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LE-5/2023

LOGISTIK express Journal 5/2023: Österreich 2023 // Handel zwischen Lust und Frust // Gen Z und Best Ager // Politik muss sich beim Handel entschuldigen! // TECH DAY 2023 // Österreichische Post // 11 Tipps, Online-Händler Retourenflut // Retailer in der Hochsaison // In sieben Tagen zukunftsfähige Lagerverwaltung // WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise // Dematic: Um Stabilität zu erreichen, muss man sich verändern // Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik // Biogena setzt auf KNAPP-Store // Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt // 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten // Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen // DHL Supply Chain, AutoStore Partnerschaft // Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung // EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7 // Elektromobilität als Chance für die Energiewende // eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz // Telematik-Daten effizient einsetzen // Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform // Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken // ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene // Cargo Center Graz expandiert im großen Stil // Aufbruch zu neuen Ufern // Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr // Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau // Ritter der Au // In Memoriam Otto Steindl // Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen // Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen // Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer // Deutschland – der kranke Mann Europas // Anleihen - ein Investment in Schulden // Euro, digitaler Euro, Bitcoin

LOGISTIK express Journal 5/2023:

Österreich 2023 // Handel zwischen Lust und Frust // Gen Z und Best Ager // Politik muss sich beim Handel entschuldigen! // TECH DAY 2023 // Österreichische Post // 11 Tipps, Online-Händler Retourenflut // Retailer in der Hochsaison // In sieben Tagen zukunftsfähige Lagerverwaltung // WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise // Dematic: Um Stabilität zu erreichen, muss man sich verändern // Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik // Biogena setzt auf KNAPP-Store // Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt // 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten // Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen // DHL Supply Chain, AutoStore Partnerschaft // Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung // EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7 // Elektromobilität als Chance für die Energiewende // eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz // Telematik-Daten effizient einsetzen // Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform // Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken // ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene // Cargo Center Graz expandiert im großen Stil // Aufbruch zu neuen Ufern // Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr // Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau // Ritter der Au // In Memoriam Otto Steindl // Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen // Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen // Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer // Deutschland – der kranke Mann Europas // Anleihen - ein Investment in Schulden // Euro, digitaler Euro, Bitcoin

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AUSGABE 5/<strong>2023</strong><br />

