�Ist die Theorie der Selbstorganisation ausreichend um<br />

irreduzierbar komplexe [24] Systeme wie den DNA-RNA<br />

Zyklus [25] zu „kreieren“ und ist der Mensch daher<br />

befähigt aus toter Materie Leben zu schaffen?

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