LE-5/2023
LOGISTIK express Journal 5/2023: Österreich 2023 // Handel zwischen Lust und Frust // Gen Z und Best Ager // Politik muss sich beim Handel entschuldigen! // TECH DAY 2023 // Österreichische Post // 11 Tipps, Online-Händler Retourenflut // Retailer in der Hochsaison // In sieben Tagen zukunftsfähige Lagerverwaltung // WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise // Dematic: Um Stabilität zu erreichen, muss man sich verändern // Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik // Biogena setzt auf KNAPP-Store // Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt // 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten // Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen // DHL Supply Chain, AutoStore Partnerschaft // Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung // EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7 // Elektromobilität als Chance für die Energiewende // eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz // Telematik-Daten effizient einsetzen // Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform // Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken // ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene // Cargo Center Graz expandiert im großen Stil // Aufbruch zu neuen Ufern // Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr // Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau // Ritter der Au // In Memoriam Otto Steindl // Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen // Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen // Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer // Deutschland – der kranke Mann Europas // Anleihen - ein Investment in Schulden // Euro, digitaler Euro, Bitcoin
LOGISTIK express Journal 5/2023:
Österreich 2023 // Handel zwischen Lust und Frust // Gen Z und Best Ager // Politik muss sich beim Handel entschuldigen! // TECH DAY 2023 // Österreichische Post // 11 Tipps, Online-Händler Retourenflut // Retailer in der Hochsaison // In sieben Tagen zukunftsfähige Lagerverwaltung // WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise // Dematic: Um Stabilität zu erreichen, muss man sich verändern // Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik // Biogena setzt auf KNAPP-Store // Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt // 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten // Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen // DHL Supply Chain, AutoStore Partnerschaft // Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung // EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7 // Elektromobilität als Chance für die Energiewende // eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz // Telematik-Daten effizient einsetzen // Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform // Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken // ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene // Cargo Center Graz expandiert im großen Stil // Aufbruch zu neuen Ufern // Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr // Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau // Ritter der Au // In Memoriam Otto Steindl // Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen // Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen // Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer // Deutschland – der kranke Mann Europas // Anleihen - ein Investment in Schulden // Euro, digitaler Euro, Bitcoin
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AUSGABE 5/<strong>2023</strong><br />
ÖSTERREICHS<br />
HANDEL<br />
ZWISCHEN<br />
LUST & FRUST<br />
Interview mit Rainer Will, Geschäftsführer<br />
des Handelsverbandes Österreichs zur<br />
aktuellen Lage des Einzelhandels.<br />
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S2<br />
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />
Fragen Sie nicht, ob Sie den passenden<br />
Raum haben. Fragen Sie nur, ob Sie das<br />
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03 Inhalt / Editorial / Impressum<br />
04 Österreich <strong>2023</strong> – schlimmer geht (n)immer?<br />
08 Der österreichische Handel zwischen Lust und Frust<br />
12 Weniger ist mehr: Gen Z und Best Ager vermeiden Reizüberflutungen<br />
14 Die Politik muss sich beim Handel entschuldigen!<br />
16 TECH DAY <strong>2023</strong><br />
18 Österreichische Post: Mehr Umsatz, mehr grün<br />
22 11 Tipps, wie Online-Händler Retourenflut nach Weihnachten bewältigen<br />
26 Mit diesen Fallstricken kämpfen Retailer in der Hochsaison<br />
28 In sieben Tagen zur zukunftsfähigen Lagerverwaltung<br />
32 WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise für ein Go-Live<br />
36 Um 2024 Stabilität zu erreichen, muss man bereit sein, sich zu verändern<br />
40 Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik<br />
44 Biogena setzt auf KNAPP-Store<br />
46 Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt<br />
48 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten<br />
52 Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen<br />
56 DHL Supply Chain, AutoStore kündigen die Ausweitung ihrer Partnerschaft an<br />
58 Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung<br />
60 EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7<br />
62 Elektromobilität als Chance für die Energiewende<br />
64 eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz<br />
66 Telematik-Daten effizient einsetzen<br />
68 Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform<br />
70 Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken<br />
72 ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene<br />
74 Cargo Center Graz expandiert im großen Stil<br />
76 Aufbruch zu neuen Ufern<br />
78 Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr<br />
80 Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau<br />
82 Ritter der Au<br />
84 In Memoriam Otto Steindl<br />
86 Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen<br />
90 Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen<br />
94 Weltweite Konjunktur liefert widersprüchliche Signale<br />
96 Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer<br />
98 Deutschland – der kranke Mann Europas<br />
106 Anleihen - ein Investment in Schulden<br />
110 Euro, digitaler Euro, Bitcoin<br />
INHALT<br />
5/<strong>2023</strong><br />
Sehr geehrte Leser!<br />
Nach wie vor und noch weitere zwei<br />
Jahre regiert die Chaos-Clowns<br />
Truppe in Berlin und bestimmt<br />
das wirtschaftliche Schicksal Europas<br />
mit. Doch zumindest gibt’s in<br />
unserem Österreich demnächst<br />
Licht am Ende des Tunnels, um der<br />
fahrlässigen Außen-, Finanz- und<br />
Wirtschaftspolitik Brüssels zeitnah<br />
Einhalt zu gebieten und wie zuletzt<br />
kundegetan; Regierungen, Landesorganisationen<br />
sollten primär bestrebt<br />
sein, zum Wohle der Bürger<br />
ihres Landes zu handeln und in<br />
den Wirtschaftsraum investieren,<br />
sowie die Rechtsstaatlichkeit zu<br />
gewährleisten. Auch potenzielle<br />
Konfliktherde müssen frühzeitiger erkannt<br />
und darauf reagiert werden.<br />
„Ordnungspolitischer Schweinkram“<br />
darf dabei kein Dauerzustand<br />
werden.<br />
Die 5. LOGISTIK express Ausgabe<br />
bündelt zahlreiche Themen rund<br />
um die facettenreiche Welt der<br />
Logistik ab. In diesem Sinne würde<br />
es uns sehr freuen, Sie auch 2024<br />
mit spannenden Themen aus<br />
Wirtschaft und Politik versorgen<br />
zu dürfen. Die nächsten Ausgaben<br />
publizieren wir jeweils zum 21.<br />
02/04/06/09/11 2024 und stehen bei<br />
Fragen mit Rat & Tat zur Seite. Lesen<br />
Sie jetzt Ihre Fachzeitschrift LOGISTIK<br />
express, Ausgabe 5/<strong>2023</strong>.<br />
IMPRESSUM<br />
Markus Jaklitsch, Medieninhaber<br />
LOGISTIK express / MJR MEDIA WORLD<br />
Hameaustraße 44, 1190 Wien<br />
+43 676 7035206<br />
info@logistik-express.at<br />
www.logistik-express.com<br />
Redaktion:<br />
Angelika Gabor, Dirk Ruppik<br />
Peter Baumgartner, Peter Nestler,<br />
Fotos: istockphoto.com
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S4<br />
KOMMENTAR<br />
Österreich <strong>2023</strong> –<br />
schlimmer geht<br />
(n)immer?<br />
Dezember ist eine gute Zeit für Rückblicke –<br />
und Prognosen. Diese könnten kaum widersprüchlicher<br />
ausfallen: die Zahl der Milliardäre<br />
steigt, das globale Geldvermögen<br />
sinkt. Österreich ist in einer Rezession (oder<br />
besser Stagflation), aber für 2024 erwarten<br />
WIFO und IHS einen Aufschwung, getragen<br />
von privatem Konsum. Der hängt ab von<br />
ausreichend Einkommen, aber die KV-Verhandlungen<br />
sind zäh wie nie. Dazu das<br />
Damoklesschwert der aktuellen Coronazahlen.<br />
Und nun?<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
ANGELIKA GABOR<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Gestern Abend war ich am Christkindlmarkt<br />
bei uns in der Nähe. Es<br />
hat leicht geschneit, die perfekte<br />
Idylle. Ich hatte mich auf lange<br />
Schlangen bei meinem Lieblingsstand eingestellt,<br />
schließlich war Freitagabend. Dann die<br />
Überraschung: es war nichts los, kaum eine<br />
Menschenseele weit und breit. Der Standbetreiber<br />
bestätigte es dann, den ganzen Tag<br />
über war fast niemand da – und das nicht nur<br />
gestern. Nun glaube ich nicht, dass die Österreicher<br />
plötzlich alle abstinent geworden<br />
sind und nichts mehr vom Adventzauber wissen<br />
wollen – vielmehr handelt es sich um ein<br />
Spiegelbild der budgetären Gesamtsituation.<br />
Mein Kind liebt Baumkuchen, aber bei 7 Euro<br />
pro Stück verzichtet es freiwillig. Sieht man sich<br />
die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />
IFES an, der zufolge<br />
viele Menschen mit dem gerade erhaltenen<br />
Weihnachtsgeld Schulden tilgen oder dringend<br />
nötige Reparaturen und Anschaffungen<br />
bezahlen, ist es nicht verwunderlich, dass für<br />
sozialen Luxus wie Christkindlmarktbesuche<br />
kein Geld bleibt. Natürlich betrifft das nicht<br />
jeden gleich – haben Sie schon vom „Fat Cat<br />
Day“ gehört? Dieser Tag markiert das Datum,<br />
an dem Spitzenverdiener das Medianeinkommen<br />
erreicht haben. Spitzenreiter war übrigens<br />
Anas Abuzaakouk, Vorstandsvorsitzender<br />
der BAWAG Group AG – der dazu grade<br />
mal bis zum 2. Jänner kurz nach Mitternacht<br />
brauchte. Der könnte es sich vermutlich leisten,<br />
seinen ganz privaten Christkindlmarkt im<br />
Garten zu veranstalten – wenn er das möchte.<br />
Wenn er den Job noch ein paar Jahre behält<br />
und clever investiert, gehört er bald zum Club<br />
der Milliardäre – davon gibt es aktuell übrigens<br />
2.544 weltweit (Tendenz wieder steigend), insgesamt<br />
besitzen diese rund 12 Billionen Dollar.<br />
Laut Studie der Schweizer Großbank UBS fand<br />
interessanter Weise der höchste Vermögenszuwachs<br />
des Jahres in Europa statt: besonders<br />
Besitzer von Einzelhandels- und Konsumgüterunternehmen<br />
wie LVMH, Kering, Hermes und<br />
L`Oreal gingen als große Gewinner der letzten<br />
Monate hervor.<br />
Stagflation, und dann?<br />
Menschen über 60 erinnern sich vielleicht<br />
noch an die Ölkrise der 1970er Jahre, als die<br />
westlichen Volkswirtschaften gleichzeitig wirtschaftliche<br />
Stagnation und hohe Inflation<br />
erleben mussten – aus diesen beiden Begriffen<br />
schließlich kreierte angeblich der frühere<br />
britische Finanzminister Iain McLeod das Kofferwort<br />
Stagflation. Wieder einmal wiederholt<br />
sich die Geschichte, die überschießenden<br />
Energiepreise hatten zu gestiegenen Produktionskostens<br />
und höheren Preisen bei gleicher<br />
Nachfrage geführt – das Ergebnis war bekanntlich<br />
ein reduziertes Wirtschaftswachstum<br />
und hohe Inflation. Anders als damals ist<br />
diesmal nicht die OPEC Schuld am Energiepreisschock,<br />
das Resultat ist aber dasselbe.<br />
Als probates Mittel zum Beenden der Stagflation<br />
gelten Leitzinserhöhungen, und genau<br />
das hat die EZB probiert: im Februar, März,<br />
Mai, Juni, Juli und September <strong>2023</strong> wurde der<br />
Leitzins schrittweise auf aktuell 4,50 Prozent<br />
angehoben. Das Problem dabei ist, dass sich<br />
dadurch Kredite verteuern und die ohnehin<br />
schwächelnde Investitionsbereitschaft weiter<br />
nachlässt. Besonders schmerzlich spürbar ist<br />
das in der Baubranche: durch die strengeren<br />
Vergabekriterien bei Krediten und die höheren<br />
Kosten ist die Nachfrage nach Immobilien-<br />
Kaufobjekten eingebrochen, weswegen<br />
Neubauprojekte verschoben wurden. Laut<br />
Obmann der Immobilientreuhänder in Wien,<br />
Michael Pisecky, rechnen Branchenexperten<br />
mit einer zumindest drei Jahre anhaltenden<br />
Delle im Wohnungsneubau.<br />
Neben der Leitzinserhöhung bleiben staatliche<br />
Unterstützungen, Deregulierungen oder Steuererleichterungen<br />
als Gegenmittel der Stagflation,<br />
die so genannte angebotsorientierte<br />
Wirtschaftspolitik. Unerwünschte Nebenwirkungen:<br />
ein größeres Haushaltsdefizit. Gerade<br />
eben hat der Budgetausschuss des Nationalrats<br />
das Bundesbudget 2024 bewilligt – entgegen<br />
früherer Motivation, das Defizit zu verringern,<br />
wird ein Minus knapp 21 Milliarden Euro<br />
erwartet – vorausgesetzt, die Wirtschaft wächst<br />
um 1,2 Prozent. Tut sie das nicht…. naja, aktuell<br />
liegt die gesamtstaatliche Schuldenquote bei<br />
76,4 Prozent des BIP, wen kümmert’s, ob das<br />
ein paar Prozent mehr oder weniger werden.<br />
Unternimmt man jedoch nichts, wird Österreich<br />
nicht aus der aktuell nur leichten Rezession<br />
rauskommen, und diese Wirtschaftskrise<br />
können wir wirklich nicht gebrauchen. Ich<br />
muss zugeben, ich bin froh, hier nicht in der<br />
Haut der entscheidenden Regierungsmitglieder<br />
zu stecken, denn wie schon die Moral aus<br />
der Geschichte von Friedrich Hebbels besagt:<br />
„Allen Menschen rechtgetan, ist eine Kunst,<br />
die keiner kann“ – fragt sich nur, wer in unserer<br />
Geschichte der Esel ist.<br />
Trübe Aussicht für Unternehmen<br />
Laut neuesten Zahlen des Alpenländischen<br />
Kreditorenverbandes gab es mit Stand<br />
1.12.<strong>2023</strong> in Österreich bereits 3.050 Insolvenzen<br />
in diesem Jahr – schon jetzt mehr als in den<br />
letzten fünf Jahren, und wir haben noch einen<br />
Monat vor uns. Besonders betroffen: Handel<br />
(737 Insolvenzen) und Bauwirtschaft (650 Insolvenzen).<br />
Platz drei geht übrigens an die Gastronomie<br />
mit 507 Fällen (hoffentlich bleibt mein<br />
Lieblings-Christkindlmarktstand verschont).
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S6<br />
#connectingthedots<br />
Neben sehr vielen kleinen Unternehmen erwischte<br />
es auch etliche große Namen: Kika/<br />
Leiner, Geomix, Gerry Weber, Forstinger,<br />
Tally Weijl, Blaumax, Richter, die Sport-2000-<br />
Genossenschaft Zentrasport und auch das<br />
Corona-Testlabor Lifebrain. Für die meisten<br />
Schlagzeilen sorgt jedoch aktuell der Fall des<br />
Society-Darlings Rene Benko: mit über 5 Milliarden<br />
Passiva ist die Pleite der Signa Holding<br />
die größte Insolvenz, die Österreich je gesehen<br />
hat – mit Respektabstand gefolgt von der Alpine<br />
Bau, die 2013 mit 3,2 Milliarden Passiva in<br />
die Insolvenzgeschichte des Landes einging.<br />
Leider geht der Kreditorenverband davon<br />
aus, dass die Anzahl der Firmenpleiten bis Jahresende<br />
noch auf bis zu 3.300 weiter steigen<br />
wird. Parallel dazu werden immer weniger<br />
Unternehmen gegründet, laut Statistik Austria<br />
wurden im 3. Quartal <strong>2023</strong> 12.581 Registrierungen<br />
rechtlicher Einheiten in Österreich verzeichnet<br />
– das entspricht rund 22 Prozent weniger<br />
als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.<br />
Damit einher gehen natürlich wieder gestiegene<br />
Arbeitslosenzahlen, die im Winter ohnehin<br />
traditionell saisonbedingt höher sind als in<br />
den Sommermonaten. Ende November lag<br />
die Arbeitslosenquote mit 352.551 gemeldeten<br />
Personen bei 6,5 Prozent, das ist ein wenig<br />
höher als Ende November 2022 – aber glaubt<br />
man Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin<br />
Kocher, ist das kein Grund zu Sorge, immerhin<br />
sind aktuell 95.030 offene Stellen beim AMS<br />
gemeldet. Spricht man mit Unternehmen, sind<br />
qualifizierte Arbeitskräfte derzeit eher die Nadel<br />
am Heuhaufen als Sand am Meer… und auch<br />
Azubis sind immer schwerer zu finden, denn die<br />
Zahl der Lehranfänger geht deutlich zurück.<br />
Zusammengefasst ist die Situation also nicht<br />
gerade rosig und man versteht, warum der private<br />
Konsum stagniert. Dieser ist aber für fast<br />
die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich<br />
und damit eine unverzichtbare Stütze<br />
der österreichischen Volkswirtschaft.<br />
OECD-Prognose gibt wenig Hoffnung<br />
Es ist interessant, wie stark die Einschätzungen<br />
über die wirtschaftliche Entwicklung in<br />
Österreich auseinandergehen. Während die<br />
heimischen Institutionen eher Zuversicht und<br />
Optimismus zeigen – das WIFO rechnet mit<br />
1,2 Prozent Wachstum, das IHS mit immerhin<br />
noch 0,9 Prozent, geht die OECD von<br />
lediglich 0,6 Prozent aus – das wäre nur die<br />
Hälfte im Vergleich zur Schätzung des WIFO.<br />
Aber immerhin noch besser als das laufende<br />
Jahr mit der bereits erwarteten Schrumpfung<br />
der heimischen Wirtschaft um 0,4 Prozent.<br />
Wenigstens ist Österreich dabei in guter<br />
Gesellschaft, denn global gesehen hat sich<br />
das Wirtschaftswachstum längst entschleunigt.<br />
Die meisten Zuwächse wird der OECD-Einschätzung<br />
nach Indien (dicht gefolgt von<br />
Indonesien) erleben, wohingegen beispielsweise<br />
China stark nachlässt. Während das<br />
durchschnittliche Plus bei den G20 Ländern<br />
bei 2,8 Prozent liegt, erreicht das Mittel der<br />
OECD-Mitgliedsländer mit prognostizierten 1,4<br />
Prozent gerade Mal die Hälfte – und selbst das<br />
ist noch besser als hierzulande. Immerhin wird<br />
es – sollten die Vorhersagen halten – für uns<br />
besser laufen als für Argentinien, wo mit einer<br />
weiteren Schrumpfung von 1,3 Prozent ausgegangen<br />
wird. Als erstrebenswert gilt übrigens<br />
ein jährlicher BIP-Zuwachs zwischen 2 und 3<br />
Prozent. Wir haben also noch Luft nach oben.<br />
Die Corona-Pandemie und die darauffolgenden<br />
Maßnahmen trieben einen gewaltigen<br />
Keil in die Bevölkerung, noch heute leiden<br />
nicht nur Menschen, sondern auch Unternehmen<br />
unter den Spätfolgen. Seit 1. Juli ist<br />
Covid-19 keine meldepflichtige Erkrankung<br />
mehr – was sich aber bald wieder ändern<br />
könnte. Das Abwassermonitoring zeigt deutlich<br />
eine extrem hohe Virenlast, mehr als 110.000<br />
Menschen sind aktuell (aus diversen Gründen)<br />
im Krankenstand. Die Benennung der Virus-<br />
Varianten ist wieder äußerst kreativ: noch herrschen<br />
XBB-Varianten vor, doch JN.1 ist auf<br />
dem Vormarsch. Zum Schutz vulnerabler Menschen<br />
ist das Tragen von Masken wieder empfohlen<br />
– im Dezember-Schneegestöber nicht<br />
unbedingt ein Nachteil. Auf dem Christkindlmarkt<br />
habe ich noch niemanden mit Maske<br />
gesehen, aber wenn, würde es mich auch<br />
nicht stören. Hauptsache, wir bleiben alle<br />
gesund – darauf einen Punsch! (RED)<br />
handelskolloquium.at<br />
Der Kongress<br />
für den<br />
österreichischen<br />
Handel<br />
11. APRIL<br />
HANDELS<br />
OLLOQUIUM<br />
APOTHEKERTRAKT<br />
SCHLOSS<br />
SCHÖNBRUNN<br />
2024
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S8<br />
HANDEL<br />
Der österreichische<br />
Handel zwischen<br />
Lust und Frust<br />
Zum Auftakt des für den Handel extrem wichtigen<br />
Weihnachtsgeschäfts gab es Streiks<br />
am ersten Dezemberwochenende. Über die<br />
aktuellen Herausforderungen der Handelsbranche,<br />
schwierige Entwicklungen und<br />
auch Lichtblicke sprach Logistik express mit<br />
dem Geschäftsführer des Österreichischen<br />
Handelsverbandes, Rainer Will.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Österreich ist per Definition aktuell in einer Rezession,<br />
die Inflation ist die dritthöchste in der<br />
EU. Woran liegt das, was kann/muss man tun?<br />
Richtig, die österreichische Wirtschaftsleistung<br />
hat sich im dritten Quartal um 1,8 Prozent<br />
verringert. Gleichzeitig haben wir im europäischen<br />
Vergleich noch immer eine viel zu hohe<br />
Teuerungsrate von 5,4 Prozent. Der EU-Schnitt<br />
liegt mittlerweile bei 2,4 Prozent. Das ist ganz<br />
klar ein Versagen der Bundesregierung bei der<br />
Inflationsbekämpfung, so ehrlich muss man<br />
sein. Den Preis dafür zahlen jetzt vor allem die<br />
heimischen Betriebe, die extrem hohe KV-Abschlüssen<br />
bei sinkenden Umsätzen finanzieren<br />
müssen. Denn im Gegensatz zu den Beamten,<br />
die vom Staat finanziert werden, haben wir im<br />
Handel nicht den Luxus, höhere Gehälter über<br />
Schulden zu finanzieren und auf die Bürger<br />
abwälzen zu können. Die Händler müssen die<br />
Löhne, die sie auszahlen, selbst verdienen.<br />
Am ersten Dezember-Wochenende fanden<br />
Warnstreiks im Handel statt. Was sind die Konsequenzen<br />
daraus? Wer muss nachgeben und<br />
warum? Sind Kollektivverträge ein Relikt?<br />
Der österreichische Handel ist mit 709.000 Beschäftigten<br />
Jobmotor und größter Arbeitgeber<br />
des Landes. Viele Politiker glauben offenbar<br />
noch immer, dass wir einen Goldesel in<br />
jedem Geschäft stehen haben. Die Realität<br />
schaut ganz anders aus. Viele Handelsbetriebe<br />
befinden sich aufgrund der Teuerung in<br />
einer Zwickmühle. Einerseits geben die Kunden<br />
weniger aus, andererseits sind die Kosten<br />
durch die Decke gegangen. Neben den hohen<br />
Energiekosten belasten inflationsabhängige<br />
Aufwände wie Löhne, Miete und Pacht<br />
ebenso wie der hohe Leitzins und die Gebühren<br />
die Kapitalstruktur und Liquidität, mittlerweile<br />
kommen nicht nur KMU, sondern auch<br />
beschäftigungsintensive Lebensmittelhändler<br />
unter Druck.<br />
Auf Konsumentenseite belasten die Preissteigerungen<br />
in vielen Lebensbereichen – insbesondere<br />
bei den Wohnkosten – den privaten<br />
Konsum, höhere Kreditzinsen kommen erschwerend<br />
hinzu. Die Ausgaben fließen zudem<br />
seit Corona viel stärker in „das Leben im jetzt“<br />
– also in Urlaubsreisen, Gastronomie, Hotellerie<br />
und Freizeitdienstleistungen, während die<br />
klassischen Warenkäufe und damit die realen<br />
Umsätze im Handel seit 12 Monaten rückläufig<br />
sind. Daher haben es auch Boutiquen, Modehäuser,<br />
Möbel- und Baustoff- und Elektronikhändler<br />
schwer. Besondere Zeiten brauchen<br />
besondere Lösungen, das gilt insbesondere<br />
auch für die KV-Verhandlungen. Wir hoffen,<br />
dass auch die Gewerkschaft die akute Gefahr<br />
für die Beschäftigung im Handel erkennt und<br />
verantwortungsvoll handelt. Wenn die Gewerkschaft<br />
weiterhin streiken will, wird sie es<br />
auf ihre eigenen Fahnen heften müssen, wenn<br />
nächstes Jahr viele arbeitende Menschen<br />
keinen Job mehr haben. Wir verlangen nicht<br />
mehr, als dass die Gewerkschafter der Realität<br />
ins Auge schauen. Wenn sie das absichtlich<br />
nicht wollen, ist jede Diskussion sinnlos. Von<br />
Streiks im Weihnachtsgeschäft profitiert jedenfalls<br />
niemand im Land – weder die Händler,<br />
deren Umsätze wegbrechen, noch die Konsumenten,<br />
die beim Einkaufen im stationären<br />
heimischen Handel behindert werden, noch<br />
die Arbeitnehmer, weil dadurch zwangsläufig<br />
weniger vom Kuchen zu verteilen bleibt. Es<br />
gewinnen lediglich Drittstaatenhändler – die<br />
Gewerkschaft fördert also den Kaufkraftabfluss<br />
in den ausländischen eCommerce.<br />
Arbeitszeiten und Verdienst im Handel sind für<br />
viele unattraktiv, es gibt viele offene Stellen.<br />
Würde da ein kräftiges Gehaltsplus nicht Abhilfe<br />
schaffen?<br />
In den 1950er Jahren galt der Handel tatsächlich<br />
noch als "Billiglohnbranche". Diese Zeiten<br />
sind glücklicherweise lange vorbei, heute ist<br />
der österreichische Handel ein attraktiver, zukunftssicherer<br />
Arbeitgeber. Das Vollzeit-Mindestgehalt<br />
beträgt mittlerweile 1.945 Euro und<br />
macht die Attraktivität der Branche auch in<br />
Zahlen deutlich. Wir haben faire Arbeitsbedingungen<br />
und flexible, familienfreundliche<br />
Arbeitszeiten, die stetig verbessert werden.<br />
Die Hälfte aller Handelsmitarbeitenden ist fünf<br />
Jahre und länger im selben Unternehmen<br />
beschäftigt, ein Drittel sogar länger als zehn<br />
Jahre. Und 79 Prozent der Handelsmitarbeiter<br />
bewerten ihren Job als "attraktiv".<br />
Stichwort Energiekostenzuschuss - kommt das<br />
Geld bei den Unternehmen an, gibt es Verbesserungsbedarf?<br />
Der Energiekostenzuschuss 1 war de facto<br />
ein reiner „Industriekostenzuschuss“, kaum ein<br />
Händler hat davon profitiert. Auf massiven<br />
Druck des Handelsverbandes hat die Bundesregierung<br />
die Kriterien für den Energiekostenzuschuss<br />
2 dahingehend geändert, dass auch<br />
Handelsbetriebe endlich eine Unterstützung<br />
bekommen. Das war überfällig, immerhin hatte<br />
unsere Branche heuer mit Energiemehrkosten<br />
von einer halben Milliarde Euro zu kämpfen.<br />
Die Antragsfrist für den EKZ 2 läuft noch bis 7.<br />
Dezember, rund die Hälfte der heimischen<br />
Händler ist laut unserer jüngsten Händlerbefragung<br />
anspruchsberechtigt. Problematisch<br />
ist auch die Komplexität der Beantragung, die<br />
viele kleine und mittelständische Unternehmen<br />
überfordert.<br />
Es gibt vermehrt Insolvenzen, welche davon<br />
sind "echt" und welche haben sich nur durch<br />
Corona- und andere Hilfen verzögert?<br />
<strong>2023</strong> haben wir branchenübergreifend ein<br />
inflationsbereinigtes Umsatzminus von fast 4<br />
Prozent, einige Handelssektoren haben sogar<br />
zweistellige Erlösrückgänge. Neben dem<br />
Bau ist keine Branche stärker von Insolvenzen<br />
gefährdet als der Handel! Wir mussten heuer<br />
bereits über 6.400 Schließungen verkraften.<br />
Natürlich war die Corona-Pandemie ein Mitauslöser<br />
vieler Insolvenzen. Nicht ohne Grund<br />
haben wir immer wieder vor „Financial Long<br />
Covid“ – also Liquiditätsproblem aufgrund<br />
der Lockdowns und fehlender Entschädigungen<br />
– gewarnt. Rund ein Fünftel der österreichischen<br />
Handelsbetriebe hat übrigens noch<br />
immer nicht alle Corona-Entschädigungen in<br />
voller Höhe erhalten.<br />
Welche Erwartungen haben Sie für das Weihnachtsgeschäft?<br />
Generell ist der Dezember für den Großteil der<br />
österreichischen Einzelhändler der wichtigste<br />
Monat im Geschäftsjahr, er gilt branchenintern<br />
als "5. Quartal". Die absoluten Mehrumsätze,<br />
die durch das Weihnachtsgeschäft erzielt<br />
werden, haben von 2015 bis 2020 – also vor<br />
Corona – stetig zugelegt. Während der Pandemie<br />
sind die Weihnachtsumsätze allerdings<br />
deutlich gesunken. Im Vorjahr lag der Dezember-Mehrumsatz<br />
in Österreich bei 1,36 Milliarden<br />
Euro. Insgesamt lag das Umsatzvolumen<br />
bei 7,3 Mrd. Euro und der gesamte Jahresum-
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S10<br />
satz 2022 im österreichischen Einzelhandel bei<br />
72,5 Mrd. Euro. Heuer befürchten wir für das<br />
Weihnachtsgeschäft aufgrund des Kaufkraftverlustes<br />
der Bevölkerung einen erheblichen<br />
Umsatzrückgang von 9 Prozent. Laut unserer<br />
aktuellen Konsumentenbefragung werden die<br />
Pro-Kopf-Ausgaben für Weihnachtsgeschenke<br />
heuer von 395 auf 359 Euro einbrechen.<br />
Wie wichtig ist ein verkaufsoffener 8.12.?<br />
Der 8. Dezember firmierte früher im Handel stets<br />
als "fünfter Einkaufssamstag", er hat jedoch in<br />
den letzten Jahren spürbar an Bedeutung verloren.<br />
Für einen großen Teil der Händler ist er<br />
schlicht nicht leistbar. Warum? Die Beschäftigten<br />
erhalten am 8.12. zusätzlich zum normalen<br />
Monatsentgelt in voller Höhe für jede am Feiertag<br />
geleistete Stunde eine Abgeltung in der<br />
Höhe des normalen Stundensatzes (Feiertagsarbeitsentgelt)<br />
sowie zusätzliche Freizeit im<br />
Ausmaß von mindestens 4 bis 8 Stunden und<br />
100%ige Zuschläge. Damit ist dieser Tag für<br />
den Handel der kostenintensivste der Jahres.<br />
Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen<br />
am Arbeitsmarkt (Personalqualifizierung<br />
und Personalmangel) und der anhaltenden<br />
Teuerungskrise werden auch heuer voraussichtlich<br />
40 Prozent der heimischen Geschäfte<br />
am Marienfeiertag nicht aufsperren. Manche<br />
Händler halten am 8. Dezember auch traditionell<br />
geschlossen, um das Employer Branding<br />
zu stärken. Mit Blick auf die niedrige Öffnungsquote<br />
sollte man dringend über Optimierungsmöglichkeiten<br />
nachdenken, damit künftig<br />
wieder mehr Händler offenhalten und auch<br />
alle Angestellten sowie die gesamte Volkswirtschaft<br />
davon profitieren können. Auch seitens<br />
der Gewerkschaft wurde ja bereits vor Jahren<br />
eine Reform der Zuschläge in Aussicht gestellt,<br />
die aber nach wie vor aussteht.<br />
Black Friday/Cyber Monday haben sich auch<br />
in Österreich etabliert. Gibt es schon ein Resümee<br />
zu den Verkaufszahlen <strong>2023</strong>?<br />
Die Konsumlaune der Österreicher ist leider<br />
auch während der Black Week ziemlich trüb<br />
geblieben. Knapp zwei Drittel der Menschen<br />
haben heuer die Angebote rund um die Aktionstage<br />
“Black Friday“ (24. November) und<br />
“Cyber Monday“ (27. November) genutzt.<br />
Deutlich zurückgegangen ist allerdings die<br />
Ausgabebereitschaft: Lag das durchschnittlich<br />
eingeplante Budget für die beiden Shoppingtage<br />
im Vorjahr bei 297 Euro pro Kopf,<br />
waren es heuer nur noch 274 Euro – ein nominelles<br />
Minus von 8 Prozent. Inflationsbereinigt<br />
bedeutet das sogar ein deutlich zweistelliges<br />
Umsatzminus.<br />
Der stationäre Handel ist unter Druck, wenn<br />
man sich die vielen freien Ladenflächen ansieht,<br />
haben einige schon das Handtuch geworfen.<br />
Ist dieser Trend aufzuhalten? Wie?<br />
Wir leben in spannenden Zeiten mit riesigen<br />
gesellschaftlichen und geopolitischen Veränderungen.<br />
Auch im Handel erleben wir gerade<br />
riesige Umwälzungen. Wenn wir den stationären<br />
Handel weiterhin so vernachlässigen,<br />
verlieren unsere Orte und Städte an Lebensqualität.<br />
In den vergangenen Jahren wurde<br />
die Branche ohnehin schon erheblich zerstört,<br />
indem wir den globalen Digitalgiganten dieser<br />
Welt de facto Steuerfreiheit gewährt haben.<br />
Damit haben wir nicht nur einzelne Unternehmen<br />
sterben lassen, sondern wir gefährden<br />
damit auch unsere Gemeinden, unsere<br />
Lebensqualität. Manche Innenstädte sind inzwischen<br />
völlig ausgestorben, das ist nur noch<br />
traurig. Wenn die Europäische Union weiterhin<br />
zulässt, dass ausländische Drittstaatenhändler<br />
und Ultra-Fast-Fashion-Anbieter hier um billigstes<br />
Geld absoluten Schrott verkaufen dürfen,<br />
setzen wir unsere Stadtkerne aufs Spiel. Und<br />
natürlich schafft der Handel auch Arbeit – für<br />
709.000 Familien Menschen ist er die Lebensgrundlage,<br />
das sollten wir nicht aus den Augen<br />
verlieren.<br />
Der HV betont schon lange die Notwendigkeit<br />
der Digitalisierung. Gibt es Fortschritte?<br />
Unseren Händlern ist völlig klar, dass es an der<br />
Digitalisierung und an Künstlicher Intelligenz<br />
kein Vorbeikommen gibt. Viele zählen hier zu<br />
den absoluten Vorreitern. Ein Drittel hat bereits<br />
KI-Tools im operativen Einsatz, und täglich werden<br />
es mehr. Aber: 44 Prozent aller Betriebe<br />
haben zurzeit einen Investitionsstopp verhängt<br />
– sie können sich die erforderlichen Investitionen<br />
in neue Technologien schlicht nicht mehr<br />
leisten. Daher braucht es mehr gezielte staatliche<br />
Förderungen für Digitalisierungsprojekte,<br />
aber auch endlich eine faire Besteuerung, damit<br />
für den Händler ums Eck dieselben Regeln<br />
gelten wie für die digitalen Giganten. Solang<br />
es die bestehenden steuerlichen Schlupflöcher<br />
gibt, haben die stationären Händler<br />
einen enormen Nachteil. Es ist höchste Zeit,<br />
dass man da in Brüssel einmal aufwacht und<br />
diese Realitäten anerkennt.<br />
Wie sieht der Wunsch ans Christkind aus?<br />
Eines ist klar: Der Staat kann nicht uns retten.<br />
Wir können den Staat retten, aber nicht umgekehrt.<br />
Wir sehen das bei der Pensionsdebatte.<br />
Da wird herumgeeiert, aber die Leute gehen<br />
im Schnitt mit 63 in Pension. Im Handel würden<br />
wir liebend gern, wenn es sich steuerlich<br />
auszahlt, ältere motivierte Menschen im<br />
Verkauf arbeiten lassen – egal ob 10, 20 oder<br />
30 Stunden. Viele würden das sofort machen.<br />
Das hält die Menschen länger fit und gesund<br />
–und ist in vielen Fällen der Ersatz für den Psychotherapeuten.<br />
Wer aber heute in seiner<br />
Pension arbeitet, hat einen steuerlichen Nachteil.<br />
So blöd sind die Leute natürlich nicht.<br />
Genau das meine ich, wenn ich sage, wir<br />
müssen unsere eingefahrenen Systeme ändern.<br />
Dasselbe gilt für die Kinderbetreuung.<br />
Wir schreiben <strong>2023</strong> und haben noch immer<br />
keine flächendeckende, leistbare Kinderbetreuung<br />
in Österreich. Gerade der Handel ist<br />
weiblich. 72% unserer Angestellten sind weiblich.<br />
Für eine Steigerung der Vollzeitquote ist<br />
es ist essenziell, dass Frauen, die noch immer<br />
den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung<br />
übernehmen, größtmöglichen Spielraum<br />
haben. Investitionen in die Kinderbetreuung<br />
sind daher die besten Investitionen für unsere<br />
Zukunft. Davon profitieren nicht nur die Kinder,<br />
sondern auch die Eltern. Sie können sich auch<br />
beruflich besser freispielen und Stunden erhöhen<br />
oder sogar in Vollzeit arbeiten, was auch<br />
dem vorherrschenden Arbeitskräftemangel<br />
entgegenwirken würde. Ein Win-Win-Win – das<br />
wünsche ich mir heuer vom Christkind!<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S12<br />
HANDEL<br />
Weniger ist mehr:<br />
Gen Z und Best Ager<br />
vermeiden<br />
Reizüberflutungen<br />
Eine neue Studie von Handelsverband und<br />
Mindtake bringt Insights für eine erfolgreiche<br />
Ansprache zweier spannender Zielgruppen:<br />
Best Ager und Gen Z. Convenience steht bei<br />
beiden Generationen ebenso hoch im Kurs<br />
wie neue Technologien. Laute Musik, starke<br />
Raumdüfte und eine aufdringliche Verkaufsberatung<br />
in den Geschäften sind absolute<br />
No-Gos. Gendern in der Werbung wird relevanter<br />
– allerdings nur für die Jungen.<br />
BEITRAG: MANUEL FRIEDL, GERALD KÜHBERGER<br />
GERALD KÜHBERGER<br />
Gen Z, das ist die begehrte und<br />
zunehmend wichtige Zielgruppe<br />
der 15- bis 27-Jährigen. Als Best<br />
Ager wiederum werden die 50-<br />
bis 69-jährigen Kunden bezeichnet, die zahlenmäßig<br />
weitaus größere und gleichzeitig kaufkräftigste<br />
aller Zielgruppen für den Handel. Die<br />
unterschiedlichen Shopping-Vorlieben dieser<br />
beiden Kundengruppen hat der Handelsverband<br />
gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut<br />
Mindtake in einer neuen Studie betrachtet.<br />
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Für 68 % der<br />
Gen Z sind stationäre Geschäfte weiterhin die<br />
mit Abstand bevorzugte Einkaufsstätte für Besorgungen<br />
– auch abseits von Lebensmitteln<br />
oder Drogeriewaren. Best Ager präferieren<br />
sogar zu 79 % den Einkauf im stationären Handel.<br />
Exakt ein Drittel hebt dabei den Einkauf<br />
im Fachgeschäft als liebste Shopping-Adresse<br />
hervor. In der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen<br />
ist der Webshop nur für 21 % die erste<br />
Wahl, wenn es um den Einkauf abseits der täglichen<br />
Bedarfsgüter geht.<br />
Convenience ist entscheidend<br />
Worauf kommt es im Geschäft besonders an?<br />
„Einkaufen im Shoppingcenter oder in den<br />
Innenstädten ist auch für die Gen Z weiterhin<br />
eine attraktive Form der Freizeitgestaltung.<br />
Convenience spielt dabei für die Jungen sowohl<br />
beim Online-Shopping als auch im stationären<br />
Handel eine entscheidende Rolle“, fasst<br />
Mindtake-Geschäftsführerin Petra Kacnik-Süß<br />
die Shoppingvorlieben der jüngeren Käufergeneration<br />
zusammen. „Die No-Gos im stationären<br />
Handel sind hingegen Reizüberflutungen,<br />
etwa laute Musik oder zu starker Duft,<br />
sowie eine aufdringliche Verkaufsberatung“,<br />
resümiert Handelsverband-Geschäftsführer<br />
Rainer Will.<br />
Ungebrochen hoch ist das Interesse an neuen<br />
Technologien im Handel, vor allem bei der<br />
jüngeren Zielgruppe. Als besonders interessant<br />
beurteilt werden die Personalisierung<br />
von Produkten (54 %), interaktive Erlebnisse<br />
in Geschäften (53 %), die Kommunikation mit<br />
dem Unternehmen über WhatsApp (45 %),<br />
der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (44 %)<br />
sowie Augmented Reality (42 %). Etwas niedriger<br />
ist das technologische Interesse bei den<br />
Best Agers. Hier liegt die Kommunikation über<br />
WhatsApp an erster Stelle (24 %), gefolgt von<br />
interaktiven Erlebnissen in Geschäften (23 %)<br />
und der Personalisierung von Produkten (20 %).<br />
Spannend: Mehr als die Hälfte der Befragten<br />
hat eine positive oder neutrale Einstellung<br />
zum Thema Künstliche Intelligenz. Besonders<br />
die Gen Z sieht KI tendenziell positiver, jedoch<br />