ÖSTERREICHS<br />

HANDEL<br />

ZWISCHEN<br />

LUST & FRUST<br />

Interview mit Rainer Will, Geschäftsführer<br />

des Handelsverbandes Österreichs zur<br />

aktuellen Lage des Einzelhandels.<br />

LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S2<br />

INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />

Fragen Sie nicht, ob Sie den passenden<br />

Raum haben. Fragen Sie nur, ob Sie das<br />

passende System haben.<br />

Unsere Systeme können an nahezu jede Form und Größe des<br />

Lagers angepasst werden.<br />

movu-robotics.com<br />

03 Inhalt / Editorial / Impressum<br />

04 Österreich <strong>2023</strong> – schlimmer geht (n)immer?<br />

08 Der österreichische Handel zwischen Lust und Frust<br />

12 Weniger ist mehr: Gen Z und Best Ager vermeiden Reizüberflutungen<br />

14 Die Politik muss sich beim Handel entschuldigen!<br />

16 TECH DAY <strong>2023</strong><br />

18 Österreichische Post: Mehr Umsatz, mehr grün<br />

22 11 Tipps, wie Online-Händler Retourenflut nach Weihnachten bewältigen<br />

26 Mit diesen Fallstricken kämpfen Retailer in der Hochsaison<br />

28 In sieben Tagen zur zukunftsfähigen Lagerverwaltung<br />

32 WMS in sieben Tagen: Voraussetzungen, Vorgehensweise für ein Go-Live<br />

36 Um 2024 Stabilität zu erreichen, muss man bereit sein, sich zu verändern<br />

40 Movu Robotics: Ein umfangreiches Portfolio für effiziente Intralogistik<br />

44 Biogena setzt auf KNAPP-Store<br />

46 Taschensorter revolutionieren den KEP-Markt<br />

48 20 Jahre OPM: Die Automatisierung für 100 Millionen Konsumenten<br />

52 Element Logic und Addverb stehen gemeinsam für innovative Lösungen<br />

56 DHL Supply Chain, AutoStore kündigen die Ausweitung ihrer Partnerschaft an<br />

58 Industrielle Wearables sind Wegbereiter für kollaborative Automatisierung<br />

60 EU-Parlament vergibt Chance für erneuerbare Kraftstoffe in EURO 7<br />

62 Elektromobilität als Chance für die Energiewende<br />

64 eFuels sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz<br />

66 Telematik-Daten effizient einsetzen<br />

68 Kostenvorteile beim Einsatz einer Fleet-Intelligence-Plattform<br />

70 Mauterhöhung bringt Finanzen ins Wanken<br />

72 ÖBB Rail Cargo Group bringt 200.000 Tonnen Abfall auf die Schiene<br />

74 Cargo Center Graz expandiert im großen Stil<br />

76 Aufbruch zu neuen Ufern<br />

78 Höhere Gewichte begünstigen Kombi-Verkehr<br />

80 Viele Milliarden Euro für den Bahnausbau<br />

82 Ritter der Au<br />

84 In Memoriam Otto Steindl<br />

86 Nachhaltigkeit in der Logistik - KI senkt CO2-Emissionen<br />

90 Neue Postnormen für den digitalen Datenaustausch zu Warensendungen<br />

94 Weltweite Konjunktur liefert widersprüchliche Signale<br />

96 Fachkräftemangel trifft österreichische Unternehmen besonders schwer<br />

98 Deutschland – der kranke Mann Europas<br />

106 Anleihen - ein Investment in Schulden<br />

110 Euro, digitaler Euro, Bitcoin<br />

INHALT<br />

5/<strong>2023</strong><br />

Sehr geehrte Leser!<br />

Nach wie vor und noch weitere zwei<br />

Jahre regiert die Chaos-Clowns<br />

Truppe in Berlin und bestimmt<br />

das wirtschaftliche Schicksal Europas<br />

mit. Doch zumindest gibt’s in<br />

unserem Österreich demnächst<br />

Licht am Ende des Tunnels, um der<br />

fahrlässigen Außen-, Finanz- und<br />

Wirtschaftspolitik Brüssels zeitnah<br />

Einhalt zu gebieten und wie zuletzt<br />

kundegetan; Regierungen, Landesorganisationen<br />

sollten primär bestrebt<br />

sein, zum Wohle der Bürger<br />

ihres Landes zu handeln und in<br />

den Wirtschaftsraum investieren,<br />

sowie die Rechtsstaatlichkeit zu<br />

gewährleisten. Auch potenzielle<br />

Konfliktherde müssen frühzeitiger erkannt<br />

und darauf reagiert werden.<br />

„Ordnungspolitischer Schweinkram“<br />

darf dabei kein Dauerzustand<br />

werden.<br />

Die 5. LOGISTIK express Ausgabe<br />

bündelt zahlreiche Themen rund<br />

um die facettenreiche Welt der<br />

Logistik ab. In diesem Sinne würde<br />

es uns sehr freuen, Sie auch 2024<br />

mit spannenden Themen aus<br />

Wirtschaft und Politik versorgen<br />

zu dürfen. Die nächsten Ausgaben<br />

publizieren wir jeweils zum 21.<br />

02/04/06/09/11 2024 und stehen bei<br />

Fragen mit Rat & Tat zur Seite. Lesen<br />

Sie jetzt Ihre Fachzeitschrift LOGISTIK<br />

express, Ausgabe 5/<strong>2023</strong>.<br />

IMPRESSUM<br />

Markus Jaklitsch, Medieninhaber<br />

LOGISTIK express / MJR MEDIA WORLD<br />

Hameaustraße 44, 1190 Wien<br />

+43 676 7035206<br />

info@logistik-express.at<br />

www.logistik-express.com<br />

Redaktion:<br />

Angelika Gabor, Dirk Ruppik<br />

Peter Baumgartner, Peter Nestler,<br />

Fotos: istockphoto.com


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S4<br />

KOMMENTAR<br />

Österreich <strong>2023</strong> –<br />

schlimmer geht<br />

(n)immer?<br />

Dezember ist eine gute Zeit für Rückblicke –<br />

und Prognosen. Diese könnten kaum widersprüchlicher<br />

ausfallen: die Zahl der Milliardäre<br />

steigt, das globale Geldvermögen<br />

sinkt. Österreich ist in einer Rezession (oder<br />

besser Stagflation), aber für 2024 erwarten<br />

WIFO und IHS einen Aufschwung, getragen<br />

von privatem Konsum. Der hängt ab von<br />

ausreichend Einkommen, aber die KV-Verhandlungen<br />

sind zäh wie nie. Dazu das<br />

Damoklesschwert der aktuellen Coronazahlen.<br />

Und nun?<br />

REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />

ANGELIKA GABOR<br />

REDAKTION<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Gestern Abend war ich am Christkindlmarkt<br />

