15.04.2020 Aufrufe

Grundschule aktuell - Heft 150

Balancen der Bildung

Balancen der Bildung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Aus der Forschung<br />

mischt. Für Kinder sind am ehesten körperbezogene<br />

Verfahren, evtl. verknüpft<br />

mit imaginativen Vorgehensweisen,<br />

geeignet.<br />

Fremd- bzw. selbstinstruktiv<br />

Eine Unterscheidung der Verfahren ist<br />

auch aufgrund der Art und Weise, wie<br />

die Instruktionen bei den Entspannungsübungen<br />

gegeben werden, möglich.<br />

Hier gibt es Verfahren, bei denen<br />

die Anweisungen von außen erfolgen<br />

(fremdinstruktive Verfahren), und solche,<br />

bei denen sich die Person selbst<br />

Anweisungen gibt (selbstinstruktive<br />

Verfahren). Typisch für die Fremdinstruktion<br />

sind z. B. Fantasiegeschichten,<br />

die Kindern erzählt werden. Als Beispiele<br />

für selbstinstruktive Verfahren<br />

sind die Meditation oder die progressive<br />

Muskelentspannung zu nennen. Ein<br />

weiteres Unterscheidungskriterium ist<br />

der Grad der Beteiligung der Personen,<br />

die sich entspannen. Eine aktive Beteiligung<br />

ist bei der progressiven Muskelentspannung<br />

gegeben, hier muss die Person<br />

selbst etwas tun. Das autogene Training<br />

dagegen kann als passiv eingestuft werden,<br />

da die Entspannung sich eher auf<br />

der Vorstellungsebene abspielt. Schließlich<br />

können die Verfahren auch anhand<br />

ihrer Wirkungszugänge klassifiziert<br />

werden. Zu den imaginativen Verfahren<br />

gehören die Fantasiegeschichten, zu den<br />

sensorischen die progressive Muskelentspannung<br />

und zu den kognitiven das<br />

autogene Training oder die Meditation.<br />

Wirkung von Entspannung<br />

Wirkung von<br />

Entspannung<br />

Prof. Dr. Renate Zimmer<br />

Erziehungswissenschaftlerin mit<br />

dem Schwerpunkt frühe Kindheit.<br />

Professorin für Sport- und Bewegungswissenschaft<br />

an der Universität<br />

Osnabrück. Autorin zahlreicher Fachbücher<br />

zu den Themen Bewegtes<br />

Lernen, Sprache und Bewegung,<br />

Psycho motorik, Wahrnehmung.<br />

Bei allen Entspannungsverfahren geht<br />

es darum, das Aktivierungsniveau zu<br />

senken, aber nur so weit, dass der Übende<br />

nicht einschläft. Bei Entspannungsprozessen<br />

soll der Zustand der Voreinschlafphase<br />

erreicht und erhalten werden.<br />

Dies wird als Zustand »entspannter<br />

Wachheit« (vgl. Petermann 2014) oder<br />

als Zwischenbereich von Hellwachsein<br />

und Einschlafen bezeichnet. Die Aufmerksamkeit<br />

wird mehr nach innen,<br />

auf körpereigene Prozesse gerichtet, die<br />

nach außen gerichtete Reaktionsbereitschaft<br />

dagegen wird reduziert. Entspannungsverfahren<br />

wirken sich auf zwei<br />

Ebenen aus, auf der physiologischen<br />

(körperlichen) und auf der psychischen<br />

Ebene. Auf der körperlichen Ebene<br />

betreffen die Entspannungsreaktionen<br />

den Spannungszustand der Muskulatur,<br />

insbesondere der Stützmuskulatur, also<br />

der Arm-, Bein- und Rumpfmuskulatur:<br />

Sie »erschlafft«. Auf der psychischen<br />

Ebene können Stimmungen und Gefühle<br />

beeinflusst werden (vgl. hierzu auch<br />

Petermann 2014).<br />

auf körperlicher / physiologischer Ebene<br />

• Muskelspannung<br />

• Herztätigkeit<br />

• Gefäßerweiterung<br />

• Körpertemperatur<br />

auf psychologischer Ebene<br />

• Wohlbefinden<br />

• Stimmung / Gefühle<br />

• Wahrnehmung<br />

Abb. 2: Wirkung von Entspannung auf körperlicher / physiologischer Ebene und<br />

auf psychologischer Ebene<br />

Physiologische Wirkungen<br />

Neuromuskuläre Veränderungen<br />

Am unmittelbarsten sind die Veränderungen<br />

am Spannungszustand der Muskulatur,<br />

dem Muskeltonus, zu erkennen.<br />

Bei einer erfolgreichen Entspannung<br />

wird der Grad der Anspannung<br />

der Muskulatur reduziert, die Muskulatur<br />

erschlafft. Die beste Ausgangsposition<br />

zur Entspannung besteht daher<br />

im Liegen. Hier wird die Stützmotorik<br />

– die Arm-, Bein- und Rumpfmuskulatur<br />

– entlastet. Durch die Entspannungsübungen<br />

werden die Blutgefäße<br />

erweitert. Man empfindet dies meist<br />

als Kribbeln und Kitzeln in den Händen<br />

und Armen und in den Füßen und<br />

Beinen. Auch die Wahrnehmung von<br />

Körperwärme ist ein sicheres Zeichen<br />

für Entspannung (insbesondere bei der<br />

progressiven Muskelrelaxation). Es entsteht<br />

ein vermehrter Blutfluss in den<br />

Hauptgefäßen der Extremitäten, dieser<br />

kommt durch die Gefäßerweiterung<br />

zustande. Unterstützt wird dieser Vorgang<br />

durch eine angenehme Temperatur<br />

im Entspannungsraum. Aber auch<br />

die Vorstellung einer »warmen«, angenehmen<br />

Umgebung kann sich auf die<br />

Gefäßerweiterung auswirken (z. B. »im<br />

warmen, weichen Sand liegen, die Hand<br />

wird von warmem Wasser umspült«<br />

usw.). Schließlich ist auch der Blutdruck<br />

durch Entspannungsübungen beeinflussbar:<br />

Körperliche Aktivität steigert<br />

den Blutdruck, Entspannung lässt den<br />

Blutdruck sinken (vgl. auch Vaitl 2009).<br />

Atmung<br />

Bei der Entspannung wird die Atmung<br />

flacher und gleichmäßiger. Die Bauchatmung<br />

nimmt zu, während die Zwerchfellatmung<br />

abnimmt. Auch der Atemzyklus<br />

verändert sich, d. h., es treten<br />

relativ lange Phasen zwischen der Einund<br />

Ausatmung auf.<br />

Psychische Wirkungen<br />

Nach einer Entspannungsphase entsteht<br />

das Gefühl geistiger Frische und des<br />

Ausgeruhtseins. Man fühlt sich erholt,<br />

es tritt ein »entspannter Wachzustand«<br />

ein. Dies erhöht auch die Aufmerksamkeit<br />

und Konzentrationsfähigkeit,<br />

begünstigt die Fähigkeit zur Informationsverarbeitung<br />

und die Wahrnehmungsfähigkeit.<br />

Motorische Unruhe<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>150</strong> • Mai 2020

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!