nicht ohne Risiken. Immerhin fast die Hälfte der<br />
jungen Österreicher haben bereits KI-Tools wie<br />
ChatGPT genutzt.<br />
Shein & Temu: Gekommen, um zu bleiben<br />
Eine hohe Aufmerksamkeit wurde zuletzt asiatischen<br />
Onlinehändlern wie Shein oder Alibaba<br />
zuteil. Die Bekanntheit dieser Anbieter ist mittlerweile<br />
auch unter Best Agers überraschend<br />
groß. So kennen bereits zwei Drittel dieser Zielgruppe<br />
Wish oder Alibaba/AliExpress und immerhin<br />
jede:r Zweite den Newcomer Temu.<br />
Auch die Nutzungsraten sind hoch: Sowohl<br />
unter den Best Agers als auch in der Gen Z<br />
hat bereits fast jeder Dritte einmal bei Wish bestellt.<br />
Beliebtester asiatischer Webshop bei der<br />
Gen Z ist allerdings mit großem Abstand der Ultra-Fast-Fashion-Anbieter<br />
Shein. Wurde dieser<br />
bei den 15- bis 27-Jährigen bereits von 42 %<br />
genutzt, sind es unter den Best Agers nur 10 %.<br />
Bei den meistgenutzten Social-Media-Kanälen<br />
liegt WhatsApp in beiden Zielgruppen an erster<br />
Stelle. Der Messenger wird auch von vielen<br />
schon jetzt dazu genutzt, um mit Unternehmen<br />
zu kommunizieren oder Informationen von diesen<br />
zu erhalten. Vor einer rein werblichen Nutzung<br />
ist jedoch abzuraten: Auch von einem<br />
wesentlichen Teil der Gen Z wird WhatsApp<br />
als privates Medium angesehen, in dem keine<br />
Kommunikation mit Händlern gewünscht ist.<br />
Gefragt nach ihrer gewünschten Ansprache<br />
werden zuvorderst Instagram und YouTube<br />
genannt. Aber auch die klassische Ansprache<br />
über Print-Prospekte ist für die Gen Z weiterhin<br />
interessant.<br />
Influencer-Marketing: Gen Z will Authentizität<br />
Auch für Influencer-Marketing ist die Gen Z<br />
deutlich zugänglicher: So hat bereits gut jeder<br />
Zweite unter den 15- bis 27-Jährigen zumindest<br />
schon einmal ein Produkt gekauft, das von einem<br />
Influencer bzw. einer Influencerin in sozialen<br />
Medien empfohlen wurde. Bei den Best<br />
Agers beträgt dieser Anteil nur 11 %. Wesentliche<br />
Aspekte bei Influencer sind für die jungen<br />
Österreicher einerseits Authentizität, andererseits<br />
eine transparente Kennzeichnung von<br />
bezahlter Werbung sowie von kommerziellen<br />
Kooperationen.<br />
Ein besonders leidenschaftlich diskutiertes<br />
Thema in Österreich ist die Frage nach dem<br />
korrekten Gendern. Auch hier ist laut Studie<br />
ein deutliches Altersgefälle erkennbar.<br />
So finden es 44 % der Gen Z wichtig, dass im<br />
Sprachgebrauch von Werbung gegendert<br />
wird, bei den Best Agers sinkt dieser Wert auf<br />
10 %. Ähnlich sieht es bei der Angabe von Pronomen<br />
auf Social-Media-Kanälen aus: 39 %<br />
der Gen Z finden es essenziell, dass Personen<br />
auf Social Media oder in E-Mail-Signaturen ihr<br />
bevorzugtes Pronomen anführen. Bei den Best<br />
Agers trifft dies auf immerhin 18 % zu. (RED)<br />
Link zur vollständigen Studie:<br />
https://bit.ly/4a33PN2<br />
INFOBOX<br />
Top 10 der meistgenutzten<br />
Social-Media-Kanäle der Gen Z:<br />
• WhatsApp (88 %)<br />
• Instagram (73 %)<br />
• YouTube (56 %)<br />
• Snapchat (52 %)<br />
• Tik Tok (43 %)<br />
• Facebook (39 %)<br />
• Pinterest (16 %)<br />
• BeReal (15 %)<br />
• Discord (14 %)<br />
• Twitch (10 %)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S14<br />
HANDEL<br />
Die Politik muss sich<br />
beim Handel<br />
entschuldigen!<br />
Die heimischen Lebensmittelhändler sind<br />
keine Verursacher, sondern selbst Betroffene<br />
der Teuerungskrise – das zeigt die Bundeswettbewerbsbehörde<br />
in ihrem Endbericht<br />
zur Branchenuntersuchung der Lebensmittelwertschöpfungskette<br />
deutlich auf. Kritisiert<br />
wird hingegen die internationale Lebensmittelindustrie<br />
für ihren "Österreich Preisaufschlag".<br />
Die BWB-Analyse widerlegt damit<br />
schwarz auf weiß die unsachlichen Anschuldigungen<br />
der Politik.<br />
TEXT GERALD KÜHBERGER<br />
So gründlich wie nie zuvor hatten die<br />
Expert:innen der Bundeswettbewerbsbehörde<br />
(BWB) in den vergangenen<br />
Monaten die gesamte österreichische<br />
Lebensmittelwertschöpfungskette durchleuchtet.<br />
Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Der<br />
heimische Lebensmitteleinzelhandel (<strong>LE</strong>H)<br />
wurde von der Bundesregierung und mancher<br />
Oppositionspartei völlig zu unrecht als Sündenbock<br />
für den Preisanstieg bei Nahrungsmitteln<br />
abgestempelt. Die umfangreichen Analysen<br />
der BWB bestätigen, dass der intensive Wettbewerb<br />
im <strong>LE</strong>H trotz hoher Marktkonzentration<br />
funktioniert und der Lebensmittelhandel nicht<br />
Verursacher, sondern selbst Betroffener der<br />
Teuerungskrise ist.<br />
„Der Bericht liefert einen wettbewerblichen<br />
360 Grad Überblick des Lebensmittelmarktes<br />
in Österreich und gibt transparent die aktuelle<br />
Marktsituation wieder. Er beinhaltet eine beachtliche<br />
Menge an Daten und Fakten, die<br />
für Maßnahmen im Sinne des Wettbewerbs<br />
genützt werden können“, so die Leiterin der<br />
Bundeswettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf-Borsch,<br />
bei der Präsentation des Reports<br />
in Wien. Für den entlastenden Bericht hatten<br />
die österreichischen Lebensmittelhändler<br />
schon seit Ende des vergangenen Jahres unzählige<br />
Geschäftsdaten an die BWB geliefert.<br />
Neben 700 Handelsunternehmen waren auch<br />
1.500 Lieferanten eingehend befragt worden.<br />
Dadurch konnte sich die weisungsfreie und<br />
unabhängige Behörde einen Überblick über<br />
die gesamte Wertschöpfungskette verschaffen.<br />
Und fand nicht den geringsten Ansatz<br />
dafür, dass sich die Marktkonzentration kausal<br />
auf Preisanstiege ausgewirkt hat.<br />
"Der BWB-Endbericht widerlegt schwarz auf<br />
weiß die unsachlichen Anschuldigungen von<br />
Teilen der Bundesregierung und der Opposition,<br />
die den österreichischen Lebensmittelhandel<br />
immer wieder in populistischer Weise<br />
zum Schuldigen für die Inflation bei Lebensmitteln<br />
gestempelt hatten. Der Bericht beweist<br />
nun das Gegenteil, daher erwarten wir uns von<br />
der Politik eine Entschuldigung", kommentiert<br />
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />
die Ergebnisse. Aus Sicht des Handels besteht<br />
seitens der Politik daher auch keine sachliche<br />
Notwendigkeit für teure, regulative Eingriffe<br />
oder neue Preistransparenz-Datenbanken,<br />
Rainer Will - Geschäftsführer<br />
Handelsverband Österreichs<br />
welche die Endkundenpreise nicht senken,<br />
aber den bürokratischen Aufwand deutlich<br />
erhöhen würden. Ohnehin ist die Preistransparenz<br />
im Handel heute bereits weit höher als<br />
in praktisch allen anderen Branchen. Bei den<br />
im Bericht ebenfalls genannten fragwürdigen<br />
"Shrinkflation"- und "Skimpflation"-Aktionen<br />
sieht der Handelsverband die Lebensmittelindustrie<br />
gefordert, auf derartige Praktiken künftig<br />
zu verzichten.<br />
Was der BWB-Endbericht ebenfalls belegt: Die<br />
Handelsspannen für die Unternehmen des<br />
Lebensmitteleinzelhandels stiegen vom zweiten<br />
Halbjahr 2022 bis zum zweiten Halbjahr<br />
<strong>2023</strong> nicht systematisch an. International tätige<br />
Hersteller konnten ihre Gewinnmargen hingegen<br />
in einzelnen Produktgruppen deutlich<br />
steigern, heißt es im Endbericht wörtlich. Auch<br />
auf dieses Faktum hatte der HV monatelang<br />
immer wieder hingewiesen – ohne bei der<br />
Politik Gehör zu finden.<br />
BWB rügt Lebensmittelindustrie für<br />
"Österreich-Preisaufschlag"<br />
Die BWB rügt die internationale Lebensmittelindustrie<br />
aber auch dafür, dass sie den<br />
rotweißroten Händlern systematisch höhere<br />
Preise verrechnet als etwa jenen in Deutschland.<br />
Dies erklärt auch die Preisunterschiede<br />
bei Markenartikeln zwischen Österreich und<br />
Deutschland. Das vom Handelsverband seit<br />
Jahren geforderte Verbot Territorialer Lieferbeschränkungen<br />
würde die Konsument:innen<br />
in der Europäischen Union um jährlich 14 Milliarden<br />
Euro entlasten. Auch die BWB hat nun<br />
angekündigt, diesen Sachverhalt an die Europäische<br />
Kommission zu übermitteln.<br />
"Die Politik ist nun gefordert, in der Diskussion<br />
um Lebensmittelpreise künftig unsachliche<br />
Anschuldigungen gegen heimische Händler<br />
zu unterlassen, endlich die Rolle der globalen<br />
Hersteller gründlicher zu beleuchten und Territoriale<br />
Lieferbeschränkungen in der EU zu verbieten",<br />
ist Handelssprecher Rainer Will überzeugt.<br />
Analog zu Österreich hatte heuer auch eine<br />
Untersuchung der britischen Wettbewerbsbehörde<br />
ergeben, dass die britischen Händler<br />
die hohen Preise bei Lebensmitteln nicht<br />
verursacht haben. Die aktuellen Zahlen der<br />
europäischen Statistikbehörde Eurostat belegen<br />
ebenfalls, dass das Nahrungsmittel-Preisniveau<br />
in Österreich fast identisch ist mit jenem<br />
in Deutschland oder Frankreich. Im Übrigen<br />
gibt es allein in Europa zehn Länder, in denen<br />
das Preisniveau teils deutlich über jenem in<br />
Österreich liegt. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S16<br />
HANDEL<br />
TECH DAY <strong>2023</strong><br />
200 Gäste beim wichtigsten Tech-Event des<br />
österreichischen Handels. Staatssekretärin<br />
Plakolm mit Keynote. "Retail Innovation<br />
Award" für Hornbach, Unimarkt und Red Zac.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
Das digitalaffine Who is Who der<br />
österreichischen Handelsbranche<br />
hat sich am 9. November beim alljährlichen<br />
TECH DAY des Handelsverbandes<br />
im 35. Stock des ThirtyFive am<br />
Wienerberg getroffen. Der traditionelle Pflichttermin<br />
für die Handelsszene sowie Brancheninteressierte<br />
fand bereits zum 12. Mal statt.<br />
Rund 200 Teilnehmer:innen verfolgten das von<br />
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />
eröffnete Tech-Event. Für Begeisterung sorgte<br />
die Keynote "Die Zukunft ist jetzt – Potentialentfaltung<br />
im digitalen Zeitalter" von Ali Mahlodji.<br />
Unter dem Kongressmotto "The Future of Retail<br />
Technology" durfte das Publikum dieses Jahr<br />
dem Best Practice Beispiel von Armin Hofer<br />
(Salesforce Österreich) und Andreas Ostheer<br />
(Jägermeister) lauschen, gefolgt von Staatssekretärin<br />
Claudia Plakolm, die in ihrer Keynote<br />
"Darf’s (k)ein Zetterl sein?" u.a. auf die geplante<br />
Abschaffung der Belegerteilungspflicht für Einkäufe<br />
unter 30 Euro einging. „Es braucht den<br />
Mut, den Leuten auch wieder mehr Eigenverantwortung<br />
zuzutrauen“, so die Kernbotschaft<br />
von Plakolm.<br />
Wie Galeria Kaufhof mittels Künstlicher Intelligenz<br />
die Customer Experience im Webshop<br />
optimiert – darüber referierten Michael Sußmann<br />
(Google) und Tobias Kellner (e-dialog)<br />
in ihrem spannenden Vortrag. Beim Startup<br />
Zapping durften Rüdiger Kunz (In4Com),<br />
Sabine Walch (danube.ai) und Elias Danninger<br />
(Dauntless) ihre digitalen Lösungen für den<br />
Handel präsentieren. Michael Weixelbraun<br />
(APG - Austrian Power Grid) sprach im Anschluss<br />
über die multiplen Herausforderungen<br />
einer resilienten und erneuerbaren Stromversorgung,<br />
Robin Moser (EPAM) über das Potenzial<br />
von KI, XR und Chatbots im Retail-Sektor.<br />
Künstliche Intelligenz könnte bis 2030 rund 15,7<br />
Billionen Dollar zur Weltwirtschaft beitragen<br />
Eines der Highlights beim TECH DAY <strong>2023</strong> war<br />
die Podiumsdiskussion "Exploring the Power of<br />
AI in Retail". Live on Stage diskutierten Markus<br />
Nemeth (paiqo), Florian Prischl (Stadler Völkel<br />
Rechtsanwälte), Bernhard Schafrath (Bundeskriminalamt)<br />
und Michael Schlöggl (Avataris).<br />
Spannend: Laut einem Bericht von PwC wird<br />
geschätzt, dass die Künstliche Intelligenz bis<br />
2030 rund 15,7 Billionen US-Dollar zur Weltwirtschaft<br />
beitragen wird – das Potenzial der KI ist<br />
also riesig. Am Ende der Veranstaltung wurden<br />
bereits zum 8. Mal die begehrten Retail Innovation<br />
Awards in drei Kategorien vergeben:<br />
• Best Instore Solution – Gewinner:<br />
Unimarkt in Kooperation mit Mastercard<br />
• Best Online/Mobile Solution – Gewinner:<br />
Red Zac<br />
• Best Omnichannel Solution – Gewinner:<br />
Hornbach<br />
Mit dem Preis werden in Österreich tätige<br />
Handelsunternehmen für den Einsatz herausragender,<br />
innovativer Technologie-Lösungen<br />
ausgezeichnet. Nikolaus Köchelhuber und<br />
Florian Haas von der Unternehmensberatung<br />
EY (Ernst & Young) übergaben die Auszeichnungen<br />
gemeinsam mit HV-Geschäftsführer<br />
Rainer Will. Der Handelsverband und Schirmherr<br />
EY gratulieren den 15 Finalisten und den<br />
drei Gewinnern herzlich.<br />
Fanny Stapf (ORF) glänzte als Moderatorin<br />
und führte charmant durch den Nachmittag.<br />
Bevor es dann am Abend zum Ausklang und<br />
Networking mit Drinks bei der Afterparty powered<br />
bei ZEBRA Technologies ging, warteten<br />
tolle Tech-Preise und exklusive Tickets für<br />
ausgewählte HV Events auf die glücklichen<br />
Gewinner:innen der Retail Rallye.<br />
Die Schlussworte übernahmen Philipp Johannesson<br />
(ZEBRA Technologies) und Handelsverband-Präsident<br />
Stephan Mayer-Heinisch.<br />
Das Team des Handelsverbandes bedankt<br />
sich herzlich bei allen Besucher:innen sowie<br />
bei den Sponsoren und Kooperationspartnern.<br />
Besonderer Dank gilt dem heurigen<br />
Plain-Sponsor EPAM sowie den Premium-Partnern<br />
CRIF, e-dialog, EY Österreich, Google<br />
Cloud, PSA (Payment Services Austria), Salesforce,<br />
Xvise und ZEBRA Technologies.<br />
(RED)<br />
GERALD KÜHBERGER<br />
PRESSESPRECHER<br />
HANDELSVERBAND
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S18<br />
GEORG PÖLZL<br />
Diese negative Entwicklung betrifft natürlich<br />
auch Kunden der Österreichischen Post<br />
im Versandhandel- und Werbebereich.<br />
„Vor dem Hintergrund des angespannten<br />
makroökonomischen Umfeldes sind wir mit der<br />
Entwicklung der Österreichischen Post sehr<br />
zufrieden“, so Generaldirektor Georg Pölzl.<br />
„Das Wachstum im Paketbereich, aber auch<br />
der Anstieg bei Finanzdienstleistungen, konnten<br />
den Rückgang bei Brief- und Werbesendungen<br />
kompensieren“, so Pölzl weiter.<br />
Mehr Umsatz, Ergebnis stabil<br />
Die Umsatzerlöse des Konzerns verbesserten<br />
sich in den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> um 8,5 %<br />
auf 1.969,3 Mio. EUR. Dabei zeigte die Division<br />
Paket & Logistik einen Umsatzzuwachs von<br />
16,6 % auf 1.009,1 Mio. EUR, basierend auf<br />
Volumenzuwächsen in allen Regionen der<br />
Österreichischen Post: In den ersten neun<br />
Monaten <strong>2023</strong> war ein Mengenwachstum von<br />
11 % in Österreich, 25 % in Südost- und Osteuropa<br />
sowie 11 % in der Türkei zu verzeichnen.<br />
„Mit der Geschäftsentwicklung in Südosteuropa<br />
und auch in der Türkei sind wir sehr<br />
zufrieden“, sagt Pölzl bei der Präsentation der<br />
Quartalszahlen in Wien. Der Markt und auch<br />
das Wachstum in der Türkei sind allerdings<br />
weiterhin von der im Land herrschenden sehr<br />
hohen Inflation und der ungünstigen Wechselkursentwicklung<br />
beeinträchtigt.<br />
Weniger Briefe und Werbung<br />
Die Division Brief & Werbepost verzeichnete in<br />
den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> einen Umsatzrückgang<br />
von 2,3 % auf 866,7 Mio. EUR, bedingt<br />
durch eine Abnahme des Briefgeschäfts, aber<br />
auch durch Volumenrückgänge im Werbegeschäft.<br />
Der klassische Prospekt habe aber<br />
noch lange nicht ausgedient, betonte Pölzl.<br />
„Der ist nach wie vor ungebrochen beliebt –<br />
ohne geht es nicht.“ Ein starkes Umsatzplus<br />
von 39,3 % auf 118,6 Mio. EUR generierte die<br />
Division Filiale & Bank, vor allem durch die gestiegenen<br />
Zinsen. „Die Bank99 ist stark, da können<br />
wir nicht klagen“, meint Pölzl stolz.<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
Österreichische Post:<br />
Mehr Umsatz,<br />
mehr grün<br />
Die Österreichische Post AG setzt ihren<br />
wirtschaftlichen Erfolg auch im 3. Quartal<br />
des Geschäftsjahres <strong>2023</strong> fort. Und so ganz<br />
nebenbei wird der Logistikkonzern mit Hauptsitz<br />
in Wien auch zu einem durchaus nachhaltigen<br />
Unternehmen umgebaut. Aus gelb<br />
wird grün, wird von Seiten des Managements<br />
der Post immer wieder angemerkt.<br />
REDAKTION: PETER NEST<strong>LE</strong>R<br />
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen<br />
gelingt es der Österreichischen Post<br />
AG im Konzern auch im laufenden<br />
Geschäftsjahr <strong>2023</strong> wieder, den Umsatz<br />
auszubauen. Und auch das Ergebnis kann sich<br />
sehen lassen. Zum Teil liegt der Ursprung des<br />
Erfolgs im Ausland, wo Beteiligungen aufblühen.<br />
Aber auch im Inland wird den Rückgängen<br />
im Onlinehandel getrotzt. Der Umbau von<br />
der gelben zur grünen Post wird konsequent<br />
weiterverfolgt.<br />
Schwierige Rahmenbedingungen<br />
Das Jahr <strong>2023</strong> ist rundherum von herausfordernden<br />
Rahmenbedingungen geprägt.<br />
Die hohe Inflation vor allem in Österreich<br />
bei gleichzeitig schwächer werdender Wirtschaftsleistung<br />
in mehreren Ländern Europas<br />
hat negative Effekte auf das Investitionsverhalten<br />
von Menschen und Unternehmen. Insbesondere<br />
der Einzelhandel verzeichnet stationär<br />
aber auch online aktuell eine rückläufige<br />
Nachfrage. Nicht zuletzt die Pleiten von Leiner<br />
und mehrerer Schuhhändler legten ein spürbares<br />
Zeugnis davon ab.<br />
AMBITIONEN DER ÖSTERREICHISCHEN POST WERDEN GEWÜRDIGT<br />
2. Platz<br />
Austrian<br />
Sustainability<br />
Reporting<br />
Award<br />
2022<br />
ALC Award<br />
2022<br />
ESG Reporting<br />
1. Platz<br />
Effective<br />
Sustainability<br />
Communicator<br />
2022<br />
Austria<br />
CEO & CFO<br />
des Jahres<br />
<strong>2023</strong> in der<br />
Kategorie ESG<br />
Neuerliche<br />
Aufnahme<br />
CDP A List<br />
1
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S20<br />
Das Periodenergebnis steigerte sich in den ersten<br />
drei Quartalen <strong>2023</strong> von 84,8 Mio. EUR auf<br />
90,8 Mio. EUR, daraus ergibt sich ein verbessertes<br />
Ergebnis je Aktie von 1,30 EUR nach 1,25<br />
EUR in der Vorjahresperiode (+4,4 %). Das lässt<br />
Anleger auf eine gute Dividende der Österreichischen<br />
Post AG hoffen.<br />
Ergebnisentwicklung ist gut<br />
Trotz der anhaltenden Herausforderungen und<br />
den kostenseitigen Inflationstrends konnte die<br />
Österreichische Post in den ersten drei Quartalen<br />
<strong>2023</strong> eine Verbesserung bei den wesentlichen<br />
Ergebniskennzahlen verzeichnen. Das<br />
EBITDA steigerte sich um 9,5 % auf 282,4 Mio.<br />
EUR und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern<br />
(EBIT) stieg um 4,4 % auf 130,8 Mio. EUR.<br />
Die Division Brief & Werbepost generierte ein<br />
EBIT von 102,1 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen<br />
<strong>2023</strong> nach 110,7 Mio. EUR im Jahr zuvor<br />
(–7,8 %). Die rückläufigen Volumen konnten<br />
nur teilweise durch Tarifmaßnahmen kompensiert<br />
werden.<br />
In der Division Paket & Logistik wurde in den<br />
ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> ein EBIT von 60,7<br />
Mio. EUR nach 58,6 Mio. EUR generiert (+3,5 %).<br />
Die Division Filiale & Bank verzeichnete ein<br />
EBIT von minus 5,6 Mio. EUR in den ersten drei<br />
Quartalen <strong>2023</strong> nach minus 24,8 Mio. EUR in<br />
der Vorjahresperiode und zeigte somit eine<br />
starke Ergebnisverbesserung von 77,5 %. Wesentlich<br />
dazu beigetragen hat die positive<br />
Entwicklung im Finanzdienstleistungsgeschäft<br />
der bank99, basierend auf dem aus Bankensicht<br />
verbesserten Zinsumfeld.<br />
Positiver Ausblick<br />
Auch für die nächsten Quartale sieht die<br />
Führungsriege der Österreichischen Post AG<br />
die Themen Inflation, Konsumverhalten und<br />
die Entwicklung im Handel als bestimmende<br />
Herausforderungen in den Märkten. Wachstumschancen<br />
zu nutzen und gleichzeitig Effizienzmaßnahmen<br />
umzusetzen, bleibe oberste<br />
Priorität, betont Pölzl. Das Unternehmen behalt<br />
daher den bereits früher geäußerten Ausblick<br />
bei und erwartet für das Geschäftsjahr <strong>2023</strong><br />
ein Wachstum zumindest im mittleren einstelligen<br />
Bereich.<br />
Prognoseschwankungen ergeben sich speziell<br />
durch das Inflationsumfeld in der Türkei sowie<br />
durch den schwankenden Wechselkurs der<br />
türkischen Lira. Das Ziel bleibe aufrecht, <strong>2023</strong><br />
ein Konzernergebnis (EBIT) auf dem Niveau<br />
des Vorjahres zu erreichen. Und auch für 2024<br />
wird ein Umsatzwachstum – insbesondere im<br />
Paketbereich – angepeilt, um dem Kostenauftrieb<br />
zu begegnen und die langjährige stabile<br />
Ergebnisentwicklung fortzusetzen.<br />
Sortierleistung weiter steigern<br />
Das massive Investitionsprogramm der vergangenen<br />
Jahre mit einer nahezu Verdreifachung<br />
der Sortierleistung in der Paketlogistik in<br />
Österreich befindet sich aktuell mit der Inbetriebnahme<br />
des neuen Paket-Logistikzentrums<br />
Wien in der finalen Phase. Darüber hinaus wird<br />
der Ausbau der E-Mobilität weiter vorangetrieben.<br />
Erklärtes Ziel des Post-Managements ist<br />
es, bis in s Jahr 2030 eine CO2-freie Zustellung<br />
in ganz Österreich zu schaffen. „Wir sind bestrebt,<br />
unseren Kunden nicht nur eine hervorragende<br />
Qualität anbieten zu können, sondern<br />
wollen auch weiterhin Vorreiterin in der grünen<br />
Logistik sein“, so Georg Pölzl abschließend.<br />
(RED)<br />
ÖSTERREICH IST<br />
FÜHREND BEI<br />
RABATT-AKTIONEN.<br />
WIR HANDELN<br />
IM SINNE AL<strong>LE</strong>R!<br />
Österreicher:innen profitieren im heimischen<br />
Lebensmittel handel von einem Rabatt-Anteil von<br />
rund 40 %. In Deutschland sind es nur 12 %.<br />
unser-lebensmittelhandel.at<br />
Eine Initiative vom
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S22<br />
Der Spezialist für Customer Care<br />
und Fulfillment im E-Commerce,<br />
Salesupply, hat elf hilfreiche Tipps<br />
zusammengestellt, wie Online-<br />
Händler den Januar-Wahnsinn überleben.<br />
SASKIA MÜL<strong>LE</strong>R<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
11 Tipps, wie Online-<br />
Händler Retourenflut<br />
nach Weihnachten<br />
bewältigen<br />
Vor Weihnachten kämpft der Online-Handel<br />
damit, die Welle an Bestellungen rechtzeitig<br />
zu verschicken. Nach Weihnachten kommt<br />
die Flut zurück. Dann müssen Online-Händler<br />
es schaffen, das hohe Retouren-Aufkommen<br />
zu bewältigen, ohne dabei das Kundenerlebnis<br />
leiden zu lassen. Doch wie gelingt<br />
dieser Spagat? Der Spezialist für Customer<br />
Care und Fulfillment im E-Commerce, Salesupply,<br />
hat elf hilfreiche Tipps zusammengestellt,<br />
wie Online-Händler den Januar-Wahnsinn<br />
überleben. TEXT: SASKIA MÜL<strong>LE</strong>R & KOL<strong>LE</strong>GEN<br />
1. Optimieren Sie Ihre Produktbeschreibungen,<br />
um die Retourenquote bereits im Bestellprozess<br />
proaktiv zu senken<br />
Im Grunde ist es eine Binsenweisheit, aber fast<br />
alle Online-Shops haben hier noch Luft nach<br />
oben: Mit ausführlichen Produktdetails reduzieren<br />
Händler die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
Kunden Produkte aufgrund falscher Annahmen<br />
zurücksenden. Dazu gehören Textinformationen<br />
zu Produkteigenschaften, Maßen,<br />
Materialien oder speziellen Pflegehinweisen,<br />
Passforminformationen, Größentabellen und<br />
Anleitungen zum genauen Maßnehmen,<br />
Kundenbewertungen sowie hochwertige Produktbilder<br />
und -videos. Nutzen Sie zudem das<br />
Kundenfeedback aus Rücksendungen, um<br />
Ihre Produktbeschreibungen kontinuierlich zu<br />
verbessern.<br />
2. Verlängern Sie Ihre Rückgabefrist<br />
Längere Rückgabefristen können die Retourenquote<br />
senken, da die Kunden mehr Zeit<br />
haben, ihre Einkäufe zu bewerten. Gleichzeitig<br />
entlastet eine großzügige Retourenregelung<br />
das Retourenzentrum unmittelbar nach den<br />
Feiertagen, weil nicht alle Rücksendungen innerhalb<br />
von 14 Tagen eintreffen.<br />
3. Machen Sie Retouren<br />
(teilweise) kostenpflichtig<br />
Händler wie Zara oder H&M machen es vor:<br />
Die Weitergabe der Retourenkosten an die<br />
Kunden führt zu einem deutlichen Rückgang<br />
der Retourenquoten, während die Umsätze<br />
nur leicht zurückgehen. Wer weniger rigoros<br />
vorgehen will, kann zum Beispiel eine Regelung<br />
einführen, nach der Retouren kostenlos<br />
sind, solange weniger als ein bestimmter Prozentsatz<br />
der Bestellung zurückgeschickt wird.<br />
4. Bieten Sie Gutscheine als<br />
Alternative ur Rückerstattung<br />
Studien zeigen: Kunden akzeptieren auch Gutscheine<br />
statt einer Rückerstattung des Rechnungsbetrags.<br />
Die Motivation steigt, wenn der<br />
Gutschein z.B. sofort verfügbar ist, während<br />
die Erstattung mehrere Tage dauert. Eine weitere<br />
Alternative ist, wenn der Gutschein noch<br />
um ein kleines Dankeschön aufgestockt wird.<br />
5. Motivieren Sie zur Rückgabe in der Filiale<br />
Wenn Kunden ihre Retoure in der Filiale abgeben,<br />
ist die Chance auf einen Alternativkauf<br />
hoch. Ein Anreiz könnte z.B. sein, dass die Gutschriften<br />
um 10 Prozent erhöht werden, wenn<br />
die Retoure in der Filiale abgegeben wird.<br />
Eine andere Möglichkeit ist, die Rückgabe in<br />
der Filiale kostenlos anzubieten, während die<br />
Retoure per Post kostenpflichtig ist.<br />
6. Nutzen Sie ein Online-Retourenportal<br />
Lassen Sie Ihre Kundinnen und Kunden<br />
Retouren über ein Online-Retourenportal<br />
abwickeln. Das hat viele Vorteile: Zum Beispiel<br />
können Sie Retouren an ein anderes<br />
Retourenzentrum umleiten, wenn das Standard-Retourenzentrum<br />
gerade überlastet<br />
ist. Sie haben bereits Tage vor Eintreffen der<br />
Pakete einen Überblick über das zu erwartende<br />
Aufkommen und können die Personalplanung<br />
entsprechend optimieren.<br />
Sie entlasten den Kundenservice von der<br />
Rücksendegenehmigung und verhindern<br />
gleichzeitig, dass Kunden nach Ablauf der<br />
Rücksendefrist noch Rücksendeetiketten<br />
generieren können. Und Sie können Kunden<br />
zwischen Rückgabe und Umtausch wählen<br />
lassen.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S24<br />
7. Bearbeiten Sie internationale Retouren lokal<br />
Der Versand von Retouren über Grenzen hinweg<br />
oder gar nach Übersee funktioniert oft<br />
nicht so einfach und reibungslos, wie es Kunden<br />
von lokalen Retouren gewohnt sind. Um<br />
international erfolgreich zu sein, müssen Online-Händler<br />
wie lokale Akteure agieren. Für<br />
Retouren bedeutet dies, den Kunden eine<br />
lokale Rücksendeadresse zur Verfügung zu<br />
stellen. In Summe ist das eine Win-Win-Situation<br />
für Kunden und Händler: Kunden erhalten<br />
schneller ihr Geld zurück. Und Stores erhalten<br />
die Retouren gebündelt und sparen dadurch<br />
Kosten. Darüber hinaus sparen die Händler<br />
auch Platz in den Retourenzentren und vermeiden<br />
Chaos, weil viele der internationalen<br />
Retouren nicht mehr im Januar in ihre Heimatländer<br />
zurückgeschickt werden.<br />
8. Kommunizieren Sie den Status der<br />
Retourenbearbeitung proaktiv<br />
Wenn Kunden ein Paket zurückschicken, wollen<br />
sie vor allem eines: schnell ihr Geld zurück.<br />
Um die Zahl der Anrufe im Callcenter gerade<br />
in Spitzenzeiten wie Weihnachten zu reduzieren,<br />
sollten Online-Händler proaktiv kommunizieren<br />
und ihre Kunden per E-Mail über den<br />
Status der Retoure informieren.<br />
9. Binden Sie den Kundenservice<br />
in den Retourenprozess ein<br />
Vor dem Kauf kann der Kundenservice beratend<br />
unterstützen und Kunden helfen, die von<br />
ihrem Kauf noch nicht ganz überzeugt sind.<br />
Besonders bei erklärungsbedürftigeren Produkten<br />
wie Unternhaltungselektronik oder anderen<br />
Geräten kann dies die Conversion-Rates<br />
erheblich verbessern und dazu beitragen,<br />
dass der Kunde beim Kauf das richtige Produkt<br />
bestellt und hinterher weniger retourniert.<br />
Muss eine Bestellung doch zurückgeschickt<br />
werden, hilft es, wenn es innerhalb des Kundenservice<br />
ein dezidiertes Team für Retouren<br />
gibt. So wird sichergestellt, dass Anfragen und<br />
Anträge im Zusammenhang mit Rücksendungen<br />
umgehend bearbeitet und effizient abgewickelt<br />
werden - und der Rest kann sich auf<br />
alle anderen Anfragen konzentrieren.<br />
10. Entlasten Sie den Kundenservice<br />
von Standardanfragen<br />
Damit der Kundenservice überhaupt Zeit für<br />
die Reklamationsbearbeitung hat, sollte er von<br />
Standardanfragen entlastet werden. Ausführliche<br />
FAQs zum Retourenprozess beantworten<br />
proaktiv die häufigsten Kundenanfragen.<br />
Dazu gehören Informationen zu Rückgabefristen,<br />
Rücksendeadressen, Anleitungen zum<br />
Erhalt des Retourenlabels etc. Für individuelle<br />
Anfragen kann ein KI-gestützter Service-Chatbot<br />
eingesetzt werden. Dieser scannt und kategorisiert<br />
historische Kundendienstanfragen,<br />
identifiziert häufig gestellte Fragen und formuliert<br />
Antwortvorlagen.<br />
11. Lagern Sie Ihren Kundenservice<br />
in Spitzenzeiten teilweise aus<br />
Gerade in der Vorweihnachtszeit sollte der<br />
Kundenservice möglichst rund um die Uhr<br />
und schnell erreichbar sein. Doch nicht jeder<br />
Online-Händler kann sich eine solche Luxusbesetzung<br />
leisten. Hier kann es sich lohnen, einen<br />
Teil des Volumens saisonal an externe Dienstleister<br />
auszulagern. Das sorgt für hohe Kundenzufriedenheit<br />
– und zusätzliche Käufe auch außerhalb<br />
des Weihnachtsgeschäfts.<br />
"Wenn Online-Händler den Retouren-Peak<br />
nach Weihnachten gut bewältigen wollen,<br />
müssen sie strategisch vorgehen", sagt Henning<br />
Heesen, Mitgründer und Geschäftsführer<br />
von Salesupply. "Meist helfen temporäre Maßnahmen<br />
wie das Auslagern von Teilen des<br />
Kundenservice an externe Dienstleister. Oft<br />
können auch innerbetrieblich Prozesse optimiert<br />
werden. Dazu zählt unter anderem die<br />
Einbindung eines KI-gestützten Chatbots für<br />
Standardanfragen der Kunden. Und auch ein<br />
vollumfängliches Retourenportal verbessert<br />
nicht nur die Prozesseffizienz, sondern durch<br />
Transparenz auch die Kundenzufriedenheit<br />
und damit die Kundenloyalität."<br />
(RED)<br />
www.salesupply.de<br />
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LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT<br />
https://www.logistik-express.com/blogtour/
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S26<br />
ECOMMERCE LOGISTIK<br />
Mit diesen Fallstricken<br />
kämpfen Retailer in der<br />
Hochsaison<br />
Von Black Friday bis Weihnachten ist wieder<br />
Hochsaison im Einzelhandel. Damit Retailer<br />
sich trotz des Fachkräftemangels und starker<br />
Mitbewerber ihren Anteil vom Kuchen<br />
abschneiden können, zeigt Scandit, der führende<br />
Anbieter von Lösungen für Smart Data<br />
Capture, vier Fallstricke, die Einzelhändler<br />
in der Hochsaison besser umgehen sollten.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Zum Jahresende grüßt das Murmeltier<br />
traditionell wieder mit den saisonalen<br />
Peaks im Handelsgeschäft – Black<br />
Friday, Cyber Monday, Weihnachten<br />
und der Winterschlussverkauf sorgen für überfüllte<br />
Geschäfte und stark steigenden Personalbedarf.<br />
Hier gilt das Motto: Wer sich nicht<br />
vorbereitet, bereitet den eigenen Misserfolg<br />
vor. Damit das nicht eintritt und Retailer gut<br />
für den ultimativen Stresstest gewappnet sind,<br />
präsentiert Scandit die vier häufigsten Fallstricke,<br />
die im Countdown zur Hochsaison lauern.<br />
1) Mitarbeitergewinnung und Einarbeitung<br />
Saisonale Spitzen erfordern zusätzliche Mitarbeitende<br />
vom Verkauf bis zum Versand. In Zeiten<br />
des Fachkräftemangels liegt hier eine der<br />
größten Hürden. Dazu kommt der Stress, neue<br />
Kolleginnen und Kollegen in wenigen Wochen<br />
oder sogar Tagen einarbeiten zu müssen.<br />
Retailer können diese Herausforderung lösen,<br />
indem sie auf Smartphones setzen, da Mitarbeitende<br />
diese aus dem privaten Alltag kennen<br />
und intuitiv bedienen können. Dadurch<br />
benötigen sie lediglich eine Einweisung in die<br />
intuitiven Apps, die durch alle Arbeitsprozesse<br />
führen und wertvolle Echtzeit-Informationen<br />
zu Scan-Vorgängen liefern. Oft können<br />
Mitarbeitende bereits nach kurzer Zeit viele<br />
neue Aufgaben wie die Bestandsverwaltung,<br />
Auftragsabwicklung und Kundenbetreuung<br />
selbstständig erledigen. Setzen Retailer zudem<br />
auf BYOD (Bring Your Own Device), können<br />
Mitarbeitende ihre privaten Smartphones verwenden,<br />
sodass die Anschaffung zusätzlicher<br />
Geräte wegfällt.<br />
2) Über- oder Unterbestände<br />
Den Anforderungen saisonaler Peaks gerecht<br />
zu werden, ist ein Balanceakt, wenn es um<br />
die Bestandsverwaltung geht. Eine Überbevorratung<br />
bindet finanzielle Ressourcen und<br />
erhöht die Lagerkosten für überschüssige<br />
Artikel, während eine Unterbevorratung zu<br />
ausverkauften Waren und Umsatzeinbußen<br />
führen kann. Auch wenn viele Faktoren in der<br />
Bestandsplanung nicht kontrollierbar sind, so<br />
liegt die Genauigkeit beim Wareneingang<br />
und bei der Bestandsverwaltung in der Hand<br />
jedes Einzelhändlers. Gerade im stressigen Saisongeschäft<br />
leidet die händische Eingabe.<br />
Intelligente Technologie und einfach bedienbare<br />
Devices hingegen ermöglichen eine<br />
schnelle und genaue Bearbeitung.<br />
3) Schlechtes Kundenerlebnis<br />
Saisonale Spitzen wie der Black Friday sind<br />
für alle Retailer ein wichtiger Umsatz-Booster.<br />
Doch es gibt eine Einschränkung: lange Warteschlangen,<br />
fehlende Produkte oder schlecht<br />
informierte Mitarbeitende können auch diese<br />
Chance ins Gegenteil verkehren. Dann leidet<br />
nicht nur der Umsatz, sondern im schlechtesten<br />
Fall auch der gute Ruf des Unternehmens.<br />
Um das zu vermeiden, sollten sich Retailer mit<br />
den Wünschen ihrer Kunden beschäftigen.<br />
Mehr Mitarbeiter im Verkauf? Digitale Tools<br />
oder Selbstbedienungskassen? Online Shopping<br />
oder Ready for Collection? Es gibt viele<br />
Möglichkeiten, um für die Kunden ein gutes<br />
Shopping-Erlebnis zu gestalten – wenn man<br />
sich damit beschäftigt.<br />
Scandit ist führender Anbieter von<br />
Smart-Data-Capture-Lösungen und verleiht<br />
Mitarbeitern, Kunden und Unternehmen<br />
Superkräfte. Mit Smart Devices wie<br />
Smartphones, Drohnen, digitalen Brillen<br />
und Robotern sammeln sie Daten aus<br />
Barcodes, Texten, Ausweisen und Objekten<br />
mit unübertroffener Geschwindigkeit,<br />
Genauigkeit und Intelligenz, um Endto-End-Prozesse<br />
zu automatisieren und<br />
wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.<br />
Scandit erfasst Daten bis zu dreimal<br />
schneller als dedizierte Scanner – auch<br />
bei schwierigen Lichtverhältnissen, auf<br />
beschädigten Etiketten, über mehrere<br />
Barcodes hinweg und mit jedem Smart<br />
Device. Das Unternehmen ermöglicht<br />
Innovationen, die zu erheblichen Kosteneinsparungen<br />
führen und die Mitarbeitersowie<br />
die Kundenbindung steigern. Dabei<br />
begleitet Scandit seine Kunden über<br />
das ganze Projekt hinweg – von Tests, Lösungsdesign<br />
und Integration bis hin zum<br />
Kundensupport.<br />
4) Unzureichende Werbemaßnahmen<br />
Gerade zwischen den Feiertagen sind zielgerichtete<br />
Werbeaktionen wichtig. Sie locken<br />
Kundinnen und Kunden in die Geschäfte und<br />
helfen dabei, überschüssige Bestände abzubauen.<br />
Auch Black-Friday-Deals müssen bekannt<br />
sein, damit die passende Zielgruppe<br />
in die Läden stürmt. Die Durchführung von<br />
Werbeaktionen sollte sowohl online als auch<br />
in den Geschäften möglichst konsistent sein,<br />
um sicherzustellen, dass die Kunden das<br />
gleiche nahtlose Omnichannel-Erlebnis haben.<br />
Mit automatisierten Prozessen zur Preisanpassung<br />
können Werbeaktionen schnell und<br />
einfach umgesetzt werden, ohne dass Mitarbeitende<br />
hunderte von Etikettierungen<br />
anpassen müssen. „Bestandskontrollen werden<br />
in der Hochsaison oft verzögert oder<br />
schlecht durchgeführt. Teilweise fallen sie sogar<br />
durch die Maschen, weil die Mitarbeiter<br />
einfach zu beschäftigt sind“, bestätigt Samuel<br />
Müller, CEO und Mitgründer von Scandit.<br />
„Intelligente Anwendungen für die Datenerfassung<br />
machen das händische Zählen<br />
überflüssig, zudem erhalten alle Mitarbeiter<br />
so Zugang zu denselben, genauen Bestandsdaten<br />
in Echtzeit. Das stellt sicher, dass die<br />
Regale vollständig bestückt sind und Retailer<br />
sich schnell an unvorhergesehene Änderungen<br />
der Verbrauchernachfrage anpassen<br />
können.“<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S28<br />
INTRALOGISTIK<br />
In sieben Tagen zur<br />
zukunftsfähigen<br />
Lagerverwaltung<br />
Die Einführung eines Warehouse-Management-Systems<br />
wird oftmals als umfangreiches<br />
Projekt wahrgenommen, das schnell mehrere<br />
Monate in Anspruch nehmen kann. Doch<br />
es ist möglich, ein WMS in sieben Tagen zu<br />
implementieren, wenn die Geschäftsnotwendigkeiten<br />
Schnelligkeit voraussetzen. Eine<br />