bei uns in der Nähe. Es<br />

hat leicht geschneit, die perfekte<br />

Idylle. Ich hatte mich auf lange<br />

Schlangen bei meinem Lieblingsstand eingestellt,<br />

schließlich war Freitagabend. Dann die<br />

Überraschung: es war nichts los, kaum eine<br />

Menschenseele weit und breit. Der Standbetreiber<br />

bestätigte es dann, den ganzen Tag<br />

über war fast niemand da – und das nicht nur<br />

gestern. Nun glaube ich nicht, dass die Österreicher<br />

plötzlich alle abstinent geworden<br />

sind und nichts mehr vom Adventzauber wissen<br />

wollen – vielmehr handelt es sich um ein<br />

Spiegelbild der budgetären Gesamtsituation.<br />

Mein Kind liebt Baumkuchen, aber bei 7 Euro<br />

pro Stück verzichtet es freiwillig. Sieht man sich<br />

die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />

IFES an, der zufolge<br />

viele Menschen mit dem gerade erhaltenen<br />

Weihnachtsgeld Schulden tilgen oder dringend<br />

nötige Reparaturen und Anschaffungen<br />

bezahlen, ist es nicht verwunderlich, dass für<br />

sozialen Luxus wie Christkindlmarktbesuche<br />

kein Geld bleibt. Natürlich betrifft das nicht<br />

jeden gleich – haben Sie schon vom „Fat Cat<br />

Day“ gehört? Dieser Tag markiert das Datum,<br />

an dem Spitzenverdiener das Medianeinkommen<br />

erreicht haben. Spitzenreiter war übrigens<br />

Anas Abuzaakouk, Vorstandsvorsitzender<br />

der BAWAG Group AG – der dazu grade<br />

mal bis zum 2. Jänner kurz nach Mitternacht<br />

brauchte. Der könnte es sich vermutlich leisten,<br />

seinen ganz privaten Christkindlmarkt im<br />

Garten zu veranstalten – wenn er das möchte.<br />

Wenn er den Job noch ein paar Jahre behält<br />

und clever investiert, gehört er bald zum Club<br />

der Milliardäre – davon gibt es aktuell übrigens<br />

2.544 weltweit (Tendenz wieder steigend), insgesamt<br />

besitzen diese rund 12 Billionen Dollar.<br />

Laut Studie der Schweizer Großbank UBS fand<br />

interessanter Weise der höchste Vermögenszuwachs<br />

des Jahres in Europa statt: besonders<br />

Besitzer von Einzelhandels- und Konsumgüterunternehmen<br />

wie LVMH, Kering, Hermes und<br />

L`Oreal gingen als große Gewinner der letzten<br />

Monate hervor.<br />

Stagflation, und dann?<br />

Menschen über 60 erinnern sich vielleicht<br />

noch an die Ölkrise der 1970er Jahre, als die<br />

westlichen Volkswirtschaften gleichzeitig wirtschaftliche<br />

Stagnation und hohe Inflation<br />

erleben mussten – aus diesen beiden Begriffen<br />

schließlich kreierte angeblich der frühere<br />

britische Finanzminister Iain McLeod das Kofferwort<br />

Stagflation. Wieder einmal wiederholt<br />

sich die Geschichte, die überschießenden<br />

Energiepreise hatten zu gestiegenen Produktionskostens<br />

und höheren Preisen bei gleicher<br />

Nachfrage geführt – das Ergebnis war bekanntlich<br />

ein reduziertes Wirtschaftswachstum<br />

und hohe Inflation. Anders als damals ist<br />

diesmal nicht die OPEC Schuld am Energiepreisschock,<br />

das Resultat ist aber dasselbe.<br />

Als probates Mittel zum Beenden der Stagflation<br />

gelten Leitzinserhöhungen, und genau<br />

das hat die EZB probiert: im Februar, März,<br />

Mai, Juni, Juli und September <strong>2023</strong> wurde der<br />

Leitzins schrittweise auf aktuell 4,50 Prozent<br />

angehoben. Das Problem dabei ist, dass sich<br />

dadurch Kredite verteuern und die ohnehin<br />

schwächelnde Investitionsbereitschaft weiter<br />

nachlässt. Besonders schmerzlich spürbar ist<br />

das in der Baubranche: durch die strengeren<br />

Vergabekriterien bei Krediten und die höheren<br />

Kosten ist die Nachfrage nach Immobilien-<br />

Kaufobjekten eingebrochen, weswegen<br />

Neubauprojekte verschoben wurden. Laut<br />

Obmann der Immobilientreuhänder in Wien,<br />

Michael Pisecky, rechnen Branchenexperten<br />

mit einer zumindest drei Jahre anhaltenden<br />

Delle im Wohnungsneubau.<br />

Neben der Leitzinserhöhung bleiben staatliche<br />

Unterstützungen, Deregulierungen oder Steuererleichterungen<br />

als Gegenmittel der Stagflation,<br />

die so genannte angebotsorientierte<br />

Wirtschaftspolitik. Unerwünschte Nebenwirkungen:<br />

ein größeres Haushaltsdefizit. Gerade<br />

eben hat der Budgetausschuss des Nationalrats<br />

das Bundesbudget 2024 bewilligt – entgegen<br />

früherer Motivation, das Defizit zu verringern,<br />

wird ein Minus knapp 21 Milliarden Euro<br />

erwartet – vorausgesetzt, die Wirtschaft wächst<br />

um 1,2 Prozent. Tut sie das nicht…. naja, aktuell<br />

liegt die gesamtstaatliche Schuldenquote bei<br />

76,4 Prozent des BIP, wen kümmert’s, ob das<br />

ein paar Prozent mehr oder weniger werden.<br />

Unternimmt man jedoch nichts, wird Österreich<br />

nicht aus der aktuell nur leichten Rezession<br />

rauskommen, und diese Wirtschaftskrise<br />

können wir wirklich nicht gebrauchen. Ich<br />

muss zugeben, ich bin froh, hier nicht in der<br />

Haut der entscheidenden Regierungsmitglieder<br />

zu stecken, denn wie schon die Moral aus<br />

der Geschichte von Friedrich Hebbels besagt:<br />

„Allen Menschen rechtgetan, ist eine Kunst,<br />

die keiner kann“ – fragt sich nur, wer in unserer<br />

Geschichte der Esel ist.<br />

Trübe Aussicht für Unternehmen<br />

Laut neuesten Zahlen des Alpenländischen<br />

Kreditorenverbandes gab es mit Stand<br />

1.12.<strong>2023</strong> in Österreich bereits 3.050 Insolvenzen<br />

in diesem Jahr – schon jetzt mehr als in den<br />

letzten fünf Jahren, und wir haben noch einen<br />

Monat vor uns. Besonders betroffen: Handel<br />

(737 Insolvenzen) und Bauwirtschaft (650 Insolvenzen).<br />

Platz drei geht übrigens an die Gastronomie<br />

mit 507 Fällen (hoffentlich bleibt mein<br />

Lieblings-Christkindlmarktstand verschont).


