BINNENSCHIFF JOURNAL 2/2020
COVID-19 fegt zurzeit nicht nur Autobahnen, sondern auch die Wasserstraße leer.
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<strong>BINNENSCHIFF</strong> Journal 2/<strong>2020</strong> | S6<br />
Stadthafen Linz, Kabinenschiffe werden noch länger liegen bleiben.<br />
Quelle: Otto Steindl<br />
auswirken. Der Hafen Rotterdam, Europas<br />
wichtigster Tiefseehafen, berichtet gar, dass<br />
es im Vergleich zum Vorjahr bislang keine<br />
Änderung in der Schiffsfrequenz gegeben<br />
hat. Hinter den Jubelmeldungen steckt natürlich<br />
auch „positive Stimmungsmache“ und<br />
verschweigt, dass die logistischen Abläufe<br />
aufgrund der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen<br />
wesentlich langsamer als normal ablaufen.<br />
Zweifelsohne wird COVID-19 auch die<br />
Frachtschifffahrt noch lange beschäftigen.<br />
Daher wird es mittelfristig entscheidend sein,<br />
ob und wie stark die Infrastruktur und die verlandende<br />
Wirtschaft im Kampf um das Überleben<br />
in der Krise unterstützt werden. Dabei<br />
geht es aber nicht um ein Weiter wie bisher.<br />
Insgesamt wird einmal mehr klar, wie wichtig<br />
die Verkehrsinfrastruktur in Krisenzeiten ist. Und<br />
es zeigt sich deutlich, dass eine kritische Infrastruktur<br />
ohne gesunde Arbeitnehmer trotz zunehmender<br />
Digitalisierung nicht funktioniert.<br />
Im Gegenteil. Man wird sich die Frage stellen<br />
müssen, ob die Digitalisierung Krisenbewältigung<br />
vielleicht sogar erschwert.<br />
„Steuermann, lass die Wacht!“ Wie im Fliegenden<br />
Holländer, braucht sich die Mannschaft<br />
derzeit nicht vor Wind und Sand zu<br />
fürchten. Fürchten muss sich die Mannschaft<br />
jetzt vor COVID-19 und so lustig<br />
wie bei Richard Wagner, geht es in dieser<br />
Zwangspause nicht annähernd zu.<br />
Egal, ob Fracht- oder Passagierschifffahrt,<br />
der reibungslose Ablauf hängt vom gesunden<br />
und motivierten Schiffspersonal ab. Und<br />
in Zeiten einer globalisierten Welt, ist nicht nur<br />
der reibungslose Grenzverkehr der Waren,<br />
sondern auch der freie Personenverkehr maßgeblich<br />
entscheidend. Daher war am Beginn<br />
der Krise die Ein/Ausreise des Schiffspersonals<br />
eines der Hauptprobleme. Vereinzelt funktioniert<br />
der berufliche Reiseverkehr noch immer<br />
nicht. Besonders betroffen sind davon<br />
Besatzungsmitglieder, die die Heimreise nicht<br />
antreten können. Abgesehen davon, ist das<br />
Schiffspersonal unterschiedlich stark betroffen.<br />
Die Partikulier-Schiffer müssen zum Teil<br />
die Betreuung ihrer Kinder neu organisieren,<br />
denn Schifferkinderheime haben genauso<br />
geschlossen, wie Schulen oder Kindergärten.<br />
Jetzt trifft sich die Familie im Steuerhaus, wo<br />
der private neben dem beruflichen Tagesablauf<br />
zwangsläufig stattfinden muss. Selbstverständlich<br />
sind Besuche an Bord ebenso untersagt<br />
wie an Land – nur trifft es Binnenschiffer<br />
besonders hart. „Abstand halten“ ist für Berufsschiffer<br />
mehr eine Isolationshaft, als gut gemeinte<br />
Empfehlung. Außer an Bord, können<br />
sie Freunden oder Verwandten höchstens via<br />
Ufer zuwinken. Und um die vorgeschriebenen<br />
Ruhezeiten einhalten zu können, bräuchte es<br />
entsprechende Liegeplätze entlang der Wasserstraßen<br />
inklusive Infrastruktur. Die sind aber<br />
leider nicht in ausreichender Zahl vorhanden.