standardisierte Weblösung kann schnell bereitgestellt,<br />
eingeführt und schrittweise bei zusätzlichen<br />
Anforderungen erweitert werden.<br />
AUTOR: ILJA TREMASOW-SCHÄFER<br />
Ein Warehouse-Management-System<br />
(WMS) in sieben Tagen einführen?<br />
Das klingt mehr als sportlich, da sich<br />
derartige Implementierungen erfahrungsgemäß<br />
über Monate erstrecken können.<br />
Für manche Unternehmen ist es in der Tat<br />
egal, ob das System in drei oder sechs Monaten<br />
läuft. Doch manchmal muss es schneller<br />
gehen: Wenn Unternehmen neue Lagermandanten<br />
gewinnen, diese ihre Container<br />
schon auf den Weg gebracht haben und in<br />
14 Tagen die Ware aus den Containern entgegengenommen<br />
und eingelagert werden muss.<br />
Wenn das Online-Geschäft explodiert und die<br />
Bestellungen von 1.000 auf 10.000 gewachsen<br />
sind, das Unternehmen aber mit dem Versand<br />
nicht hinterherkommt, weil im Lager zu<br />
viele Fehler passieren und die Arbeitsabläufe<br />
ineffizient sind. Oder, wenn Unternehmen einfach<br />
nicht die finanziellen Mittel haben, um<br />
über Monate hinweg Personal für die Implementierung<br />
abzustellen, da diese eigentlich<br />
im Tagesgeschäft gebunden sind. Dann gibt<br />
es Firmen, die für eine Zusammenarbeit mit<br />
einem Lager eine professionelle Lagersoftware<br />
voraussetzen, um Daten automatisch zwischen<br />
verschiedenen Systemen übertragen<br />
zu können: Man will im eigenen System sehen<br />
können, wie viel Bestand beim Partner eingelagert<br />
ist. Wird so ein Kunde neu akquiriert und<br />
fehlt die Software, muss es bei der Implementierung<br />
schnell gehen. Manche Kunden wünschen<br />
sich auch eine Einsicht ins Lager, dürfen<br />
aber nur ihre eigenen Daten sehen – das WMS<br />
muss das abbilden können. Bei wieder anderen<br />
muss der Zugriff der Mitarbeiter geregelt<br />
werden. Oder es besteht die Notwendigkeit,<br />
Bestellungen aus verschiedenen Shops zusammenzuführen<br />
und zu überwachen.<br />
Die Voraussetzungen<br />
Der Bedarf für eine schnelle Implementierung<br />
ist also da. Und es ist möglich, innerhalb<br />
einer Woche von der Vertragsunterzeichnung<br />
bis zum Go-Live des WMS zu kommen. Dieser<br />
Umsetzungszeitraum kann aber nur unter bestimmten<br />
Voraussetzungen erreicht werden:<br />
Der Anbieter muss einen Standard-Prozess-Ansatz,<br />
ein cloudbasiertes WMS und ein entsprechendes<br />
Projektvorgehen mitbringen. Außerdem<br />
gilt: Einfache und überschaubare Lager<br />
oder Lageranbindungen für Produktion oder<br />
Instandhaltung sollten per se keinen großen<br />
Projektaufwand mit langer Laufzeit erzeugen.<br />
1. Standard-Ansatz<br />
Das COGLAS WEB WMS bietet zum Beispiel<br />
bereits in der Standardausprägung ohne Entwicklung<br />
einen hohen Funktionsumfang, der<br />
durch Konfiguration bereitgestellt wird. Ein<br />
gutes Standard-WMS sollte mindestens die<br />
Funktionen und Prozesse unterstützen, die in<br />
der VDI 3601 Warehouse-Management-Systeme<br />
genannt werden. Dazu gehören unter<br />
anderem Warenein- und ausgang, Kommissionierung<br />
und Inventur. Außerdem müssen<br />
die marktüblichen intralogistischen Funktionen<br />
ohne kundenspezifische Entwicklung abgebildet<br />
werden.<br />
Die Implementierung innerhalb von sieben<br />
Tagen setzt diese Standardisierung voraus,<br />
um langwierige Spezifikationen zu vermeiden.<br />
Standardisierte Prozesse bilden zum Beispiel<br />
das Vollpalettengeschäft ab, aber auch die<br />
Kommissionierung von Lebensmitteln mit Mindesthaltbarkeitsdatum.<br />
Auch die Festlegung<br />
von ABC-Gütern – abhängig von ihrer Liegezeit<br />
– ist mit dem Standard möglich. Gefahrgut<br />
ist dagegen nicht im Standard enthalten, da<br />
es die Berücksichtigung von Regeln und eine<br />
aufwändige Konfiguration erfordert.<br />
ILJA-TREMASOWILJA<br />
MARKETING & VERTRIEB<br />
COGLAS GMBH
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S30<br />
2. Cloudbasiert<br />
Die zweite Voraussetzung für eine schnelle<br />
Implementierung ist eine cloudbasierte Software.<br />
Sie ermöglicht es, auf die aufwändige<br />
Bereitstellung und Einrichtung eigener Server<br />
zu verzichten. Die einfache Integration der<br />
Software in bestehende Systemlandschaften<br />
kann in einem Cloud WMS mittels WEB APIs<br />
im JSON-Format erreicht werden: Hier werden<br />
die Daten direkt an die Software übergeben,<br />
manuelle Datenimporte fallen weg. Sind<br />
Schnittstellen im Standard zu Shops, Versanddienstleistern<br />
und ERP vorhanden, kann die<br />
Software schnell in Betrieb gehen. Eine moderne<br />
Single Page Webapplikation kann außerdem<br />
ohne Installation auf allen gängigen<br />
Endgeräten wie PC, Tablet und Smartphone<br />
unabhängig vom Betriebssystem über den<br />
Webbrowser aufgerufen werden – der Kauf<br />
von teurer Logistik-IT-Hardware mit langen Lieferzeiten<br />
entfällt. So ist es möglich, das WMS<br />
innerhalb von wenigen Tagen bereitzustellen.<br />
Lizenzfreie Datenbanken wie die Mongo DB<br />
reduzieren die Kosten. Die Benutzeroberfläche<br />
ist modern gestaltet und bietet sinnvolle<br />
Funktionen wie eine Volltextsuche über alle<br />
Informationen. Ein weiterer Faktor ist die Bedienbarkeit:<br />
Durch die bessere Usability der<br />
modernen Technologie reduziert sich die<br />
Schulungszeit der Belegschaft, gleichzeitig<br />
steigt die Akzeptanz der Mitarbeiter in den<br />
Leitständen und auf der Fläche, was die Einführung<br />
wiederum beschleunigt. Idealerweise<br />
ist die Bediensystematik an bekannte Apps<br />
oder Websites angelehnt und damit selbsterklärend.<br />
Im Optimalfall wird ein Cloud WMS<br />
bei namhaften Cloud-Anbietern auf Servern<br />
in Deutschland bereitgestellt. Das bietet Ausfall-,<br />
aber auch Datensicherheit in Übereinstimmung<br />
mit der DSGVO.<br />
3. Projektvorgehen<br />
Wichtig ist, dass der Anbieter ein standardisiertes<br />
Vorgehen bei der Implementierung<br />
verfolgt, das aber dennoch flexibel und agil<br />
genug ist und sich so der Ausgangssituation<br />
des Kunden anpassen lässt. Dadurch<br />
entsteht die Balance zwischen Anforderungskomplexität<br />
und Umsetzungsaufwand.<br />
Die Vorgehensweise wird stets von der Ausgangssituation<br />
bestimmt, die unterschiedliche<br />
Herausforderungen mitbringt: die Einrichtung<br />
eines neuen Lagers bzw. eines neuen<br />
Standorts, die Umstellung weg von Excel<br />
oder Papier oder die Umstellung von einer<br />
anderen Lagerverwaltungssoftware. Die Herausforderungen<br />
liegen dann beim fehlenden<br />
Bestand und neuen Mitarbeitern, bei<br />
unzureichenden Stammdaten und internen<br />
Widerständen oder bei komplexen Szenarien.<br />
COGLAS passt sich bei der Implementierung<br />
an die Gegebenheiten an – mit agilen Methoden<br />
oder dem Wasserfall-Ansatz und mit<br />
Unterstützung durch Consulting und Change<br />
Management. Dabei ist es wichtig, dass die<br />
Berater des WMS-Anbieters die Prozessanforderungen<br />
wirklich und in Gänze verstehen und<br />
in die Software übersetzen – samt Berücksichtigung<br />
von Schnittstellen, Datenkonstellation,<br />
Prozessen, Hardware und baulichen Gegebenheiten.<br />
Auch auf Kundenseite benötigt<br />
die WMS-Einführung in sieben Tagen Drive:<br />
Abweichende Vorstellungen müssen harmonisiert<br />
werden, so dass ein einheitliches Verständnis<br />
von Anforderungen und Vorgehen<br />
hergestellt wird. Eine offene Kommunikation<br />
ist hier das A und O. Außerdem ist ein Process<br />
Owner auf Kundenseite notwendig, der die<br />
Umstellung von Anfang an begleitet. Er muss<br />
die vorhandenen logistischen Prozesse rastern<br />
und in den Standardprozessen der neuen Software<br />
wiederfinden. Zudem ist er der Keyuser,<br />
der die Belegschaft an Bord holt und das Projekt<br />
vorantreibt.<br />
Fazit<br />
Manchmal darf bei der Einführung eines WMS<br />
keine Zeit verloren gehen. Dann ist es wichtig,<br />
eine Software ohne großen Projektaufwand<br />
schnell bereitzustellen und funktionsfähig zu<br />
machen. Das gelingt mit einem standardisierten,<br />
webbasierten System, dessen Prozesse<br />
und Einstellungen schrittweise und flexibel<br />
erweitert werden können. Ein WMS mit Standardprozessen,<br />
eine cloudbasierte Software<br />
und ein intelligentes Vorgehen stellen auf<br />
Anbieterseite die Voraussetzungen für die Implementierung<br />
in kurzer Zeit dar. (RED)<br />
SICHERN SIE SICH IHREN INFORMATIONSVORSPRUNG<br />
LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT<br />
https://www.logistik-express.com/print-epaper/
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S32<br />
INTRALOGISTIK<br />
WMS in sieben Tagen:<br />
Voraussetzungen und<br />
Vorgehensweise für ein<br />
Go-Live<br />
Manchmal muss es schnell gehen – und<br />
ein Warehouse-Management-System in<br />
kürzester Zeit implementiert werden. Das<br />
kann innerhalb von einer Woche in der Tat<br />
gelingen, wenn gewisse Voraussetzungen<br />
gegeben sind und die Vorgehensweise<br />
die richtige ist. Notwendig für den Erfolg<br />
ist ein cloudbasiertes WMS mit zahlreichen<br />
Standard-Funktionalitäten, das schnell bereitgestellt<br />
und konfiguriert werden kann.<br />
AUTOR: ILJA TREMASOW-SCHÄFER<br />
Die Implementierung eines Warehouse<br />
Management Systems (WMS)<br />
kann sich über Monate erstrecken<br />
– oder aber in sieben Tagen erfolgen.<br />
Denn manchmal haben Unternehmen<br />
nicht die Zeit für ein monatelanges Softwareprojekt,<br />
etwa, wenn neue Kunden eine professionelle<br />
Lagerverwaltung voraussetzen und<br />
noch keine vorhanden ist, wenn Container<br />
von neuen Lagermandanten, die eingelagert<br />
werden sollen, schon auf dem Weg sind oder<br />
wenn im Online-Geschäft auf einmal massiv<br />
mehr Bestellungen fehlerfrei abgewickelt werden<br />
müssen. Dann muss schnell eine Software<br />
aufgesetzt werden, die die Bedürfnisse erfüllen<br />
kann. Damit ein WMS in einer Woche eingeführt<br />
werden kann, sind einige Voraussetzungen<br />
notwendig:<br />
1. Es muss ein Standard-WMS mit einem hohen<br />
Funktionsumfang vorhanden sein, so dass<br />
viele Anforderungen durch eine einfache<br />
Konfiguration umgesetzt werden können und<br />
keine aufwändige Spezifikation notwendig<br />
wird.<br />
2. Eine Cloud-Lösung macht VPN-Verbindungen,<br />
Firewall-Einstellungen und Serverarchitekturen<br />
überflüssig. Ein WMS in der Cloud kann<br />
innerhalb weniger Stunden bereitgestellt und<br />
eingerichtet werden, auch die Hardware ist<br />
schneller verfügbar.<br />
3. Wichtig ist, dass sich Kunde und Softwareanbieter<br />
verstehen und ein einheitliches Verständnis<br />
und Wording entwickeln.<br />
4. Die Berater des Software-Anbieters müssen<br />
die Prozessanforderungen verstehen und<br />
in der Lage sein, sie in Software zu übersetzen<br />
– ganzheitlich und nicht in Einzelteilen,<br />
da in logistischen Prozessen alles miteinander<br />
verknüpft ist: Man kann erst einlagern, wenn<br />
man weiß, wie man auslagert. Schnittstellen,<br />
Datenkonstellation, Prozesse, Hardware, bauliche<br />
Gegebenheiten – alles muss mit dem<br />
WMS in Einklang gebracht werden.<br />
5. Auf Kundenseite spielt der Key User die zentrale<br />
Rolle. Er begleitet die Auswahl und Einführung<br />
des Tools und benötigt ein breites Ver-<br />
ständnis. Bestehende Prozesse muss er in das<br />
neue WMS transferieren und die Belegschaft<br />
im neuen Tool schulen können. Wird der Key<br />
User akzeptiert, gestaltet sich der Change Process<br />
einfacher.<br />
Die Vorarbeiten<br />
Ein typisches WMS-Einführungsprojekt erfolgt<br />
nach einem gewissen Vorgehen – es ist aber<br />
flexibel genug, um sich individuell an die Kundensituation<br />
anpassen zu lassen. Am Anfang<br />
der Zusammenarbeit sollten eine Erstanalyse<br />
und eine Live-Demo des WMS stehen. In der<br />
Erstanalyse, für die sich ein Video-Meeting<br />
anbietet, werden die Ausgangssituation, die<br />
Rahmenbedingungen und grundsätzliche<br />
Prozesse besprochen. Der Kunde legt seine<br />
Schmerzpunkte dar und die Software wird vorgestellt.<br />
Sind alle offenen Fragen geklärt, werden<br />
die Anforderungen oder Ausschreibungsunterlagen,<br />
zu denen Prozessbeschreibungen<br />
oder Lastenheft gehören, ausgewertet. Um<br />
das Angebot erstellen zu können, müssen bestimmte<br />
Daten wie Mengengerüst oder Anzahl<br />
der User vorliegen.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S34<br />
Für die Implementierung sind weitere Informationen<br />
wie Lagerlayout, Artikelstammdaten<br />
und die grundsätzlich gewünschten Prozesse<br />
notwendig. Wenn es aus logistischer Sicht sinnvoll<br />
ist, bereits vorhandene Standardprozesse<br />
zu nutzen, reicht die Basiskonfiguration aus<br />
und es kann mit dem Test der Prozesse begonnen<br />
werden.<br />
Ratsam ist es, direkt nach der Einrichtung eine<br />
Schulung der Key-User anzubieten. Ein Selbststudium<br />
ist über die Online-Hilfe möglich. Es<br />
hat sich gezeigt, dass „learning by doing“<br />
die besten Ergebnisse zeitigt. Das Ziel ist, dass<br />
die Key-User in die Lage versetzt werden, das<br />
operative Personal im Lager selbst zu schulen.<br />
Wenn die Software leicht zu erlernen ist und<br />
eine intuitive Bedienbarkeit ermöglicht, sind<br />
kaum Schulungen nötig. Bei vielfältigen Produktspezifikationen<br />
und Mengen ist ein Feinkonzept<br />
sinnvoll bzw. notwendig. Der Kunde<br />
und der Softwareanbieter erarbeiten darin<br />
die abzubildenden Prozesse, Schnittstellen,<br />
Stammdaten und das Projektvorgehen. Wichtig<br />
ist dabei, auch zusammen im System arbeiten<br />
zu können, so dass das Verständnis von<br />
Anforderungen und Möglichkeiten von Anfang<br />
an verbessert werden kann.<br />
Je nach Komplexität, Dringlichkeit und definiertem<br />
Projektziel kann dieses Vorprojekt wenige<br />
Tage oder mehrere Wochen in Anspruch<br />
nehmen. Das Ergebnis ist ein detailliertes Feinkonzept,<br />
das die Prozesse im Lager von Wareneingang<br />
bis Warenausgang beschreibt.<br />
Gehen Prozesse und Anforderungen über die<br />
vorhandene Funktionalität im WMS hinaus,<br />
werden diese vom Softwareanbieter bewertet,<br />
kalkuliert und in einem weiteren Angebot<br />
nachgereicht.<br />
Die Umsetzung<br />
Nach Abschluss des Feinkonzeptes und der<br />
Definition möglicher Erweiterungen, Änderungen<br />
oder völlig neuer Standardprozesse<br />
beginnt die Umsetzung. Dabei kommen agile<br />
Entwicklungs- und Dokumentationsmethoden<br />
und entsprechende Tools zum Einsatz: Anforderungen<br />
werden in User-Stories beschrieben<br />
und die Entwicklung in zweiwöchigen Sprints<br />
geplant. Fertige Entwicklungen werden dem<br />
Kunden am Ende der Sprints in der Testumgebung<br />
bereitgestellt.<br />
Nun wird ebenfalls die Integration in die<br />
IT-Landschaft umgesetzt: Das WMS soll als zentrales<br />
System der Lagerlogistik mit anderen<br />
Systemen Informationen und Daten austauschen.<br />
Dafür werden Standard-Schnittstellen<br />
bereitgestellt. Außerdem muss der Kunde<br />
die notwendige Hardware wie Tablets für<br />
die Arbeiten im Lager anschaffen. Wichtig ist<br />
außerdem, dass eine flächendeckende Internetverbindung<br />
über WLAN oder SIM-Karte<br />
sichergestellt wird.<br />
Die Testings und der Go-Live<br />
Im nächsten Schritt testet der Anbieter die<br />
Software, was idealerweise bereits automatisiert<br />
erfolgen kann. Die Anwender prüfen die<br />
Einzelfunktionen und schließlich erfolgen zusammenhängende<br />
Tests durch die User,<br />
wofür eine entsprechende Vorarbeit<br />
notwendig ist. Diese Durchführung der<br />
Tests muss allein erfolgen, da das Unternehmen<br />
später mit der Software arbeiten<br />
wird. Für die Aussagekraft der Tests<br />
ist es dabei elementar, vollständige Use<br />
Cases zu nutzen – inklusive diverser, auch<br />
seltener Sonderfälle, denn diese werden<br />
mit Sicherheit am Tag des Go-Live auftreten.<br />
Dazu gehören unter anderem<br />
alle Geschäftsprozesse mit realistischen<br />
Daten, mögliche Prozessstörungen mit<br />
fehlenden Labels oder fehlender Ware<br />
oder Bediener- oder Hardwarefehler.<br />
Auch Massentests mit mindestens<br />
einem Tagesvolumen an Arbeitsdaten<br />
und Scantests sollten erfolgen. Die Tests<br />
enden schließlich mit der Abnahme des<br />
Systems durch den Kunden.<br />
Nun wird die Inbetriebnahme vorbereitet:<br />
Die Testdaten im Produktivsystem<br />
werden entfernt und die Bestandsdaten<br />
übernommen – das geht einfach<br />
und sicher über einen Wareneingang<br />
im System. Nun ist eine Leerplatzinventur<br />
durch den Kunden sinnvoll, außerdem<br />
sollten stichprobenartig systemisch<br />
übernommene Bestände gegen die<br />
realen vorhandenen geprobt werden.<br />
Bei größeren Abweichungen kann ein<br />
Abgleich der Bestände in den Systemen<br />
helfen. Eventuell ist eine vollständige Inventur<br />
auf Lagerplatzebene notwendig.<br />
Sobald alle Unstimmigkeiten behoben<br />
sind, kann der Go-Live beginnen.<br />
Produktivbetrieb<br />
Mit dem Roll-out ist das Projekt nicht abgeschlossen:<br />
Denn nach der Inbetriebnahme<br />
ist vor der Optimierung. Im Produktivbetrieb<br />
ist zwar der Key-User der<br />
erste Ansprechpartner für Fragen zum<br />
WMS. Ein externer Softwareanbieter sollte<br />
hier aber mit Consultants und Support<br />
beratend zur Seite stehen. Er unterstützt<br />
nun zum Beispiel dabei, zusätzliche<br />
Standardprozesse zu nutzen, Roll-Outs<br />
an anderen Standorten durchzuführen<br />
oder weitere Mandanten einzuführen.<br />
Fazit: Ein standardisiertes WMS aus der<br />
Cloud, eine hohe Kompetenz beim Softwareanbieter<br />
und ein engagierter Key<br />
User beim Kunden sind drei wichtige<br />
Voraussetzungen, damit eine Lagerverwaltungssoftware<br />
in kurzer Zeit live<br />
gehen kann. So kann das WMS schnell<br />
Mehrwert in<br />
jedem Schritt.<br />
Ihr Value Chain<br />
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bereitgestellt und die Implementierung<br />
in enger Abstimmung erfolgen.<br />
Test und Änderungen können systematisch<br />
im bereitgestellten System<br />
laufen, so alle Szenarien geprüft werden.<br />
Der Implementierung schließt<br />
sich dann die Optimierung an. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S36<br />
Für wachsende Unternehmen ist es sehr viel<br />
wichtiger geworden, ein größeres Sortiment<br />
auf einer dichteren Lagerfläche vorrätig zu<br />
haben und gleichzeitig die Bestellungen aus<br />
diesem Bestand in immer kürzeren Zeitabständen<br />
zu erfüllen.<br />
RENÉ SICK<strong>LE</strong>R<br />
INTRALOGISTIK<br />
Um im kommenden<br />
Jahr Stabilität zu<br />
erreichen, muss man<br />
bereit sein,<br />
sich zu verändern<br />
Der Schlüssel liegt in Ihrer Vorbereitung.<br />
Wenn es nach dem Jahr <strong>2023</strong> geht, machen<br />
wir uns wahrscheinlich schon lächerlich,<br />
wenn wir so tun, als wüssten wir,<br />
was das Jahr 2024 für die Lieferkettenlandschaft<br />
bereithält. BEITRAG: REDAKTION<br />
Ich glaube, die meisten Unternehmen und<br />
Verbraucher hoffen auf eine gewisse Stabilität.<br />
Seit der Covid-19-Pandemie müssen die<br />
Lieferkette und die damit verbundenen Logistikabläufe<br />
flexibler und beweglicher sein als je zuvor.<br />
Diejenigen, die dachten, wir hätten die Kurve<br />
gekriegt, haben sich leider getäuscht. Für 2024<br />
können wir vielleicht nur Stabilität erreichen, wenn<br />
wir besser auf Veränderungen vorbereitet sind, so<br />
René Sickler, Geschäftsführer Dematic DACH,<br />
Es mag ein neues Jahr sein, aber einige Herausforderungen<br />
bleiben die gleichen Platzmangel<br />
und die Knappheit an verfügbaren Arbeitskräften<br />
gibt es nun schon seit einigen Jahren, und zwar in<br />
einem Ausmaß, dass Sie wahrscheinlich mehr als<br />
müde sind, davon zu hören, doch diese Herausforderungen<br />
entwickeln sich weiter. Da der Platz<br />
immer knapper und die Transportkosten immer<br />
höher werden, muss der Endkundenservice weiter<br />
verbessert werden, damit der Einzelhandel wettbewerbsfähig<br />
bleibt.<br />
Auswahlmöglichkeiten während<br />
der Kaufentscheidung<br />
2024 könnte eine Rückkehr zu einem "normalen"<br />
Niveau des elektronischen Handels und<br />
der Kundenbesuche in den Geschäften erfolgen.<br />
Durch die Pandemie wurde die gesamte<br />
Auftragsabwicklung auf den elektronischen<br />
Handel verlagert - zumindest für alle nicht lebensnotwendigen<br />
Artikel. Dennoch haben wir<br />
es geschafft, zu einem Verbraucher zurückzukehren,<br />
der eine sehr flexible Mischung aus allem<br />
will. Um das Einkaufserlebnis zu verbessern,<br />
arbeiten die Einzelhändler daran, eine Vielzahl<br />
von Dienstleistungen anzubieten, während<br />
der Kunde sofort aus einem breiten Angebot<br />
an Lebensmitteln, Bekleidungs- und allgemeinen<br />
Handelsartikeln wählen kann. Die stärksten<br />
Einzelhändler werden daher diejenigen<br />
sein, die über ein bereits bestehendes Netz<br />
von nationalen Vertriebszentren, regionalen<br />
Zentren, Supermärkten und Ladengeschäften<br />
verfügen.<br />
Ganzheitliche Transparenz der Lieferkette<br />
Wenn die Betreiber den Zugang zu zuverlässigen<br />
Datennetzen nutzen können, kann eine<br />
ganzheitliche Sichtbarkeit von Beständen<br />
und Bestellungen die nahtlose Erfüllung der<br />
Kundenwünsche ermöglichen. Dies erfordert<br />
Echtzeit-Updates des globalen Bestands und<br />
die Verfügbarkeit aller Technologien entlang<br />
des Weges, den eine Bestellung nehmen soll.<br />
Nur mit einer zuverlässigen Kombination aus<br />
automatisierten MHE und robuster mobiler<br />
Automatisierung kann dies erreicht werden.<br />
Ein Netzwerk von Datenpunkten wird natürlich<br />
mit Technologiesensoren und IoT-Geräten<br />
erreicht. Die Lagerverwaltungssoftware kann<br />
mithilfe komplexer Algorithmen die Lieferung<br />
von Einheiten an den Bestimmungsort vorhersagen<br />
und gleichzeitig alle Vorgänge inner-<br />
halb des Lagers verwalten, damit dies so<br />
schnell wie möglich geschieht. Autonome<br />
mobile Roboter sorgen nun für ein hohes Maß<br />
an Sicherheit bei der Lieferung der Bestände<br />
an die Zielorte, was bei manuellen Vorgängen<br />
nicht immer der Fall ist. Rückverfolgbarkeit<br />
und Genauigkeit verbessern sich erheblich,<br />
während die Transparenz genaue Prognosen<br />
ermöglicht - die Voraussetzung für die Anpassung<br />
an den Wandel.<br />
Nachhaltigkeit bei Verpackung,<br />
Abfall und Energieverbrauch<br />
Umweltaspekte haben heute sowohl bei den<br />
Verbrauchern als auch bei großen Unternehmen<br />
Priorität. Dies wirkt sich auf die Gestaltung<br />
von Verpackungen, den Energieverbrauch<br />
während des gesamten Lebenszyklus und<br />
die Verringerung aller möglichen Abfälle aus.<br />
Logistik- und Transportunternehmen müssen<br />
sich noch mehr anstrengen, um nur das Nötigste<br />
zu versenden. Durch den Einsatz komplexer<br />
Software und Technologie stellt sich<br />
Dematic den Herausforderungen des Marktes,<br />
indem es die Zwänge im Zusammenhang<br />
mit Verpackungen und Stückgütern beseitigt<br />
und sich auf die beste Art und Weise der Auftragserfüllung<br />
nach Kubikvolumen konzentriert.<br />
Dies setzt voraus, dass man in Bezug auf<br />
das von den Lieferanten verwendete Ver-
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S38<br />
packungsmedium agnostisch ist und sich um<br />
die effizienteste und nahtloseste Lieferung der<br />
vom Endkunden gewünschten Artikel bemüht,<br />
ganz gleich, ob es sich um einen kompletten<br />
Wocheneinkauf, ein teures elektronisches Gerät<br />
oder eine volle Palette mit Vorräten für die<br />
Filialbelieferung handelt.<br />
Robotik ist grundlegend<br />
Automatisierte Technologie erfüllt zwei Schlüsselelemente<br />
der Logistik- und Lieferkettenumgebung:<br />
Kosten pro gelagerter Einheit und<br />
Geschwindigkeit der Auslagerung und Erfüllung.<br />
Unabhängig von der Größe, der Form,<br />
dem Gewicht oder der Steifigkeit der Ladung<br />
kann die Robotertechnologie die Dichte der<br />
Reservelagerung erheblich erhöhen und eine<br />
bessere Nutzung der Lagerfläche und -höhe<br />
ermöglichen. Sie bietet Vorteile, wenn wir<br />
uns von einem einzelnen, massiven zentralen<br />
Fulfillment zu einem landesweiten Netz kleinerer<br />
Einrichtungen und kundenspezifischer<br />
Lager- und Verarbeitungspunkte bewegen. Die<br />
Robotik eignet sich natürlich auch dazu, kleine<br />
Artikel in dunklen Ecken von Hinterzimmern<br />
einzulagern und sie natürlich auch wieder herauszuholen,<br />
wenn sie gebraucht werden.<br />
Arbeit<br />
Software ermöglicht es uns, diese Technologie<br />
intelligenter, sicherer und effektiver mit<br />
Menschen zu integrieren. Durch die Abschaffung<br />
starrer und monotoner manueller Aufgaben<br />
können wir die Bediener innerhalb einer<br />
Anlage hochdynamisch und reaktionsschnell<br />
machen, um die schnellste Erfüllung der Prozesse<br />
zu erreichen. Wir verweben Funktionen<br />
und machen jeden Aspekt eines Lagerbetriebs<br />
agil und flexibel, um mit unvorhergesehenen<br />
Marktveränderungen und plötzlichen<br />
Schwankungen im Auftragsprofil fertig zu werden.<br />
Dematic stellt höhere Anforderungen an<br />
seine Mitarbeiter in den Lagern, indem wir die<br />
Weiterbildung fördern und logische und beobachtende<br />
Fähigkeiten anstelle von banalen,<br />
physischen Aufgaben einsetzen. Dies führt zu<br />
einer erheblichen Verbesserung des geistigen<br />
Wohlbefindens, der Begeisterung und der Leistung<br />
der Mitarbeiter. Die KION Gruppe bietet<br />
allen Logistikern ein Portfolio an Wissen, Produkten<br />
und Lösungen für alles, was sich in den vier<br />
Wänden eines Distributionszentrums abspielt.<br />
Eine Partnerschaft mit Dematic reduziert das<br />
Risiko und versetzt unsere Kunden in die Lage,<br />
sich neuen Herausforderungen zu stellen. (RED)<br />
Die KION Group ist einer der weltweit führenden<br />
Anbieter für Flurförderzeuge und<br />
Supply-Chain-Lösungen. Ihr Leistungsspektrum<br />
umfasst Flurförderzeuge wie Gabelstapler<br />
und Lagertechnikgeräte sowie<br />
integrierte Automatisierungstechnologien<br />
und Softwarelösungen für die Optimierung<br />
von Lieferketten – inklusive aller<br />
damit verbundenen Dienstleistungen. In<br />
mehr als 100 Ländern verbessert die KION<br />
Group mit ihren Lösungen den Materialund<br />
Informationsfluss in Produktionsbetrieben,<br />
Lagerhäusern und Vertriebszentren.<br />
Der im MDAX gelistete Konzern ist, gemessen<br />
an verkauften Stückzahlen im Jahr 2021,<br />
in der Region EMEA der größte Hersteller von<br />
Flurförderzeugen. Gemessen am Umsatz im<br />
Jahr 2021 ist die KION Group in China führender<br />
ausländischer Produzent und unter<br />
Einbeziehung der heimischen Hersteller der<br />
drittgrößte Anbieter. Darüber hinaus ist die<br />
KION Group, gemessen am Umsatz im Jahr<br />
2021, einer der weltweit führenden Anbieter<br />
von Lagerautomatisierung. Ende 2022<br />
waren weltweit mehr als 1,7 Mio. Flurförderzeuge<br />
der KION Group bei Kunden verschiedener<br />
Größe in zahlreichen Industrien auf<br />
sechs Kontinenten im Einsatz. Der Konzern<br />
beschäftigt mehr als 41.000 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter und erwirtschaftete im<br />
Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von rund<br />
11,1 Mrd. €.<br />
Der KION Konzern umfasst die führenden<br />
Marken in der Logistikbranche: Linde<br />
Material Handling, Still, OM, Fenwick, Baoli,<br />
Dematic. Weitere Informationen finden Sie<br />
auf der Website.<br />
www.kiongroup.com<br />
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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S40<br />
INTRALOGISTIK<br />
Movu Robotics:<br />
Ein umfangreiches<br />
Portfolio mit automatisierten<br />
Lösungen für<br />
effiziente Intralogistik<br />
Das Movu Robotics Portfolio sorgt für eine<br />
einfachere Automatisierung in Warenlagern<br />
weltweit. Es umfasst die automatisierte Lagerung,<br />
Kommissionierung und den Transport<br />
von Paletten, Behältern und Artikeln und<br />
steht für einen einfachen Kauf- und Installationsprozess,<br />
wettbewerbsfähige Preise,<br />
Kosteneinsparungen, eine schnelle Lieferung,<br />
eine hohe Lagerdichte und Raumoptimierung.<br />
Das Portfolio lässt Endkunden<br />
und Systemintegratoren weltweit<br />
von einem nahtlosen und benutzerfreundlichen<br />
Plug-and-Play-Ökosystem<br />
für die Lagerautomatisierung profitieren.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Movu Robotics, die neue Marke<br />
von stow für Robotik und Automation,<br />
zeichnet sich durch einfachere<br />
Systeme und Lösungen<br />
für die Logistikautomatisierung aus. Um diesen<br />
Anforderungen gerecht zu werden, besteht<br />
das Movu Robotics Portfolio aus einer Reihe<br />
innovativer Systeme, die einfachere, skalierbare,<br />
flexible und energieeffiziente Lösungen<br />
bieten, die für alle Arten von Lagern geeignet<br />
und schnell installierbar sind:<br />
Movu atlas – selbstfahrendes 2D Palettenträgersystem<br />
Für Unternehmen, die ihre Lagerhaltung optimieren<br />
wollen, bietet das Palettenshuttlesystem<br />
Movu atlas ein automatisches Ein- und<br />
Auslagersystem (ASRS) mit hoher Dichte und<br />
mehrfach tiefen Palettenpositionen. Das Herzstück<br />
des Systems ist der Movu atlas Shuttle,<br />
ein Palettenträger mit Eigenantrieb, der entwickelt<br />
wurde, um Paletten mit unübertroffener<br />
Leistungsfähigkeit in einer 2D-Regalstruktur<br />
zu bewegen und zu organisieren. Die<br />
Regale werden speziell für diesen Zweck auf<br />
der Grundlage von etablierten stow Regalsystemen<br />
entwickelt. Die Shuttles, die in beiden<br />
Richtungen eine Geschwindigkeit von 1,4 m/s<br />
erreichen, können Paletten von 1.200 x 800<br />
mm oder 1.200 x 1.000 mm mit einer maximalen<br />
Last von 1,5 kg transportieren.<br />
Die Movu Steuersoftware WES steuert den<br />
Shuttleverkehr innerhalb des Shuttleregals<br />
und erhält die Aufträge aus dem Warehouse<br />
Management System (WMS) des Anwenderunternehmens.<br />
Die Shuttles transportieren die<br />
Paletten sowohl auf den Schienen der Lagerkanäle,<br />
in denen die Paletten im Regal untergebracht<br />
sind, als auch auf den Schienen der<br />
Hauptgassen, die quer zu den Lagerkanälen<br />
verlaufen und als die einzigen Gänge dienen.<br />
Die Kreuzungen oder Abzweigungen zwischen<br />
den Lagerkanälen und den Hauptgassen sind<br />
so konzipiert, dass ein reibungsloser Übergang<br />
der unbeladenen oder beladenen Shuttles<br />
gewährleistet ist. Die automatisch gesteuerten<br />
Shuttles bewegen die Paletten, ohne sich gegenseitig<br />
zu behindern. Die Paletten werden an<br />
der Vorderseite des Palettenregals entgegengenommen<br />
und aus dem System entnommen.<br />
Movu atlas – selbstfahrendes 2D<br />
Palettenträgersystem<br />
Movu escala – Roboter für Behälterlagerung<br />
und Auftragsabwicklung<br />
Movu escala ist das 3D-Shuttle System der<br />
nächsten Generation für Behälterlagerung<br />
und Auftragsabwicklung. Die Roboter bewegen<br />
die Behälter in allen drei Dimensionen innerhalb<br />
eines dichten Ein- und Auslagerungssystems.<br />
Ein ausgeklügeltes Schienensystem<br />
verbindet jeden Lagerort innerhalb des Lagersystems<br />
auf einfache und kostengünstige<br />
Weise und auf verschiedenen Ebenen. Die<br />
Roboter bewegen sich entlang der Schienen<br />
in zwei Dimensionen durch eine Ebene des Systems<br />
und können sich über Rampen zwischen<br />
den Ebenen bewegen, ähnlich wie ein Auto,<br />
das in die nächste Ebene eines Parkhauses<br />
fährt. Dadurch entfallen wartungsintensive<br />
Förderbänder, Aufzüge, Wartungsgänge und<br />
Sequenzer.<br />
Ausgestattet mit einem multifunktionalen Lastaufnahmemittel<br />
kann das Movu escala Shuttlesystem<br />
sowohl Standard-Eurobehälter im<br />
Format 600 x 400 mm als auch größere Behälter<br />
mit den Abmessungen 650 x 450 mm transportieren.<br />
Die durchschnittliche Tragfähigkeit<br />
des Roboters liegt bei marktführenden 40 kg,<br />
so dass sich das Movu escala Shuttlesystem<br />
auch für das Handling schwerer Güter oder<br />
Industriekomponenten eignet.<br />
Die intelligente Software für das Schwarmmanagement<br />
der Roboter in Verbindung mit dem<br />
innovativen Regalaufbau ermöglicht die Sequenzierung<br />
von Behältern an mehreren Stellen<br />
im System. Die Sequenzierung ist auch an<br />
den Ware-zur-Person-Arbeitsplätzen möglich.<br />
Movu ifollow – Autonome<br />
mobile Roboter (AMR)<br />
Movu ifollow ist die vielseitige autonome<br />
mobile Roboterlösung (AMR) für die kollaborative<br />
Kommissionierung oder den Transport<br />
von Paletten oder anderen Ladungsträgern.<br />
Die Hauptvorteile für Kunden sind das schlanke<br />
Design, die Fähigkeit, in Kühlhäusern zu<br />
arbeiten und sich zwischen Temperaturen
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S42<br />
Movu escala – Roboter für Behälterlagerung<br />
und Auftragsabwicklung<br />
Software<br />
Die Software für die Verwaltung von Shuttles<br />
und autonomen mobilen Robotern (AMR) in<br />
Lagerhäusern ist ein wichtiges Instrument zur<br />
Optimierung des Betriebs und der Steuerung<br />
dieser Systeme. Sie erleichtert die effiziente<br />
Verwaltung, Koordination und Überwachung<br />
von Shuttles und Robotern und sorgt für ein reibungsloses<br />
Materialhandling.<br />
von -25°C bis +40°C zu bewegen, sowie die<br />
umfassende Anpassung mit einer Reihe von<br />
Modulen, die mit einer Vielzahl von bestehenden<br />
Infrastrukturen verbunden werden können. Die<br />
Einfachheit dieses Subsystems ermöglicht eine<br />
rasche Bereitstellung, und der Kunde kann die<br />
Zuordnung unabhängig voneinander erstellen<br />
und je nach Bedarf ändern. Der kollaborative<br />
Roboter unterstützt Duo Picking und Zone<br />
Picking und bietet eine schlüsselfertige Lösung<br />
für das Materialhandling. Mit der Möglichkeit,<br />
Roboter je nach Spitzenbedarf hinzuzufügen<br />
oder zu entfernen, bieten sie eine enorm<br />
flexible automatisierte Intralogistiklösung.<br />
Movu eligo Kommissionier-Roboterarm<br />
Der innovative Kommissionier-Roboterarm<br />
Movu eligo, ist eine vollständig in Movu escala<br />
integrierte Lösung für die Kommissionierung<br />
von Behältern, die automatisch aus Quellbehältern<br />
für Einzelartikelnummern kommissioniert<br />
und die Artikel in mehrere Zielbehälter<br />
mit gemischten Artikelnummern legen kann.<br />
Der Movu eligo kombiniert fortschrittliche Software<br />
mit intelligenten Greifern und maschinellem<br />
Sehen und sorgt so für einen zuverlässigen<br />
Durchsatz. Der Roboter greift einen Artikel<br />
sanft aus einem Behälter, der während der<br />
Kommissionierung mit dem Movu escala aus<br />
dem Regal entnommen wird, und legt ihn<br />
dann in einen Lieferbehälter.<br />
Die intelligenten Greifer, die eine Rückmeldung<br />
über den Erfolg des Greifvorgangs geben,<br />
gewährleisten eine Genauigkeit von 99%.<br />
Zusätzlich zu der geringen Fehlerquote beim<br />
Greifen reduziert der Movu eligo die Anzahl<br />
der manuellen Eingriffe, die für die Auftragserfüllung<br />
oder den Nachschub erforderlich sind.<br />
Der Roboter ist in der Lage, je nach Ausführung<br />
bis zu 600 Aufnahmen pro Stunde durchzuführen<br />
und kann Waren mit einem Gewicht<br />
von bis zu 2 kg und einer Größe von mindestens<br />
1 cm bis maximal 30 cm aufnehmen. Da<br />
er völlig produktneutral ist, kann er flexibel mit<br />
wechselnden Produktmischungen umgehen.<br />
Das Movu Warehouse Execution System (WES)<br />
für Shuttles und AMRs wird von drei Säulen<br />
gebildet: Movu ops: Software für die Verwaltung<br />
aller Vorgänge. Movu ops übernimmt<br />
die Aufträge aus dem übergeordneten Kundensystem<br />
und bereitet sie für Movu tower<br />
auf. Dieser prüft die verfügbaren Ressourcen,<br />
wählt das am besten geeignete Shuttle oder<br />
AMR aus und sendet den Auftrag an Movu<br />
pilot, der für die Ausführung des Auftrags auf<br />
der Ebene der einzelnen Shuttles oder AMR<br />
sorgt.<br />
Autonome Subsysteme als Lösung<br />
Die Technologien des Movu Robotics Portfolios<br />
können als autonomes Subsystem in Lösungen<br />
integriert werden, bestehend aus Regalen,<br />
Shuttles oder AMRs, Software, WLAN-Lösungen<br />
und Inbetriebnahme. Dies ermöglicht eine<br />
mühelose Installation, die Anpassung an neue<br />
Geschäftsanforderungen durch die einfache<br />
Integration neuer Anwendungen und minimale<br />
Anschaffungs- und Betriebskosten (TCO).<br />
Movu ifollow – Autonome<br />
mobile Roboter (AMR)<br />
Jos de Vuyst, CEO der stow Group sagt: „Während<br />
sich viele Unternehmen auf ein einziges<br />
Automatisierungsprodukt konzentrieren, verfügt<br />
Movu Robotics heute über ein innovatives<br />
Portfolio, das derzeit ein Paletten-Shuttle, ein<br />
Behälter-Shuttle, einen AMR und einen Stückgut-Kommissionierroboter<br />
umfasst. Es handelt<br />
sich um ein integriertes Ökosystem von skalierbaren,<br />
automatisierten Lagerlösungen für<br />
Paletten und Behälter. Das ist ziemlich selten,<br />
und unser Portfolio wird weiterwachsen.“<br />
Movu eligo<br />
Kommissionier-<br />
Roboterarm<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S44<br />
Die Mitarbeiter haben Spaß an der Innovation<br />
und erkennen die Vorteile: Der KNAPP-<br />
Store kann bereits um 4 Uhr morgens die ersten<br />