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S6<br />

#connectingthedots<br />

Neben sehr vielen kleinen Unternehmen erwischte<br />

es auch etliche große Namen: Kika/<br />

Leiner, Geomix, Gerry Weber, Forstinger,<br />

Tally Weijl, Blaumax, Richter, die Sport-2000-<br />

Genossenschaft Zentrasport und auch das<br />

Corona-Testlabor Lifebrain. Für die meisten<br />

Schlagzeilen sorgt jedoch aktuell der Fall des<br />

Society-Darlings Rene Benko: mit über 5 Milliarden<br />

Passiva ist die Pleite der Signa Holding<br />

die größte Insolvenz, die Österreich je gesehen<br />

hat – mit Respektabstand gefolgt von der Alpine<br />

Bau, die 2013 mit 3,2 Milliarden Passiva in<br />

die Insolvenzgeschichte des Landes einging.<br />

Leider geht der Kreditorenverband davon<br />

aus, dass die Anzahl der Firmenpleiten bis Jahresende<br />

noch auf bis zu 3.300 weiter steigen<br />

wird. Parallel dazu werden immer weniger<br />

Unternehmen gegründet, laut Statistik Austria<br />

wurden im 3. Quartal <strong>2023</strong> 12.581 Registrierungen<br />

rechtlicher Einheiten in Österreich verzeichnet<br />

– das entspricht rund 22 Prozent weniger<br />

als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.<br />

Damit einher gehen natürlich wieder gestiegene<br />

Arbeitslosenzahlen, die im Winter ohnehin<br />

traditionell saisonbedingt höher sind als in<br />

den Sommermonaten. Ende November lag<br />

die Arbeitslosenquote mit 352.551 gemeldeten<br />

Personen bei 6,5 Prozent, das ist ein wenig<br />

höher als Ende November 2022 – aber glaubt<br />

man Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin<br />

Kocher, ist das kein Grund zu Sorge, immerhin<br />

sind aktuell 95.030 offene Stellen beim AMS<br />

gemeldet. Spricht man mit Unternehmen, sind<br />

qualifizierte Arbeitskräfte derzeit eher die Nadel<br />

am Heuhaufen als Sand am Meer… und auch<br />

Azubis sind immer schwerer zu finden, denn die<br />

Zahl der Lehranfänger geht deutlich zurück.<br />

Zusammengefasst ist die Situation also nicht<br />

gerade rosig und man versteht, warum der private<br />

Konsum stagniert. Dieser ist aber für fast<br />

die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich<br />

und damit eine unverzichtbare Stütze<br />

der österreichischen Volkswirtschaft.<br />

OECD-Prognose gibt wenig Hoffnung<br />

Es ist interessant, wie stark die Einschätzungen<br />

über die wirtschaftliche Entwicklung in<br />

Österreich auseinandergehen. Während die<br />

heimischen Institutionen eher Zuversicht und<br />

Optimismus zeigen – das WIFO rechnet mit<br />

1,2 Prozent Wachstum, das IHS mit immerhin<br />

noch 0,9 Prozent, geht die OECD von<br />

lediglich 0,6 Prozent aus – das wäre nur die<br />

Hälfte im Vergleich zur Schätzung des WIFO.<br />

Aber immerhin noch besser als das laufende<br />

Jahr mit der bereits erwarteten Schrumpfung<br />

der heimischen Wirtschaft um 0,4 Prozent.<br />

Wenigstens ist Österreich dabei in guter<br />

Gesellschaft, denn global gesehen hat sich<br />

das Wirtschaftswachstum längst entschleunigt.<br />

Die meisten Zuwächse wird der OECD-Einschätzung<br />

nach Indien (dicht gefolgt von<br />

Indonesien) erleben, wohingegen beispielsweise<br />

China stark nachlässt. Während das<br />

durchschnittliche Plus bei den G20 Ländern<br />

bei 2,8 Prozent liegt, erreicht das Mittel der<br />

OECD-Mitgliedsländer mit prognostizierten 1,4<br />

Prozent gerade Mal die Hälfte – und selbst das<br />

ist noch besser als hierzulande. Immerhin wird<br />

es – sollten die Vorhersagen halten – für uns<br />

besser laufen als für Argentinien, wo mit einer<br />

weiteren Schrumpfung von 1,3 Prozent ausgegangen<br />

wird. Als erstrebenswert gilt übrigens<br />

ein jährlicher BIP-Zuwachs zwischen 2 und 3<br />

Prozent. Wir haben also noch Luft nach oben.<br />

Die Corona-Pandemie und die darauffolgenden<br />

Maßnahmen trieben einen gewaltigen<br />

Keil in die Bevölkerung, noch heute leiden<br />

nicht nur Menschen, sondern auch Unternehmen<br />

unter den Spätfolgen. Seit 1. Juli ist<br />

Covid-19 keine meldepflichtige Erkrankung<br />

mehr – was sich aber bald wieder ändern<br />

könnte. Das Abwassermonitoring zeigt deutlich<br />

eine extrem hohe Virenlast, mehr als 110.000<br />

Menschen sind aktuell (aus diversen Gründen)<br />

im Krankenstand. Die Benennung der Virus-<br />

Varianten ist wieder äußerst kreativ: noch herrschen<br />

XBB-Varianten vor, doch JN.1 ist auf<br />

dem Vormarsch. Zum Schutz vulnerabler Menschen<br />

ist das Tragen von Masken wieder empfohlen<br />

– im Dezember-Schneegestöber nicht<br />

unbedingt ein Nachteil. Auf dem Christkindlmarkt<br />

habe ich noch niemanden mit Maske<br />

gesehen, aber wenn, würde es mich auch<br />

nicht stören. Hauptsache, wir bleiben alle<br />

gesund – darauf einen Punsch! (RED)<br />

handelskolloquium.at<br />

Der Kongress<br />

für den<br />

österreichischen<br />

Handel<br />

11. APRIL<br />

HANDELS<br />