Aufträge kommissionieren. Davor wurde ab<br />
Dienstbeginn des Personals mit Hochdruck daran<br />
gearbeitet, die Ware am Vormittag rechtzeitig<br />
bereitzustellen. Nun bleibt mehr Zeit fürs<br />
Verpacken und für den Wareneingang.<br />
STEFAN KLINGLMAIR<br />
INTRALOGISTIK<br />
Biogena setzt auf<br />
KNAPP-Store<br />
Sie arbeiten ressourcenschonend, verpflichten<br />
sich zu höchster Qualität, sie pflanzen<br />
Bäume und seit neuestem haben sie auch<br />
einen KNAPP-Store. Die Rede ist vom Gesundheitsunternehmen<br />
Biogena. Wenn sowohl<br />
Innovation als auch Nachhaltigkeit<br />
eine große Rolle in der Unternehmenskultur<br />
einnehmen, dann ist ein Technologiepartner<br />
gefragt, der diese Werte genauso<br />
großschreibt. Dabei fiel die Wahl auf KNAPP.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Steigende Lebenserwartung und ein<br />
neues Gesundheitsbewusstsein sind<br />
die gesellschaftlichen Eckpfeiler, auf<br />
denen das Geschäft des österreichischen<br />
Familienunternehmens fußt. Biogena<br />
produziert und vertreibt Premium Mikronährstoffe<br />
für jede Lebenslage. Dabei sieht sich<br />
der Betrieb nicht nur in der Verantwortung<br />
zu radikal hoher Qualität, sondern strebt<br />
auch die höchstmögliche Nachhaltigkeit an.<br />
„Unsere Verantwortung der Umwelt gegenüber<br />
zeigt sich im nachhaltigen und schonenden<br />
Umgang mit Ressourcen“ erklärt Biogena<br />
COO Stefan Klinglmair seine Mission.<br />
Der KNAPP-Store ermöglicht Automatisierung<br />
des internationalen Vertriebs<br />
Mittlerweile beliefert der Nährstoffexperte<br />
bereits über 50 Länder mit seinen Produkten.<br />
Dadurch ist die logistische Komplexität extrem<br />
gestiegen. Der nun installierte KNAPP-Store<br />
macht es möglich, dass Aufträge für das Ausland<br />
gleich- und rechtzeitig bereitgestellt werden.<br />
Das ist für den Betrieb deshalb wichtig,<br />
da mit unterschiedlichen Spediteuren je Zielland<br />
gearbeitet wird. Manuell wäre das kaum<br />
noch zu bewältigen. Auch stellt die Automatisierung<br />
sicher, dass das richtige Produkt in der<br />
richtigen Qualität ausgegeben wird und hilft<br />
so, Kommissionierfehler zu vermeiden.<br />
Technologiepartnerschaft zweier österreichischer<br />
Familienunternehmen<br />
Weshalb die Wahl für die Automatisierung der<br />
Logistik auf KNAPP fiel, begründet Klinglmair<br />
so: „Wir haben uns für KNAPP entschieden,<br />
weil es ein österreichisches Familienunternehmen<br />
ist. Natürlich war auch die Technologie<br />
entscheidend, die wir im Vorfeld bei Referenzkunden<br />
besichtigen konnten.“ Außerdem lobt<br />
er den unbürokratischen Ablauf und die Handschlagqualität<br />
seines Technologiepartners.<br />
Biogena legt viel Wert auf persönlichen Kontakt<br />
mit seinen Zulieferern. Das gilt nicht nur<br />
für die Zusammenarbeit mit KNAPP. Lieferanten<br />
werden anhand eines Kriterienkatalogs<br />
ausgewählt und in eigenen Audits überprüft.<br />
Das kostet zwar Zeit, garantiert aber eine Übereinstimmung<br />
der Werte von Biogena und den<br />
Partnern.<br />
Die Aufteilung des internationalen Geschäfts<br />
sieht nun so aus: Große Pakete werden direkt in<br />
die Geschäfte geliefert. Der KNAPP-Store wiederum<br />
kommissioniert die privaten Kunden-Bestellungen.<br />
Anschließend werden die Bestellungen<br />
verpackt und versendet. Damit ein<br />
Hightech-System wie der KNAPP-Store auch<br />
den hohen Ansprüchen von Biogena in Sachen<br />
Geschwindigkeit und Pragmatismus entsprechen<br />
kann, waren viel Planung und Struktur<br />
seitens Biogena und das gewohnt hohe<br />
Maß an Serviceorientierung von KNAPP nötig.<br />
Nur so kann eine Technologiepartnerschaft<br />
auch die entsprechenden Früchte tragen.<br />
Über KNAPP<br />
KNAPP ist der Technologiepartner für intelligente<br />
Wertschöpfungsketten. Die Unternehmensgruppe<br />
mit Sitz in Österreich bietet<br />
Gesamtlösungen zur Automatisierung und Digitalisierung<br />
von Produktion über Distribution<br />
bis zum Point-of-Sale. Mit erstklassigem Service<br />
und langfristiger Partnerschaft steht KNAPP<br />
hinter dem Erfolg seiner Kunden aus den Bereichen<br />
Healthcare, Retail, Food Retail, Fashion,<br />
Wholesale und Industry. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S46<br />
INTRALOGISTIK<br />
Taschensorter<br />
revolutionieren<br />
den KEP-Markt<br />
Fortschrittliche Sortiertechnologie für KEP:<br />
Effizienzsteigerung, Präzision und Flexibilität<br />
– Wie der ferag.skyfall Taschensorter die<br />
KEP-Branche revolutioniert. BEITRAG: REDAKTION<br />
KEP-Unternehmen (Kurier-, Express- und<br />
Paketdienste) stehen bei der Bearbeitung<br />
kleiner Pakete vor verschiedenen<br />
Herausforderungen, die sich auf<br />
unterschiedliche Aspekte ihres Geschäftsbetriebs<br />
auswirken. Um diesen Herausforderungen<br />
erfolgreich zu begegnen, müssen KEP-Unternehmen<br />
innovative Technologien, effiziente<br />
Logistikprozesse, sorgfältige Qualitätskontrollen<br />
und eine kundenorientierte Strategie einsetzen.<br />
Kontinuierliche Anpassung an die sich ändernden<br />
Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse<br />
ist unerlässlich, um in der Branche wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben. Die Einführung von<br />
Taschensortern in der KEP-Branche markiert einen<br />
wichtigen Schritt in Richtung Automatisierung<br />
und Effizienz. In einer Zeit, in der schnelle<br />
Lieferungen und reibungslose Zustellprozesse<br />
von entscheidender Bedeutung sind, spielen<br />
sie zweifellos eine zentrale Rolle dabei, die<br />
Branche in die Zukunft zu führen und die Erwartungen<br />
der Kunden zu erfüllen – und sogar zu<br />
übertreffen.<br />
Die Zukunft der KEP-Branche mit dem Taschensorter<br />
ferag.skyfall<br />
ferag.skyfall ist ein teil- bis vollautomatisiertes<br />
System, welches für die Pufferung, die Sortierung<br />
und den innerbetrieblichen Transport von<br />
Waren entwickelt wurde. Er basiert auf einer<br />
modularen Konstruktion, bei der Pakete in<br />
individuellen Taschen platziert werden. Diese<br />
Taschen bewegen sich über Kopf an Schienen<br />
durch verschiedene Stationen, in denen sie<br />
gepuffert, sortiert und für die Weiterverarbeitung<br />
vorbereitet werden.<br />
Mit der Fähigkeit, ein Gewicht von bis zu 15 kg<br />
pro Tasche und Artikelgrößen von bis zu 600<br />
x 400 x 300 mm zu transportieren, hebt sich<br />
ferag.skyfall von anderen Lösungen ab. Genauso<br />
gut meistert ferag.skyfall das Sortieren<br />
und den Transport von Artikeln in verschiedenen<br />
Verpackungen, Abmessungen und Gewichten.<br />
Auch ermöglicht es der ferag.skyfall<br />
mehrere Artikel in einer Tasche zu sammeln<br />
und gemeinsam weiterzuverarbeiten. Das intelligente<br />
Design der Ferag-Taschen ermöglicht<br />
das schonende und sichere Transportieren<br />
von unverpackten respektive unfolierte<br />
Textilien. Die Vor- und Rückseite der Ferag-Taschen<br />
sind versteift. Damit kann die Tasche automatisch<br />
geöffnet werden. Bei der Übergabe<br />
gleitet das Produkt in die geöffnete Tasche.<br />
Diese schließt sich im Anschluss automatisch<br />
und somit wird das Produkt platzsparend und<br />
schonend transportiert. Das Abrutschen des<br />
Artikels auf den Taschenboden und damit das<br />
Verknittern wird verhindert. Eine Spezialrutsche<br />
bei der Abnahme/Übergabe optimiert den<br />
Transport zusätzlich.<br />
Auch der Anforderung an Höchstleistung trägt<br />
ferag.skyfall Rechnung: Die Taschen der Sorter<br />
hängen bei herkömmlichen Lösungen an<br />
einem Fixpunkt an der Schiene und bewegen<br />
sich in Fahrtrichtung zur Arbeitsstation, wo die<br />
Taschen nacheinander mechanisch befüllt<br />
oder geleert werden. Ist der Vorgang abgeschlossen,<br />
gibt der Mitarbeitende mittels Taster<br />
die Tasche zum Transport frei und holt wiederum<br />
gleichzeitig die nächste Tasche zu sich. Die Taschen<br />
des ferag.skyfalls hingegen drehen sich<br />
kurz vor der Arbeitsstation, während der Fahrt<br />
und ohne Unterbruch automatisch zum Mitarbeiter<br />
hin. Dieser leert oder befüllt die Tasche<br />
ergonomisch und schnell. Beim Wegfahren<br />
dreht sich die Tasche wieder in Fahrtrichtung.<br />
Die Vorteile dieser ebenso intelligenten wie<br />
nützlichen Lösung liegen auf der Hand: Nebst<br />
dem körperschonenden Handling für den Mitarbeiter<br />
fällt dank dieser Funktion das manuelle<br />
Freigeben der Taschen durch den Mitarbeitenden<br />
weg. Wartezeiten werden somit reduziert,<br />
der Durchsatz pro Stunde und Arbeitsstation<br />
auf bis zu 1'200 Taschen pro Stunde erhöht. Bindet<br />
man den ferag.skyfall zusätzlich an automatisierte<br />
Fördertechnik oder Induct-Stationen<br />
an, kann der Durchsatz sogar auf bis zu 1'800<br />
Taschen pro Stunde erhöht werden. Begrenzt<br />
wird der Durchsatz in diesem Fall nur durch<br />
die Leistung der Fremdsysteme, an die der Taschensorter<br />
von Ferag angebunden wird.<br />
Höhere Geschwindigkeit und Präzision also:<br />
Der ferag.skyfall hat eine hohe Sortierleistung<br />
und kann im Vergleich zu herkömmlichen Sortiersystemen<br />
auch Pakete platzsparend zwischenpuffern<br />
bis sie zur Weiterverarbeitung<br />
benötigt werden. Jedes Paket wird anhand<br />
von Barcode- oder RFID-Technologie genau<br />
erfasst und verwaltet. Dies führt insgesamt zu<br />
einer deutlichen Reduzierung von Fehlern und<br />
Verzögerungen in der Zustellkette. Die modulare<br />
Struktur des ferag.skyfall ermöglicht es,<br />
die Anlagen je nach Bedarf anzupassen und<br />
zu erweitern. Dadurch können KEP-Unternehmen<br />
auf saisonale Schwankungen und sich<br />
ändernde Anforderungen flexibel reagieren.<br />
Mit der Integration vom ferag.skyfall können<br />
KEP-Dienste genaue Echtzeit-Tracking-Informationen<br />
für jedes Paket bereitstellen. Ihre<br />
Kunden können den Status ihrer Sendungen<br />
verfolgen und erhalten transparente Informationen<br />
über den Fortschritt ihrer Lieferungen.<br />
Über Ferag:<br />
Ferag ist spezialisiert auf die Entwicklung von<br />
intralogistischen Gesamtlösungen in den Bereichen<br />
Produktion, E-Commerce und Omnichannel<br />
für die verschiedensten Branchen<br />
sowie für die Post- und 3PL-Automatisierung.<br />
Das seit über 65 Jahren am Markt befindliche<br />
Schweizer Familienunternehmen ist zudem<br />
einer der Weltmarktführer in der Entwicklung,<br />
der Konstruktion und dem Vertrieb von Materiaflusssystemen<br />
für unterschiedlichste Industrieanwendungen.<br />
Innovative Förder- und Sortierlösungen<br />
für die Intralogistik sind darüber<br />
hinaus eine konsequente und nachhaltige<br />
Weiterentwicklung der für die Printmedienproduktion<br />
entwickelten Ferag-Verarbeitungssysteme.<br />
Software- und Automationslösungen<br />
werden inhouse entwickelt und von Ferag<br />
eigenen Teams implementiert.<br />
Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in<br />
Hinwil / Zürich ist in 20 Ländern mit eigenen<br />
Vertriebs- und Servicegesellschaften vertreten<br />
und beschäftigt weltweit 600 Mitarbeitende.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S48<br />
INTRALOGISTIK<br />
20 Jahre OPM:<br />
Die Automatisierung<br />
für 100 Millionen<br />
Konsumenten<br />
Die Revolution in der Logistik des Lebensmitteleinzelhandels<br />
begann im Jahr 2003<br />
in Parkstein. Das OPM-System ist heute das<br />
weltweit erfolgreichste vollautomatische Logistik-<br />
und Kommissioniersystem für Handelseinheiten.<br />
Alles begann mit einem Tortenheber.<br />
. BEITRAG: REDAKTION<br />
HELMUT PRIESCHENK<br />
Die Geschichte des Order Picking<br />
Machinery (OPM)-Systems von<br />
WITRON beginnt an der Kaffeetafel<br />
von Walter Winkler in Parkstein.<br />
Ein Kuchen und ein Tortenheber des<br />
WITRON-Gründers brachten den Durchbruch.<br />
Die COM – das Herzstück des<br />
OPM-Systems war geboren. Wie ein Tortenheber<br />
unter das Kuchenstück gleitet, fährt<br />
die COM unter die zu kommissionierenden<br />
Artikel und belädt mit ihnen vollautomatisch,<br />
produktschonend, filialgerecht und<br />
fehlerfrei Paletten und Rollcontainer für<br />
die Stores der Lebensmitteleinzelhändler.<br />
„Wir haben eine Fabrik zur Fertigung von Filialpaletten“,<br />
erklärt Frédéric Pinier-Rafer von<br />
E.<strong>LE</strong>C<strong>LE</strong>RC Socara stolz. Das OPM-System feiert<br />
<strong>2023</strong> seinen 20. Geburtstag. Fast 100 OPM-Systeme<br />
arbeiten heute und versorgen täglich<br />
über 35.000 Filialen und 100 Mio. Konsumenten<br />
in Nordamerika, Europa und Australien.<br />
Revolution in der Logistik des <strong>LE</strong>H<br />
Das OPM war die Revolution für den Lebensmitteleinzelhandel,<br />
darin sind sich Helmut Prieschenk,<br />
CEO von WITRON und Karl Högen, CEO<br />
WITRON Nordamerika, einig. „Das war Walter<br />
Winklers Meisterstück“, meint Prieschenk. Und<br />
Högen erinnert sich: „Ich habe damals im<br />
Logistikhof Vertrieb gemacht. Als die Lösung<br />
erstmals intern vorgestellt wurde habe ich mir<br />
gedacht: Was für eine geniale Idee. Das wird<br />
groß!“<br />
Prieschenk und Högen sind heute primär auf<br />
das Business Development in den verschiedenen<br />
WITRON-Vertriebsregionen fokussiert<br />
und erinnern sich zurück an die ersten Projekte.<br />
„Der Pilot-Kunde und der Anstoß zur<br />
Entwicklung des OPM-Systems kamen über<br />
den Lebensmitteleinzelhändler KROGER<br />
aus den USA.“ Doch die Europäer folgten<br />
schnell. In Spanien und Deutschland entstanden<br />
die ersten OPM-Logistikzentren bei<br />
MERCADONA und EDEKA. Die Ausgangslage<br />
unterscheidet sich kaum zu heute. „Für viele<br />
Retailer waren Themen wie Personalmangel<br />
sowie eine hohe Fluktuation damals<br />
schon eine große Herausforderung in ihren<br />
konventionellen Lagern“, berichtet Högen.<br />
„Kein Wunder“, meint Prieschenk. „Da wurden<br />
Millionen von Tonnen an Lebensmitteln von<br />
Menschenhand bewegt.<br />
Die Mitarbeitenden mussten sich bücken,<br />
schwer heben und tragen. Das ist schon im<br />
Trockensortiment herausfordernd und macht<br />
keinen Spaß – und im Frische- und Tiefkühlbereich<br />
noch viel weniger.“<br />
Die Arbeitsplätze in den Verteilzentren wurden<br />
durch das OPM-System attraktiver. „Und stolz<br />
wurden die neuen Maschinen auf dem Familientag<br />
den Verwandten präsentiert“, erinnert<br />
sich Högen an die erste Anlage in Phoenix,<br />
Arizona. Im Lager brauchten die Kunden 60<br />
Prozent weniger Personal und dank der automatisiert<br />
produzierten Ladungsträger konnten<br />
die Transportkosten um mehr als 10 Prozent<br />
gesenkt werden und die Arbeitszeit für das<br />
Einräumen der Artikel in den Filialen reduzierte<br />
sich ebenso zweistellig. „Die Palette wird<br />
filialgerecht gebaut – individuell nach dem<br />
Planogramm der jeweiligen Filiale. Im Store<br />
muss sie nur einmal angefasst werden, sie<br />
kann direkt in die Regale eingeräumt werden<br />
oder geht in den Backroom“, berichtet Högen.<br />
Dazu kommt weniger Food-Waste durch<br />
Bruchware auf dem Transport oder beim Entpacken.<br />
Dank neuer Verpackungstechnologien<br />
im OPM-System müssen der Filialleiter und<br />
sein Team auch weniger Folie entsorgen. „Die<br />
OPM-Lösung wird ganzheitlich in den Organismus<br />
des Kunden integriert – ökonomisch, ökologisch<br />
und sozial“, so Högen.<br />
95 Prozent eines Vollsortimenters automatisiert<br />
händelbar<br />
„Entscheidend ist nicht, die Idee für eine<br />
Innovation zu haben“ betont Prieschenk,<br />
„entscheidend ist, diese Idee in der Praxis erfolgreich<br />
umzusetzen. Und genau das ist die<br />
Stärke von WITRON. Wir bringen Anlagen zum<br />
Laufen! Unabhängig von der Größe und der<br />
Komplexität der Aufgabenstellung“. So ist es<br />
mit OPM inzwischen möglich gut 95 Prozent<br />
des Artikelspektrums eines Vollsortimenters<br />
(Trocken, Frische und Tiefkühl) weitestgehend<br />
ohne Personaleinsatz vollautomatisch filialgerecht<br />
in Gangfolge auf Paletten bzw. Rollcontainer<br />
zu kommissionieren.<br />
Edeka zählte zu den ersten Kunden des<br />
OPM-Systems. Thomas Kerkenhoff, damaliger<br />
Logistikverantwortlicher der EDEKA Rhein-<br />
Ruhr-Stiftung hat dazu eine konkrete Meinung.<br />
„Es gibt keinen Anbieter am Markt, der über<br />
10.000 verschiedene Artikel vollautomatisch<br />
so effizient handeln kann, wie das WITRON-System.“<br />
Der Manager ist sich sicher: „Um eine<br />
Anlage dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich<br />
zu betreiben, musst du sowohl bei deinem Logistik-Partner<br />
als auch vor Ort eine verdammt<br />
gute Mannschaft haben, die permanent an<br />
der Weiterentwicklung der Mechanik-Komponenten<br />
und der Software arbeitet. Das<br />
funktioniert aber nur, wenn du auch einen<br />
Partner hast, der in der Branche weltweit bereits<br />
eine große Anzahl von Systemen installiert<br />
hat und somit über umfangreiche Erfahrung,<br />
Expertisen und Referenzen verfügt. Wenn ich<br />
investiere, dann muss das System mein Geschäftsmodell<br />
auch noch in 25 Jahren abbilden<br />
können – sich parallel dazu aber auch an<br />
neue Rahmenbedingungen und Geschäftsprozesse<br />
flexibel anpassen lassen. Das erwarte<br />
ich als Kunde.“ Und das kann das OPM-System<br />
– mittlerweile in der fünften Generation.<br />
„Unsere Systeme wachsen mit dem Kunden<br />
mit. Die Herausforderung in einem Projekt<br />
besteht darin, dass wir am Anfang der Projekt-Planung<br />
Zahlen bekommen, die sich<br />
während der Realisierungsphase schon wieder<br />
verändern können. Und wenn Märkte<br />
sich verändern, werden die Karten oftmals<br />
neu gemischt.“ So mussten beispielsweise für<br />
Kunden in Logistikzentren, die ursprünglich für<br />
WALTER WINK<strong>LE</strong>R
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S50<br />
eine reine Filial-Belieferung konzipiert wurden,<br />
innerhalb kürzester Zeit schlagkräftige E-Commerce-Prozesse<br />
integriert werden. Die Artikelanzahl<br />
verändert sich, das Volumen variiert,<br />
die Orderlines passen sich an, zusätzliche Vertriebswege<br />
kommen dazu. „Wir haben immer<br />
das Ziel vor Augen, allem voran einen hohen<br />
Konsumenten-Service, sehen die Logistik aus<br />
Sicht des Endkunden in der Filiale oder an der<br />
Haustüre, analysieren Entwicklungen“, erklärt<br />
Prieschenk, der den Vorteil hat, dass WITRON<br />
mit seinen Lösungen weltweit Märkte versorgt,<br />
die Prozesse im Lebensmitteleinzelhandel bis ins<br />
Detail kennt und Entwicklungen auf anderen<br />
Kontinenten schneller als andere wahrnimmt.<br />
Hohe Verfügbarkeit durch robuste Mechanik<br />
Der Erfolg des OPM-Systems beruht aber auch<br />
auf der Konstruktion des Systems. „Die Mechanik<br />
war immer einfach und daher robust,<br />
kaum fehleranfällig, leicht zu warten. Das sorgt<br />
für hohe Verfügbarkeit der Anlagen, 24/7. Die<br />
Software, der Schlichtalgorithmus übernimmt<br />
die Komplexität“, unterstreicht Prieschenk. Das<br />
sprach sich schnell rum in der Branche. Matt<br />
Swindells von Coles reiste mit seinem Team von<br />
Australien in die USA und Europa, bestaunte<br />
verschiedene Systeme und sein Kommentar<br />
danach: „Das ist wie Tetris auf Steroiden.“ Anschließend<br />
bestellte er für sein Unternehmen<br />
das OPM-System für die Standorte in Brisbane<br />
und Sydney. Über 2000 Seefrachtcontainer<br />
machten sich auf den Weg nach Downunder.<br />
Mit dem Flugzeug reisten die WITRON-Mitarbeiter<br />
voraus.<br />
WITRON-OnSite-Teams mit vielfältigen Aufgaben<br />
Doch WITRON ist nicht nur für die Technik verantwortlich,<br />
sondern gewährleistet ebenso mit<br />
gut ausgebildetem Personal eine permanent<br />
hohe Verfügbarkeit der Anlagen. „Da hat sich<br />
ein ganz neues Geschäftsmodell für uns entwickelt.<br />
Über 4.000 Menschen arbeiten mittlerweile<br />
im Bereich Service, Wartung und Anlagenbetrieb<br />
direkt vor Ort in den Verteilzentren<br />
der Kunden für uns“, unterstreicht Prieschenk.<br />
Service bedeutet für WITRON: Der Kunde kann<br />
sich dank der Techniker auf sein Kerngeschäft<br />
konzentrieren. Das WITRON-Erfolgsmodell On-<br />
Site-Team wurde 1998 bei SPAR in Wels geboren.<br />
Die hochdynamischen Prozesse in einem<br />
automatisierten Logistikzentrum forderten<br />
von WITRON damals neue Antworten. Sechs<br />
Männer kümmerten sich damals um die Anlage.<br />
Diese ist inzwischen hinsichtlich Fläche<br />
und Durchsatz um eine vielfaches gewachsen<br />
– und mit ihr die Service-Mannschaft. Sie<br />
sorgt für reibungslose Abläufe in Bezug, auf<br />
Mechanik und IT – die Automatisierung schafft<br />
attraktive Arbeitsplätze. „Nicht die Anzahl der<br />
Mitarbeiter in einem OnSite-Team ist entscheidend,<br />
sondern vielmehr deren umfangreiche<br />
Kompetenz, ihr großes Engagement sowie der<br />
Umfang des Aufgabenspektrums, wofür die<br />
WITRON-Experten die Verantwortung übernehmen“,<br />
erklärt Helmut Prieschenk.<br />
Herausforderung: Intelligente Netzwerke<br />
Und die Arbeit geht WITRON nicht aus. Die<br />
Kunden wollen neu bauen, aber auch Brownfield-Projekte<br />
mit dem OPM-System realisieren.<br />
Das OPM-System arbeitet wirtschaftlich und<br />
hocheffizient im Trocken-, Frische- und Tiefkühlbereich<br />
– unabhängig ob Neubau oder Bestandsgebäude.<br />
Doch es gibt neue Aufgaben<br />
für die Entwickler bei WITRON. Die Geschichte<br />
des OPM-Systems ist noch nicht zu Ende erzählt,<br />
heißt es in Parkstein. Die Anforderungen<br />
an die Intralogistik haben sich verändert und<br />
das OPM-System hat die Veränderungen im<br />
Markt gemeistert – aus einer reinen Filial-Versorgung<br />
werden Omnichannel-Zentren.<br />
„Wir haben das automatisierte Piece- und<br />
Case-Picking gelöst, Flow-Trough-Logistikzentren<br />
optimiert, Ugly-Artikel in den automatisierten<br />
Prozess eingebunden und denken jetzt<br />
noch weiter – über die Konsolidierung hinaus“,<br />
verspricht Högen. Intelligente Netzwerke sind<br />
die aktuelle Herausforderung. Jetzt sollen<br />
nicht nur die Logistikzentren, sondern die gesamten<br />
Supply Chains der Kunden leistungsstark<br />
werden. „Unser Ziel ist die Integration<br />
aller horizontalen und vertikalen Player eines<br />
Omnichannel-Netzwerks: Lieferanten, Logistikzentrum,<br />
Transport.<br />
KARL HÖGEN<br />
Ebenso die unterschiedlichen Vertriebskanäle:<br />
Filiale, Haustüre, Click & Collect, Drives. Es<br />
gilt also, eine leistungsstarke End-to-End-Retail-Plattform<br />
zu schaffen, in welcher Silos<br />
vermieden werden, alle Knoten permanent<br />
miteinander kommunizieren und sich gegenseitig<br />
optimieren“, blickt Prieschenk in die<br />
Zukunft. „Der Erfolg von WITRON setzt sich zusammen<br />
aus unserer Firmenkultur, technischem<br />
Knowhow und Domänenwissen, sind sich die<br />
beiden Manager einig. Walter Winkler würde<br />
sagen: „Wir kennen uns einfach damit aus.“<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S52<br />
INTRALOGISTIK<br />
Element Logic und<br />
Addverb stehen<br />
gemeinsam für<br />
innovative Lösungen<br />
Element Logic, der weltweit führende Auto-<br />
Store-Integrator, und Addverb, ein weltweit<br />
tätiger Spezialist für Robotik und Lagerautomatisierung,<br />
haben sich zu einer strategischen<br />
Partnerschaft zusammengeschlossen,<br />
die neue Maßstäbe setzt. BEITRAG: REDAKTION<br />
Durch die Kombination ihrer Spitzentechnologien<br />
ebnen beide Unternehmen<br />
den Weg für umfassende,<br />
durchgängig automatisierte<br />
Lagerlösungen. Die Zusammenarbeit wird die<br />
Abwicklungsprozesse, bei denen Flexibilität<br />
und Skalierbarkeit die Schlüssel für die Zukunft<br />
der Intralogistik sind, revolutionieren.<br />
Innovation durch strategische Partnerschaft<br />
Element Logic, der erste offizielle AutoStore-Integrator<br />
der Welt, ist ein Systemlieferant<br />
mit einem umfassenden Angebot an Technologie,<br />
Automatisierungskomponenten und<br />
IT-Lösungen. Addverb ist ein Spezialist für Robotik<br />
und Lagerautomatisierung, der eine<br />
einzigartige Kombination aus stationären<br />
und mobilen Automatisierungssystemen für<br />
intralogistische Abläufe sowie fortschrittlicher<br />
Unternehmenssoftware anbietet. Die strategische<br />
Verbindung beider Systeme ermöglicht<br />
es den Unternehmen, alle Aspekte der<br />
automatisierten Lagertechnik abzudecken,<br />
einschließlich effizienter Kommissionierung<br />
und interner Transportprozesse.<br />
Der Einsatz von autonomen mobilen Robotern<br />
(AMR), die von Addverb’s Flottenmanagementsystem<br />
Movect überwacht werden, kombiniert<br />
mit den umfassend skalierbaren AutoStore-basierten<br />
Lösungen von Element Logic<br />
bietet ein hohes Maß an Flexibilität in Projekten<br />
mit unterschiedlichsten Warenströmen. „Die<br />
Integration beider Systeme bietet den Kunden<br />
durchgängig automatisierte Lösungen für<br />
eine zuverlässige, effiziente und schnelle Auftragsabwicklung“,<br />
erläutert Joachim Kieninger,<br />
Director Strategic Business Development<br />
bei Element Logic Deutschland. Parallel dazu<br />
entwickeln die Unternehmen gemeinsam konsequent<br />
weitere Optimierungslösungen, zum<br />
Beispiel für automatisierte Übergabestellen<br />
von AutoStore mit AMR. Durch die Kombination<br />
der beiden Technologien können zahlreiche<br />
intelligente Anwendungen entstehen.<br />
Das Know-how beider Unternehmen eröffnet<br />
zusätzliche Möglichkeiten. So lassen sich die<br />
vor- und nachgelagerten Prozesse einer AutoStore-Anlage<br />
wie Wareneingang und Warenausgang,<br />
aber auch die Produktionsentsorgung<br />
und -versorgung durch hochflexible<br />
Lösungen für den Materialtransport sowie für<br />
Konsolidierungs- und Sequenzierungspuffer automatisieren.<br />
Die flexible Skalierbarkeit beider<br />
Systembereiche ermöglicht den nahtlosen Einsatz<br />
der Lösung über verschiedene Branchen,<br />
Bereiche und Unternehmensgrößen hinweg.<br />
„Mit den AutoStore-Systemen von Element<br />
Logic und einer Flotte von AMR von Addverb<br />
können die Komponenten und Roboter jederzeit<br />
an den jeweiligen Bedarf angepasst<br />
werden“, bestätigt Johnny Andersen, General<br />
Manager EMEA bei Addverb. Das macht die<br />
Lösungen äußerst zukunftssicher und bietet zusätzlich<br />
langfristige Investitionssicherheit.<br />
Wertschöpfung mit Effizienz und Nachhaltigkeit<br />
Diese Zusammenarbeit verdeutlicht die generellen<br />
und wesentlichen Vorteile der Automatisierung:<br />
Reduzierung des Personalbedarfs und<br />
der Kosten, insbesondere im Hinblick auf den<br />
zunehmenden Fachkräftemangel. Darüber hinaus<br />
bietet sie den Kunden ein umfassendes<br />
Lösungsangebot aus einer Hand, insbesondere<br />
bei internationalen Projekten zur Realisierung<br />
von durchgängigen Lagerautomatisierungslösungen.<br />
Solche Systeme senken die Betriebskosten<br />
und steigern den Gesamtgewinn.<br />
Die gemeinsamen Lösungen von Addverb und<br />
Element Logic decken die Anforderungen des<br />
Marktes an Effizienz und Nachhaltigkeit ab. „In<br />
Bezug auf die AutoStore-basierten Projekte<br />
von Element Logic berichten Kunden von signifikanten<br />
Steigerungen des Durchsatzes, der<br />
Kommissionierzuverlässigkeit und der Flächennutzung,<br />
mit Verbesserungen von bis zu 400%<br />
im Vergleich zu früheren Prozessen“, führt<br />
Kieninger aus. Neben der Effizienzsteigerung<br />
ermöglicht die Lösung eine optimale Raumnutzung<br />
und damit maximale Kapazitäten auf<br />
kleinstem Raum. „Im Vergleich zu herkömmlichen,<br />
fest installierten Systemen kann die Betriebseinrichtung<br />
einfach durch Hinzufügen<br />
weiterer AMR geändert und das AutoStore-System<br />
erweitert werden, ohne dass es zu Produktionsausfällen<br />
kommt. Die modularen Komponenten<br />
sind leicht zu demontieren und können<br />
an einem neuen Standort ohne großen Aufwand<br />
oder Verlust wieder installiert werden“,<br />
fügt Andersen hinzu. Die Systeme können daher<br />
lange Zeit wiederverwendet werden und<br />
reduzieren die Menge des Industrieabfalls.<br />
Darüber hinaus benötigen die Roboter kein<br />
Licht, um ihre Arbeit zuverlässig zu verrichten.<br />
In den gemeinsamen Lösungen übertragen<br />
die AMR von Addverb das „Ware-zur-Person“-Kommissionierprinzip<br />
der AutoStore-Systeme<br />
auch auf innerbetriebliche Transporte.<br />
Mit automatisierten Übergabestationen und<br />
integrierten Pick-Roboter-Lösungen für die automatische<br />
Kommissionierung wie dem eOperator<br />
von Element Logic verfügen Kunden<br />
dann über einen durchgängig automatisierten,<br />
effizienten Materialfluss.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S54<br />
Integration der Köpfe hinter den Bots<br />
Den Lagerleitern stehen Tools zur Verfügung,<br />
mit denen sie den Betrieb mit Echtzeitanalysen<br />
überwachen und datengestützte Entscheidungen<br />
treffen können. Für Transparenz über<br />
Bestände und Lagerorte im AutoStore sorgt<br />
eManager, das Lagerverwaltungs- und Steuerungssystem<br />
von Element Logistic für AutoStore.<br />
Die Software-Anbindung unterstützt einen reibungslosen<br />
Warenfluss als Voraussetzung für<br />
einen erfolgreichen Lagerbetrieb.<br />
Erleichterung des Wachstums durch Anpassung<br />
von Lagerkapazität und Durchsatz<br />
Beide Lösungssegmente sind durchgehend<br />
skalierbar. AutoStore verwendet ein Aluminiumgitter,<br />
in dessen Schächten die Behälter<br />
vertikal gestapelt sind. Die Behälter werden<br />
von Robotern ein-, aus- und umgelagert. Sogenannte<br />
Ports sind als Arbeitsstationen integriert.<br />
Das Design, die Technik und der modulare,<br />
redundante Aufbau bieten ein Höchstmaß an<br />
Stabilität und Zuverlässigkeit des Systems sowie<br />
eine hohe Flexibilität in Bezug auf seine Erweiterbarkeit.<br />
Bei wechselnden Geschäftsanforderungen,<br />
saisonalen Spitzen oder zukünftigem<br />
Wachstum können unabhängig von der<br />
Lagerkapazität problemlos zusätzliche Roboter<br />
und ggf. auch Ports integriert werden.<br />
In ähnlicher Weise führen die AMRs von<br />
Addverb die Erfolgsformel von Element Logic<br />
„flexibel, skalierbar und effizient“ fort. Einheiten<br />
können bei Bedarf im laufenden Betrieb flexibel<br />
hinzugefügt oder entfernt werden. Jedes<br />
Fahrzeug lässt sich leicht für neue Aufgaben<br />
umkonfigurieren, zum Beispiel als Transportbutler<br />
oder, integriert in eine automatisierte<br />
Kommissionierlösung, als Kommissionierassistent.<br />
Damit deckt der AMR nahezu alle Transportaufgaben<br />
zwischen Wareneingang und<br />
-ausgang sowie der Produktionsver- und -entsorgung<br />
ab.<br />
Sie entlastet die Mitarbeiter bei der Durchführung<br />
von Aufgaben, sorgt für effizientes<br />
Arbeiten und unterstützt die konfliktfreie Kommunikation<br />
zwischen allen Komponenten im<br />
Lager für einen optimalen Workflow. In ähnlicher<br />
Weise bietet Movect, das Flottenmanagementsystem<br />
von Addverb, eine robuste<br />
Lösung für die zentralisierte Verwaltung der<br />
AMR-Flotte. Durch Koordination, präzise Kontrolle<br />
und effiziente Planung der Arbeitsabläufe<br />
optimiert es die Aufgabenzuweisung an die<br />
Roboter und maximiert sowohl den Gesamtdurchsatz<br />
als auch die Produktivität.<br />
Um einen reibungslosen Ablauf für die Kunden<br />
zu gewährleisten, lassen sich das Fleet<br />
Management System (FMS) von Addverb und<br />
der eController von Element Logic über Standardschnittstellen<br />
nahtlos in jedes bestehende<br />
Warehouse Management System (WMS) integrieren<br />
und ermöglichen so eine durchgängige<br />
Materialflusskontrolle. Die Anbindung an das<br />
WMS bietet Echtzeit-Einblicke in Lagerbestände,<br />
Auftragsstatus und Betriebsleistung – und<br />
ermöglicht Engpassanalysen und eine kontinuierliche<br />
Optimierung der Arbeitsabläufe.<br />
Befähigung des Lagerpersonals<br />
Einerseits sorgen Addverb und Element Logic<br />
für eine sichere Umgebung für die Mitarbeiter,<br />
die inmitten der automatisierten Systeme<br />
arbeiten, indem sie die besten Praktiken und<br />
Standards für optimale Sicherheit in der Automatisierung<br />
befolgen. Die AMR verfügen über<br />
eine natürliche Navigation, SLAM-Algorithmen<br />
und fortschrittliche, sensorbasierte Leitsysteme<br />
zur Hindernisvermeidung, die einen sicheren<br />
Betrieb in einem Mensch-Roboter-Kooperationsbereich<br />
ermöglichen. Andererseits verringert<br />
die Automatisierung die körperliche Belastung<br />
und ermöglicht ein ermüdungsfreies<br />
Arbeiten. Ein Arbeitsumfeld mit technologisch<br />
anspruchsvollen Geräten steigert zudem die<br />
Qualität und ist zudem für die Mitarbeiter attraktiver.<br />
Beide Unternehmen werden sich auch in Zukunft<br />
den neuen Herausforderungen in der<br />
Lieferkette stellen, indem sie gemeinsam neue<br />
Lösungen entwickeln, um der Industrie zusätzliche<br />
Effizienzvorteile und Prozessoptimierung<br />
zu bieten. Dies wird es Addverb und Element<br />
Logic ermöglichen, sich noch erfolgreicher als<br />
Hauptanbieter von intelligenten Intralogistiklösungen<br />
auf globaler Ebene zu positionieren.<br />
Seit 1985 optimiert Element Logic die Leistung<br />
von Lagern und ist stolz darauf, als erster<br />
und größter AutoStore-Partner weltweit<br />
anerkannt zu sein. Im Jahr 2022 erweiterten<br />
wir unsere Position als führender SystemintegratorI,<br />
was uns zu einem der größten<br />
Systemintegratoren der Welt macht.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S56<br />
INTRALOGISTIK<br />
DHL Supply Chain und<br />
AutoStore kündigen die<br />
Ausweitung ihrer<br />
Partnerschaft an<br />
Element Logic, der weltweit führende AutoStore-Integrator,<br />
und Addverb, ein weltweit<br />
tätiger Spezialist für Robotik und Lagerautomatisierung,<br />
haben sich zu einer strategischen<br />
Partnerschaft zusammengeschlossen,<br />
die neue Maßstäbe setzt. BEITRAG: REDAKTION<br />
DHL Supply Chain, weltweit führender<br />
Anbieter von Kontraktlogistik,<br />
und AutoStore, ein richtungsweisendes<br />
Unternehmen für Robotertechnologie,<br />
das sich auf automatisierte Lager-<br />
und Bereitstellungssysteme spezialisiert<br />
hat, erweitern ihre Partnerschaft, um den automatisierten<br />
Lagerbetrieb auf globaler Ebene<br />
zu fördern.<br />
DHL Supply Chain, das bereits neun AutoStore-Lager<br />
operativ betreibt und vier weitere in<br />
Planung hat, ist auf dem besten Weg, einer<br />
der größten 3PL-Kunden von AutoStore zu<br />
werden und unterstreicht damit sein Engagement<br />
für Digitalisierung und Automatisierung.<br />
Die neun bestehenden Systeme handhaben<br />
effektiv 800.000 Behälter, wobei die kommenden<br />
vier Systeme die Behälterkapazität auf<br />
1,2 Millionen erhöhen werden. Zukünftig will<br />
DHL zusätzlich zu den bereits in Betrieb und<br />
in Planung befindlichen Anlagen fünf weitere<br />
Anlagen errichten.<br />
DHL Supply Chain und Roboterhersteller<br />
AutoStore bauen Partnerschaft weiter aus<br />
Die innovative Technologie für automatisierte<br />
Lager- und Bereitstellungssysteme wurde<br />
entwickelt, um den Lagerbestand effizient<br />
zu verwalten und zu optimieren und dabei<br />
den Platzbedarf in Lagern deutlich zu reduzieren.<br />
Das hochgradig modulare und skalierbare<br />
Design macht das System zu einer bevorzugten<br />
Lösung für den E-Commerce und<br />
Unternehmen, die mit kleineren Produkten<br />
wie Mode- und Technikartikeln handeln. Das<br />
strategische Ziel von DHL und AutoStore ist es,<br />
durch diese Partnerschaft die Implementierung<br />
dieser bahnbrechenden Technologie zu<br />
beschleunigen, die die Fähigkeiten zur Erfüllung<br />
vielfältiger Kundenbedürfnisse verbessert.<br />
Eine Flotte von mehr als 1.000 Robotern wird<br />
die betriebliche Effizienz und den Durchsatz<br />
steigern<br />
Markus Voss, COO und CIO bei DHL Supply<br />
Chain, unterstreicht die Bedeutung dieser<br />
Kooperation: „Wir freuen uns, unsere bestehende<br />
Zusammenarbeit mit AutoStore zu intensivieren.<br />
Durch die Umsetzung unserer Digitalisierungs-<br />
und Automatisierungsstrategie<br />
in immer mehr Distributionszentren können wir<br />
unsere Kunden noch besser und schneller bedienen.<br />
Die modulare AutoStore-Technologie<br />
ist optimal auf unser Ziel zur Steigerung der betrieblichen<br />
Effizienz ausgelegt. Die Lösung lässt<br />
sich schnell skalieren und an verschiedene<br />
Anwendungsfälle und Absatzmärkte anpassen.<br />
Für uns ist das ein entscheidender Faktor.<br />
Durch den standardisierten Ansatz und gezielte<br />
Absprachen zur Verfügbarkeit von AutoStore<br />
Komponenten werden wir auch die Zeiten<br />
für die Implementierung dieser Systeme deutlich<br />
verkürzen. Darüber hinaus ist das Partnernetzwerk<br />
von AutoStore für unserer weltweite<br />
Wachstumsstrategie in den verschiedenen Regionen<br />
von unschätzbarem Wert.“<br />
DHL Supply Chain und AutoStore arbeiten<br />
schon seit 2012 gemeinsam an der Implementierung<br />
modernster Lösungen an Standorten in<br />
Singapur, Polen, Deutschland, Australien und<br />
den USA. Die fortlaufende Zusammenarbeit<br />
hat bereits zu Erweiterungen an allen Standorten<br />
geführt, so dass mittlerweile eine Flotte<br />
von mehr als 1.000 Robotern weltweit bei DHL<br />
im Einsatz ist, die ganz erheblich zur operativen<br />
Effizienz und zum schnelleren Warendurchsatz<br />
beiträgt.<br />
Mats Hovland Vikse, CEO von AutoStore, zeigte<br />