OLLOQUIUM<br />

APOTHEKERTRAKT<br />

SCHLOSS<br />

SCHÖNBRUNN<br />

2024


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S8<br />

HANDEL<br />

Der österreichische<br />

Handel zwischen<br />

Lust und Frust<br />

Zum Auftakt des für den Handel extrem wichtigen<br />

Weihnachtsgeschäfts gab es Streiks<br />

am ersten Dezemberwochenende. Über die<br />

aktuellen Herausforderungen der Handelsbranche,<br />

schwierige Entwicklungen und<br />

auch Lichtblicke sprach Logistik express mit<br />

dem Geschäftsführer des Österreichischen<br />

Handelsverbandes, Rainer Will.<br />

REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />

Österreich ist per Definition aktuell in einer Rezession,<br />

die Inflation ist die dritthöchste in der<br />

EU. Woran liegt das, was kann/muss man tun?<br />

Richtig, die österreichische Wirtschaftsleistung<br />

hat sich im dritten Quartal um 1,8 Prozent<br />

verringert. Gleichzeitig haben wir im europäischen<br />

Vergleich noch immer eine viel zu hohe<br />

Teuerungsrate von 5,4 Prozent. Der EU-Schnitt<br />

liegt mittlerweile bei 2,4 Prozent. Das ist ganz<br />

klar ein Versagen der Bundesregierung bei der<br />

Inflationsbekämpfung, so ehrlich muss man<br />

sein. Den Preis dafür zahlen jetzt vor allem die<br />

heimischen Betriebe, die extrem hohe KV-Abschlüssen<br />

bei sinkenden Umsätzen finanzieren<br />

müssen. Denn im Gegensatz zu den Beamten,<br />

die vom Staat finanziert werden, haben wir im<br />

Handel nicht den Luxus, höhere Gehälter über<br />

Schulden zu finanzieren und auf die Bürger<br />

abwälzen zu können. Die Händler müssen die<br />

Löhne, die sie auszahlen, selbst verdienen.<br />

Am ersten Dezember-Wochenende fanden<br />

Warnstreiks im Handel statt. Was sind die Konsequenzen<br />

daraus? Wer muss nachgeben und<br />

warum? Sind Kollektivverträge ein Relikt?<br />

Der österreichische Handel ist mit 709.000 Beschäftigten<br />

Jobmotor und größter Arbeitgeber<br />

des Landes. Viele Politiker glauben offenbar<br />

noch immer, dass wir einen Goldesel in<br />

jedem Geschäft stehen haben. Die Realität<br />

schaut ganz anders aus. Viele Handelsbetriebe<br />

befinden sich aufgrund der Teuerung in<br />

einer Zwickmühle. Einerseits geben die Kunden<br />

weniger aus, andererseits sind die Kosten<br />

durch die Decke gegangen. Neben den hohen<br />

Energiekosten belasten inflationsabhängige<br />

Aufwände wie Löhne, Miete und Pacht<br />

ebenso wie der hohe Leitzins und die Gebühren<br />

die Kapitalstruktur und Liquidität, mittlerweile<br />

kommen nicht nur KMU, sondern auch<br />

beschäftigungsintensive Lebensmittelhändler<br />

unter Druck.<br />

Auf Konsumentenseite belasten die Preissteigerungen<br />

in vielen Lebensbereichen – insbesondere<br />

bei den Wohnkosten – den privaten<br />

Konsum, höhere Kreditzinsen kommen erschwerend<br />

hinzu. Die Ausgaben fließen zudem<br />

seit Corona viel stärker in „das Leben im jetzt“<br />

– also in Urlaubsreisen, Gastronomie, Hotellerie<br />

und Freizeitdienstleistungen, während die<br />

klassischen Warenkäufe und damit die realen<br />

Umsätze im Handel seit 12 Monaten rückläufig<br />

sind. Daher haben es auch Boutiquen, Modehäuser,<br />

Möbel- und Baustoff- und Elektronikhändler<br />

schwer. Besondere Zeiten brauchen<br />

besondere Lösungen, das gilt insbesondere<br />

auch für die KV-Verhandlungen. Wir hoffen,<br />

dass auch die Gewerkschaft die akute Gefahr<br />

für die Beschäftigung im Handel erkennt und<br />

verantwortungsvoll handelt. Wenn die Gewerkschaft<br />

weiterhin streiken will, wird sie es<br />

auf ihre eigenen Fahnen heften müssen, wenn<br />

nächstes Jahr viele arbeitende Menschen<br />

keinen Job mehr haben. Wir verlangen nicht<br />

mehr, als dass die Gewerkschafter der Realität<br />

ins Auge schauen. Wenn sie das absichtlich<br />

nicht wollen, ist jede Diskussion sinnlos. Von<br />

Streiks im Weihnachtsgeschäft profitiert jedenfalls<br />

niemand im Land – weder die Händler,<br />

deren Umsätze wegbrechen, noch die Konsumenten,<br />

die beim Einkaufen im stationären<br />

heimischen Handel behindert werden, noch<br />

die Arbeitnehmer, weil dadurch zwangsläufig<br />

weniger vom Kuchen zu verteilen bleibt. Es<br />

gewinnen lediglich Drittstaatenhändler – die<br />

Gewerkschaft fördert also den Kaufkraftabfluss<br />

in den ausländischen eCommerce.<br />

Arbeitszeiten und Verdienst im Handel sind für<br />

viele unattraktiv, es gibt viele offene Stellen.<br />

Würde da ein kräftiges Gehaltsplus nicht Abhilfe<br />

schaffen?<br />

In den 1950er Jahren galt der Handel tatsächlich<br />

noch als "Billiglohnbranche". Diese Zeiten<br />

sind glücklicherweise lange vorbei, heute ist<br />

der österreichische Handel ein attraktiver, zukunftssicherer<br />

Arbeitgeber. Das Vollzeit-Mindestgehalt<br />

beträgt mittlerweile 1.945 Euro und<br />

macht die Attraktivität der Branche auch in<br />

Zahlen deutlich. Wir haben faire Arbeitsbedingungen<br />

und flexible, familienfreundliche<br />

Arbeitszeiten, die stetig verbessert werden.<br />

Die Hälfte aller Handelsmitarbeitenden ist fünf<br />

Jahre und länger im selben Unternehmen<br />

beschäftigt, ein Drittel sogar länger als zehn<br />

Jahre. Und 79 Prozent der Handelsmitarbeiter<br />

bewerten ihren Job als "attraktiv".<br />

Stichwort Energiekostenzuschuss - kommt das<br />

Geld bei den Unternehmen an, gibt es Verbesserungsbedarf?<br />

Der Energiekostenzuschuss 1 war de facto<br />

ein reiner „Industriekostenzuschuss“, kaum ein<br />

Händler hat davon profitiert. Auf massiven<br />

Druck des Handelsverbandes hat die Bundesregierung<br />

die Kriterien für den Energiekostenzuschuss<br />

2 dahingehend geändert, dass auch<br />

Handelsbetriebe endlich eine Unterstützung<br />

bekommen. Das war überfällig, immerhin hatte<br />

unsere Branche heuer mit Energiemehrkosten<br />

von einer halben Milliarde Euro zu kämpfen.<br />

Die Antragsfrist für den EKZ 2 läuft noch bis 7.<br />

Dezember, rund die Hälfte der heimischen<br />

Händler ist laut unserer jüngsten Händlerbefragung<br />

anspruchsberechtigt. Problematisch<br />

ist auch die Komplexität der Beantragung, die<br />

viele kleine und mittelständische Unternehmen<br />

überfordert.<br />

Es gibt vermehrt Insolvenzen, welche davon<br />

sind "echt" und welche haben sich nur durch<br />

Corona- und andere Hilfen verzögert?<br />

<strong>2023</strong> haben wir branchenübergreifend ein<br />

inflationsbereinigtes Umsatzminus von fast 4<br />

Prozent, einige Handelssektoren haben sogar<br />

zweistellige Erlösrückgänge. Neben dem<br />

Bau ist keine Branche stärker von Insolvenzen<br />

gefährdet als der Handel! Wir mussten heuer<br />

bereits über 6.400 Schließungen verkraften.<br />

Natürlich war die Corona-Pandemie ein Mitauslöser<br />

vieler Insolvenzen. Nicht ohne Grund<br />

haben wir immer wieder vor „Financial Long<br />

Covid“ – also Liquiditätsproblem aufgrund<br />

der Lockdowns und fehlender Entschädigungen<br />

– gewarnt. Rund ein Fünftel der österreichischen<br />

Handelsbetriebe hat übrigens noch<br />

immer nicht alle Corona-Entschädigungen in<br />

voller Höhe erhalten.<br />

Welche Erwartungen haben Sie für das Weihnachtsgeschäft?<br />

Generell ist der Dezember für den Großteil der<br />

österreichischen Einzelhändler der wichtigste<br />

Monat im Geschäftsjahr, er gilt branchenintern<br />

als "5. Quartal". Die absoluten Mehrumsätze,<br />

die durch das Weihnachtsgeschäft erzielt<br />

werden, haben von 2015 bis 2020 – also vor<br />

Corona – stetig zugelegt. Während der Pandemie<br />

sind die Weihnachtsumsätze allerdings<br />

deutlich gesunken. Im Vorjahr lag der Dezember-Mehrumsatz<br />

in Österreich bei 1,36 Milliarden<br />

Euro. Insgesamt lag das Umsatzvolumen<br />

bei 7,3 Mrd. Euro und der gesamte Jahresum-


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S10<br />

satz 2022 im österreichischen Einzelhandel bei<br />

72,5 Mrd. Euro. Heuer befürchten wir für das<br />

Weihnachtsgeschäft aufgrund des Kaufkraftverlustes<br />

der Bevölkerung einen erheblichen<br />

Umsatzrückgang von 9 Prozent. Laut unserer<br />

aktuellen Konsumentenbefragung werden die<br />

Pro-Kopf-Ausgaben für Weihnachtsgeschenke<br />

heuer von 395 auf 359 Euro einbrechen.<br />

Wie wichtig ist ein verkaufsoffener 8.12.?<br />

Der 8. Dezember firmierte früher im Handel stets<br />

als "fünfter Einkaufssamstag", er hat jedoch in<br />

den letzten Jahren spürbar an Bedeutung verloren.<br />

Für einen großen Teil der Händler ist er<br />

schlicht nicht leistbar. Warum? Die Beschäftigten<br />

erhalten am 8.12. zusätzlich zum normalen<br />

Monatsentgelt in voller Höhe für jede am Feiertag<br />

geleistete Stunde eine Abgeltung in der<br />

Höhe des normalen Stundensatzes (Feiertagsarbeitsentgelt)<br />

sowie zusätzliche Freizeit im<br />

Ausmaß von mindestens 4 bis 8 Stunden und<br />

100%ige Zuschläge. Damit ist dieser Tag für<br />

den Handel der kostenintensivste der Jahres.<br />

Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen<br />

am Arbeitsmarkt (Personalqualifizierung<br />

und Personalmangel) und der anhaltenden<br />

Teuerungskrise werden auch heuer voraussichtlich<br />

40 Prozent der heimischen Geschäfte<br />

am Marienfeiertag nicht aufsperren. Manche<br />

Händler halten am 8. Dezember auch traditionell<br />

geschlossen, um das Employer Branding<br />

zu stärken. Mit Blick auf die niedrige Öffnungsquote<br />

sollte man dringend über Optimierungsmöglichkeiten<br />

nachdenken, damit künftig<br />

wieder mehr Händler offenhalten und auch<br />

alle Angestellten sowie die gesamte Volkswirtschaft<br />

davon profitieren können. Auch seitens<br />

der Gewerkschaft wurde ja bereits vor Jahren<br />

eine Reform der Zuschläge in Aussicht gestellt,<br />

die aber nach wie vor aussteht.<br />

Black Friday/Cyber Monday haben sich auch<br />

in Österreich etabliert. Gibt es schon ein Resümee<br />