sich begeistert über die Erweiterung: „Unsere<br />
langjährige Zusammenarbeit mit DHL Supply<br />
Chain hat die Stärke, Zuverlässigkeit und Effizienz<br />
der AutoStore-Technologie unter Beweis<br />
gestellt. Wir freuen uns sehr, diese geschätzte<br />
Partnerschaft weiter auszubauen und DHL Supply<br />
Chain bei der globalen Einführung von automatisierten<br />
Lagerlösungen zu unterstützen.<br />
Wir freuen uns über die bedeutenden Wachstumschancen,<br />
die sich dadurch für AutoStore<br />
ergeben, da wir weiterhin Innovationen in der<br />
Welt der Logistik vorantreiben.“<br />
Die erweiterte Partnerschaft zwischen DHL<br />
Supply Chain und AutoStore verspricht, die Zukunft<br />
der Lagerhaltung neu zu definieren und<br />
skalierbare, anpassungsfähige und effiziente<br />
Lösungen anzubieten, die den sich ständig<br />
weiterentwickelnden Bedürfnissen von Kunden<br />
weltweit gerecht werden.<br />
DHL-Video: https://f.io/NcUiOAct<br />
DHL ist die weltweit führende Marke in der<br />
Logistikbranche. Unsere DHL-Abteilungen<br />
bieten ein konkurrenzloses Portfolio an Logistikdienstleistungen,<br />
das von nationaler<br />
und internationaler Paketzustellung, E-Commerce-Versand-<br />
und Fulfillment-Lösungen,<br />
internationalem Express-, Straßen-, Luft- und<br />
Seetransport bis hin zum industriellen Supply<br />
Chain Management reicht. Mit rund 380.000<br />
Mitarbeitern in mehr als 220 Ländern und<br />
Territorien weltweit verbindet DHL Menschen<br />
und Unternehmen sicher und zuverlässig<br />
und ermöglicht globale nachhaltige<br />
Handelsströme. Mit spezialisierten Lösungen<br />
für Wachstumsmärkte und Branchen wie<br />
Technologie, Biowissenschaften und Gesundheitswesen,<br />
Ingenieurwesen, Fertigung<br />
und Energie, Automobilmobilität und Einzelhandel<br />
positioniert sich DHL entscheidend<br />
als „Das Logistikunternehmen für die Welt“.<br />
DHL ist Teil der Deutschen Post DHL Group.<br />
Der Konzern erwirtschaftete im Jahr 2021 einen<br />
Umsatz von mehr als 81 Milliarden Euro.<br />
Mit nachhaltigen Geschäftspraktiken und<br />
einem Engagement für Gesellschaft und<br />
Umwelt leistet der Konzern einen positiven<br />
Beitrag für die Welt.<br />
AutoStore wurde 1996 gegründet und ist ein<br />
Technologieunternehmen, das Lösungen<br />
für die Auftragsabwicklung entwickelt, um<br />
Unternehmen dabei zu helfen, Effizienzsteigerungen<br />
bei der Ein- und Auslagerung von<br />
Waren zu erzielen. Das Unternehmen bietet<br />
sowohl Hardware- als auch Softwarefunktionen<br />
an, und die AutoStore-Technologie<br />
ist mit anderen Lösungen von Drittanbietern<br />
interoperabel. AutoStore ist global, mit<br />
1.250+ Systemen in 50 Ländern. Alle Verkäufe<br />
werden von einem Netzwerk qualifizierter<br />
Systemintegratoren, die als „Partner“<br />
bezeichnet werden, vertrieben, entworfen,<br />
installiert und gewartet. AutoStore wurde in<br />
Nedre Vats an der Westküste Norwegens<br />
gegründet. Das Unternehmen verfügt über<br />
Niederlassungen in Norwegen, den USA,<br />
Großbritannien, Deutschland, Frankreich,<br />
Spanien, Italien, Österreich, Südkorea, Japan,<br />
Australien und Singapur sowie Produktionsstätten<br />
in Koszalin, Polen.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S58<br />
INTRALOGISTIK<br />
Industrielle Wearables<br />
sind Wegbereiter für<br />
kollaborative<br />
Automatisierung<br />
Eine internationale Studie unter Führungskräften<br />
in der Lager- und Logistikbranche<br />
zeigt, dass 56 % der Befragten derzeit<br />
Wearables einsetzen.<br />
BEITRAG:REDAKTION<br />
AXEL SCHMIDT<br />
Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der<br />
Führungskräfte in der Lager- und<br />
Logistikbranche nutzen derzeit<br />
Wearables, um die Effizienz im<br />
Lager zu verbessern, so eine neue Studie von<br />
ProGlove. Die Studie des Wearable-Tech-Pioniers<br />
zeigt auch, dass 42 Prozent der Befragten<br />
sicher sind, dass sie in den nächsten fünf<br />
Jahren in industrielle Wearables investieren<br />
werden, um ihre Lagerabläufe zu verbessern.<br />
Weniger als ein Viertel der Befragten nutzt derzeit<br />
eine vollständige Automatisierung.<br />
Im Rahmen der Studie wurden mehr als 1.000<br />
Manager, Geschäftsführer und C-Suite-Fachkräfte<br />
aus dem Lager- und Logistikbereich in<br />
den USA, Großbritannien, Deutschland, Italien,<br />
Spanien, Frankreich und den nordischen Ländern<br />
befragt. Obwohl KI in den letzten Monaten<br />
die Nachrichtenagenda dominiert hat,<br />
setzt derzeit weniger als ein Fünftel der Befragten<br />
diese Technologie in ihrem Lager ein. Es<br />
ist klar, dass Investitionen in KI im Gange sind,<br />
aber nicht in dem Maße, wie man vielleicht erwarten<br />
würde.<br />
Für die Zukunft planen<br />
Die Umfrage untersuchte, wie Lager- und<br />
Logistikmanager in den nächsten fünf Jahren<br />
investieren wollen, um die Lagereffizienz weiter<br />
zu verbessern. Halb- oder teilautomatisierte<br />
Systeme wurden von 49,4 % der Befragten als<br />
oberste Priorität genannt, dicht gefolgt von<br />
KI-Technologien mit 46,9 %. Wearables für die<br />
Industrie bleiben für die Befragten ein wichtiger<br />
Investitionsschwerpunkt. 42 % planen<br />
die weitere Einführung von Wearables in der<br />
Industrie. Vollautomatisierung ist nur für 30,6 %<br />
eine Priorität.<br />
„Das Potenzial für die Zusammenarbeit von<br />
Mensch und Maschine ist enorm“, kommentiert<br />
Stefan Lampa, Robotik-Pionier und CEO<br />
von ProGlove. „Die Zahl der Unternehmen,<br />
die auf Automatisierung setzen, wird in den<br />
kommenden Jahren zweifellos steigen. Das<br />
ist ein gewaltiges Unterfangen, das die Arbeit<br />
der Menschen stark verändern wird. Aber im<br />
Gesamtbetrieb eines Lagers gibt es viele verschiedene<br />
Anforderungen, die erfüllt werden<br />
müssen. Deshalb werden auch in den kommenden<br />
Jahren die kognitiven Stärken, die<br />
physische Beweglichkeit und die Problemlösungskompetenz<br />
der menschlichen Arbeitskraft<br />
eine wichtige Rolle spielen. Die Kombination<br />
dieser menschlichen Qualitäten mit der<br />
Leistungsfähigkeit der Automatisierungstechnik<br />
wird im nächsten Jahrzehnt ein entscheidender<br />
Erfolgsfaktor sein”.<br />
Neben dem Einsatz von Industrie Wearables<br />
wurde auch die Nutzung von teil- und vollautomatisierten<br />
Systemen untersucht. Die Ergebnisse<br />
zeigen, dass 34,5 % der Unternehmen<br />
derzeit halb- oder teilautomatisierte Systeme<br />
einsetzen und nur 22 % eine vollständige Automatisierung<br />
eingeführt haben.<br />
Stefan Lampa weiter: „Die Ergebnisse zeigen<br />
deutlich die wichtige Rolle von industriellen<br />
Wearables und halbautomatischen Technologien.<br />
In diesem Bereich liegt ein enormes<br />
Potenzial. Mit dem Eintritt in eine neue Ära<br />
der operativen Exzellenz werden sie zweifellos<br />
eine noch entscheidendere Rolle dabei spielen,<br />
die Zusammenarbeit zwischen Menschen<br />
und Maschinen zu erleichtern, damit diese<br />
nahtlos zusammenarbeiten können.“ (RED)<br />
Der Umfragebericht<br />
„Das Lager in 5 Jahren“<br />
ist abrufbar unter:<br />
https://proglove.com/<br />
de/lager-in-5-jahren-umfrage/
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S60<br />
RALF DIEMER<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
EU-Parlament vergibt<br />
Chance für erneuerbare<br />
Kraftstoffe in EURO 7<br />
Die von der EU-Kommission vorgegebenen<br />
Technologien sind nur ein Teil der<br />
Lösung – es braucht auch Klimasprit,<br />
hybride Antriebe und Verbrauchssenkung<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Mit der Abgasnorm EURO 7 soll<br />
die Schadstoff- und Lärmbelastung<br />
europäischer Städte weiter<br />
sinken, die Luftqualität steigen.<br />
Gleichzeitig könnte mit dieser Norm die Möglichkeit<br />
geschaffen werden, eine neue Typgenehmigungsklasse<br />
für Fahrzeuge zu definieren,<br />
deren Betrieb ausschließlich mit erneuerbaren<br />
Kraftstoffen erfolgt. Zusätzlich könnte mittels<br />
eines Kohlenstoff-Korrektur-Faktors (CCF) der<br />
Marktanteil bereits verfügbarer CO2-neutraler<br />
Kraftstoffe in der CO2-Bilanz der Fahrzeughersteller<br />
berücksichtigt werden. Das Europäische<br />
Parlament lehnte knapp mit etwa<br />
25 fehlenden Stimmen die Ausgestaltung zugunsten<br />
erneuerbarer Kraftstoffe in der heutigen<br />
Plenarsitzung ab. Damit wird eine weitere<br />
Chance vergeben, dass Fahrzeuge mit<br />
Verbrennungsmotor durch die Nutzung von<br />
klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen<br />
einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz<br />
leisten können.<br />
„Das Plenum des Europäischen Parlaments hat<br />
sich heute trotz vorheriger positiver Positionierungen<br />
im Verkehrs- und Industrieausschuss in<br />
seiner finalen Abstimmung gegen die Nutzung<br />
erneuerbarer Kraftstoffe ausgesprochen. Die<br />
Mehrheit der Abgeordneten unterstreicht damit<br />
erneut ihre restriktive Gangart gegenüber<br />
synthetischen Kraftstoffen und fährt weiter mit<br />
Vollgas in eine technologische Einbahnstraße“,<br />
bedauert Ralf Diemer, Geschäftsführer<br />
der eFuel Alliance die Entscheidung.<br />
„Es ist wichtig, dass wir die Schadstoffemissionen<br />
von Verbrennungsmotoren weiter reduzieren.<br />
Darüber hinaus sollten wir dafür sorgen,<br />
dass der Kraftstoff saubererer und vor allem<br />
klimafreundlich wird. Nur so können wir sicherstellen,<br />
dass alle bis 2035, und mit eFuels betrieben<br />
auch darüber hinaus, zugelassenen<br />
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nicht<br />
nur klima- sondern auch umweltpolitisch ihren<br />
Beitrag leisten.“<br />
Die Abgasnorm EURO 7 betrifft nicht nur PKW<br />
und leichte Nutzfahrzeuge, sondern normiert<br />
gleichzeitig die Rahmenbedingungen für<br />
schwere Nutzfahrzeuge wie Busse und LKW.<br />
Eine Anrechnung klimafreundlicher Kraftstoffe<br />
in der Typzulassung EURO 7 hätte die faktischen<br />
Verbote für Verbrennungsmotoren aus den<br />
CO2-Flottenregulierungen ergänzt und den<br />
Verkauf von Fahrzeugen, die nachweislich mit<br />
erneuerbaren Kraftstoffen betrieben werden,<br />
weiter ermöglicht. Gerade für Flottenbetreiber<br />
und Logistikunternehmen, hauptsächlich kleinund<br />
mittelständische Unternehmen hätte sich<br />
eine Möglichkeit ergeben, den Übergang zur<br />
Klimaneutralität kosteneffizienter und praktikabler<br />
zu gestalten“, so Diemer. „Vor dem<br />
Hintergrund politischer und wirtschaftlicher Risiken<br />
aufgrund massiver Abhängigkeiten der<br />
Batteriewertschöpfungskette aus China und<br />
dem schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur,<br />
ist es fahrlässig, weiterhin alles auf eine<br />
Karte zu setzen. Wir vergeben zudem enorme<br />
Chancen, unsere Position als Technologieführer<br />
von Power-to-XAnwendungen global zu<br />
stärken.“<br />
Die finale Entscheidung über die Ausgestaltung<br />
der Abgasnorm EURO 7 wird im Trilogverfahren<br />
zwischen Kommission, Parlament und<br />
Rat getroffen. Der Rat hatte seine Position zu<br />
EURO 7 bereits Ende September verabschiedet.<br />
Mit dem heutigen Parlamentsbeschluss ist<br />
der Weg freit für den finalen Entscheidungsfindungsprozess.<br />
Auch im Trilogverfahren besteht<br />
weiterhin die Möglichkeit, zu einer vernünftigen<br />
und pragmatischeren Lösung zu kommen,<br />
die den Bedürfnissen der Klimapolitik und<br />
der Logistikketten gerecht wird. (RED)<br />
www.efuel-alliance.eu
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S62<br />
Podiumsrunde beim 2. SMATRICS E-Mobility Talk<br />
(v.l.n.r.): Dipl.-Wirt.-Ing. Hauke Hinrichs, CEO SMATRICS,<br />
Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer E-Bridge Consulting,<br />
Deutschland, Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs<br />
Energie, und Dr. Robert Spolwind, Head of Portfolio<br />
Management and Energy Economics bei VERBUND.<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Elektromobilität als<br />
Chance für die<br />
Energiewende<br />
Die E-Mobilität ist nicht nur Treiber der<br />
Mobilitätswende, sie ist auch ein entscheidender<br />
Baustein für die Energiewende. Als<br />
mobile Stromspeicher können E-Fahrzeuge in<br />
Zukunft zur Stabilisierung des Stromnetzes<br />
beitragen. Was es dazu aber dringend<br />
braucht, sind zukunftsfitte Netze und smarte<br />
Charging-Lösungen. BEITRAG: REDAKTION<br />
Beim 2. E-Mobility Talk am 23.11.<strong>2023</strong><br />
lud SMATRICS Expert:innen aus der<br />
E-Wirtschaft, um die Rolle von Elektromobilität<br />
für die Energiewende zu<br />
beleuchten. Vertreten waren Dipl.-Wirt.-Ing.<br />
Hauke Hinrichs, CEO SMATRICS, Dr. Barbara<br />
Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs<br />
Energie, Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer<br />
E-Bridge Consulting, Deutschland, und Dr. Robert<br />
Spolwind, Head of Portfolio Management<br />
and Energy Economics bei VERBUND.<br />
Die erfolgreiche Integration von Elektromobilität<br />
in das Stromnetz erfordert neben technologischen<br />
Fortschritten auch infrastrukturelle<br />
Upgrades, intelligente Systeme zur Energieverwaltung<br />
und eine unterstützende regulatorische<br />
Umgebung. Nur dann kann das volle<br />
Potenzial der Elektromobilität als Teil eines<br />
smarten Energieökosystems genutzt werden.<br />
Die Zukunft liegt im<br />
Smart Charging-Ökosystem<br />
„E-Mobilität ist Teil der Lösung für eine erfolgreiche<br />
Energiewende. Die Technologie zur Rückspeisung<br />
von E-Fahrzeugen in die PV-Anlage<br />
eines Hauses gibt es seit mehr als zehn Jahren.<br />
Nur die dazugehörenden Geschäftsmodelle<br />
und der Markt entwickelten sich langsamer.<br />
Was es in Zukunft dringend braucht – und wir<br />
sind uns der Komplexität durchaus bewusst – ist<br />
ein sogenanntes Smart Charging-Ökosystem“,<br />
fordert Hauke Hinrichs, CEO von SMATRICS.<br />
„Damit können Ladevorgänge sowohl für<br />
Fahrzeugbesitzer:innen als auch für das Stromnetz<br />
effizient und optimal gestaltet werden.<br />
Es ermöglicht eine intelligente Nutzung der<br />
Energiequellen, minimiert Kosten und reduziert<br />
Belastungen im Stromnetz.“<br />
E-Mobilität als Unterstützung<br />
für benötigten Speicherausbau<br />
„Für das Stromnetz ist der Ausbau der Erneuerbaren<br />
eine Herausforderung. Wie auch aus<br />
dem integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan<br />
(ÖNIP) ersichtlich, ist ein massiver<br />
Ausbau der erneuerbaren Energien zu erwarten.<br />
Besonders die Photovoltaik hat durch ihre<br />
niedrigen Erzeugungskosten das Potenzial,<br />
die Energiewende signifikant zu beeinflussen“,<br />
betont Robert Spolwind, Head of Portfolio<br />
Management and Energy Economics bei VER-<br />
BUND. „Allerdings muss es auch Möglichkeiten<br />
geben, die an sonnigen Tagen gewonnenen<br />
Energieüberschüsse zu speichern. Es braucht<br />
daher Netze und Speichertechnologien, die<br />
uns helfen mit den Schwankungen und Überschüssen<br />
sinnvoll umzugehen. Die Batteriespeicher<br />
von E-Autos sind hier eine hervorragende<br />
Ergänzung zu Pumpspeichern.“<br />
Blick nach Deutschland<br />
„Wir sehen einen Hochlauf sowohl bei den<br />
Elektroautos, als auch den Netzanschlüssen<br />
von Wallboxen und Schnellladern. Die damit<br />
verbundene gigantische Flexibilität von E-Autos<br />
kann es uns ermöglichen unsere „Stromautobahnen“<br />
zu entlasten und Erneuerbare<br />
Energien besser ins Netz zu integrieren,“ erklärt<br />
Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer<br />
E-Bridge Consulting. „Um diese Entwicklung<br />
weiter zu fördern und Hürden für die Elektromobilität<br />
aus dem Weg zu räumen, hat das<br />
deutsche Bundesministerium einen Branchendialog<br />
zur Beschleunigung der Netzanschlüsse<br />
gestartet. Dieser enthält ganz konkrete<br />
Maßnahmen für einheitliche Anschlussbedingungen,<br />
vereinfachte Verfahren, die<br />
Harmonisierung und Reduzierung der Kosten<br />
und das Erleichtern der Inbetriebnahmen.<br />
Um die Flexibilität der E-Autos vollständig<br />
entfalten zu können, braucht es eine umfassende<br />
Digitalisierung der Stromnetze. Dies<br />
startet in Deutschland jetzt mit konkreten Digitalisierungsanforderungen<br />
durch die Bundesnetzagentur.<br />
Uns ist bewusst, dass die<br />
Gestaltung dieses notwendigen komplexen<br />
prozessualen Rahmens einige Jahre dauern<br />
wird.“<br />
Die E-Mobilität ins System bringen<br />
„Verkehr trägt rund ein Drittel zum CO2-Ausstoß<br />
und Energieverbrauch bei. Daher leistet<br />
E-Mobilität einen entscheidenden Beitrag<br />
zum Klimaschutz und ist einer der Schlüssel<br />
in eine CO2-freie Energiezukunft. Der erwartete<br />
höhere Strombedarf durch E-Autos<br />
ist für Österreich zu schaffen, das sehe<br />
ich nicht als große Herausforderung. Was<br />
es aber dringend braucht, ist ein Upgrade<br />
der Energieinfrastruktur und angepasste<br />
Rahmenbedingungen. Um die Flexibilität<br />
im Energiesystem zu erhöhen, erfordert es<br />
digitale Lösungen für das Lade- und Lastmanagement,<br />
um kunden- und marktorientierte<br />
Ladeservices entwickeln zu können<br />
und den erforderlichen Netzausbau zu<br />
optimieren. Denn wir können die Zukunft<br />
nicht mit den Regeln der Vergangenheit<br />
gestalten“, betont Schmidt zum Abschluss.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S64<br />
Energiedichte verschiedener Energieträger im Vergleich<br />
Flüssige Kraftstoffe wie Benzin, Diesel und Kerosin weisen im Vergleich zu anderen Energieträgern<br />
eine besonders hohe Energiedichte auf. Zudem sind sie unter Raumdruck und Raumtemperatur<br />
lagerbar. Damit ist auch der Transport flüssiger Energieträger technisch einfach machbar,<br />
was ein deutlicher Vorteil gegenüber Energieträgern in anderer Form ist.Aufgrund der<br />
gleichen chemischen Zusammensetzung gelten all diese Vorteile auch für eFuels-Produkte.<br />
https://bit.ly/3Gs3JB1<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
eFuels sind der<br />
Schlüssel zum globalen<br />
Klimaschutz<br />
Der ausschließliche Fokus auf die E-Mobilität<br />
schadet der Umwelt, weil technologische<br />
Fortschritte gebremst werden, die bei der<br />
Reduktion der CO2-Emissionen Rückenwind<br />
geben würden. BEITRAG: REDAKTION<br />
Im Rahmen der Wirtschaftsgespräche Bratislava,<br />
die von 6. bis 8. November <strong>2023</strong> in<br />
der slowakischen Hauptstadt stattfanden,<br />
tauschten sich internationale Expert:innen<br />
über die Mobilität der Zukunft aus und diskutierten,<br />
welchen aktiven Beitrag die unterschiedlichen<br />
Mobilitätslösungen zur Bekämpfung des<br />
Klimawandels leisten können. Dabei wurden<br />
vor allem klimaneutrale, grüne Kraftstoffe –<br />
dazu gehören unter anderem synthetische<br />
eFuels, die aus grünem Wasserstoff, Ökostrom<br />
und CO2 hergestellt werden – als globaler Gamechanger<br />
und erfolgversprechendste Alternative<br />
zu fossilen Kraftstoffen hervorgehoben.<br />
in Zukunft noch stärker von Energieimporten<br />
abhängigen sein wird als heute. Zweitens wird<br />
das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen<br />
dem Norden und dem Süden verringert, da<br />
der Süden den Norden nachhaltig mit grüner<br />
Energie versorgen kann. Die Internationalisierung<br />
des Klimaschutzes scheint von der Europäischen<br />
Politik leider schon aufgegeben worden<br />
zu sein.“<br />
Synthetische Kraftstoffe geben aber auch für<br />
andere Technologien wichtige Impulse, dazu<br />
gehören unter anderem Direct Air Capture,<br />
CO2-Recycling, effiziente Wasserstoffgewinnung,<br />
Verbrauchsreduktion sowie die innovative<br />
Verknüpfung von grünem Methanol mit<br />
E-Antrieb.<br />
Regulatorische Hindernisse bremsen flächendeckende<br />
Versorgung<br />
Aktuell wird der Ausbau der weltweiten<br />
eFuels-Produktion noch durch regulatorische<br />
Hindernisse gebremst. Stephan Schwarzer:<br />
„Die EU-Kommission verhindert mit ihrer praxisfernen<br />
Definition von grünem Wasserstoff die<br />
rasche Verfügbarkeit dieser klimaneutralen<br />
Energieform. Steuervorteile und Förderungen<br />
dürfen grünen Treibstoffen nicht verschlossen<br />
bleiben. Wenn wir das Klima retten wollen,<br />
dann müssen wir auf alle verfügbaren Lösungen<br />
zurückgreifen. Der ausschließliche Fokus<br />
auf die E-Mobilität schadet der Umwelt, weil<br />
technologische Fortschritte gebremst werden,<br />
die uns bei der Reduktion der CO2-Emissionen<br />
Rückenwind geben würden.“ (RED)<br />
Die Vorteile von eFuels seien sowohl aus wissenschaftlicher,<br />
aber auch aus volkswirtschaftlicher<br />
und praktischer Sicht unschlagbar:<br />
eFuels sind zum einen das perfekte Speichermedium<br />
und machen grüne Energie auch<br />
über lange Strecken transportierbar. Zum<br />
anderen kann die bestehende Infrastruktur –<br />
vom Tankschiff über die Zapfsäulen bis hin zum<br />
Bestandsfahrzeug – ohne teure Umrüstkosten<br />
oder kapitalintensive Neuinvestitionen in das<br />
Stromnetz weiterverwendet werden. Hinzu<br />
kommt die breite Anwendungsmöglichkeit –<br />
vom Flugzeug bis zum Privat-PKW.<br />
STEPHAN SCHWARZER<br />
Stephan Schwarzer, Geschäftsführer der<br />
eFuel Alliance Österreich, sieht aber auch<br />
einen globalen Mehrwert in der innovativen<br />
eFuels-Technologie: „Synthetische Kraftstoffe<br />
sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz,<br />
denn dieser profitiert zweifach: Erstens erhöht<br />
sich die Versorgungssicherheit in Europa, das
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S66<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Telematik-Daten<br />
effizient einsetzen<br />
Die moderne Logistik erlebt immer wieder<br />
Disruptionen der Lieferketten und hat<br />
daher viele Herausforderungen zu bewältigen.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Echtzeit-Tracking einer Flotte hilft dabei,<br />
diesen Störungen effizient und erfolgreich<br />
zu begegnen. Denn so wissen<br />
Unternehmen stets: Wo befinden sich<br />
Fahrer und Ladung? Wie ist der Zustand der<br />
Ladung ist? Und kommt sie pünktlich beim<br />
Kunden an? Und auch die Wartung der Assets<br />
wird nicht vergessen, da die Nutzung jedes einzelnen<br />
Fahrzeugs von den Trackern übermittelt<br />
wird. Diese klassische Datennutzung der über<br />
Kameras und IoT-Tracker gesammelten Daten<br />
bietet allerdings auch wertvolle Informationen<br />
für andere Abteilungen. Heinz-Hermann Tiben<br />
von Powerfleet erklärt, welche Abteilungen<br />
von den Flottendaten profitieren:<br />
Die Distribution: Logistik und Transport<br />
Direkt von den Informationen profitieren die<br />
Flottenmanager, Logistikabteilungen und<br />
Fahrer. So lassen sich etwa die gesammelten<br />
Daten nutzen, um optimale Routen für die<br />
Lieferungen zu planen und so Zeit sowie Treibstoff-<br />
oder Stromkosten zu sparen. Gerade<br />
bei längeren Strecken lassen sich Pausenzeiten<br />
sowie Tank- und Lademöglichkeiten entlang<br />
der Strecke besser einbinden. Außerdem<br />
können Flottenmanager in Echtzeit besser auf<br />
Stauinformationen reagieren und die Routen<br />
umorganisieren. Gleichzeitig überwachen sie<br />
die Fahrzeuge und deren Ladung entlang der<br />
gesamten Lieferkette. Bei einer Integration<br />
von Touren- & Routenoptimierungssoftware<br />
kann das sogar per API/EDI/X-Server automatisiert<br />
erfolgen, oder dem Flottenmanager als<br />
Vorschlag präsentiert werden.<br />
Doch auch die Lagerverwaltung profitiert von<br />
den Flotteninformationen. Die Daten lassen<br />
sich beispielsweise zur Verbesserung der Bestandsverwaltung<br />
in der gesamten Lieferkette<br />
verwenden. So ist immer bekannt, welche<br />
Waren sich noch im Lager und welche sich<br />
im Transit befindet. Ebenso lässt sich der Status<br />
von Nachbestellungen überprüfen. Das verhindert<br />
Engpässe und hilft dabei, überschüssige<br />
Bestände umzuverteilen oder abzubauen.<br />
Die Sozialen: Personalabteilung<br />
Die Daten lassen sich ebenfalls dazu verwenden,<br />
die Arbeitszeiten zu optimieren. Vor allem<br />
Trucker sind oft stundenlang auf der Straße unterwegs.<br />
Mithilfe der gesammelten Informationen<br />
kann die HR-Abteilung überwachen, ob<br />
die maximalen Arbeits- und vorgeschriebenen<br />
Ruhezeiten eingehalten werden. Das minimiert<br />
das Unfallrisiko. Außerdem geben die<br />
Daten Aufschluss über die Fahrerleistung und<br />
ob Schulungsbedarf im Bereich der Verkehrssicherheit<br />
besteht. Erhöhen sich Fahrgeschwindigkeit<br />
und Unfallverwicklungen bei einem<br />
Fahrer – sowohl im Lager wie auf der Straße –<br />
lassen sich gezielt Fortbildungen veranlassen.<br />
Je nach Intensität, Datentiefe und Nutzung<br />
der Daten kann eine solche Unterweisung<br />
auch präventiv angesetzt werden. Der beste<br />
Unfall ist ein vermiedener Unfall!<br />
Die Verkäufer: Vertrieb und Kundendienst<br />
Durch Echtzeit-Tracking können Service-Mitarbeiter<br />
punktgenau über den Status der<br />
Lieferungen informieren und ein genaues Lieferzeitfenster<br />
mitteilen. Das steigert die Kundenzufriedenheit<br />
und -bindung enorm. Zudem lässt<br />
sich der Materialfluss effizienter gestalten, wenn<br />
die Mitarbeiter in der Warenannahme vorbereitet<br />
sind und den Status einer Lieferung kennen.<br />
Flottenmanager können beispielsweise<br />
die Routen an die bevorzugten Lieferzeiten<br />
anpassen, wenn sich die Abteilungen kontinuierlich<br />
austauschen.<br />
Die Controller: Finanz- und Rechtsabteilung<br />
Geht es um Daten und Fakten, sind auch die<br />
Finanz- und Rechtsabteilung nicht weit. Denn<br />
die gesammelten Informationen geben Aufschluss<br />
darüber, wie viel Budget in die Anschaffung<br />
neuer Fahrzeuge, Treibstoff und<br />
Wartung fließen. Anhand der historischen Daten<br />
lassen sich die Budgets langfristig für die<br />
Flottenaktivitäten planen und Einsparpotenziale<br />
erkennen.<br />
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Unfallund<br />
Fahreranalyse. Die Daten geben beispielsweise<br />
Aufschluss darüber, ob die Fahrer<br />
Verkehrsregeln und unternehmensrelevante<br />
Sicherheitsvorschriften einhalten. Auch in<br />
Unfallsituationen dienen sie der Rekonstruktion,<br />
um für die Versicherung die Ursachen zu er-<br />
mitteln. Gegebenenfalls können sie sogar Prämien<br />
und Vertragskonditionen mit dem Versicherer<br />
verbessern. So lassen sich Konditionen<br />
neu verhandeln, wenn die Fahrer stets sicher<br />
unterwegs sind und Unfälle vermeiden. Ebenso<br />
lässt sich mit diesen Daten der ökologische<br />
Fußabdruck der Flotte quantifizieren. So können<br />
Unternehmen effizientere Maßnahmen<br />
finden, um die Emissionen und den Ressourcenverbrauch<br />
zu reduzieren. Das ist besonders<br />
interessant, wenn es an die Geschäftsberichterstellung<br />
geht. Denn hier nehmen die<br />
Nachhaltigkeitsziele mit der neuen EU-Richtlinie<br />
einen zunehmend relevanten Part ein.<br />
Die Kommunikatoren: Marketing und Presse<br />
Auch Marketing- und Presseabteilung können<br />
von den Daten profitieren. Sie erhalten dadurch<br />
Einsicht in Markttrends der Branche und<br />
Kundenpräferenzen, die sich gezielt für neue<br />
Kampagnen einsetzen lassen. Sie können die<br />
Informationen beispielsweise für einen internen<br />
Report zur Kundenzufriedenheit oder zur allgemeinen<br />
Fahrerbilanz und damit der Produktivität<br />
aufbereiten, diese mit Grafiken über Social<br />
Media verbreiten und mit zielgruppenspezifischen<br />
Kampagnen die Lead-Generierung für<br />
den Vertrieb unterstützen. Zufriedene Fahrer in<br />
einer sicheren Arbeitsumgebung sind ein Aushängeschild<br />
und machen das Unternehmen<br />
für neue, weitere Fahrer interessant und helfen<br />
den Unternehmen, dem akuten Fahrer- und<br />
Nachwuchsmangel entgegenzutreten.<br />
Fazit<br />
Verschiedene Abteilungen können von den<br />
Informationen aus Logistikflottendaten profitieren,<br />
da sie Einblicke in die Bewegungen<br />
der Ladung und Leistung der Fahrer erhalten.<br />
Die tatsächlichen Einsatzszenarien variieren je<br />
nach Branche und Unternehmenszielen. Aber<br />
Logistikflottendaten können in vielen Abteilungen<br />
dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit<br />
zu verbessern, effizienter und gleichzeitig<br />
mit geringeren Ausgaben zu arbeiten. Die<br />
Menge an bereitgestellten Daten und die in<br />
der Folge verschiedenen Blickwinkel der Abteilungen<br />
lassen aus eben Daten (relevante)<br />
Informationen werden. Hier wird ein Return<br />
on Investment (ROI) erzielt, im Gegensatz zu<br />
einer reinen Datenhaltung von „Big Data“.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S68<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Kostenvorteile beim<br />
Einsatz einer Fleet-<br />
Intelligence-Plattform<br />
Auch für Logistikunternehmen und Abteilungen<br />
ist es aufwendig, Flotten optimal zu<br />
verwalten. Dabei lässt sich aus den gesammelten<br />
Flottendaten in einem Fleet-Intelligence-System<br />
ein echter Mehrwert ziehen.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
potenziale zu finden und die Streckenplanung<br />
zu verbessern. Auch lassen sich Schulungen<br />
für eine sparsamere Fahrweise anbieten. Dies<br />
kann dazu beitragen, den Kraftstoffverbrauch<br />
zu senken und sogar Verschleiß an Fahrzeugen<br />
zu reduzieren.<br />
Wartungsbedarf frühzeitig erkennen<br />
Über das Fahrverhalten hinaus bilden Fleet-<br />
Intelligence-Anwendungen den gesamten<br />
Lifecycle jedes Fahrzeugs der Flotte ab. Damit<br />
sammeln sie auch Daten zur Fahrzeugwartung<br />
und -diagnose. Dies ermöglicht eine proaktive<br />
Wartungsplanung, um die Lebensdauer der<br />
Fahrzeuge zu verlängern. Eine solche Predictive<br />
Maintenance sorgt für eine bessere Budgetplanung<br />
in der Finanzabteilung. Zudem<br />
reduziert es unvorhergesehene, zusätzliche<br />
Ausgaben.<br />
für Versicherungsprämien. Langfristig lassen<br />
sich sogar Versicherungskosten senken, denn<br />
Versicherungsanbieter belohnen Flotten oft<br />
mit Prämienrabatten, wenn sie Fleet-Intelligence-Systeme<br />
nutzen. Das ist wichtig, denn<br />
oft machen Versicherungen einen erheblichen<br />
Teil der Betriebskosten aus.<br />
Fazit<br />
Fleet-Intelligence-Systeme können dazu beitragen,<br />
die Betriebskosten zu senken und<br />
die Effizienz zu steigern. Dadurch verbessern<br />
sie die Rentabilität von Logistikunternehmen<br />
und -abteilungen. Die Überwachung von<br />
Fahrzeugleistung, Treibstoffverbrauch, Wartungsbedarf<br />
und Routenoptimierung bietet<br />
dabei eine essenzielle Grundlage. Denn<br />
so lassen sich direkte Kosten einsparen, die<br />
sonst die Finanzabteilung zu verzeichnen hat.<br />
Zwar verursacht die Implementierung und<br />
Wartung solcher Systeme auf den ersten Blick<br />
zusätzliche Kosten, doch überwiegen die langfristigen<br />
Vorteile in der Regel die Investition.<br />
Insgesamt bekommt die Finanzabteilung ein<br />
wertvolles Tool an die Hand, um die Kosten<br />
zu senken, Budgets zu optimieren und den finanziellen<br />
Stand eines Unternehmens zu verbessern.<br />
Das liegt vor allem an der besseren<br />
Kontrolle über die Flottenkosten und -leistung.<br />
Außerdem lassen sich Regulierungen einfacher<br />
einhalten und bessere Konditionen bei<br />
Versicherern erzielen. Dabei ist jedoch zu<br />
beachten, dass die genauen Auswirkungen<br />
von verschiedenen Faktoren abhängen – einschließlich<br />
des Versicherungsunternehmens,<br />
der Art der Flotte, der Fahrerhistorie und der<br />
Nutzung des Fleet-Intelligence-Systems. (RED)<br />
Neben der besseren Planung der<br />
Fahrzeugleistung, Routenoptimierung<br />
und Treibstoffeffizienz bieten<br />
die Informationen auch einen<br />
großen Nutzen in puncto Budgetierung.<br />
Heinz-Hermann Tiben von Powerfleet fasst vier<br />
Kostenvorteile zusammen:<br />
Compliance und Regulierungen einhalten<br />
Einige Systeme bieten die Möglichkeit, die<br />
Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Umweltauflagen<br />
zu überwachen und nachzuverfolgen.<br />
So ist sichergestellt, dass Fahrzeuge<br />
ordnungsgemäß gewartet werden und Fahrer<br />
die vorgeschriebenen Anforderungen einhalten<br />
– Arbeitszeiten, Ruhezeiten und Geschwindigkeitsbegrenzungen.<br />
Ebenfalls sammeln<br />
diese Systeme sicherheitsrelevante Daten und<br />
helfen, dass Fahrzeuge den Emissionsstandards<br />
entsprechen. Sind digitale Tachographen<br />
vorgeschrieben, können Fleet-Intelligence-Systeme<br />
auf deren Daten zugreifen und sie<br />
verwalten. Dadurch lässt sich gewährleisten,<br />
dass Fahrer und Unternehmen ihre Aufzeichnungen<br />
ordnungsgemäß führen. Und das hilft<br />
dabei, Bußgelder sowie Strafen zu vermeiden<br />
und finanzielle Belastungen zu minimieren.<br />
From Austria<br />
to überall.<br />
Kraftstoffverbrauch optimieren<br />
Die historischen Daten zur Fahrzeugleistung,<br />
dem Kraftstoffverbrauch und der gefahrenen<br />
Strecke geben Aufschluss darüber, wie viel<br />
Treibstoff in Zukunft benötigt wird. Aus diesen<br />
Erfahrungswerten lässt sich bereits ein gewisser<br />
Betrag in die anstehenden Ausgaben für das<br />
nächste Geschäftsjahr einplanen. Darüber<br />
hinaus hilft ein genauerer Blick auf die Routenplanung<br />
und das Fahrverhalten, Einspar-<br />
Versicherungskosten reduzieren<br />
Durch die Analyse des Fahrverhaltens und<br />
die Identifizierung von Risikofaktoren können<br />
Logistikunternehmen dazu beitragen, Unfälle<br />
zu vermeiden. Zudem lassen sich Beweise für<br />
den Unfallhergang sicherstellen und ungerechtfertigte<br />
Ansprüche verhindern. Unternehmen<br />
können riskantes Fahrverhalten erkennen<br />
und die Gefahr schwerer Unfälle verringern.<br />
Damit sinken die Schadensersatzansprüche<br />
und das bedeutet geringere Gesamtkosten<br />
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Scan me
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S70<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Mauterhöhung bringt<br />
Finanzen ins Wanken<br />
Der Europäische Ladungs-Verbund Internationaler<br />
Spediteure (ELVIS) AG zufolge läutet<br />
der anstehende Jahreswechsel zugleich<br />
auch die sprichwörtliche Stunde der Wahrheit<br />
für das deutsche Transportgewerbe ein.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Unternehmen, denen es nicht gelänge,<br />
die zum 1. Dezember massiv steigenden<br />
Mautkosten vollständig auf<br />
die Transportpreise umzulegen, drohten<br />
finanzielle Einbußen in existenzbedrohendem<br />
Ausmaß. Die Branche kann erst im kommenden<br />
Jahr auf eine positive Trendwende<br />
hoffen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle<br />
Marktreport des Verbunds.<br />
NIKOLJA GRABOWSKI<br />
„Mit der Erhöhung der Maut hat die Bundesregierung<br />
nichts anderes als eine versteckte<br />
Steuer beschlossen und gleichzeitig die Spediteure<br />
und Frachtführer zu deren Eintreiber<br />
bestimmt“, sagt Nikolja Grabowski, Vorstand<br />
der ELVIS AG. „Ob es der Branche gelingt, die<br />
immensen Kostensteigerungen umzulegen, ist<br />
für die Koalition dabei offenbar von untergeordnetem<br />
Interesse.“<br />
Zumal zum Jahreswechsel nicht nur die Nutzungsgebühr<br />
für die Autobahnen und Bundesstraßen<br />
steigt. Viele Lkw rutschen zudem<br />
in eine höhere Gebührenklasse. Gleichzeitig<br />
verteuert ein zusätzlicher CO2-Aufschlag den<br />
Liter Diesel – voraussichtlich in einer Größenordnung<br />
um weitere fünf auf dann zwölf Cent<br />
pro Liter. Noch verschärft wird diese Situation<br />
ELVIS zufolge von den nach wie vor unsicheren<br />
politischen Rahmenbedingungen. In der Folge<br />
einer sich seitwärts bewegenden Gesamtwirtschaft<br />
bleibe die Investitionsbereitschaft weiter<br />
gering. Eine substanzielle Besserung sieht der<br />
Marktreport erst gegen Mitte des kommenden<br />
Jahres. „Vor allem die sich abzeichnende<br />
Zinswende nährt diese Hoffnung“, resümiert<br />
Grabowski. Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofes<br />
zur fehlenden rechtlichen<br />
Grundlage des Klimatransformationsfonds<br />
könnte etwaige positive Signale aber schon im<br />
Keim ersticken.<br />
„Am Ende muss die Branche fast noch froh<br />
sein, wenn der Bund die Maut im Laufe des<br />
Jahres nicht weiter steigert, um die fehlenden<br />
Mittel des Bundeshaushaltes aufzustocken“,<br />
so der ELVIS Vorstand weiter.<br />
Die saisonübliche Herbst-Belebung der Transportbranche<br />
hatte dem ELVIS-Report für das<br />
abgelaufene Quartal zufolge ihr Hoch im Oktober.<br />
Allerdings blieben die Kennzahlen deutlich<br />
hinter dem Vorjahr zurück. Entsprechend reserviert<br />
sei das Geschäftsklima, das von der Mautsteigerung<br />
nun zusätzlich eingetrübt würde.<br />
Mit Blick auf die branchenüblich dünne Kapitaldecke<br />
rücke damit vor allem die Liquidität<br />
der Unternehmen in den Fokus. Die Maut<br />
sei neben den Dieselkosten eine der größten<br />
Positionen auf der Ausgabenseite der Spediteure.<br />
Mit ihrer Verdopplung werde daher<br />
die allgemeine Zahlungsfähigkeit erheblich<br />
belastet. „Besonders zu beachten ist dabei,<br />
dass Tank- und Mautanbieter aufgrund der<br />
hohen Rechnungswerte die Finanzdecke ihrer<br />
Kunden sehr genau im Blick behalten. Übersteigt<br />
die Rechnung den der Bonität entsprechenden<br />
Kostenrahmen, kann es schnell eng<br />
werden und ein Lieferausfall drohen“, mahnt<br />
Grabowski. Vor diesem Hintergrund sieht der<br />