zu den Verkaufszahlen <strong>2023</strong>?<br />

Die Konsumlaune der Österreicher ist leider<br />

auch während der Black Week ziemlich trüb<br />

geblieben. Knapp zwei Drittel der Menschen<br />

haben heuer die Angebote rund um die Aktionstage<br />

“Black Friday“ (24. November) und<br />

“Cyber Monday“ (27. November) genutzt.<br />

Deutlich zurückgegangen ist allerdings die<br />

Ausgabebereitschaft: Lag das durchschnittlich<br />

eingeplante Budget für die beiden Shoppingtage<br />

im Vorjahr bei 297 Euro pro Kopf,<br />

waren es heuer nur noch 274 Euro – ein nominelles<br />

Minus von 8 Prozent. Inflationsbereinigt<br />

bedeutet das sogar ein deutlich zweistelliges<br />

Umsatzminus.<br />

Der stationäre Handel ist unter Druck, wenn<br />

man sich die vielen freien Ladenflächen ansieht,<br />

haben einige schon das Handtuch geworfen.<br />

Ist dieser Trend aufzuhalten? Wie?<br />

Wir leben in spannenden Zeiten mit riesigen<br />

gesellschaftlichen und geopolitischen Veränderungen.<br />

Auch im Handel erleben wir gerade<br />

riesige Umwälzungen. Wenn wir den stationären<br />

Handel weiterhin so vernachlässigen,<br />

verlieren unsere Orte und Städte an Lebensqualität.<br />

In den vergangenen Jahren wurde<br />

die Branche ohnehin schon erheblich zerstört,<br />

indem wir den globalen Digitalgiganten dieser<br />

Welt de facto Steuerfreiheit gewährt haben.<br />

Damit haben wir nicht nur einzelne Unternehmen<br />

sterben lassen, sondern wir gefährden<br />

damit auch unsere Gemeinden, unsere<br />

Lebensqualität. Manche Innenstädte sind inzwischen<br />

völlig ausgestorben, das ist nur noch<br />

traurig. Wenn die Europäische Union weiterhin<br />

zulässt, dass ausländische Drittstaatenhändler<br />

und Ultra-Fast-Fashion-Anbieter hier um billigstes<br />

Geld absoluten Schrott verkaufen dürfen,<br />

setzen wir unsere Stadtkerne aufs Spiel. Und<br />

natürlich schafft der Handel auch Arbeit – für<br />

709.000 Familien Menschen ist er die Lebensgrundlage,<br />

das sollten wir nicht aus den Augen<br />

verlieren.<br />

Der HV betont schon lange die Notwendigkeit<br />

der Digitalisierung. Gibt es Fortschritte?<br />

Unseren Händlern ist völlig klar, dass es an der<br />

Digitalisierung und an Künstlicher Intelligenz<br />

kein Vorbeikommen gibt. Viele zählen hier zu<br />

den absoluten Vorreitern. Ein Drittel hat bereits<br />

KI-Tools im operativen Einsatz, und täglich werden<br />

es mehr. Aber: 44 Prozent aller Betriebe<br />

haben zurzeit einen Investitionsstopp verhängt<br />

– sie können sich die erforderlichen Investitionen<br />

in neue Technologien schlicht nicht mehr<br />

leisten. Daher braucht es mehr gezielte staatliche<br />

Förderungen für Digitalisierungsprojekte,<br />

aber auch endlich eine faire Besteuerung, damit<br />

für den Händler ums Eck dieselben Regeln<br />

gelten wie für die digitalen Giganten. Solang<br />

es die bestehenden steuerlichen Schlupflöcher<br />

gibt, haben die stationären Händler<br />

einen enormen Nachteil. Es ist höchste Zeit,<br />

dass man da in Brüssel einmal aufwacht und<br />

diese Realitäten anerkennt.<br />

Wie sieht der Wunsch ans Christkind aus?<br />

Eines ist klar: Der Staat kann nicht uns retten.<br />

Wir können den Staat retten, aber nicht umgekehrt.<br />

Wir sehen das bei der Pensionsdebatte.<br />

Da wird herumgeeiert, aber die Leute gehen<br />

im Schnitt mit 63 in Pension. Im Handel würden<br />

wir liebend gern, wenn es sich steuerlich<br />

auszahlt, ältere motivierte Menschen im<br />

Verkauf arbeiten lassen – egal ob 10, 20 oder<br />

30 Stunden. Viele würden das sofort machen.<br />

Das hält die Menschen länger fit und gesund<br />

–und ist in vielen Fällen der Ersatz für den Psychotherapeuten.<br />

Wer aber heute in seiner<br />

Pension arbeitet, hat einen steuerlichen Nachteil.<br />

So blöd sind die Leute natürlich nicht.<br />

Genau das meine ich, wenn ich sage, wir<br />

müssen unsere eingefahrenen Systeme ändern.<br />

Dasselbe gilt für die Kinderbetreuung.<br />

Wir schreiben <strong>2023</strong> und haben noch immer<br />

keine flächendeckende, leistbare Kinderbetreuung<br />

in Österreich. Gerade der Handel ist<br />

weiblich. 72% unserer Angestellten sind weiblich.<br />

Für eine Steigerung der Vollzeitquote ist<br />

es ist essenziell, dass Frauen, die noch immer<br />

den überwiegenden Teil der Kinderbetreuung<br />

übernehmen, größtmöglichen Spielraum<br />

haben. Investitionen in die Kinderbetreuung<br />

sind daher die besten Investitionen für unsere<br />

Zukunft. Davon profitieren nicht nur die Kinder,<br />

sondern auch die Eltern. Sie können sich auch<br />

beruflich besser freispielen und Stunden erhöhen<br />

oder sogar in Vollzeit arbeiten, was auch<br />

dem vorherrschenden Arbeitskräftemangel<br />

entgegenwirken würde. Ein Win-Win-Win – das<br />

wünsche ich mir heuer vom Christkind!<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S12<br />