Verbund die Spediteure mit folgenden Herausforderungen<br />
konfrontiert: Erstens müssen<br />
die Mehrkosten der Mauterhöhung inklusive<br />
aller Anfahrtskilometer vollumfänglich an die<br />
Kunden weitergegeben werden. Zweitens sollte<br />
die eigene Bonität Kreditoren gegenüber<br />
auf Nachfrage kurzfristig nachweisbar sein. Zu<br />
diesem Zweck sollte mindestens der Jahresabschluss<br />
2022 vorliegen. Drittens empfiehlt es<br />
sich, größere Ausstände mittels einer Warenkreditversicherung<br />
abzudecken, beziehungsweise<br />
im Wege des Factorings zu liquidieren,<br />
um die eigene Zahlungsfähigkeit zu erhöhen.<br />
„Die Bedeutung der Solvenz wird häufig unterschätzt.<br />
Selbst durchlaufende Posten sind<br />
dazu geeignet, die Unternehmensfinanzen ins<br />
Wanken zu bringen, wenn sie so groß wie die<br />
Mautzahlungen sind“, gibt der ELVIS-Vorstand<br />
zu bedenken und rät Speditionen und Frachtführern,<br />
dem Thema erhöhte Aufmerksamkeit<br />
zu widmen. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S72<br />
• Auch bei internationalen Import-, Exportund<br />
Transitverkehren greift das AWG. Für das<br />
italienische Unternehmen DIFE transportiert die<br />
RCG 5.000 Jahrestonnen Siedlungsabfälle für<br />
die thermische Verwertung von Italien in die<br />
Niederlande – einmal quer durch Österreich<br />
auf insgesamt fast 1.600 Schienenkilometern.<br />
• Die LINZ AG ist bereits langjähriger Kunde<br />
der RCG. Seit Jahresbeginn fährt die RCG –<br />
zusätzlich zu den 78.000 Jahrestonnen – nochmals<br />
7.500 Tonnen Siedlungsabfälle von Graz<br />
nach Linz.<br />
Anschlussbahnen und Ladestellen beschleunigen<br />
Verlagerung<br />
Nicht zuletzt ist das Thema Ladestellen und Anschlussbahnen<br />
in den Fokus der ÖBB-Infrastruktur<br />
AG gerückt. Auch im aktuellen Rahmenplan<br />
sind jährlich zusätzlich rund 4 Millionen<br />
Euro für die Modernisierung und den Ausbau<br />
von Ladestellen und privaten Anschlussbahnen<br />
vorgesehen. So können die notwendigen<br />
infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen<br />
und der Umstieg auf die Schiene auch für<br />
zukünftige Partner noch attraktiver gemacht<br />
werden. Die verstärkte Nutzung von Anschlussbahnen<br />
durch Unternehmen ist ein weiterer<br />
essenzieller Schlüssel zur Erreichung der österreichischen<br />
Klimaziele. Erst kürzlich wurde in<br />
Niederösterreich für einen Großkunden die<br />
bereits vierte Anschlussbahn in Betrieb genommen.<br />
2022 wurde gemeinsam mit dem österreichischen<br />
Bundesheer die Anschlussbahn<br />
Fliegerhorst Brumowski/Langenlebarn generalsaniert<br />
und reaktiviert sowie mit der Firma<br />
Bau Beton eine Anschlussbahn im Hafen Freudenau<br />
in Wien errichtet. Derzeit sind etwa fünf<br />
neue bzw. Reaktivierungen von bestehenden<br />
Anschlussbahnen und acht Modernisierungen<br />
von Ladestellen in konkreter Planung.<br />
(RED)<br />
Bei einer Annahme<br />
von 17,5 Tonnen je<br />
Lkw laut Herry-Studie.<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
ÖBB Rail Cargo Group<br />
bringt 200.000 Tonnen<br />
Abfall auf die Schiene<br />
Seit Jahresbeginn ist das novellierte Abfallwirtschaftsgesetz<br />
in Österreich in Kraft –<br />
und bietet damit enormes Potential für den<br />
Klimaschutz sowie den umweltfreundlichen<br />
Transport von Abfällen auf der Schiene.<br />
Abfalltransporte mit einem Gesamtgewicht<br />
von mehr als zehn Tonnen ab einer Distanz<br />
von 300 km müssen demnach mit der Bahn<br />
transportiert werden.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
In enger Zusammenarbeit mit neuen und<br />
bestehenden Kunden hat die RCG bereits<br />
eine Vielzahl an Logistikkonzepten erarbeitet,<br />
die sowohl betrieblich als auch wirtschaftlich<br />
erfolgreich sind. Zahlreiche Verträge<br />
liegen unter Dach und Fach und eine erste Bilanz<br />
zeigt: 200.000 Tonnen, die zuvor mit dem<br />
Lkw transportiert wurden, werden durch das<br />
AWG auf die Schiene verlagert. Das entspricht<br />
mehr als 11.400 Lkw-Fahrten* – würde man die<br />
Fahrzeuge ab Wien aneinanderreihen, entstünde<br />
auf der Autobahn ein 200 Kilometer<br />
langer Stau bis nach Graz. Die Vermeidung<br />
der entsprechenden Fahrten bewirkt also ein<br />
unübersehbares Plus für die Umwelt.<br />
Jeder Transport zählt<br />
Die RCG verfügt bereits über langjährige Expertise<br />
in der Abfallwirtschaft und bietet Neuund<br />
Bestandskunden effiziente Logistiklösungen<br />
sowohl national in Österreich als auch<br />
international über die Landesgrenzen hinaus.<br />
Drei Beispiele:<br />
• Das Entsorgungsunternehmen böhler Abfall<br />
GmbH erhielt in Verbindung mit einem Schienenlogistik-Konzept<br />
der RCG den Zuschlag bei<br />
der Klärschlamm-Ausschreibung des Vorarlberger<br />
Umweltverbands. Konkret werden jährlich<br />
bis zu 12.000 Tonnen Klärschlamm nach<br />
Niederösterreich transportiert.<br />
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Abläufe und effiziente Transporte sind heute wichtiger<br />
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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S74<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Cargo Center Graz<br />
expandiert im<br />
großen Stil<br />
Das Cargo Center Graz wird im großen Stil<br />
vergrößert und stärker zu einer Drehscheibe<br />
für maritime und kontinentale Verteilungsverkehre<br />
ausgebaut. Geschäftsführer<br />
Robert Brugger im Gespräch über Seehafenverkehre,<br />
CO2-Bepreisung und gute<br />
Chancen für den Intermodal-Verkehr.<br />
BEITRAG: PI/REDAKTION<br />
Kapazitäten verdoppelt, was auch notwendig<br />
ist, weil man in der bestehenden Anlage das<br />
Limit bei den Handling-Möglichkeiten erreicht<br />
hat. Im kommenden Jahr wird der neue Terminal<br />
fertig sein und in Betrieb gehen und<br />
will das CCG seine Rolle als multifunktionales<br />
Güterverkehrszentrum mit maritimer und kontinentaler<br />
Ausrichtung noch stärker international<br />
vermarkten, wie Brugger betont. Schon<br />
jetzt ist der Standort sehr eng mit den Adria-Häfen<br />
Koper, Triest und Rijeka verbunden.<br />
Zwischen Koper und Werndorf rollen täglich<br />
Züge mit Container an Bord, die von der CCGeigenen<br />
Logistik-Plattform organisiert werden.<br />
Das Cargo Center Graz in Werndorf<br />
bei Graz bekommt einen weiteren<br />
Container-Terminal mit entsprechender<br />
Infrastruktur mit Straße<br />
und Schiene. Nicht weniger als 100 Mio. Euro<br />
werden für diese Investition in die Hand genommen<br />
wobei die Finanzierung über die<br />
GWP, der Beteiligungsgesellschaft aus Land<br />
Steiermark und Cargo Center Graz erfolgt.<br />
Diese Gesellschaft ist zuständig für alle schienenseitigen<br />
Investitionen an diesem Standort,<br />
wie Robert Brugger, der seit Anfang März bzw.<br />
seit Juli dieses Jahres als allein agierender Geschäftsführer<br />
des CCG im Gespräch mit Logistik-Express<br />
erklärt.<br />
Mit diesem Geld werden neue Gleise verlegt,<br />
werden zwei Portalkranlagen für den neuen<br />
Terminal und ein weiterer für den schon<br />
bestehenden Terminal angeschafft und die<br />
Infrastruktur geschaffen für die steigende<br />
Nachfrage von Seiten der verladenden Wirtschaft<br />
nach Dienstleistungen rund um den<br />
Intermodalen Verkehr. Immer mehr Unternehmen<br />
überdenken Ihre Transportkonzepte und<br />
nutzen die Kombination der beiden Verkehrsträger<br />
Schiene und Straße. Derzeit werden im<br />
CCG pro Jahr rund 240.000 TEU umgeschlagen,<br />
mit dem Aus- und Neubau werden die<br />
Auf diesen Zügen, die von CCG beim Bahntransportunternehmen<br />
Adria Transport mehrheitlich<br />
eingekauft und von diesem operativ<br />
abgewickelt werden finden sich viele Güter<br />
für einen namhaften europaweit präsenten<br />
Diskonter, der das CCG seit Jahren als logistische<br />
Drehscheibe für verschiedene Distributionstätigkeiten<br />
nutzt. Dieses Unternehmen hat<br />
bekanntlich mit Tailwind eine eigene Reederei<br />
gegründet und bringt mit eigenen Schiffen in<br />
eigenen Containern ordentlich viel Ladung<br />
aus Fernost nach Koper. Auf diesen Zügen gibt<br />
es aber auch Platz für andere Verlader, sprich<br />
Spediteure, die zu den Hauptkunden des<br />
CCG zählen. Die CCG-Logistikplattform agiert<br />
bewusst neutral, um die Zugkapazitäten bestmöglich<br />
und vor allem paarig auslasten zu<br />
können. Während die Züge Koper-CCG regelmäßig<br />
rollen werden zwischen Triest und Rijeka<br />
und Werndorf Züge je nach Bedarf gefahren.<br />
„Wir merken ein steigendes Interesse an<br />
Bahnverkehren, weil sich Unternehmen immer<br />
mehr über klimafreundliche und nachhaltige<br />
Transporte Gedanken machen“, weiß<br />
Brugger aus Erfahrung. Die Nachfrage ist da,<br />
doch preislich ist der intermodale Transport<br />
gegenüber dem reinen Lkw-Transport auf der<br />
Straße noch zu teuer als dass man von einem<br />
Verlagerungsboom von der Straße Richtung<br />
Intermodalverkehr auf der Schiene sprechen<br />
könnte. Das Interesse kommt nicht nur aus<br />
Steiermark und den südosteuropäischen Ländern,<br />
sondern auch immer stärker von Unternehmen<br />
aus dem süddeutschen Raum, wo<br />
sich das Verlader Interesse auf die drei Adria-Häfen<br />
richtet. Aber auch das Bewusstsein<br />
für Nearshoring, sprich Verlagerung betrieblicher<br />
Aktivitäten in näher liegende Standorte<br />
bzw. in das benachbarte Ausland sind<br />
Gründe für die steigende Nachfrage nach<br />
einem leistungsfähigen Güterverkehrszentrum,<br />
wie sich das CCG als solches definiert.<br />
Brugger rechnet damit, dass es mit der<br />
CO2-Bepreisung im Lkw-Verkehr in Österreich<br />
ab 2024 zu einer stärkeren Verlagerung des<br />
Güterverkehrs auf die Bahn kommen wird. Der<br />
Manager ist seit 23 Jahren in der Logistik-Branche<br />
tätig ist sieht für das CCG gute Chancen<br />
mit Fokus Richtung Südosteuropa. „Mit dem<br />
jetzigen Ausbau wollen wir im Ranking unter<br />
den Top drei der großen Güterverkehrszentren<br />
in Europa kommen“, hofft Brugger, der<br />
sich mit seinem Team die operative Exzellenz<br />
steigern und neue Kunden gewinnen will, die<br />
das CCG als Drehscheibe Richtung Südosteuropa<br />
nutzen wollen. Seit 2003 haben die<br />
öffentliche Hand und die Gesellschafter des<br />
CCG rund 350 Mio. Euro in die Infrastruktur und<br />
Suprastruktur investiert und damit eine Anlage<br />
geschaffen, die mehr als eine Mio. m2 Fläche<br />
sowie 320.000 m2 an Hallen und Büroflächen<br />
umfasst.<br />
(RED)<br />
ROBERT BRUGGER
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S76<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Aufbruch zu<br />
neuen Ufern<br />
Weniger traditionell und mehr gegenwärtig<br />
versteht Werner Hecking, der<br />
Geschäftsführer der Steiermarkbahn und<br />
Bus GmbH sein Geschäft.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Als Quereinsteiger, der seit Anfang<br />
Februar dieses Jahres als Geschäftsführer<br />
fungiert, hat er einen anderen<br />
Blick auf den Bahnbetrieb, den<br />
er noch in vielen Bereichen traditionell-protektionistisch<br />
geprägt ist. Die vielen unterschiedlichen<br />
technischen Vorschriften in den<br />
einzelnen Ländern gestalten beispielsweise<br />
den grenzüberschreitenden Güterverkehr<br />
alles anders als harmonisch. Hier brauche es<br />
dringend einen Abbau der Barrieren, wenn<br />
mehr Güter auf die Schiene kommen sollten.<br />
werden und mit einem attraktiven Angebot<br />
zum Kunden gehen“. Die STB hat im Vorjahr<br />
rund 1,7 Mio. Tonnen auf ihrem Schienennetz<br />
transportiert, das derzeit 128 Kilometer<br />
in der Steiermark umfasst. Das Geld verdient<br />
wird mit Ganzzug- und Anschlussbahnverkehren<br />
sowie mit dem Kombinierten Verkehr, mit<br />
dem sich Hecking für seine STB für die Zukunft<br />
große Chancen ausrechnet. Geld verdienen<br />
wird immer schwieriger, weil viele Firmen sich<br />
Pufferlager angelegt haben, um bei Lieferkettenunterbrechungen<br />
produktionsseitig nicht in<br />
Schwierigkeiten zu kommen.<br />
Einen „Klassenkampf“ zwischen Schiene und<br />
Straße will der Manager nicht sehen, der Lkw<br />
ist und bleibt im Güterverkehr essentiell. Aber:<br />
„Alles was mit dem Lkw transportiert wird kann<br />
auch mit der Bahn befördert werden“. Auf die<br />
Symbiose der beiden Verkehrsträger kommt es<br />
an und diese will die STB gemeinsam mit anderen<br />
privaten österreichischen Eisenbahngesellschaften<br />
mit einem geplanten nationalen,<br />
standardisierten Netzwerk für den Kombinierten<br />
Verkehr voranbringen. Dieses Netzwerk soll<br />
2024 Gestalt annehmen.<br />
Nutzern und Leistungserbringern und vertreiben<br />
sollen das Angebot im Netzwerk Spediteure,<br />
Operateure und Terminalbetreiber.<br />
Zwei Bahnunternehmen machen bei diesem<br />
Netzwerk schon fix mit, mit weiteren sei man<br />
gerade in Verhandlungen. Eins steht schon<br />
fest: Die ÖBB werden da nicht mitmachen.<br />
WERNER HECKING<br />
Hecking hat den Masterplan Güterverkehr<br />
2030 gelesen und er stimmt mit den darin<br />
formulierten Maßnahmen für mehr Bahngüterverkehr<br />
überein, doch wie die Umsetzung<br />
beschrieben wird hält er für nebulos, „wir müssen<br />
Taten setzen, müssen konkrete Schritte<br />
setzen, damit beim System Bahn etwas weitergeht,“<br />
so sein Ansatz. Sicherheit und Kontrolle<br />
im Bahnbereich hält der Manager für gut und<br />
recht, „aber wir müssen als Bahn moderner<br />
Dieses Netzwerk versteht sich als wettbewerbsfähiges<br />
Angebot für mehrere Marktsegmente.<br />
Mit einem täglichen Nachtsprung-Netzwerk<br />
zwischen den wichtigsten österreichischen<br />
Kombi-Terminals soll mehr Ladung auf die<br />
Kombi-Schiene kommen. Mit abgestimmten<br />
Zugsverbindungen sollen die Kombi-Sendungen<br />
in internationale kontinentale und<br />
maritime Relationen eingebunden werden<br />
und mit einem Erweiterungsnetzwerk rund um<br />
die Terminals will man Güterströme aus der Abfallwirtschaft<br />
in das Netzwerk integrieren. Nutzer<br />
können Slots über eine neutrale Plattform<br />
im Netzwerk einbuchen.<br />
Bis 18 h eingelieferte Sendungen werden am<br />
nächsten Tag ab 6.00 h morgens im Empfängerterminal<br />
bereitgestellt und gefahren wird<br />
mit Einfach-Traktion, Einsatz von Hybrid-Maschinen,<br />
fixen Wagengruppen und Ressourcen<br />
auf Basis standardisierter Prozesse. Das<br />
Auslastungsmanagement erfolgt über eine<br />
transparentes Risk-Sharing-Modell zwischen<br />
Was die Fahrtgebiete betrifft, so sind zwei Zugverbindungen<br />
Nord-Süd geplant zwischen<br />
Villach-St. Michael-Wien und Graz-St. Michael-<br />
Wels mit St. Michael als Knotenpunkt. Eine<br />
Süd-West-Verbindung ist geplant zwischen<br />
Graz-Villach-Salzburg und Hall in Tirol, wobei<br />
die Adriahäfen Koper und Triest via Graz und<br />
Hall in Tirol und europäische Nordhäfen via Salzburg<br />
an das Netzwerk angebunden werden.<br />
Die Terminals Bludenz und Wolfurt werden durch<br />
Kapazitätsaufstockung der bestehenden Verbindungen<br />
in das Netzwerk eingebunden.<br />
Dieses Netzwerk-Konzept wird unter Einbindung<br />
des Fachverbandes Schienenbahnen in<br />
der Wirtschaftskammer Österreich entwickelt<br />
und man geht davon aus, dass im Kombi-Verkehr<br />
das entsprechende Marktpotenzial vorhanden<br />
ist. „Das Konzept kann mit wenigen Zügen<br />
befriedigt werden und die Auslastung des<br />
Netzwerks ist der Schlüssel für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg“, liest man im Konzept-Entwurf.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S78<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Höhere Gewichte<br />
begünstigen<br />
Kombi-Verkehr<br />
Der Salzburger Eisenbahndienstleister SETG<br />
sieht in der geplanten EU-Vereinheitlichung<br />
der Maße und Gewichte Vorteile für den<br />
Intermodal-Verkehr. BEITRAG: REDAKTION<br />
Die EU-Kommission hat im Juli die<br />
Richtlinie für Maße und Gewichte<br />
vorgelegt und damit will man den<br />
Kombi-Verkehr fördern, sprich beispielsweise<br />
im Vor- und Nachlauf zum Kombinierten<br />
Verkehr 44 t-Lkw zulassen. Beim Schienenlogistiker<br />
Salzburger Eisenbahn Transport<br />
Logistik (SETG) ist Geschäftsführer Gunther<br />
Pitterka darüber durchaus erfreut: „Wir begrüßen<br />
die Erweiterung der 44-Tonnen-Ausnahme<br />
auch auf nicht-containerisierte Güter. Das<br />
stärkt Intermodalverkehre vom Binnenschiff zur<br />
Bahn. Vor allem bei gebrochenen Verkehren“.<br />
GUNTHER PITTERKA<br />
zwei Züge, die offen für Dritte buchbar sind.<br />
Das Unternehmen fungiert bei diesem Angebot<br />
nicht nur als Eisenbahndienstleister, sondern<br />
auch als Operator. Bei den täglichen<br />
Containerzügen nach Hamburg und Bremerhaven<br />
fungiert SETG primär als Traktionär.<br />
Als Vorteile im Intermodal-Verkehr sieht Pitterka<br />
das höhere Ladegewicht und die wettbewerbsfähigen<br />
Preise auf langen Distanzen im<br />
Vergleich zum Lkw. Der Zuspruch zur Bahn erhöhe<br />
sich wenn das Gewicht, das auf der Straße<br />
gefahren werden darf, verringert wird. Kein<br />
Vorteil ohne Nachteil: Gefahren werden muss<br />
an fixen Tagen, weil die Terminals fixe Zeiten<br />
und Tage vorgeben. Mögliche Verspätungen<br />
und längere Laufzeiten können sich nachteilig<br />
auswirken. Zu schaffen machen auch die Kostensteigerungen,<br />
speziell im Energiebereich.<br />
Neben höheren Gewichten im Vor- und Nachlauf<br />
zum Intermodal-Verkehr wünscht sich<br />
SETG mehr politische Unterstützung bei Förderungen:<br />
Nicht nur öffentliche Terminals sollten<br />
öffentlich unterstützt werden, sondern auch<br />
private sowie Investments in Anschlussbahnen.<br />
Die aktuelle Terminalinfrastruktur reicht<br />
aus Pitterka-Sicht nicht aus, „um Mehrverkehre<br />
im Kombi-Verkehr zu generieren, wenn man<br />
sich die begrenzten Möglichkeiten am CTS in<br />
Salzburg oder im Terminal Hall/Tirol ansieht. In<br />
deutschen Binnenhäfen fehlt es ebenfalls an<br />
ausreichender Infrastruktur für Mehrverkehre“.<br />
Auf die Frage, ob der österreichische Masterplan<br />
Güterverkehr 2030 mehr Güterverkehr<br />
auf die Intermodal-Schiene ziehen wird muss<br />
Pitterka nicht lange nachdenken und er sagt:<br />
Nein. (RED)<br />
SETG fährt Intermodal-Züge mit eigenen Lokomotiven<br />
und Waggons und ist infrastrukturseitig<br />
mit dem Problem konfrontiert, dass etwa<br />
in Deutschland Engpässe bei der Infrastruktur<br />
Verzögerungen beim Abfahren der Züge bewirken.<br />
Aber auch in den Häfen kommt es immer<br />
wieder zu Verspätungen, die Fahrpläne<br />
durcheinanderbringen. SETG fährt zwischen<br />
Koper und Enns bzw. Salzburg wöchentlich<br />
Was den aktuellen Geschäftsverlauf betrifft,<br />
so verzeichnet SETG „deutliche Rückgänge<br />
durch fehlende Übersee-Verkehre stehen Anfragen<br />
für Verlagerungen auf die Schiene sowie<br />
Neuverkehren gegenüber“, so Pitterka. 64<br />
Lokomotiven hat SETG derzeit im Bestand, wobei<br />
gerade drei weitere in die Flotte integriert<br />
wurden; 900 Rundholz- und Container-Tragwagen<br />
umfasst derzeit die Waggonflotte.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S80<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Viele Milliarden Euro<br />
für den Bahnausbau<br />
Die Regierung gibt grünes Licht für noch<br />
mehr Geldmittel für den Bahninfrastrukturausbau<br />
in Österreich von 2024 bis 2029.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Für Österreichs Verkehrsministerin Leonore<br />
Gewessler ist eines ganz klar: „Das<br />
Ziel ist es, noch mehr Menschen und<br />
Güter auf der Bahn zu transportieren.<br />
Dazu braucht es mehr Kapazitäten durch neue<br />
und besser ausgelastete Strecken“, kündigte<br />
die Ministerin an als sie gemeinsam mit ÖBB-<br />
Holding-Chef Andreas Matthä den Rahmenplan<br />
für den Bahnausbau in Österreich für die<br />
Jahre 2024 bis 2029 vorstellte. Mit den politisch<br />
beschlossenen Investitionen von 21,1 Mrd.<br />
Euro für den ÖBB-Rahmenplan für sechs Jahre<br />
sichere ihr Ministerium den eingeschlagenen<br />
Investitionskurs in grüne Mobilität nachhaltig<br />
ab. Das Geld fließt in neue Bahnhöfe, moderne<br />
Zugstrecken und schnellere Verbindungen sowie<br />
in ein Upgrade für den öffentlichen Verkehr.<br />
Gewessler: „Damit ist dieser Rahmenplan ein<br />
unverzichtbarer Meilenstein auf dem Weg<br />
zur Verkehrswende.“ In einem herausfordernden<br />
wirtschaftlichen Umfeld, das schon in<br />
den vergangenen beiden Jahren stark von<br />
einer hohen Teuerung geprägt war, sind<br />
auch die Inflationsprognosen nach wie vor<br />
anhaltend hoch. Dennoch sei es gelungen,<br />
die Finanzierung der bisherigen Ausbau-Projekte<br />
zu sichern. Damit seien die ÖBB nicht<br />
nur ein verlässlicher Mobilitätsanbieter, der<br />
durch konsequenten Ausbau der steigenden<br />
Nachfrage gerecht wird, sondern auch ein<br />
stabiler Partner der Wirtschaft, betont Matthä.<br />
Faktum ist: Der Bahnausbau in Österreich<br />
geht konsequent weiter und soll a la longue<br />
die Verkehrs- und Klimawende begünstigen.<br />
Mit dem aktuell beschlossenen Rahmenplan<br />
2024-2029 werden Zeitpläne und Kosten<br />
der laufenden Projekte angepasst. Darüber<br />
hinaus wird es möglich sein, weitere wichtige<br />
Schwerpunkte im Rahmenplan zu verankern.<br />
ÖBB Großprojekte wie der Semmering Basistunnel,<br />
die Koralmbahn und der Brenner-<br />
Basistunnel laufen planmäßig weiter. Zudem<br />
wird der Fokus auf den Ausbau des Nahverkehrs<br />
in Ballungsräumen gelegt. Im Sinne des<br />
Klimaschutzes sei es den ÖBB wichtig, die Regionalbahnen<br />
zu attraktiveren und ein entsprechendes<br />
Elektrifizierungsprogramm zu<br />
forcieren. Von großer Bedeutung wird auch<br />
der weitere Ausbau von Infrastrukturanlagen<br />
für den Güterverkehr sein. Ein Teil der Investitionen<br />
wird zukunftsorientiert in Digitalisierung<br />
fließen.<br />
Infrastrukturausbau sichert hohes Maß an<br />
volkswirtschaftlicher Wertschöpfung<br />
Der jetzt beschlossene Rahmenplan soll aber<br />
nicht nur die Verkehrswende weiter vorantreiben,<br />
sondern auch den wirtschaftlichen<br />
Abschwung dämpfen und gleichzeitig die Beschäftigung<br />
im Bau- und Baunebengewerbe<br />
sichern. Denn die Investitionen der ÖBB wirken<br />
sich nachweisbar positiv auf Wertschöpfung<br />
und Beschäftigung aus, sowohl in der Bauphase<br />
als auch durch verbesserte Erreichbarkeit<br />
und höheren Komfort in der Betriebsphase.<br />
Studien zeigen: Ein investierter Euro führt zu einer<br />
Wertschöpfung von zwei Euro in der österreichischen<br />
Volkswirtschaft. In der Bauphase<br />
generiert eine Investition von einer Milliarde<br />
Euro rund 15.000 Beschäftigungsverhältnisse,<br />
versicherte Gewessler.<br />
Die ersten Geldmittel werden für den Bau der<br />
Neubaustrecke Köstendorf-Salzburg in die<br />
Hand genommen. Durch den viergleisigen<br />
Ausbau der Weststrecke vor Salzburg werden<br />
höhere Kapazitäten und damit ein besseres<br />
Angebot im Personen- und Güterverkehr<br />
aber auch im Nah- und Fernverkehr möglich.<br />
Ebenfalls neu im Rahmenplan sind der zweigleisige<br />
Ausbau der Strecke Werndorf-Spielfeld<br />
als wichtiger Abschnitt Richtung Süd-Osteuropa<br />
und zum Hafen Koper, der zweigleisige<br />
Ausbau des Abschnitts Nettingsdorf-Rohr-Bad<br />
Hall auf der Pyhrnstrecke sowie zwei Regionalbahnvorhaben:<br />
Der Ausbau Herzogenburg<br />
– St. Pölten sowie die Attraktivierung der<br />
Ossiacherseebahn.<br />
Programme zum Bau von sogenannten güterzuglangen<br />
Überholgleisen haben mit vergleichsweise<br />
geringem Aufwand den größtmöglichen<br />
Effekt. Die gemeinsame Nutzung<br />
derselben Strecken durch Güter- und Personenverkehr<br />
kann damit noch effizienter abgewickelt<br />
werden. Unterstützungsmaßnahmen<br />
für Anschlussbahnen und eine Modernisierungswelle<br />
für Verschiebebahnhöfe verankern<br />
die aktuelle Güterverkehrsoffensive ebenfalls<br />
im Rahmenplan. Ein weiterer Schwerpunkt<br />
liegt beim Ausbau der erneuerbaren Energien.<br />
Der Bau weiterer „Mini-Transformatoren“ ist<br />
neu im Rahmenplan, damit der in ÖBB-eigenen<br />
Wind- und Sonnenkraftwerken nachhaltig<br />
produzierte Strom ins Bahnstromnetz gelangen<br />
kann. Ebenfalls weiter auf Schiene sind<br />
die schon bisher gesetzten Schwerpunkte,<br />
wie die Modernisierung und teilweise Elektrifizierung<br />
der Regionalbahnen. Außerdem wird<br />
der Zugbetrieb für mehr Sicherheit und mehr<br />
Kapazität weiter digitalisiert.<br />
Die ÖBB gehören eigenen Angaben zufolge<br />
zu den sichersten und pünktlichsten Bahnen<br />
in Europa. Voraussetzung dafür ist die konsequente<br />
Instandhaltung des Bestandnetzes.<br />
Für die Instandhaltung der bestehenden Infrastrukturanlagen<br />
sind zusätzlich zu den 21,1<br />
Mrd. Euro im Zeitraum 2024-2029 weitere 4,7<br />
Mrd. Euro eingeplant. Die Infrastrukturprojekte<br />
der Graz-Köflacher-Bahn (GKB) sind<br />
im Hinblick auf die bevorstehende organisatorische<br />
Integration der GKB-Infrastruktursparte<br />
in die ÖBB-Infrastruktur AG mit einer<br />
Investitionssumme von rund 500 Mio. Euro<br />
und den erforderlichen Instandhaltungsmitteln<br />
erstmals im Rahmenplan enthalten.<br />
Mit dem neuen Rahmenplan wurden Anpassungen<br />
im Zeitplan einzelner Projekte vorgenommen.<br />
So wird durch eine optimierte<br />
Projektumsetzung beim Ausbau Hinterstoder<br />
– Pießling-Vorderstoder die geplante Inbetriebnahme<br />
von 2034 auf Ende 2031 um rund<br />
drei Jahre nach vorne verlegt. Beim Nordabschnitt<br />
der Nordbahn kommt es zu einer<br />
Verschiebung des Baubeginns um zwei Jahre,<br />
beim abschnittsweisen zweigleisigen Ausbau<br />
der Franz-Josefs-Bahn kommt es zu einer Verschiebung<br />
des Baubeginns um drei Jahre. In<br />
Wien kommt es zu einer Anpassung beim Projekt<br />
Verbindungsbahn: Der Baustart ist für 2025<br />
ANDREAS MATTHÄ & <strong>LE</strong>ONORE GEWESS<strong>LE</strong>R<br />
vorgesehen. Grund dafür sind in allen drei<br />
Fällen längere Behördenverfahren. Entlang<br />
der Weststrecke wurde die Inbetriebnahme<br />
des viergleisigen Ausbaus Linz Ost im Zuge der<br />
Überarbeitung der Bauablaufplanungen um<br />
ein Jahr, von Ende 2032 auf Ende 2033, verschoben.<br />
Für den Ausbau im Abschnitt Linz –<br />
Marchtrenk musste die voraussichtliche Inbetriebnahme<br />
wegen des lange laufenden und<br />
nunmehr abgeschlossenen Behördenverfahrens<br />
um ein Jahr, von Ende 2030 auf Ende 2031<br />
verschoben werden. Angepasst wird auch<br />
der Zeitplan für den Brenner Nordzulauf (Neubaustrecke<br />
Schaftenau – Knoten Radfeld).<br />
Aufgrund der Abhängigkeit zur Zeitschiene<br />
weiterer Projekte entlang der Brenner-Achse<br />
wird der Beginn der Hauptbauarbeiten auf<br />
2028 verschoben, die Inbetriebnahme ist für<br />
2037 vorgesehen. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S82<br />
Prozent zu verbessern. Um zu erklären, wie<br />
man auf 1-Prozent-Wachstum nach über<br />
20 Jahren kommt, braucht es hingegen<br />
nur ein paar richtungsweisende Papiere.<br />
Zum Beispiel das Aktionsprogramm Donau<br />
2030. Auch dieses Papier trägt die<br />
Grüne Handschrift und erklärt, warum die<br />
Binnenschifffahrt eben weiterhin auf der<br />
Grundlinie bleiben soll. Das allein reicht<br />
aber noch nicht aus. Da behindern noch<br />
ein paar Untiefen die Nasse Logistik. Zum<br />
Beispiel die Ramsar Konvention, die Vogelschutzrichtlinie,<br />
Fauna-Flora-Habitat,<br />
Natura2000, die Auenstrategie Österreich,<br />
der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan,<br />
die Wasserrahmenrichtlinie usw., usw.<br />
Doch sowieso liegt es gar nicht in der Hand<br />
Österreichs sein eigenes Infrastrukturpotential<br />
richtig zu nützen, denn dem stehen<br />
übergeordnete Ziele gegenüber, denen<br />
man sich als Clubmitglied zu unterwerfen<br />
hat. Ganz wichtig, der EU-Green Deal, die<br />
EU-BiodiversitätsRL und natürlich die 17 biblischen<br />
Tafel (SDGs) der Vereinten Nationen,<br />
von denen einige nur ganz ohne Nasse<br />
Logistik umsetzbar sind. Alles auf einen<br />
Nenner gebracht ergibt folgerichtig 1 Prozent<br />
Wachstum bis 2040 für die Nasse Logistik.<br />
PUNKT. Aber auch ohne diese Untiefen, die<br />
„Nasse Logistik“ und die Binnenschifffahrt<br />
haben viele Fressfeinde. Manche kommen als<br />
Parasiten daher und nützen die Binnenschifffahrt<br />
nur als Wirt. Andere wiederum machen<br />
richtig Jagd auf die Binnenschifffahrt um sie<br />
ohne Tötungsabsicht zu erlegen. Echte Prädatoren<br />
hat die Binnenschifffahrt wenig. Dafür<br />
ist sie selber in einigen Ländern zu groß.<br />
Der Spitzenprädator in Österreich ist aber garantiert<br />
die Politik. Dabei ist es völlig egal, welche<br />
Farbe diese Politik gerade hat. Nur die Politik<br />
ist groß genug, um die Nasse Logistik und<br />
die Binnenschifffahrt zu fressen. Irgendwann<br />
gelingt ihr das auch. Momentan befinden sich<br />
die Kontrahenten (schon seit Jahrzehnten) in<br />
einer Art Koevolution, wo der gegenseitige<br />
Nutzen die Tötungsabsicht verzögert. Dabei<br />
mangelt es nicht an zukunftsorientierten<br />
Programme und Initiativen in den Bereichen<br />
Wasserbau, Schiffbau, Nautik, Schiffstechnik,<br />
Schiffs- und Hafenlogistik. Vom Flachwasserschiff<br />
über das autonom fahrende Schiff bis<br />
hin zum Wasserstoffantrieb und naturnahen<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Qualmende und stinkende Binnenschiffe gehören längst der Vergangenheit<br />
an. Dennoch spielt die Nasse Logistik in Österreich keine Rolle.<br />
Quelle: Otto Steindl<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Ritter der Au<br />
Was bedeuten die nationalen und europäischen<br />
Biodiversitäts-Initiativen für die<br />
Wasserstraße, für die Nasse Logistik und Binnenschifffahrt?<br />
Passt die Nasse Logistik überhaupt<br />
in den „Klimaschutzrahmen“ für den<br />
Verkehrssektor, bzw. hat man für die Binnenschifffahrt<br />
in diesem Rahmen überhaupt<br />
einen Platz reserviert? REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
Wichtige und entscheidende<br />
Fragen auf dem Weg zur Klimaneutralität<br />
– gerade für den<br />
Verkehrssektor. Geht es doch<br />
schlicht und ergreifend um einen der dreckigsten<br />
Wirtschaftsbereiche überhaupt und<br />
überall. Gerade deshalb ist man immer wieder<br />
perplex, wenn von „Verkehrsexperten“<br />
und Logistikern die Frage kommt: What the<br />
fuck ist Binnenschifffahrt? Es herrscht geradezu<br />
eine „Wasserstraßen-Phobie“. In den<br />
meisten Ländern und ganz besonders in<br />
Österreich, ist die Nasse Logistik so etwas<br />
wie eine Fußnote, eine Anmerkung, die aus<br />
dem Tagesgeschäft ausgeblendet wird, um<br />
den Textfluss für Bahn und LKW nicht zu stören.<br />
Österreichs Masterplan für den Güterverkehr<br />
2030 trägt die Grüne Handschrift.<br />
Die als umweltfreundlich ausgewiesene Binnenschifffahrt<br />
soll aber auf Basis 2018 bis 2040<br />
nur um 1 % (EIN Prozent) zulegen. Diese Menge<br />
könnte man getrost auf der Straße belassen,<br />
wenn es gelingt, deren Leerfahrten zu reduzieren<br />
und die Auslastung wenigstens um fünf<br />
Der Wassertransport in<br />
Europa kennt nur eine<br />
Richtung: Die Talfahrt
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S84<br />
Selbst Malta, ein Land ohne Wasserstraßen<br />
und Binnenschifffahrt, beschäftigt wesentlich<br />
mehr Binnenschiffer als Österreich mit dem<br />
Europa-Fluss Donau. Dafür haben wir einen<br />
mächtigen Verwaltungsapparat für die Binnenschifffahrt,<br />
der sich mit den holländischen<br />
Verhältnissen spielend messen kann.<br />
In der europäischen<br />
Statistik kommt Österreich<br />
gar nicht mehr<br />
vor, weil die Nulllinie<br />
gleichzeitig das reale<br />
Transportaufkommen<br />
ist.<br />
Wasserbau, der Tisch biegt sich vor lauter<br />
„gesunden“ und ökologischen Programmen.<br />
Tatsächlich wurden in den letzten Jahren<br />
auch schon große technologische Fortschritte<br />
erreicht und man könnte sagen, qualmende<br />
Schiffe gehören der Vergangenheit an.<br />
Von den unzähligen Programmen profitieren<br />
aber hauptsächlich die Wissenschaft<br />
und „Fördernehmer“, deren Business lukrative<br />
Fördertöpfe sind. Daneben die Banken und<br />
Versicherungen. Am wenigsten die Binnenschiffer<br />
selber. Natürlich gibt es auch<br />
zahlreiche „Kümmerer“, die nur das Beste<br />
für die Binnenschifffahrt im Sinn, aber keine<br />
Umsetzungsstrategie haben. Dazu zählt<br />
das gesamte Verbandswesen. Zu den<br />
Sargnägeln der Binnenschifffahrt zählen<br />
aber auch staatliche Kümmerer, denen<br />
man isoliert betrachtet sogar gute Motive<br />
unterstellen könnte. In der Gesamtschau<br />
sind sie Fressfeinde der Binnenschifffahrt.<br />
In Holland zum Beispiel, immerhin ein Land mit<br />
guten Voraussetzungen für die Nasse Logistik,<br />
gibt es staatliche Emissionsschnüffler am Ufer.<br />
Man nennt sie liebevoll „Schnuffelpaal“ und<br />
wenn ein vorbeifahrendes Schiff die feine<br />
Nase stört, kommen sofort die bösen Jungs an<br />
Bord. Man stelle sich vor, so einen Schnüffler<br />
würde es auf der Westautobahn geben, der<br />
jeden LKW überwacht. Das wäre ein Spaß!<br />
Man könnte an dieser Stelle auch aufhören<br />
und resignierend zur Kenntnis nehmen, dass<br />
die Binnenschifffahrt in der Logistik den Platz<br />
an der Grundlinie für alle Ewigkeit gepachtet<br />
hat. Zur Vollständigkeit fehlen aber noch die<br />
„Ritter der Au“. Das sind die natürlichen Feinde<br />
der Binnenschifffahrt, die wegen der gemeinsamen<br />
Infrastruktur Wasserstraße, jeder<br />
für sich legitime Ansprüche stellt, die kaum –<br />
oder nur wenig mit der Nassen Logistik kompatibel<br />
sind. Dazu zählen die Fischerei, die<br />
Energieversorger, die Wassersportler und die<br />
Freizeitwirtschaft. Ein Ruderer kann beispielsweise<br />
ganz selbstverständlich für sich in Anspruch<br />
nehmen, ein Recht auf die Nutzung<br />
der Wasserstraße zu haben. Er darf sogar mit<br />
dem Rücken zum Verkehr, also blind durch die<br />
Gegend fahren.<br />
Das ist ganz OK – stellt nur leider den 10.000<br />
Tonnen-Schubverband vor enorme Herausforderungen.<br />
Komisch – ein Radfahrer darf auf<br />
der Autobahn nicht fahren. Schon gar nicht<br />
rückwärts. Nicht mal schieben darf man seinen<br />
Drahtesel am Pannenstreifen. Am ehesten<br />
Verständnis kann man noch mit jenen<br />
Fressfeinden der Binnenschifffahrt aufbringen,<br />
die sich unter dem Begriffen Aktivisten,<br />
Klimaschützer oder Anrainer subsumieren<br />
lassen, Sie werden gelegentlich selber instrumentalisiert<br />
oder wissen es oft nicht besser.<br />
Dann kämpfen sie einen Stellvertreterkrieg,<br />
bei dem die Binnenschifffahrt zwar angegriffen,<br />
aber gar nicht der Feind ist. Beispielhaft<br />
soll hier eine Gruppe genannt werden,<br />
die sich tatsächlich „Ritter der Au“ nennt.<br />
Diese Bürgerinitiative bekämpft den Bau eines<br />
Chemiewerkes direkt an der Wasserstraße Donau,<br />
weil das Projekt nach ihrer Meinung Interessen<br />
der Natur und Anrainer arg benachteiligt.<br />
Leider, aus der Sicht der Umweltschützer,<br />
ist der Standort seit über 40 Jahren als Industriestandort<br />
gewidmet, obwohl es sich tatsächlich<br />
um ein schützenswertes Gebiet handelt<br />
und Anrainer in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
wohnen. Grundsätzlich ist ein verladender<br />
Produktionsbetrieb direkt an der Wasserstraße<br />
geradezu ideal für die Binnenschifffahrt und<br />
ein Paradebeispiel dafür, wie Industrieansiedlungspolitik<br />
und Raumordnung funktionieren<br />
sollten. Nur, das besagte Chemiewerk will die<br />
direkt verfügbare Nasse Logistik gar nicht nützen.<br />
Stattdessen will man die Logistik auf der<br />
Straße abwickeln – 60 Gefahrgut-LKW Fahrten<br />
pro Tag! Damit ist es nicht nur perfekt gelungen<br />
die Anrainer auf die Palme zu bringen,<br />
der Spitzenprädator der Nassen Logistik hat<br />
zugeschlagen. (RED)<br />
In Memoriam Otto Steindl<br />
Otto Steindl, Schiffskapitän, Konsulent<br />
und bis zuletzt mit der Donau in<br />
vielfältiger Form verbunden, ist im 79.<br />
Lebensjahr verstorben. Steindl war<br />
ein echter Schiffsmann und lebte<br />
als junger Mann zehn Jahre lang an<br />
Bord eines Donauschiffs, weil er aus<br />
einer Schifferfamilie stammte, die drei<br />
Generationen lang mit Schiffen kommerziell<br />
auf der Donau unterwegs<br />
war.<br />
Otto Steindl erlernte den Beruf des Schiffsmotorenschlossers, und seine<br />
erste berufliche Station ab 1964 war bei der damaligen traditionsreichen<br />
Ersten Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft (DDSG). Auf Personenund<br />
Güterschiffen dieser Reederei tat er Dienst zwischen Regensburg<br />
und dem Schwarzen Meer. 1986 erwarb er das Kapitänspatent<br />
und bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 war Steindl bei der<br />
Schifffahrtspolizei tätig und leitete die Dienststelle in Linz.<br />
Otto Steindl schrieb zahlreiche schifffahrtsbezogene Artikel und lieferte<br />
dazu aussagekräftige Bilder. Er trat auch als Buchautor in Erscheinung<br />
und publizierte mehrere Bücher, unter anderem „Historisches vom<br />
Strom“, und berichtete darin über Havarien, Unfälle und Naturgewalten<br />
mit Bezug zur Donau. Otto Steindl wird für seine Verdienste rund um die<br />
Branche und sein Engagement stets in dankbarer Erinnerung bleiben!
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S86<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Nachhaltigkeit in der<br />
Logistik - KI senkt<br />
CO2-Emissionen<br />
Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz<br />
und Digitaler Zwillinge können Prozesse und<br />
Abläufe auch in Hinsicht auf die Nachhaltigkeit<br />
optimiert werden. Die Zukunft gehört<br />
einer KI-basierten Grünen Logistik bei dem<br />
Touren optimiert, unnötige Prozesse und Abläufe<br />
beseitigt sowie der Ressourcen- bzw.<br />
Energieverbrauch minimiert wird..<br />
REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />
DIRK RUPPIK<br />
Durch die Einführung des Industriestandards<br />
4.0 und die zunehmende<br />
Digitalisierung, Vernetzung<br />
und Automatisierung entsteht immer<br />
mehr eine smarte Logistik. Sensoren in den<br />
einzelnen Komponenten produzieren riesige<br />
Datenmengen, die über das Internet der Dinge<br />
(IdD) ausgetauscht werden. Die einzelnen<br />
Komponenten, Maschinen und Anlagen kommunizieren<br />
miteinander. Durch den Einsatz<br />
von Künstlicher Intelligenz (KI) und Digitaler<br />
Zwillinge der physischen Komponenten können<br />
Prozesse und Abläufe optimiert werden.<br />
Allerdings sind die Optimierungspotenziale<br />
stark von der Datenqualität abhängig. In den<br />
letzten Jahren hat sich aufgrund der Nachhaltigkeitsforderung<br />
und eines wachsenden<br />
Umweltbewusstseins in der Bevölkerung eine<br />
Grüne Logistik entwickelt, durch die insbesondere<br />
Treibhausgase reduziert werden sollen.<br />
Die beiden Entwicklungstrends vereinen sich<br />
zunehmend in einer KI-gesteuerten Grünen<br />
Logistik, bei der Prozesse auch zugunsten der<br />
Nachhaltigkeit optimiert werden. In diesem<br />
Artikel sollen einige Beispiele für den Einsatz<br />
von KI für die Schaffung einer zunehmend<br />
nachhaltigen Logistik gegeben werden.<br />
Tourenoptimierung und Retourenmanagement<br />
mit KI<br />
Ein mittlerweile schon recht bekannter Einsatz<br />
von KI ist die Tourenoptimierung bei der<br />
Auslieferung von Waren und beim Retourenmanagement.<br />
Die KI erkennt welche Waren<br />
in ähnlichen Zeiträumen in welche Regionen<br />
bzw. Stadtgebiete geliefert werden müssen.<br />
Zudem werden hier auch die Retouren in den<br />
jeweiligen Gebieten berücksichtigt. Darüber<br />
hinaus fließen die Daten über verfügbare Fahrzeuge<br />
und Fahrer sowie Echtzeitinformationen<br />
über die Fahrstrecke und Verkehrslage mit in<br />
die Optimierung ein. Die KI analysiert zudem<br />
Touren aus der Vergangenheit und lernt aus<br />
gemachten „Erfahrungen“ auch in Hinblick<br />
auf den Ressourcenverbrauch, CO2-Ausstoß<br />
und Nachhaltigkeitsaspekte. Mit Hilfe aller Informationen<br />
ermittelt die KI die effizientesten,<br />
verbrauchsärmsten und umweltschonendsten<br />
Routen unter Vermeidung von Leerfahrten<br />
und Umwegen. Eine verbreitete, cloudbasierte<br />
Softwarelösung ist hier z. B. „SmartRouting“<br />
von Dassault Systèmes und Ab Ovo.<br />
WMS ist die Basis für ein nachhaltiges Lager<br />
Die Implementierung eines nachhaltigen<br />
Lagerbetriebs ist nur mit einem Warehouse<br />
Management System (WMS) bzw. Lagerverwaltungssystem<br />
(LVS) zu erreichen. Ein WMS<br />
steuert, kontrolliert und optimiert komplexe<br />
Lager- und Distributionssysteme. Dabei übernimmt<br />
es elementare Funktionen der Lagerverwaltung<br />
als auch Fördermittelsteuerung<br />
und -disposition sowie umfangreiche Methoden<br />
zur Kontrolle der Systemzustände und<br />
bietet eine Auswahl an Betriebs- und Optimierungsstrategien.<br />
Dadurch bildet das WMS<br />
ebenso die Grundlage für eine nachhaltige<br />
Logistik. Durch die Digitalisierung der Prozesse<br />
können alle Lagerprozesse mittels KI-Einsatz<br />
optimiert werden und so alle überflüssigen Bewegungen<br />
und unnötigen Arbeiten eliminiert<br />
werden. In das WMS können andere (KI-gestützte)<br />
Softwarelösungen wie Transportmanagementsysteme,<br />
Datenanalysetools oder<br />
Verpackungsoptimierungslösungen integriert<br />
werden. Insgesamt können durch das WMS<br />
die Verschwendung von Ressourcen, die<br />
Transportwege, der Energieverbrauch und<br />
der CO2-Ausstoß minimiert werden. Ein WMS<br />
kann dazu beitragen, den Einsatz energieeffizienter<br />
Technologien zu steuern, wie z. B. die<br />
zeitgerechte Regelung von Beleuchtungssystemen<br />
oder den Einsatz von energieeffizienten<br />
Geräten.<br />
Optimierte Verpackungen<br />
Für die Zustellung von Waren werden diese<br />
häufig in zu große Verpackungen mit zu viel<br />
Füllstoff gepackt. Das führt zur enormen Verschwendung<br />
von Verpackungsmaterial und<br />
letztendlich auch natürlichen Ressourcen.<br />
Mittlerweile existiert Software (z. B. Pack- Assistent,<br />
Fraunhofer Institut), die die Größe einer<br />
Verpackung für alle bestellten bzw. auszulie-
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S88<br />
fernden Produkte bei Auftragseingang berechnet.<br />
Danach kann eine Verpackungsmaschine<br />
die jeweilige Verpackung individuell<br />
produzieren. Letztendlich lassen sich dadurch<br />
auch enorm Logistikkosten sparen. Mit dem<br />
Online-Rechner für nachhaltige Verpackungen<br />
(Sustainable Packaging Online Calculator,<br />
SPOC) können die Umweltauswirkungen<br />
einer Verpackung ermittelt werden. Er<br />
quantifiziert die Unterschiede von verschiedenen<br />
Verpackungslösungen hinsichtlich der<br />
CO2-Emission und des Energieverbrauchs.<br />
Bei der Berechnung werden verschiedenste<br />
Materialarten, Verarbeitungsprozesse, Transportwege<br />
sowie alle üblichen End-of-Life Varianten<br />
berücksichtigt.<br />
Einsparung von unnützen<br />
Containertransporten<br />
Auch die Beladung von Containern oder Lastwagen<br />
kann mithilfe von KI erfolgen. Dadurch<br />
kann der tschechische Automobilhersteller<br />
Škoda viele unnütze Containertransporte und<br />
damit CO2 - Emissionen einsparen (1). Die KI-<br />
App Optikon lernt bei jeder Beladung dazu.<br />
Sie berechnet wie und in welcher Menge die<br />
verschiedenen Paletten-Typen verladen werden<br />
müssen, um das Volumen des Containers<br />
optimal auszunutzen. Dabei werden verschiedene<br />
Parameter wie Gewicht, Wert der Packstücke,<br />
Grundfläche, Volumen des Frachtguts<br />
sowie das Timing des Versands berücksichtigt.<br />
Nachhaltiges Supply Chain Management<br />
Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet verschiedene<br />
Wege zur Verbesserung der Nachhaltigkeit<br />
in der Lieferkette. Die Einbindung von<br />
KI ins Lieferkettenmanagement kann zu effizienteren<br />
Prozessen, reduzierter Verschwendung,<br />
präziseren Nachfrageprognosen und<br />
umweltfreundlicheren Arbeitsweisen führen.<br />
Die genaue Nachfragevoraussage anhand<br />
von Big Data und KI (Predictive Analysis) führt<br />
zur Vermeidung von Über- und Unterproduktion<br />
und damit Verschwendung. Durch die<br />
voraussagende Analyse kann das künftige<br />
Verhalten der Lieferkette an einem digitalen<br />
Zwilling simuliert werden und intelligente vorausschauende<br />
Entscheidungen getroffen werden.<br />
Es lässt sich beispielsweise voraussagen,<br />
in welchen Regionen bestimmte Artikel besonders<br />
häufig bestellt werden. Damit kann<br />
der benötigte Lagerplatz, Lkw, Lagerarbeiter,<br />
etc. besser eingeplant werden. Zudem können<br />
die Artikel in einem Regionallager in Wohnortnähe<br />
der Kunden eingelagert werden.<br />
Darüber hinaus kann das gesamte Supply<br />
Chain Risk Management besser gestaltet werden.<br />
Tracking-Sensoren liefern z. B. Echtzeitdaten<br />
über den Zustand des Transportguts.<br />
Zudem fließen Wetterentwicklungen und Verkehrsmeldungen<br />
in die Datenmodelle ein, um<br />
entsprechend darauf zu reagieren. KI kann<br />
auch bei der nachhaltigen Lieferantenauswahl<br />
und der Überwachung in Echtzeit helfen,<br />
indem sie deren umweltbezogenes und soziales<br />
Verhalten analysiert und die Einhaltung der<br />
Nachhaltigkeitsstandards überprüft. KI kann<br />
auch den ganzen Ressourcenverbrauch entlang<br />
der Supply Chain optimieren. Sie deckt<br />
Verschwendung und ineffiziente Prozesse auf<br />
und optimiert die Abläufe.<br />
Energieeffizienz durch KI<br />
Durch KI ist es möglich, den Energieverbrauch<br />
von Heizung, Lüftung, Klimatisierung und Beleuchtung<br />
zu reduzieren und damit natürlich<br />
auch die CO2-Emissionen zu senken. Ein Beispiel<br />
ist die KI-gestützte Software Recogizer, die<br />
die komplexen Wirkzusammenhänge technischer<br />
Anlagen in (großen) Gebäuden berücksichtigt<br />
und analysiert. Neben den Betriebsdaten<br />
aus dem Gebäude fließen alle relevanten<br />
Einflussfaktoren auf den Energieverbrauch wie<br />
Wetterdaten, Belegungsdaten, Nutzungs- und<br />
Öffnungszeiten, Kundenfrequenz, komplexe<br />
Anlagenzusammenhänge, und v. a. m. kontinuierlich<br />
ein.<br />
Die KI erlernt zunehmend das Verhalten des<br />
jeweiligen Gebäudes und der technischen<br />
Anlagen und reguliert die Energieversorgung<br />
(mit Updates alle 15 Minuten). So werden<br />
auch wertvolle Erkenntnisse für eine effizientere<br />
Energienutzung gewonnen, die auch die<br />
Grundlage für die künftige Einbeziehung von<br />
erneuerbaren Energiequellen sein können.<br />
(RED)<br />
Literatur: (1) Götz Fuchslocher, Effizienzsteigerung<br />
in der Logistik, Škoda optimiert mit KI-App<br />
die Containernutzung, Automobil Produktion<br />
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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S90<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Neue europäische Postnormen für den<br />
digitalen Datenaustausch zu<br />
Warensendungen<br />
Als Reaktion auf die fortschreitende Digitalisierung des internationalen Ecommerce<br />
hat die Europäische Kommission im Januar <strong>2023</strong> die Entwicklung einer<br />
Reihe europäischer Standards für die weitere Digitalisierung von Postdiensten<br />
(inkl. der Kurier-, Express und Paketzustelldienste) in Auftrag gegeben.<br />
REDAKTION: WALTER TREZEK<br />
Dies lässt sich am besten mit einem harmonisierten<br />
System von Identifikationscodes<br />
erreichen, die mit einer Datenbank mit entsprechenden<br />
Betreiberkennungen verknüpft<br />
sind und auf die alle autorisierten Benutzer<br />
zugreifen können. Schon heute betreibt und<br />
verwaltet der Weltpostverein (UPU) ein weltweites<br />
System, dass die digitale Kennung der<br />
Postbetreiber gewährleistet. Benannte nationale<br />
Postbetreiber, aber auch deren Lieferkettenpartner<br />
nutzen diese Betreiberkennungen<br />
innerhalb des Vorabdatenaustausches. Allerdings<br />
sind diese Betreiberkennungen derzeit<br />
nicht für alle Akteure des Postsektors gleichermaßen<br />
zugänglich.<br />
Die Europäische Union definiert den<br />
„Postsektor“ im weitesten Sinne.<br />
Folglich wirken sich harmonisierte<br />
Standards im europäischen Postsektor<br />
nicht nur auf die traditionellen nationalen<br />
Postdienste, die so genannten benannten<br />
Postbetreiber aus, sondern auch auf Kurier-,<br />
Express-, Paket- und nicht benannte Postbetreiber,<br />
des Weiteren auch auf die zahlreichen<br />
in dieser Branche, entlang der Wertschöpfungskette<br />
tätigen Dienstleister. Das Ziel der<br />
Europäischen Kommission besteht darin, einen<br />
wirklich abgestimmten und interoperablen<br />
europäischen Postsektor zu schaffen.,Da die<br />
logistic-natives die Veränderungen der Branche<br />
durch die Mitglieder & Verbandsexperten<br />
(hier CLS- Commerce-Logistics Specialists) aktiv<br />
mitgestalten, werden wir uns im Folgenden<br />
einige Teile genauer anschauen.<br />
Teil 1: “digitale Identifikation von Postbetreibern<br />
/ Betreiberkennung”<br />
Schritt 1: Ein Mandat zur Normung der „digitalen<br />
Identifizierung von Postbetreibern“,<br />
oder der „digitalen Betreiberkennung“ wurde<br />
von der Kommission in einem Standardisierungsauftrag<br />
an das Europäische Komitee<br />
für Normung (CEN) vergeben. Ein klarer und<br />
international gültiger Standard zur digitalen<br />
Identifizierung von Akteuren in internationalen<br />
Lieferketten ist eine Grundvoraussetzung nicht<br />
nur für Transport und Logistik, sondern auch<br />
für Zoll, Mehrwertsteuer und andere daraus<br />
abgeleitete Themen wie Produktsicherheit,<br />
Nachhaltigkeit, Abfallentsorgung, etc.<br />
In der globalen Postbranche (einschließlich<br />
Kurier-, Express- und Paketdienstleistern) ist für<br />
alle grenzüberschreitenden Sendungen, die<br />
Waren enthalten, ein Datenvorabaustausch<br />
(EAD) auf Sendungsebene vorgeschrieben.<br />
Daher müssen alle am grenzüberschreitenden<br />
Austausch beteiligten Parteien klar und eindeutig<br />
identifiziert werden.<br />
Das Europäische Komitee für Normung (CEN)<br />
wird in Zusammenarbeit mit der UPU ein komplementäres<br />
System eindeutiger digitaler<br />
Identifikatoren für Post-, Kurier-, Express- und<br />
Paketbetreiber, sowie für Unternehmen entwickeln,<br />
die innerhalb der Lieferkette mit den<br />
Zustellbetreibern interagieren. Solche Betreiberkennungen<br />
werden alle an der Lieferung<br />
beteiligten Parteien identifizieren. Sie werden<br />
sicherstellen, dass jede Kennung weltweit eindeutig<br />
bleibt, und die Rolle, die jede identifizierte<br />
Partei spielt, klar ausgewiesen ist. Der<br />
Standard wird die digital gestützte Erbringung<br />
von Diensten und deren Interoperabilität erleichtern,<br />
insbesondere auch für zuständige<br />
Behörden in den Bereichen Transportsicherheit,<br />
Produktsicherheit und Fragen der Nachhaltigkeit.<br />
Teil 2: „Postal registered Email“<br />
Eine wichtige Grundlage für die fortschreitende<br />
Digitalisierung des europäischen Zustellsektors<br />
ist die „eDelivery-Initiative“ der EU-Kommission.<br />
„eDelivery“ vereint „eInvoicing“,<br />
„eSignature“ und „eID“ als die wichtigsten<br />
Bausteine von „Digital-Europe“.<br />
„eDelivery“ stellt auf Basis von nachrichtentechnischen<br />
Datenaustausch Normen, installierbare<br />
Software und die damit verbundene<br />
Austauschnormen für die Logistik und<br />
den Postsektor bereit, wobei die spezifizierten<br />
Systeme zum Teil bereits für das Import-Kontrol-System2<br />
im Einsatz sind.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S92<br />
WALTER TREZEK<br />
Im Auftrag der EU-Kommission sind bestehende<br />
Standards für die sichere Dokumenten-kommunikation<br />
im B2B-Bereich, an die Zustellung<br />
von B2C-Lieferungen (E-Commerce)<br />
anzupassen.Diese Weiterentwicklung der<br />
sicheren digitalen Geschäftskommunikation<br />
wird in enger Abstimmung mit ETSI (European<br />
Telecommunications Standards Institute) und<br />
dem Weltpostverein (UPU) weltweit durchgeführt,<br />
um den sicheren Austausch von<br />
E-Dokumenten im Voraus für jede Lieferung von<br />
B2C-Lieferungen mit Einzelwaren zu etablieren.<br />
Aus diesem Grund wurde CEN/TC 331 (Postdienste),<br />
Arbeitsgruppe 2 (Neue digitale Postdienste),<br />
mit der Überarbeitung des technischen<br />
Standards TS 16326 „Postal Registered<br />
Electronic Mail“ (PReM) beauftragt. PReM ist<br />
die funktionale Spezifikation eines sicheren<br />
elektronischen Postdienstes - ein vertrauenswürdiger<br />
und zertifizierter elektronischer Postaustausch<br />
zwischen Absender, Postbetreibern<br />
und Adressaten/Postempfänger.<br />
Normenkonformer Austausch von eDokumenten<br />
um Datenschutz und Authentizität des Inhaltes<br />
zu sichern<br />
Die EU arbeitet intensiv daran, die gesamte<br />
Kommunikation im Post- und Logistiksektor zu<br />
sichern, zu standardisieren und vollständig zu<br />
digitalisieren. Dazu gehört die Kommunikation<br />
zwischen Betreibern, ihren Dienstleistern,<br />
Kunden und zuständigen Behörden. Da der<br />
Austausch elektronischer Vorabdaten (EAD)<br />
für jede Lieferung von B2C-Lieferungen mit<br />
Waren obligatorisch wird, müssen die zugehörigen<br />
E-Dokumente den globalen Nachrichtenstandards<br />
entsprechen.<br />
Die neuen EU-Zoll-, Mehrwertsteuerpakete und<br />
elektronischen Fracht- und Transportsysteme<br />
(eFTI-Verordnung (2020/1056)) können nur<br />
dann vollständig umgesetzt werden, wenn die<br />
entsprechenden Nachrichtenübermittlungsstandards<br />
in Europa und weltweit vorhanden<br />
sind. Dies ist die Aufgabe von CEN, ETSI und<br />
der UPU unter Einbeziehung der breiteren<br />
Akteure des Postsektors.<br />
Teil 3: Vollständig digitale und harmonisierte,<br />
postalische Transportdokumente<br />
Der elektronische Vorabdatenaustausch<br />
(EAD) für Post-, Kurier-, Express- und Paketsendungen<br />
auf Sendungsebene ist von unterschiedlichen<br />
Rechts- und Regulierungsbehörden<br />
vorgegeben – aber (noch) nicht<br />
harmonisiert.<br />
Weltweit seit 1. Januar 2021: Der Weltpostverein<br />
(UPU) macht den digitalen Vorabdatenaustausch<br />
für alle Postsendungen, die Waren<br />
oder Güter enthalten, die innerhalb des globalen<br />
UPU-Netzwerks ausgetauscht werden,<br />
verbindlich.<br />
EU seit 1. Juli 2021: Das EU Mehrwertsteuer<br />
Ecommerce Paket schreibt vor, dass alle Betreiber,<br />
die B2C-Sendungen in die EU importieren,<br />
vor dem Import, Daten zu jeder Warensendung<br />
mit den Behörden in der EU austauschen<br />
müssen. Zudem verlangt seit <strong>2023</strong> das EU-<br />
Importkontrollsystem 2 (ICS2), dass Vorabdaten<br />
auf Einzelwarensendungsebene angemeldet<br />
werden müssen, die aus Transportsicherheitsgründen<br />
analysiert werden, wenn<br />
Luftfracht in die EU genutzt wird. 2024 wird das<br />
System auf alle Verkehrsträger ausgeweitet.<br />
EU ab 2026: Das elektronische Fracht- und<br />
Transportinformationssystem (eFTI) der EU<br />
verlangt von den zuständigen Behörden der<br />
EU-Mitgliedstaaten, elektronische Plattformen<br />
für die Vorab-Einreichung von Fracht- und<br />
Transportdokumenten für alle Transportmodalitäten<br />
bereitzustellen.<br />
Unterschiedliche Vorschriften haben zu unterschiedlichen<br />
Datenmodellen und Datenelementdefinitionen<br />
geführt. Bei Steigenden Sendungsmengen<br />
im In- und Ausland muss eine<br />
durchgängige Interoperabilität der Lieferkette<br />
geschaffen werden. Die notwendige Harmonisierung<br />
kann durch die Zuordnung der obligatorischen<br />
Datenelemente, die Schaffung<br />
eines gemeinsamen Interoperabilitätsschemas<br />
und gemeinsamer Definitionen für die<br />
Ende-zu-Ende Lieferkette erreicht werden.<br />
Normungsmandat: „Digitalisierung von Postbeförderungsdokumenten<br />
und deren Harmonisierung“<br />
Ziel des Arbeitsinhaltes ist die Definition der:<br />
• Durchgängigkeit harmonisierter Daten für<br />
die Lieferung von Handelswaren und Gütern<br />
im Einzelhandel;<br />
• Kommunikation und des Austausches<br />
von Dokumenten zwischen Logistikunternehmen,<br />
Lieferanten, Kunden und zuständigen<br />
Behörden (für rechtliche und<br />
behördliche Aufsicht, Zoll- und Einfuhrabgabenmanagement,<br />
Transportsicherheit<br />
und Produktsicherheit); und<br />
• Berücksichtigung der Konformität mit dem<br />
gemeinsamen EU-Transportdatenmodell,<br />
dem EU-Zolldatenmodell und dem UPU/<br />
WCO globalen Postdatenmodel.<br />
CEN/TC331 (Postdienste), Arbeitsgruppe 2<br />
(Neue digitale Postdienste) ist für die ober<br />
beschriebenen 3 neuen Arbeitsinhalte verantwortlich.<br />
Die Vorschläge für die neuen<br />
Arbeitsinhalte werden an alle CEN-Experten<br />
gesendet, die in den nationalen Normungsgremien<br />
arbeiten, in Österreich an Austrian<br />
Standards. (RED)<br />
Die logistic-natives begleiten pragmatisch<br />
in der Normierung und sind durch<br />
Ihr Netzwerk (DIN/CEN, Ecommerce<br />
Europe, UPU- u.a. als Rapporteuer“<br />
der Arbeitsgruppe „Sustainability“ des<br />
Consutative Committees) in der Lage, die<br />
Zukunft der Branche aktiv zu gestalten.<br />
Wer Teil des internationalen Netzwerks<br />
der logistic-natives werden möchte und<br />
wer bei der Veränderung des internationalen<br />
Handels mitwirken möchte,<br />
kontaktiert bitte Managing Director<br />
Florian Seikel<br />
T +49 162 2561001<br />
florian.seikel@logistic-natives.com<br />
logistic-natives e.V.<br />
Internationales Handelszentrum<br />
Friedrichstraße 95, 10117 Berlin<br />
FLORIAN SEIKEL
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S94<br />
TRANSPORTLOGISTIK<br />
Weltweite<br />
Konjunktur liefert<br />
widersprüchliche<br />
Signale<br />
Hohe Energiepreise, eine schwächelnde<br />
Wirtschaft, Fachkräftemangel. Dr. Kurt<br />
Schmalz, geschäftsführender Gesellschafter<br />
der J. Schmalz GmbH, beweist seit rund 40<br />
Jahren, wie sich Aufgaben bewältigen lassen<br />
– mit guten Ideen und Beständigkeit. Doch<br />
Technologie alleine reicht nicht aus: Von<br />
der Politik fordert er zukunftsfähige Ansätze,<br />
um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu<br />
bewahren. BEITRAG: REDAKTION<br />
Herr Dr. Schmalz, die wirtschaftliche Lage ist<br />
derzeit sehr herausfordernd. Wie ist die Stimmung<br />
bei Schmalz?<br />
Mit einem Wort: durchwachsen. Das erste<br />
Halbjahr lief für uns deutlich besser als erwartet.<br />
Doch seit dem Sommer hat sich unsere<br />
Auftragslage abgekühlt. Ob sich dieser Trend<br />
fortsetzt oder ob wir die Rezession hinter uns<br />
lassen können, ist derzeit noch nicht absehbar.<br />
Die weltweite Konjunktur liefert widersprüchliche<br />
Signale. Welches richtungsweisend<br />
ist, werden erst die nächsten Monate<br />
zeigen. Unternehmen in unserem Branchenumfeld<br />
haben bereits aufgrund der schlechten<br />
Auftragslage Schließtage verordnet.<br />
Dank unseres flexiblen Arbeitszeitmodells sind<br />
wir davon zum Glück noch nicht betroffen.<br />
Der große Vorteil von Schmalz ist das breite<br />
Portfolio, mit dem wir in sehr vielen Branchen<br />
aktiv sind. Dadurch schaffen wir einen Ausgleich.<br />
Und als Familienunternehmen können<br />
wir uns an die jeweiligen Marktbedingungen<br />
einfacher anpassen.<br />
Ihr Unternehmen ist mit den Segmenten Vakuum-Automation,<br />
Handhabung und Energiespeicher<br />
breit aufgestellt. Wie entwickeln sich<br />
die einzelnen Sparten?<br />
Unser Portfolio in der Robotik und Automation<br />
wächst stetig, der Trend geht ganz klar zu mehr<br />
integrierter Intelligenz und Flexibilität. Betreiber<br />
benötigen nur noch eine einzige Lösung, die<br />
sich modular erweitern und anpassen lässt, um<br />
vielfältige Anforderungen zu erfüllen. Im Bereich<br />
Handhabungssysteme punkten wir durch<br />
Ergonomie und Arbeitsschutz. Das ist insbesondere<br />
in Zeiten des demografischen Wandels<br />
wichtig: Mit unseren Produkten bewegen Anwender<br />
schwere Lasten mühelos mittels Vakuum.<br />
Und mit unserem jüngsten Geschäftsfeld,<br />
den Energiespeichern, sind wir gerade eine<br />
Partnerschaft mit VoltStorage eingegangen.<br />
Für deren Gewerbespeicher steuern wir unsere<br />
Stacks bei – das ergibt ein perfektes Duo für<br />
regenerative Energieerzeugung und -speicherung<br />
mit Redox-Flow-Batterien.<br />
Die Wirtschaft erlebt derzeit wechselhafte<br />
Marktsituationen. Welche Veränderungen in<br />
der politischen Landschaft wünschen Sie sich,<br />
um die Herausforderungen besser anzugehen?<br />
Wir benötigen mehr Initiativen, um die Unternehmen<br />
wettbewerbsfähiger zu machen<br />
und Investitionen in Zukunftstechnologien zu<br />
fördern. Dazu gehören auch ein Bürokratieabbau<br />
und eine Absenkung der Stromsteuer.<br />
Das Steuersystem muss innovations- und investitionsfreundlicher<br />
werden, um die Attraktivität<br />
des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu steigern.<br />
Nur über mehr Wachstum lässt sich der<br />
Staatshaushalt nachhaltig konsolidieren. Die<br />
Politik muss erneuerbare Energien noch stärker<br />
fördern, um die Klimaschutzziele zu erreichen<br />
und den Unternehmen ausreichende Mengen<br />
an bezahlbarer Energie zur Verfügung zu stellen.<br />
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Werte,<br />
die Schmalz sehr wichtig sind.<br />
Neben hohen Energiepreisen belastet der<br />
Fachkräftemangel das Geschäftsleben. Wie<br />
gehen Sie damit um?<br />
Das sind Probleme, die viele Unternehmen in<br />
unserer Branche betreffen. Die hohen Energiepreise<br />
haben Auswirkungen auf die Herstellungskosten.<br />
Um am Ende wettbewerbsfähig<br />
zu bleiben, braucht es Konzepte, die<br />
die Effizienz in der Fertigung steigern. In unserem<br />
Portfolio befinden sich Lösungen, die Produktionsprozesse<br />
optimieren und Ressourcen<br />
nachhaltiger einsetzen. Den Mangel an Fachkräften<br />
müssen sowohl wir als auch unsere Kunden<br />
ausgleichen. Wo Personal ohnehin knapp<br />
ist, wird es umso wichtiger, auf die Gesundheit<br />
der vorhandenen Mitarbeitenden zu achten.<br />
Unsere ergonomischen Handhabungs-Produkte<br />
sind daher darauf ausgerichtet, die Arbeitskräfte<br />
zu ergänzen und körperlich zu entlasten.<br />
Dazu fördert die Personalnot auch den Trend<br />
zur Automatisierung. Mit unseren Automatisierungs-Lösungen<br />
helfen wir Kunden dabei, aus<br />
der Not eine Tugend zu machen.<br />
Welche Rolle spielen Innovationen?<br />
Innovative Lösungen zu entwickeln, ist seit<br />
jeher unser Anspruch. Wir haben ein großes<br />
Team aus Entwicklerinnen und Entwicklern<br />
und arbeiten zudem eng mit Hochschulen zusammen.<br />
So verknüpfen wir zum Beispiel am<br />
Campus Schwarzwald Theorie mit Praxis. Die<br />
Studierenden forschen direkt an und mit unseren<br />
Maschinen. Unser Ziel ist es, die Technologieregion<br />
Schwarzwald voranzubringen, kluge<br />
Köpfe in die Gegend zu holen und zu halten.<br />
Die Zukunft gehört smarten, flexiblen und intelligenten<br />
Vakuum-Produkten, die zugleich<br />
effizient und nachhaltig sind. Genau dafür benötigen<br />
wir viel Know-how und frische Ideen.<br />
Intelligenz im Vakuum – klingt spannend. Wie<br />
sehen Sie die zukünftige Entwicklung von KI in<br />
Ihrer Branche?<br />
Künstliche Intelligenz wird die Zukunft der Automatisierung<br />
gestalten. Selbstlernende Systeme<br />
ermöglichen nicht nur eine präzisere und<br />
effizientere Steuerung unserer Lösungen, sondern<br />
bieten auch die Chance, sich an veränderte<br />
Produktionsanforderungen anzupassen.<br />
Zudem schafft KI neue Möglichkeiten für die<br />
Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.<br />
Smarte Technologien werden eine Schlüsselrolle<br />
dabei spielen, die aktuellen Herausforderungen<br />
– von den hohen Kosten über holprige<br />
Lieferwege bis hin zum Fachkräftemangel – zu<br />
meistern. (RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S96<br />
WIRTSCHAFT<br />
Fachkräftemangel trifft<br />
österreichische<br />
Unternehmen<br />
besonders schwer<br />
Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage<br />
des Meinungsforschungsinstituts YouGov<br />
im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers<br />
Visable unter 1487 Businessentscheidern in<br />
Deutschland, Österreich, der Schweiz und<br />
Österreichische Unternehmen trifft<br />
der Fachkräftemangel besonders<br />
hart. So gibt deutlich mehr als<br />
die Hälfte der hiesigen Befragten<br />
(58 Prozent) an, dass das Fehlen von geeignetem<br />
Personal bereits „eher starke“ oder<br />
sogar „sehr starke negative Auswirkungen“<br />
auf den Geschäftserfolg habe. Nur 13 Prozent<br />
der Unternehmen verzeichnen keine<br />
negativen Auswirkungen. Besorgniserregend<br />
ist auch die Prognose. Mehr als jeder zweite<br />
Befragte geht davon aus, dass sich die Lage<br />
in den kommenden fünf Jahren noch weiter<br />
verschärfen wird (53 Prozent). Die Befragten in<br />
Österreich schätzen die Lage damit deutlich<br />
pessimistischer ein als die Umfrageteilnehmer<br />
in den anderen teilnehmenden Ländern.<br />
Dennoch herrscht auch in den weiteren Kernmärkten<br />
von Visable große Sorge. Im Durchschnitt<br />
aller vier Länder schätzt jeder zweite<br />
Befragte (51 Prozent) die negativen Auswirkungen<br />
des Fachkräftemangels als „eher<br />
stark“ oder sogar „sehr stark“ ein. Über alle<br />
Länder hinweg sehen die Entscheider die<br />
Zukunft düster: Jeder Zweite (48 Prozent) geht<br />
von einer Verschlechterung der Situation aus,<br />
gerade einmal 6 Prozent haben Hoffnung auf<br />
eine Verbesserung. Der Fachkräftemangel<br />
scheint also ein gesamteuropäisches Problem<br />
zu sein und belastet die Entwicklung des<br />
Wirtschaftsraums.<br />
Mehr Personalausfälle durch<br />
Fachkräftemangel<br />
Die stärkste Auswirkung des Fachkräftemangels<br />
ist laut der österreichischen Befragten<br />
eine deutliche Mehrbelastung der Belegschaft<br />
(38 Prozent). Mehr als jeder vierte Befragte<br />
gibt zudem an, dass es durch den<br />
Fachkräftemangel zu mehr Personalausfällen<br />
und Krankmeldungen kommt (28 Prozent).<br />
Fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) beobachtet<br />
eine erhöhte Fluktuation in der Belegschaft<br />
– insgesamt äußerst unruhige Zeiten für<br />
Personaler und herausfordernde Zeiten für Angestellte.<br />
Außerdem befürchtet mehr als jeder<br />
Dritte den Verlust von Know-how und Qualität<br />
(35 Prozent) und jeder Vierte berichtet von Einschränkungen<br />
der Geschäftstätigkeit durch<br />
Personalmangel (26 Prozent).<br />
Abwanderungswelle wegen<br />
Fachkräftemangel?<br />
Wie dramatisch die Situation empfunden wird,<br />
zeigen auch folgende Zahlen: Während schon<br />
mehr als jeder vierte Befragte (27%) mit seinem<br />
Unternehmen verstärkt Outsourcing betreibt,<br />
erwägt außerdem mehr als jedes achte<br />
Unternehmen (13 Prozent), zumindest teilweise<br />
ins Ausland abzuwandern. Besonders bedenklich:<br />
Abwanderung ist vor allem in der Chefetage<br />
populär. Beim Senior Management sieht<br />
jeder Fünfte (19 Prozent) diese Maßnahme<br />
als Option an, um dem Personalmangel zu<br />
entgehen. Würden diese Pläne überall in<br />
die Tat umgesetzt, beträfe das in Österreich<br />
hochgerechnet viele tausend Unternehmen.<br />
Eine Abwanderungswelle droht also. Und das,<br />
obwohl viele Unternehmen in Anbetracht der<br />
kritischen Situation bereits eine breite Palette<br />
an Maßnahmen nutzen, um die negativen<br />
Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern.<br />
Dabei werden sie zum großen Teil<br />
selbst aktiv bei der Suche nach geeigneten<br />
Fachkräften: Rund 34 Prozent der Befragten<br />
nennen den Ausbau des Recruitings, 22 Pro-<br />
zent setzen auf interne Kompetenz- und<br />
Wissenstransferprogramme. Ein weiterer Hoffnungsträger<br />
ist die Digitalisierung: Fast jedes<br />
vierte Unternehmen geht die Herausforderungen<br />
durch den Fachkräftemangel mit Digitalisierung<br />
und Automatisierung an (23 Prozent).<br />
Auf einen verstärkten Einsatz von KI setzen allerdings<br />
erst 11 Prozent. Mit besseren Vertragskonditionen<br />
will jedes vierte Unternehmen<br />
Fachkräfte anlocken, darunter geben 26<br />
Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher<br />
Branchengehälter und 24 Prozent das Angebot<br />
flexibler Beschäftigungsmodelle wie der<br />
4-Tage-Woche an. Der österreichische Mittelstand<br />
reagiert also aktiv und kreativ auf<br />
die Herausforderungen des Personal- und<br />
Fachkräftemangels.<br />
Forderungen an die Politik<br />
Österreichische KMU wünschen sich vom<br />
Staat vor allem steuerliche und finanzielle Anreize<br />
wie etwa steuerfreie Überstunden – jeder<br />
dritte Befragte (34 Prozent) wählte diese Antwortmöglichkeit.<br />
Außerdem gefordert werden<br />
familien- und sozialpolitische Maßnahmen,<br />
etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie (25 Prozent) und bildungspolitische<br />
Maßnahmen (21 Prozent) für mehr<br />
Fachkräfte aus eigener Schule. Nur ein geringer<br />
Anteil der Befragten plädiert dagegen<br />
für traditionell wirtschaftsliberale Maßnahmen<br />
wie flexible Kündigungs- und Wiedereinstellungsregelungen<br />
(13 Prozent) und<br />
eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters<br />
(9 Prozent). Der Zuzug von Fachkräften aus<br />
dem Ausland steht auch eher weniger im<br />
Fokus. Nur 15 Prozent der Befragten wollen<br />
eine verstärkte Förderung qualifizierter Einwanderung.<br />
(RED)
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S98<br />
WIRTSCHAFT<br />
Deutschland – der<br />
kranke Mann Europas<br />
Deutschland ist in der Rezession und bleibt<br />
es voraussichtlich auch noch im nächsten<br />
Jahr. Der IWF erwartet, dass Deutschland als<br />
einzige unter den fortgeschrittenen Volkswirtschaften<br />
im laufenden Jahr schrumpfen<br />
wird. BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
Blickt man in die Wirtschaft, so versteht<br />
man wieso. Massiver Stellenabbau<br />
bei Bayer, Motorpresse und Homag,<br />
Unternehmensinsolvenzen auf einem<br />
7-Jahres-Hoch. Insolvenz bei einem großen<br />
Vertragspartner von Mercedes, dem Automobilzulieferer<br />
BIA in Solingen, Signa und<br />
Nolte Möbel. Es sieht nicht gut aus im besten<br />
Deutschland aller Zeiten. Die Energiewende<br />
und die grüne Transformation kostet doch<br />
mehr als gedacht und durch den hohen<br />
Strompreis sind wir weniger wettbewerbsfähig<br />
– aber dafür kommt jetzt der subventionierte<br />
Industriestrom.<br />
Ist Deutschland erneut der kranke Mann Europas,<br />
so wie es der Economist vorgesagt hat,<br />
oder bleibt uns dieser Titel diesmal erspart?<br />
Wohin steuert Deutschland? Brauchen wir<br />
eine Agenda 2030 und wie könnte diese aussehen?<br />
Der kranke Mann Europas?<br />
Fast 25 Jahre ist es her, da sorgte das Wirtschaftsmagazin<br />
„The Economist“ mit einer<br />
Titelgeschichte über Deutschland Furore.<br />
Deutschland sei der “kranke Mann des Euros”.<br />
Als Gründe nannte der Economist damals<br />
einen starren, festgefahrenen Arbeitsmarkt,<br />
extrem ausufernde Sozialleistungen und natürlich<br />
die Kosten der Wiedervereinigung. Der<br />
Artikel sorgte für Aufsehen. Offenbar bis in die<br />
höchsten Ränge der Politik. Denn die damalige<br />
Regierung unter Bundeskanzler Gerhard<br />
Schröder steuerte dagegen und brachte tiefgreifende<br />
Reformen auf den Weg. Besser bekannt<br />
als Agenda 2010.<br />
Doch schauen wir nochmal zurück auf das damalige<br />
Deutschland. Im Jahr 2003 waren rund<br />
4 Millionen Menschen arbeitslos, was einer Arbeitslosenquote<br />
von 10,5 Prozent entsprach.<br />
Das BIP, also die Wirtschaftsleistung, stagnierte<br />
und die stark alternde Gesellschaft drohte,<br />
das Rentensystem zu überlasten. Damals war<br />
wohlgemerkt eine rot-grüne Regierung an der<br />
Macht. Also durchaus Parallelen zu heute.<br />
Die Agenda 2010 kam und die Reformpläne<br />
fruchteten. Was hat man damals konkret umgesetzt?<br />
Im folgenden die wichtigsten Punkte:<br />
● Man hat die Regulierung von Zeitarbeit wesentlich<br />
gelockert, was hunderttausende Jobs<br />
geschaffen hat.<br />
● Man hat Minijob-Reformen umgesetzt,<br />
die es vor allem Arbeitslosen erleichterten,<br />
den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden.<br />
● Als drittes hat man das Arbeitslosengeld<br />
für Ältere von maximal 32 Bezugszeit auf 18<br />
Monate gekürzt.<br />
● Der ausschlaggebendste Punkt war allerdings<br />
die Vereinigung von Arbeitslosen- und<br />
Sozialhilfe zu Hartz IV, was wesentliche Ineffizienzen<br />
und eine Menge Bürokratie beseitigte.<br />
Was folgte, war ein beispielloser wirtschaftlicher<br />
Aufstieg Deutschlands. Die Arbeitslosenquote<br />
ging zwischen 2003 und 2013<br />
von 10,5 auf 6,9 Prozent zurück. 2022 lag sie<br />
sogar nur noch bei 5,3 Prozent. In anderen<br />
Worten: Gab es 2003 also noch 4,4 Millionen<br />
Arbeitslose, so waren es 2022 nur noch<br />
2,4 Millionen. Besonders beeindruckend ist<br />
der Rückgang der Langzeitarbeitslosen.<br />
Hiervon gab es in Deutschland im Jahr 2000<br />
noch rund 1,5 Millionen. 2012 waren es nur<br />
noch ca. 1 Millionen. Also ein Rückgang um<br />
rund 30 Prozent. Und auch der direkte Vergleich<br />
zu Frankreich kann sich durchaus sehen<br />
lassen. Innerhalb eines Jahrzehnts ist es<br />
Deutschland gelungen, die Wirtschaftsleistung<br />
zu steigern, den Nachbarn Frankreich<br />
zu überholen und gleichzeitig die Arbeitslosenquote<br />
stark zu senken (siehe Abbildung).<br />
Die Agenda 2010 war umstritten, denn sie war<br />
anfangs für viele sehr schmerzhaft. Die SPD hat<br />
selbst heute noch damit zu kämpfen und hat<br />
seitdem wirklich viel versucht, um alles, was<br />
damals umgesetzt wurde, wieder rückgängig<br />
zu machen.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S100<br />
Ganz nüchtern betrachtet, war die Agenda<br />
2010 allerdings ein beachtlicher Erfolg. Dennoch<br />
muss man festhalten, dass nicht alles<br />
auf die Reformagenda zurückzuführen ist.<br />
Viele Kritiker weisen immer wieder gerne darauf<br />
hin, dass es auch andere Ursachen hat,<br />
dass Deutschland sich nach der Agenda 2010<br />
prächtig entwickelt hat. So wird immer wieder<br />
auf die allgemeine Lohnzurückhaltung hingewiesen,<br />
die bereits in den 1990ern begonnen<br />
hatte und der schwache Euro, der besonders<br />
unserer Exportwirtschaft zugutekam. Darüber<br />
hinaus haben wir seit der Jahrtausendwende<br />
einen beispiellosen Aufstieg Chinas gesehen,<br />
der einerseits Deutschlands Exportwirtschaft<br />
befeuerte und uns andererseits mit günstigen<br />
Produkten versorgte.<br />
Selbst die Eurokrise konnte den Aufschwung<br />
der deutschen Wirtschaft nicht dauerhaft<br />
stoppen. Dazu beigetragen hat aber vor<br />
allem ein günstiges makroökonomisches Umfeld.<br />
Die Nachfrage nach deutschen Exportgütern<br />
in den USA sowie in Schwellenländern<br />
wie China wuchs deutlich, die Zinsen fielen<br />
stetig, und der niedrige Kurs des Euros trug<br />
zum Boom der deutschen Ausfuhren bei.<br />
Natürlich gab es noch eine weitere wichtige<br />
Komponente, die nicht fehlen darf und das ist<br />
billige Energie. Wir alle wissen, dass Schröder<br />
eine gute Beziehung zu Russland, insbesondere<br />
zu Putin hatte. Dadurch wurden wir zumindest<br />
über das kommende Jahrzehnt mit günstiger<br />
Energie für die Industrie versorgt. Alles in<br />
allem waren es dennoch grundlegend positive<br />
Reformen. Leider haben die folgenden Regierungen<br />
verschlafen, daran anzuknüpfen.<br />
Die Ära Merkel: eine verpasste Zeit<br />
16 Jahre war Angela Merkel die Kanzlerin der<br />
Bundesrepublik Deutschlands. 16 Jahre lang<br />
hat sie Deutschland mitgestaltet und geprägt.<br />
Doch ihre Zeit hat leider tiefe Narben und<br />
viele Baustellen hinterlassen. Unter der Ära<br />
Merkel wurden vor allem die Rentenleistungen<br />
stark ausgebaut. Dazu gehören die Rente ab<br />
63, die Mütterrente, die sogenannte Haltelinie<br />
sowie zuletzt die Grundrente. Und während<br />
man immer mehr für die Rentner getan hat,<br />
hat man es vollkommen verschlafen, in die<br />
Generation von morgen zu investieren, also<br />
in Bildung und vor allem Infrastruktur. Ein Blick<br />
in heutige Schulen oder auf marode Brücken<br />
unterstreicht, dass hier einiges vernachlässigt<br />
wurde.<br />
Auch in Sachen Eurokrise hat sich die Ex-Kanzlerin<br />
definitiv nicht mit Ruhm bekleckert. Seit 2010<br />
musste der Mittelmeerstaat mehrfach durch<br />
die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds<br />
(IWF) vor dem Staatsbankrott gerettet<br />
werden. Grundlegende Regeln der Währungsunion,<br />
vor allem die No-Bail-out-Klausel<br />
oder der Vertrag von Maastricht, wurden damals<br />
einfach so über Bord geworfen. Angela<br />
Merkels Begründung für diese Schritte lautete:<br />
Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.<br />
Das ist natürlich völliger Humbug. Der Euro ist<br />
nicht die EU. Mit Milliarden hat man mit Ach und<br />
Krach die Eurozone und damit das Projekt Euro<br />
am Leben gehalten. Das hatte natürlich Kosten,<br />
die vor allem Deutschland schultern musste.<br />
Dann kam die Flüchtlingskrise, die ebenfalls<br />
miserabel gemanagt wurde. Die Auswirkungen<br />
der damaligen Politik sind noch heute spürbar.<br />
Ist Deutschland erneut der<br />
“kranke Mann Europas”?<br />
Aber blicken wir auf den Status Quo. Wie steht<br />
es um Deutschland? Liegen wir bereits auf<br />
der Intensivstation oder kommen wir mit einer<br />
leichten Erkältung davon? Die aktuellen Wirtschaftsindikatoren<br />
zeigen zumindest nichts<br />
Gutes an. Die Produktion ist im September zum<br />
vierten Mal in Folge gesunken. Laut Statistischem<br />
Bundesamt sank die Produktion im Vergleich<br />
zum Vormonat um 1,4 Prozent. Erwartet<br />
wurde lediglich ein Rückgang von 0,1 Prozent<br />
(siehe nächste Abbildung). Damit liegen wir<br />
immer noch unter dem Niveau, welches wir<br />
vor der Corona-Krise hatten.<br />
Das Statistische Bundesamt schreibt, dass ein<br />
Großteil des Rückgangs dabei auf die schwächelnde<br />
Automobilindustrie zurückzuführen<br />
sei. Ja und tatsächlich bekommen wir immer<br />
mehr Signale aus der Automobilindustrie, dass<br />
dieser harte Zeiten bevorstehen.<br />
Volkswagen zum Beispiel brechen gerade die<br />
Absätze in China weg. Gleichzeitig steigen<br />
die Insolvenzen weiter an. Das zeigen die neuesten<br />
Daten des IWH. So gab es im Oktober<br />
1037 Insolvenzen bei Personen- und Kapitalgesellschaften.<br />
Das sind 2 Prozent mehr als im<br />
September und 44 Prozent mehr als im Oktober<br />
2022. Die Zahl der Insolvenzen lag somit<br />
12 Prozent über dem Oktober-Durchschnitt<br />
der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.<br />
Und eine Besserung soll nicht<br />
in Sicht sein. So rechnet das Leibniz-Institut für<br />
Wirtschaftsforschung für die kommenden Monaten<br />
mit weiter steigenden Insolvenzen. Die<br />
nach wie vor hohen Energiepreise machen<br />
vor allem der chemischen Industrie zu schaffen<br />
(siehe nächster Chart).<br />
Bestes Beispiel Lanxess. Erst vor wenigen Tagen<br />
meldete der Chemiekonzern tiefrote Zahlen.<br />
Eine Besserung sei laut Vorstandschef Zachert<br />
nicht in Sicht. Und auch beim deutschen<br />
Chemiegiganten BASF sieht es gar nicht gut<br />
aus. Der Aktienkurs war vor kurzem sogar unter<br />
das Coronatief von 2020 gefallen. Bereits<br />
im Sommer ist der Gewinn bei der BASF um<br />
76 Prozent eingebrochen. Und jetzt gerade<br />
erst vor kurzem hat der CEO der BASF, Martin
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S102<br />
Brudermüller, gewarnt, dass die ehrgeizigen<br />
Klimaziele der EU scheitern werden. In Berlin<br />
sagte der CEO: „Europa versucht es mit der<br />
Brechstange, aber das wird nicht funktionieren“.<br />
Und weiter: „Wir treiben den Umbau<br />
unvermindert voran, trotz Konjunkturkrise.“<br />
Der BASF-Chef verweist hier vor allem auf die<br />
horrenden bürokratischen Vorgaben, die im<br />
Zuge des Green Deal auf die Unternehmen<br />
zukommen. Allein auf die Chemieindustrie<br />
würden 14.000 Seiten an Vorgaben und<br />
Richtlinien aus Brüssel kommen. Dabei haben<br />
Großkonzerne wie die BASF deutlich mehr<br />
Kapazitäten, um Bürokratie zu bewältigen<br />
als der Mittelstand. Für kleine und mittlere<br />
Unternehmen ist das kaum noch zu stemmen,<br />
denn der Aufwand ist proportional<br />
zur Unternehmensgröße erheblich größer.<br />
Und auch beim dritten großen deutschen<br />
Chemieunternehmen Bayer brennt gerade<br />
die Hütte. Nach einem Verlust von 4,6<br />
Milliarden Euro kündigt der CEO einen massiven<br />
Umbau an. Auch die Belegschaft werde<br />
sich „erheblich reduzieren“, heißt es.<br />
Drei Chemiekonzerne aus Deutschland. Und<br />
alle haben massiven Gegenwind. Die Deindustrialisierung<br />
ist bereits in vollem Gange.<br />
In vergangenen Beiträgen warne ich bereits<br />
davor schon länger. Und die Probleme<br />
könnten sich noch weiter verschärfen, denn<br />
auch der Euro ist nach wie vor unter Druck.<br />
Im Sommer 2021 kostete ein Euro noch 1,20<br />
Dollar. Anfang September 2022 war die europäische<br />
Währung nur 0,99 Dollar wert. Das ist<br />
der niedrigste Wechselkurs seit 20 Jahren.<br />
Für den schwachen Euro gibt es verschiedene<br />
Gründe:<br />
1. Die Sanktionen gegen Russland haben uns<br />
viel stärker getroffen als zum Beispiel die Amerikaner.<br />
Folglich hat unsere Wirtschaft einen<br />
stärkeren Schaden genommen.<br />
2. Europa leidet viel stärker unter hohen Preisen<br />
für fossile Energien als die USA. Wir sind<br />
nicht so autark.<br />
3. Die FED hat ihren Leitzins viel stärker anheben<br />
können als die EZB. Das führt dazu, dass<br />
viel Kapital den Euroraum verlässt und in den<br />
Dollar fließt, da es hier höhere Zinsen gibt. Ergo,<br />
Quelle: https://www.bloomberg.com/news/articles/<strong>2023</strong>-08-24/dollar-usage-in-global-payments-in-july-rises-to-record-swift-says<br />
der Euro wird schwächer. Und so ist es nicht<br />
verwunderlich, dass der Euro immer mehr an<br />
Bedeutung verliert. Im folgenden Chart von<br />
Bloomberg erkennt man, wie stark der Dollar<br />
und der Euro im internationalen Handel genutzt<br />
werden.<br />
5. Habecks Industriestrategie<br />
So langsam scheint die Dringlichkeit der Lage<br />
auch im Bundeswirtschaftsministerium angekommen<br />
zu sein. Robert Habeck hat dazu<br />
erst vor kurzem seine Industriestrategie vorgestellt.<br />
Auf 60 Seiten legt Habeck dar, wie er die<br />
Wende schaffen will. Ein Wort fällt während<br />
seiner Rede besonders oft und das ist das Wort<br />
“Transformation”. Damit meint er die Transformation<br />
hin zu einer sauberen klimaneutralen<br />
Wirtschaft. Das ganze kostet jedoch – wie wir<br />
alle wissen – eine Menge Geld für Investitionen.<br />
Wenn man sich die kompletten 60 Seiten<br />
durchliest, so lässt sich eines ganz klar erkennen:<br />
Der Staat möchte immer mehr in die Wirtschaft<br />
eingreifen. In Deutschland hat es mal<br />
so etwas wie Ordnungspolitik gegeben. Ziel<br />
dieser Ordnungspolitik war es, wirtschaftliches<br />
Wachstum zu erreichen, in dem der Staat nur<br />
die Rahmenbedingungen vorgibt und sich<br />
ansonsten aus der Wirtschaft raushält. Eine<br />
Nachtwächterrolle also.<br />
Und es waren genau diese Ansätze, die das<br />
Konzept der Sozialen Marktwirtschaft so attraktiv<br />
gemacht haben. Es war eine Art Kompromiss.<br />
Auf der einen Seite hat man privaten<br />
Unternehmern Raum gegeben, unternehmerisch<br />
aktiv zu werden. Auf der anderen Seite<br />
hat man aber auch durch das Setzen bestimmter<br />
Standards darauf geachtet, dass<br />
die Arbeitnehmerseite nicht vollkommen vernachlässigt<br />
wird.<br />
Wenn man jetzt aber die Industriestrategie von<br />
Habeck liest, so erkennt man schnell, dass der<br />
Staat hier weit darüber hinausgeht, einfach nur<br />
die Rahmenbedingungen zu setzen. Im Papier<br />
heißt es, dass man auf verschiedene Instrumente<br />
“von der themen- und branchenoffenen<br />
Innovationsförderung bis zur gezielten Unterstützung<br />
einzelner Schlüsseltechnologien”<br />
setzt. Der Staat will also aktiv in die Wirtschaft<br />
eingreifen. Hier mal ein paar Beispiele, wo man<br />
aktiv eingreifen bzw. mitmischen möchte.<br />
So will man:<br />
1. Die Energiewende vorantreiben<br />
2. Eine eigene Wasserstoffindustrie aufbauen<br />
3. Die E-Mobilität fördern<br />
4. Die pharmazeutische Industrie unterstützen<br />
5. Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz<br />
fördern und staatlich vorantreiben<br />
6. Die Industrie in Sachen Robotik, Raumfahrt<br />
und Leichtbau vorantreiben<br />
Die Liste könnte man noch ewig weiterführen.<br />
Es macht ganz deutlich, dass der jetzige Staat<br />
weit mehr ist, als der alt bekannte Nachtwächterstaat.<br />
Man will die Wirtschaft lenken<br />
bzw. steuern. In anderen Worten: Planwirtschaft.<br />
Aber zumindest scheint Habeck mittlerweile<br />
erkannt zu haben, dass es der Wirtschaft,<br />
insbesondere der Industrie in Deutschland,<br />
nicht gut geht. Hierzu sagt er und ich zitiere:<br />
„Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur<br />
Arbeitgeber und Branchen, sondern einen<br />
maßgeblichen Teil des Wohlstands.“<br />
Und auch in seinem Papier sind teils deutliche<br />
Passagen zu finden. “Für zahlreiche Betriebe<br />
der energieintensiven Industrie sind diese Preise<br />
existenzbedrohend, es droht eine Erosion<br />
der deutschen Grundstoffindustrie und damit<br />
der Wegfall integrierter Wertschöpfungsketten”,<br />
so Habeck.<br />
Zudem gesteht man sich in dem Papier ein,<br />
dass sich die Wettbewerbssituation besonders<br />
für die stromintensiven Branchen stark<br />
verschlechtert hat. Und trotzdem hat man<br />
die letzten AKWs vom Netz genommen. Laut<br />
einem Bericht der Bild-Zeitung hat die Bundesregierung<br />
dabei anscheinend von Anfang an<br />
gewusst, dass sich die Strompreise aufgrund<br />
der Abschaltung erhöhen würden. Das geht<br />
aus einem internen E-Mail-Wechsel zwischen<br />
den Pressestellen des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums<br />
aus 2022 hervor. Hierin heißt es:<br />
“Der Weiterbetrieb der AKW hat neben der<br />
(geringen) Gaseinsparung zwei weitere Vorteile:<br />
die Strompreise sinken und der Netzbetrieb<br />
wird sicherer.” Diese Einschätzung hatten<br />
übrigens damals mehrere Experten und Ökonomen<br />
vertreten. So zum Beispiel das Münchner<br />
Ifo Institut, die errechnet hatten, dass eine<br />
Nicht-Abschaltung der AKWs den Strompreis<br />
um vier Prozent senken würde.
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S104<br />
Ein Team um die Wirtschaftsweise Veronika<br />
Grimm kam in einer Studie sogar zu dem Ergebnis,<br />
dass der Strompreis bei Weiterbetrieb<br />
um bis zu 13 Prozent senken kann.<br />
Robert Habeck hatte damals ja sogar noch behauptet,<br />
Deutschland hätte ein Gasproblem<br />
und kein Stromproblem. Und auch sonst hat<br />
man uns doch immer wieder erzählt, dass der<br />
Weiterbetrieb der AKWs den Strompreis nicht<br />
senken würde. Man hat uns also angelogen und<br />
die Industrie muss jetzt dafür gerade stehen.<br />
Stattdessen hat man sich jetzt auf ein Strompreispaket<br />
für die Industrie geeinigt. Geplant<br />
ist unter anderem eine deutliche Senkung der<br />
Stromsteuer für das produzierende Gewerbe<br />
und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation<br />
für Konzerne.<br />
Marc Friedrich ist sechsfacher SPIEGEL Bestsellerautor,<br />
Finanzexperte, gefragter Redner,<br />
Vordenker, Freigeist und Honorarberater. Sein<br />
neues Buch erscheint am 23. Januar 2024:<br />
“Die größte Revolution aller Zeiten - wieso<br />
unser Geld stirbt und wie Sie davon profitieren“<br />
www.friedrich-partner.de<br />
www.marc-friedrich.de<br />
Bei den Grünen wertet man das als großen Erfolg.<br />
Aber was ist das für ein Erfolg, wenn man<br />
ein Problem mit Steuergeldern löst, was man<br />
im Grunde genommen selbst verursacht hat.<br />
6. Agenda 2030 statt mehr Sozialismus!<br />
Wir sehen also, dass Deutschland auf dem<br />
besten Weg ist, erneut den Titel “Kranker Mann<br />
Europas” zu gewinnen. Doch leider ist das kein<br />
Titel, über den man sich freuen sollte – nein,<br />
ganz im Gegenteil, es sollte eigentlich endlich<br />
ein Weckruf an die Politik sein.<br />
Leider beobachten wir aktuell das, was der<br />
Ökonom Ludwig von Mises mal die Interventionsspirale<br />
genannt hat. Der Staat greift in die<br />
Wirtschaft ein. Es kommt zu unerwünschten<br />
Nebeneffekten, denn der Staat ist bekanntlich<br />
kein guter Unternehmer.<br />
Doch anstatt sich einfach aus der Wirtschaft<br />
herauszuhalten, glaubt der Staat, sich als Held<br />
aufführen zu müssen und immer mehr in die<br />
Wirtschaft einzugreifen. Jeder Eingriff hat also<br />
zur Folge, dass es zu weiteren Eingriffen kommt,<br />
bis irgendwann die wirtschaftliche Freiheit zerstört<br />
ist und der Staat alles managt. Sozialismus<br />
könnte man auch sagen. Und auch an den<br />
Forderungen der SPD sieht man ganz deutlich,<br />
wohin der Kurs eigentlich gehen soll. Die SPD<br />
forderte zuletzt eine "temporäre" Krisenabgabe<br />
für Spitzenverdiener und die Jusos wollen<br />
gleichzeitig ein Grunderbe in Höhe von 60.000<br />
Euro für alle über 18-Jährigen. Einzige Voraussetzung:<br />
ein Wohnsitz in Deutschland. In anderen<br />
Worten: Noch mehr Umverteilung!<br />
Was wir stattdessen bräuchten, wäre eine<br />
Agenda 2030. Diese muss aber aufgrund der<br />
angestauten Probleme noch viel weitreichender<br />
sein als die schon thematisierte Agenda<br />
2010. Im Wesentlichen muss sie sich auf drei<br />
Problemfelder fokussieren.<br />
1. Billige Energie<br />
Deutschland ist ein Industrieland. Wenn wir<br />
es verhindern wollen, dass Unternehmen<br />
ganz abwandern bzw. ihre Produktionen in<br />
Deutschland runterfahren, dann müssen wir<br />
angebotsseitig die Energiekosten runterbringen.<br />
Dazu habe ich bereits oft verschiedene<br />
Punkte aufgelistet, wie man das erreichen<br />
könnte.<br />
• 180 Grad statt 360 Grad Wende bei der<br />
Energiepolitik inklusive Rückkehr zur Atomkraft<br />
• Temporäre Reaktivierung der Kohleminen<br />
und Förderung von Öl und Gas (so wie es<br />
Großbritannien gerade beschlossen hat)<br />
um Autarkie zu stärken<br />
• Geld in die Forschung von Speichertechnologien<br />
für erneuerbare Energien investieren<br />
2. Der Staat soll kein Unternehmer sein<br />
Wir haben es mit einem immer übergriffigen<br />
Staat zu tun. Das muss stoppen. Der Staat muss<br />
sich wieder auf seine Rolle als Nachtwächter<br />
zurückbesinnen. Dazu sollte er:<br />
• die Staatsquote massiv abbauen<br />
• umstellen auf einen Schlanken digitalen<br />
Staat (Vorbild Estland)<br />
• Massiver Abbau von Bürokratie. Das wiederum<br />
führt zur Entlastung von Unternehmen<br />
→ mehr Steuereinnahmen → mehr<br />
Unternehmen investieren in Deutschland.<br />
• Steuern senken und vereinfachen. Stichwort<br />
Bierdeckelsteuer. Am besten nur<br />
noch eine Steuer, die man beim Einkaufen<br />
zahlt.<br />
• Dennoch darf er durchaus investieren.<br />
Aber in Sinnvolles. Wir brauchen große<br />
Investorenpakete in allen Bereichen der<br />
Infrastruktur. Vom Kindergarten bis hin zur<br />
Internetanbindung.<br />
3. Bildungssystem reformieren und gezielte<br />
Anreize schaffen<br />
Wir brauchen de facto eine komplette Transformation<br />
des Schul- und Bildungssystems.<br />
• Laut Berufsbildungsbericht hatten 2021<br />
rund 2,6 Millionen junge Menschen zwischen<br />
20 und 35 keine Berufsausbildung.<br />
Das zeigt, dass hier einiges falsch läuft<br />
und das vor allem falsche Anreize gesetzt<br />
werden. Wir wissen doch, dass es einen<br />
Handwerker-und Fachkräfte-Mangel gibt.<br />
Gleichzeitig fällt aber das Bildungsniveau<br />
immer weiter ab und wir suggerieren jungen<br />
Menschen, dass die Uni der einzige<br />
Weg ist. Was wir vor allem brauchen ist ein<br />
Schulsystem, dass die Schüler auf das vorbereitet,<br />
was später wichtig ist.<br />
• Darüber hinaus brauchen wir endlich eine<br />
gezielte Zuwanderung von Fachkräften.<br />
Hier werden leider mit Bürgergeld die<br />
komplett falschen Anreize gesetzt.<br />
Die Lage ist alles andere als rosig, trotzdem würde<br />
ich am Ende gerne das Positive betonen.<br />
Wir sind immer noch ein Land mit viel Potenzial<br />
und unglaublich vielen kreativen und fähigen<br />
Menschen. So viele großartige Erfindungen kamen<br />
nicht ohne Grund aus Deutschland und<br />
ich bin mir sicher, dass wir irgendwann auch<br />
wieder goldene Zeiten vor uns haben werden.<br />
Doch die aktuellen Entwicklungen gehen leider<br />
in die komplett falsche Richtung. Noch<br />
schweigt die große Mehrheit, die den ganzen<br />
Laden am Laufen hält, doch die Frage ist, wie<br />
lange sie das noch mitmachen wird.<br />
(RED)<br />
https://logistik-express.com/marc-friedrich/
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S106<br />
WIRTSCHAFT<br />
Anleihen -<br />
ein Investment in<br />
Schulden<br />
Anleihen, Aktien, ETFs, Inflation, Zinspolitik,<br />
Zentralbanken. Die Finanzwelt ist für viele<br />
oft ein Buch mit sieben Siegeln. Für große<br />
Fragezeichen sorgt häufig das Thema Anleihen.<br />
Daher möchte ich das Thema heute<br />
verständlich erklären.<br />
• Was genau sind Anleihen?<br />
• Welche Eigenschaften haben sie?<br />
• Was unterscheidet Anleihen von Aktien<br />
und vor allem welche Wechselbeziehungen<br />
gibt es zu Gold?<br />
•<br />
Nach Immobilien ist der Anleihenmarkt<br />
mit 133 Billionen Dollar der<br />
zweitgrößte Markt weltweit. Erst an<br />
dritter Stelle kommt der Aktienmarkt<br />
mit 109 Billionen Dollar. Im Vergleich: Das weltweite<br />
BIP betrug 2022 knapp 95 Billionen Dollar.<br />
Den größten Anteil im Anleihemarkt hat der<br />
Hegemon USA mit 38% des Gesamtvolumens.<br />
Zuletzt hat der Anleihemarkt, nach fast 40<br />
Jahren steigenden Notierungen, einen deutlichen<br />
Dämpfer erlebt, verursacht durch die<br />
steigenden Zinsen der Notenbanken. Anleihen<br />
sind im Prinzip verzinste Schuldscheine. Sie<br />
gehören zur Kategorie des “Fixed Income”.<br />
Fixed Income lässt sich am besten mit “festverzinsliche<br />
Wertpapiere” übersetzen. Der<br />
Anleihemarkt gilt als Gradmesser der Wirtschaft<br />
und gibt viel Aufschluss über Wachstum<br />
und Inflation. Emittiert werden Anleihen grundsätzlich<br />
von Staaten, Unternehmen oder Banken.<br />
Anleihen sind wie gesagt Schuldscheine,<br />
das heißt, es handelt sich um Fremdkapital.<br />
Lassen Sie mich kurz den Unterschied erklären.<br />
Fremdkapital bezieht sich auf Geld, das von<br />
externen Quellen, wie Kreditgebern, geliehen<br />
wird und zurückgezahlt werden muss, während<br />
Eigenkapital das investierte Geld der Eigentümer<br />
oder Aktionäre darstellt und keine<br />
Rückzahlung erfordert, sondern einen Anteil<br />
am Unternehmensgewinn und -verlust bietet.<br />
Wichtig zu verstehen ist, dass es zwischen<br />
Anleiherendite und Anleihekurs eine inverse<br />
Beziehung gibt (siehe folgender Chart einer<br />
österreichischen Anleihe). Heißt, wenn die Anleiherendite<br />
steigt, fällt der Anleihekurs, und<br />
wenn die Anleiherendite sinkt, steigt der Anleihekurs.<br />
Also eine gegensätzliche Entwicklung/<br />
Korrelation. Dies liegt daran, dass Anleiherendite<br />
und Anleihekurs miteinander verbunden<br />
sind. Wenn eine Anleihe zu einem festen<br />
Zinssatz ausgegeben wird, bleibt der Zinssatz<br />
unverändert. Wenn die auf dem Markt verfügbaren<br />
Zinssätze steigen und höher sind als der<br />
Zinssatz der Anleihe, wird die Anleihe weniger<br />
attraktiv, da Investoren bessere Renditen auf<br />
dem Markt erzielen können. Infolgedessen<br />
sinkt die Nachfrage nach der Anleihe, und ihr<br />
Kurs fällt, um einen höheren Renditeausgleich<br />
zu bieten. Umgekehrt, wenn die auf dem<br />
Markt verfügbaren Zinssätze fallen und niedriger<br />
sind als der Zinssatz der Anleihe, steigt die<br />
Nachfrage nach der Anleihe, da sie attraktiver<br />
wird und ihr Kurs steigt.<br />
Quelle: Visual Capitalist
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S108<br />
1. Die realen Zinsen müssen sinken oder<br />
2. Die realen Zinsen bleiben länger oben und<br />
Gold wird irgendwann nachgeben.<br />
Welche der zwei Optionen eintrifft wird sich<br />
wohl in den kommenden Wochen bzw.<br />
Monaten entscheiden.<br />
Reale und Nominale Zinsen<br />
Bei Anleihen gilt es zudem, zwischen nominalen<br />
und realen Zinsen zu unterscheiden.<br />
Die nominalen Zinsen sind schnell erklärt,<br />
denn das ist die Rendite, die dem Anleger<br />
zum Zeitpunkt des Erwerbs versprochen wird.<br />
Die realen Zinsen bei Anleihen bezieht sich<br />
auf die Rendite, die ein Anleger nach Abzug<br />
der Inflation erzielt. Sie wird auch als inflationsbereinigte<br />
Rendite bezeichnet und<br />
ist ein wichtiger Maßstab für die tatsächliche<br />
Kaufkraftsteigerung eines Investments.<br />
Hier mal eine Beispielrechnung: Angenommen,<br />
eine Anleihe kostet 1.000 Dollar. Der Kuponzins<br />
beträgt 100 Dollar. Daraus ergibt sich<br />
ein Zinssatz bzw. eine nominale Rendite von<br />
10 Prozent (100 Dollar von 1.000 Dollar = 10<br />
Prozent). Die Berechnung der realen Rendite<br />
ist genauso simpel. Hier muss man zusätzlich<br />
noch die Inflation berücksichtigen. Um die<br />
reale Rendite zu erhalten, zieht man einfach<br />
die Inflation von den Zinsen ab. Haben wir also<br />
eine Inflationsrate von sagen wir 5 Prozent und<br />
Zinsen von 3 Prozent, so ergibt das eine negative<br />
reale Rendite von minus 2 Prozent.<br />
Reale Zinsen und Gold<br />
Ein weiterer Punkt, den man unbedingt verstehen<br />
muss, ist, wie sich Gold bei steigenden<br />
oder fallenden Realzinsen verhält. Angenommen,<br />
die Inflation ist hoch und beträgt 5 Prozent<br />
pro Jahr, aber die Rendite zehnjähriger<br />
Staatsanleihen bringt 8 Prozent per anno.<br />
Die Realzinsen für das Halten von Staatsanleihen<br />
liegen also bei 3 Prozent. Ein positiver<br />
Realzins ist also gut, um Staatsanleihen<br />
anstelle von Gold zu halten, denn man erhält<br />
positive reale Zinsen für das Halten von<br />
Staatsanleihen, während Gold keine Zinsen<br />
zahlt. Nehmen wir stattdessen an, dass die<br />
Inflationserwartung zwei Prozent beträgt, die<br />
nominale Rendite zehnjähriger Staatsanleihen<br />
liegt aber nur bei einem Prozent. Man<br />
verliert pro Jahr also real ein Prozent, wenn<br />
man Staatsanleihen hält. Die reale Verzinsung<br />
beträgt also minus ein Prozent. Auch wenn<br />
die Inflation niedrig ist, sind die Anleiherenditen<br />
(und die Renditen auf Bankkonten) noch<br />
niedriger. In diesem Fall spricht viel dafür,<br />
Gold zu halten, da es knapp und nicht inflationier<br />
bar ist. Und genau deshalb steigt der<br />
Goldpreis tendenziell, wenn die realen Renditen<br />
sinken oder ein Rückgang erwartet wird.<br />
Wie gut diese Beziehung in den letzten Jahren<br />
funktioniert hat, erkennt man in der folgenden<br />
Abbildung. Allerdings sieht man auch, dass es<br />
hier seit ca. 2022 eine Entkopplung gegeben<br />
hat. Die Realzinsen sind gestiegen, und zwar<br />
rasant, doch Gold hat sich – mit Ausnahme<br />
eines kurzen Rücksetzers – auf relativ hohem<br />
Niveau stabilisiert. Daraus lassen sich folgende<br />
zwei Optionen ableiten:<br />
Anleiheblase platzt<br />
Eines kann man mittlerweile mit großer Sicherheit<br />
sagen. Was wir gerade am Anleihemarkt<br />
erleben, ist ein wirklich historischer Einbruch.<br />
Über Jahre hinweg haben die Notenbanken<br />
die Zinsen immer weiter abgesenkt und durch<br />
Quantitative Easing, gigantische Summen<br />
Geld in den Markt gepumpt. Dadurch hat<br />
sich am Anleihemarkt eine gigantische Blase<br />
gebildet, die nun die Luft ablässt. Besonders<br />
deutlich erkennt man das am Chartverlauf<br />
des TLT-ETFs. Dieser beinhaltet langlaufende<br />
US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von<br />
mehr als 20 Jahren. Mitte 2020 hatte der ETF<br />
ein Hoch bei rund 170 Dollar erreicht. Danach<br />
ging es steil bergab bis auf rund 85 Dollar. Ein<br />
Kursverlust von sage und schreibe 50 Prozent.<br />
Und das auf vermeintlich sicheren US-Staatsanleihen,<br />
die eigentlich so gut wie Geld sind<br />
und zudem als quasi risikolos gelten.<br />
Ein Investment in Schulden<br />
Was nun also tun? Sind Anleihen auf dem aktuellen<br />
Niveau attraktiv bewertet? Eines muss<br />
man sich dazu vor Augen führen. Im nächsten<br />
Jahr werden US-Schulden in der Rekordhöhe<br />
von 7,6 Billionen Dollar fällig. Mit anderen Worten:<br />
31 Prozent aller ausstehenden US-Staatsschulden<br />
werden im nächsten Jahr fällig. Ein<br />
gewaltiger Angebots-Schock also. Auf der anderen<br />
Seite können die Zinsen eigentlich gar<br />
nicht auf diesem hohen Niveau bleiben, weil<br />
die hohen Zinssätze die Refinanzierung verteuern<br />
und der Schuldenkreislauf nicht aufhören<br />
wird zu wachsen. Ein Teufelskreis, aus dem<br />
man nur ausbrechen könnte, wenn man eine<br />
Zinswende vollzieht. Das wiederum bedeutet,<br />
dass die Währung weiter entwertet wird. Anleihen<br />
sind also immer noch Schulden, dessen<br />
sollte man sich bewusst sein und gerade die<br />
Zinsen am langen Ende haben. (RED)<br />
https://www.xm.com/de/research/analysis/specialReports/xm/gold-decouples-from-interest-rates-whats-next-special-report-186587<br />
https://blog.de.erste-am.com/wenn-die-zinsen-fallen-warum-steigen-dann-die-anleihen-kurse/
LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S110<br />
WIRTSCHAFT<br />
Euro, digitaler Euro,<br />
Bitcoin<br />
Wenn ich auf meinen Vorträgen frage, wie<br />
Geld entsteht, bekomme ich häufig die interessantesten<br />
Antworten: es komme aus<br />
dem Automaten, aus dem Keller der Bank<br />
oder aus der Druckerpresse. Es ist essentiell<br />
wichtig zu verstehen, wie Geld entsteht,<br />
denn schon Henry Ford sagte damals zu seiner<br />
Zeit: “Würden die Menschen das Geldsystem<br />
verstehen, hätten wir eine Revolution<br />
noch vor morgen früh.”<br />
BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
Wie das Geld in die Welt kommt -<br />
Nur ein Bruchteil unseres Geldes<br />
kommt aus der Druckerpresse<br />
der EZB und der Bundesbank.<br />
Der Großteil unseres Geldes entsteht aus dem<br />
Nichts! Ja, Sie haben richtig gelesen. Geschäftsbanken<br />
(also Sparkassen, Volksbanken<br />
und Privatbanken) können durch die sogenannte<br />
Giralgeldschöpfung ebenfalls Geld<br />
erzeugen, indem sie Kredite vergeben. Jedes<br />
Mal, wenn ein Kredit vergeben wird, entsteht<br />
neues Geld. Dieses Geld wird Fiat-Geld genannt.<br />
Der ein oder andere mag jetzt denken:<br />
“Was hat denn der italienische Autobauer<br />
mit unserem Geld zu tun?” Keine Sorge.<br />
Nichts. Fiat kommt aus dem lateinischen und<br />
bedeutet: es werde, es entstehe. Sie kennen<br />
womöglich aus der Bibel den Ausspruch “fiat<br />
lux – es werde Licht”. Alles, was Banken für die<br />
Erschaffung von Geld aus dem Nichts benötigen,<br />
ist eine Mindestreserve von 1 Prozent des<br />
Kredits in Zentralbankgeld.<br />
Beispielsweise muss die Bank bei 100.000 Euro<br />
Kredit 1.000 Euro in Notenbankgeld in Form<br />
von Münzen und Scheinen oder in notenbankfähigen<br />
Sicherheiten (Staats- und Unternehmensanleihen,<br />
Aktien, Immobilien) bei der<br />
EZB hinterlegen. zusätzlich gibt es bestimmte<br />
Eigenkapitalvorgaben abhängig von der Risikoeinstufung<br />
durch die ratingagenturen.<br />
Das heißt, Banken können für jeden Euro das<br />
12,5- bis 100-fache an Giralgeld erzeugen.<br />
Angenommen, Sie nehmen einen Kredit von<br />
500.000 Euro auf. Die Bank muss lediglich 5.000<br />
Euro bei der EZB hinterlegen und schafft per<br />
knopfdruck 495.000 Euro aus dem Nichts wie<br />
der Magier David Copperfield. Sie aber müssen<br />
für die kompletten 500.000 Euro, auch für<br />
die Luftnummer, Zinsen zahlen. Aus diesem<br />
Grund werden Banken alles unternehmen, um<br />
dieses lukrative Monopol zu behalten. Sie werden<br />
die Geldschöpfung durch Kreditvergabe<br />
mit allen erdenklichen Mitteln verteidigen.<br />
Die Zentralbankgeldmenge wird wiederum<br />
direkt von der Zentralbank gesteuert. Dazu bedient<br />
sie sich der Zinspolitik. Der Leitzins ist derjenige<br />
Zinssatz, mit dem sich die Banken bei<br />
der EZB Geld leihen können. Das ist auch der<br />
Grund, warum in jeder der vergangenen Krisen<br />
(Finanzkrise und Corona) die Geldschleusen<br />
der Zentralbanken geöffnet wurden und der<br />
Leitzins bis auf null Prozent abgesenkt wurde<br />
Ein ungedecktes Fiat-Gel-System hat zwei Nebeneffekte.<br />
Erstens tendieren die Staaten ausnahmslos<br />
dazu, immer mehr Schulden anzuhäufen<br />
und zweitens führt es zu immer neuen<br />
Boom-und-Bust-Zyklen.<br />
Der Digitale Euro: die nächste Stufe der Überwachung<br />
Dadurch, dass das Fiat-Geld beliebig nachgedruckt<br />
werden kann, ist es kein besonders<br />
guter Wertspeicher. Ganz im Gegenteil. Es ist<br />
eher ein Wertvernichter. So hat der US-Dollar,<br />
also der König unter den Fiat-Währungen, seit<br />
1971 mehr als 98 Prozent an Kaufkraft verloren.<br />
Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige<br />
unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.<br />
Daher ist Bargeld innerhalb des Fiat-Geldsystems<br />
gedruckte Freiheit. Mit jeder Zahlung,<br />
die wir mit Karte tätigen, machen wir uns gläserner.<br />
Gleichzeitig laufen beid der EZB erste<br />
Testversuche bezüglich eines digitalen Euros<br />
((Central Bank Digital Currency, CBDC) - und<br />
das obwohl die meisten Zahlungen schon digital<br />
ablaufen. Auf der Webseite der EZB heißt<br />
es, dass dieser eine “Neuerung wäre, die das<br />
Leben erleichtert.” Doch Bequemlichkeit hat<br />
bekanntlich seinen Preis. Jeder Bürger in der<br />
EU hätte dann ein digitales Konto (Wallet)<br />
direkt bei der EZB – und die EZB somit in Echtzeit<br />
den kompletten Überblick über jede Transaktion.<br />
Der digitale Euro hätte vielfältige Möglichkeiten<br />
der Überwachung und Kontrolle der<br />
Bürger. Man könnte das digitale Geld programmieren<br />
und mit einem Ablaufdatum versehen,<br />
ein Co2 Guthabenkonto dazubuchen,<br />
Steuern und Strafen sofort einziehen, den Impfstatus<br />
hinterlegen, das Konto sperren falls man<br />
auf der falschen Demonstration gesichtet wird<br />
oder gar nach chinesischen Modell ein Sozialpunktesystem<br />
implementieren. Selbst wenn<br />
die EZB aktuell vielleicht ehrbare Ziele hat,<br />
kann dies mit einem Knopfdruck in einem Regimewechsel<br />
gegen Freiheit und Menschen<br />
verwendet werden. Zudem: Egal ob Bargeld<br />
oder digitaler Euro. Bei beiden handelt es sich<br />
um sogenannte ungedeckte Fiat-Währungen,<br />
die in der Geschichte der Menschheit immer<br />
über kurz oder lang kollabiert sind.<br />
Bitcoin als Lösung<br />
Doch es gibt eine hoffnungsvolle Alternative:<br />
Bitcoin. Der Bitcoin ist ein Kind der Krise. Das<br />
Whitepaper dazu wurde in den dunkelsten<br />
Stunde der Finanzkrise 2008 von Satoshi Nakamoto<br />
veröffentlicht. Im Gegensatz zu Euro und<br />
Co. steht hinter Bitcoin keine Zentralbank, kein<br />
Politiker und kein Unternehmen. Bitcoin ist dezentral<br />
und limitiert auf 21 Millionen Einheiten.<br />
Bitcoin ist ein grenzenloses Zahlungsmittel, mit<br />
dem Sie jederzeit jeder Person auf dieser Erde<br />
in sekundenschnelle Geld senden können,<br />
ohne den lästigen und mühsamen Weg über<br />
Banken und Finanzdienstleister gehen zu müssen,<br />
die im Regelfall noch horrende Gebühren<br />
für den Geldtransfer verlangen. Genau wie<br />
Martin Luther im Jahr 1517 mit seinen 95 Thesen<br />
den Grundstein zur Trennung von Staat<br />
und Geld legte, hat der anonyme Erfinder<br />
von Bitcoin Satoshi Nakamoto mit seiner Idee<br />
des Bitcoins den Grundstein für eine Trennung<br />
von Staat und Geldsystem gelegt und damit<br />
die größte Revolution aller Zeiten eingeleitet.<br />
(RED)
LOGISTIK EXPRESS<br />
STRATEGIE<br />
wikifolio-Indexzertifikat<br />
Der Markt zur privaten<br />
Kapitalanlage befindet<br />
sich in einem Umbruch.<br />
FinTech-Unternehmen fordern<br />
die klassischen Anbieter heraus.<br />
Mit der LOGISTIK express<br />
Strategie wollen wir in die<br />
Branche investieren und mit<br />
aktivem Trading ein alternatives<br />
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