HANDEL<br />

Weniger ist mehr:<br />

Gen Z und Best Ager<br />

vermeiden<br />

Reizüberflutungen<br />

Eine neue Studie von Handelsverband und<br />

Mindtake bringt Insights für eine erfolgreiche<br />

Ansprache zweier spannender Zielgruppen:<br />

Best Ager und Gen Z. Convenience steht bei<br />

beiden Generationen ebenso hoch im Kurs<br />

wie neue Technologien. Laute Musik, starke<br />

Raumdüfte und eine aufdringliche Verkaufsberatung<br />

in den Geschäften sind absolute<br />

No-Gos. Gendern in der Werbung wird relevanter<br />

– allerdings nur für die Jungen.<br />

BEITRAG: MANUEL FRIEDL, GERALD KÜHBERGER<br />

GERALD KÜHBERGER<br />

Gen Z, das ist die begehrte und<br />

zunehmend wichtige Zielgruppe<br />

der 15- bis 27-Jährigen. Als Best<br />

Ager wiederum werden die 50-<br />

bis 69-jährigen Kunden bezeichnet, die zahlenmäßig<br />

weitaus größere und gleichzeitig kaufkräftigste<br />

aller Zielgruppen für den Handel. Die<br />

unterschiedlichen Shopping-Vorlieben dieser<br />

beiden Kundengruppen hat der Handelsverband<br />

gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut<br />

Mindtake in einer neuen Studie betrachtet.<br />

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Für 68 % der<br />

Gen Z sind stationäre Geschäfte weiterhin die<br />

mit Abstand bevorzugte Einkaufsstätte für Besorgungen<br />

– auch abseits von Lebensmitteln<br />

oder Drogeriewaren. Best Ager präferieren<br />

sogar zu 79 % den Einkauf im stationären Handel.<br />

Exakt ein Drittel hebt dabei den Einkauf<br />

im Fachgeschäft als liebste Shopping-Adresse<br />

hervor. In der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen<br />

ist der Webshop nur für 21 % die erste<br />

Wahl, wenn es um den Einkauf abseits der täglichen<br />

Bedarfsgüter geht.<br />

Convenience ist entscheidend<br />

Worauf kommt es im Geschäft besonders an?<br />

„Einkaufen im Shoppingcenter oder in den<br />

Innenstädten ist auch für die Gen Z weiterhin<br />

eine attraktive Form der Freizeitgestaltung.<br />

Convenience spielt dabei für die Jungen sowohl<br />

beim Online-Shopping als auch im stationären<br />

Handel eine entscheidende Rolle“, fasst<br />

Mindtake-Geschäftsführerin Petra Kacnik-Süß<br />

die Shoppingvorlieben der jüngeren Käufergeneration<br />

zusammen. „Die No-Gos im stationären<br />

Handel sind hingegen Reizüberflutungen,<br />

etwa laute Musik oder zu starker Duft,<br />

sowie eine aufdringliche Verkaufsberatung“,<br />

resümiert Handelsverband-Geschäftsführer<br />

Rainer Will.<br />

Ungebrochen hoch ist das Interesse an neuen<br />

Technologien im Handel, vor allem bei der<br />

jüngeren Zielgruppe. Als besonders interessant<br />

beurteilt werden die Personalisierung<br />

von Produkten (54 %), interaktive Erlebnisse<br />

in Geschäften (53 %), die Kommunikation mit<br />

dem Unternehmen über WhatsApp (45 %),<br />

der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (44 %)<br />

sowie Augmented Reality (42 %). Etwas niedriger<br />

ist das technologische Interesse bei den<br />

Best Agers. Hier liegt die Kommunikation über<br />

WhatsApp an erster Stelle (24 %), gefolgt von<br />

interaktiven Erlebnissen in Geschäften (23 %)<br />

und der Personalisierung von Produkten (20 %).<br />

Spannend: Mehr als die Hälfte der Befragten<br />

hat eine positive oder neutrale Einstellung<br />

zum Thema Künstliche Intelligenz. Besonders<br />

die Gen Z sieht KI tendenziell positiver, jedoch<br />

nicht ohne Risiken. Immerhin fast die Hälfte der<br />

jungen Österreicher haben bereits KI-Tools wie<br />

ChatGPT genutzt.<br />

Shein & Temu: Gekommen, um zu bleiben<br />

Eine hohe Aufmerksamkeit wurde zuletzt asiatischen<br />

Onlinehändlern wie Shein oder Alibaba<br />

zuteil. Die Bekanntheit dieser Anbieter ist mittlerweile<br />

auch unter Best Agers überraschend<br />

groß. So kennen bereits zwei Drittel dieser Zielgruppe<br />

Wish oder Alibaba/AliExpress und immerhin<br />

jede:r Zweite den Newcomer Temu.<br />

Auch die Nutzungsraten sind hoch: Sowohl<br />

unter den Best Agers als auch in der Gen Z<br />

hat bereits fast jeder Dritte einmal bei Wish bestellt.<br />

Beliebtester asiatischer Webshop bei der<br />

Gen Z ist allerdings mit großem Abstand der Ultra-Fast-Fashion-Anbieter<br />

Shein. Wurde dieser<br />

bei den 15- bis 27-Jährigen bereits von 42 %<br />

genutzt, sind es unter den Best Agers nur 10 %.<br />

Bei den meistgenutzten Social-Media-Kanälen<br />

liegt WhatsApp in beiden Zielgruppen an erster<br />

Stelle. Der Messenger wird auch von vielen<br />

schon jetzt dazu genutzt, um mit Unternehmen<br />

zu kommunizieren oder Informationen von diesen<br />

zu erhalten. Vor einer rein werblichen Nutzung<br />

ist jedoch abzuraten: Auch von einem<br />

wesentlichen Teil der Gen Z wird WhatsApp<br />

als privates Medium angesehen, in dem keine<br />

Kommunikation mit Händlern gewünscht ist.<br />

Gefragt nach ihrer gewünschten Ansprache<br />

werden zuvorderst Instagram und YouTube<br />

genannt. Aber auch die klassische Ansprache<br />

über Print-Prospekte ist für die Gen Z weiterhin<br />

interessant.<br />

Influencer-Marketing: Gen Z will Authentizität<br />

Auch für Influencer-Marketing ist die Gen Z<br />

deutlich zugänglicher: So hat bereits gut jeder<br />

Zweite unter den 15- bis 27-Jährigen zumindest<br />

schon einmal ein Produkt gekauft, das von einem<br />

Influencer bzw. einer Influencerin in sozialen<br />

Medien empfohlen wurde. Bei den Best<br />

Agers beträgt dieser Anteil nur 11 %. Wesentliche<br />

Aspekte bei Influencer sind für die jungen<br />

Österreicher einerseits Authentizität, andererseits<br />

eine transparente Kennzeichnung von<br />

bezahlter Werbung sowie von kommerziellen<br />

Kooperationen.<br />

Ein besonders leidenschaftlich diskutiertes<br />

Thema in Österreich ist die Frage nach dem<br />

korrekten Gendern. Auch hier ist laut Studie<br />

ein deutliches Altersgefälle erkennbar.<br />

So finden es 44 % der Gen Z wichtig, dass im<br />

Sprachgebrauch von Werbung gegendert<br />

wird, bei den Best Agers sinkt dieser Wert auf<br />

10 %. Ähnlich sieht es bei der Angabe von Pronomen<br />

auf Social-Media-Kanälen aus: 39 %<br />

der Gen Z finden es essenziell, dass Personen<br />

auf Social Media oder in E-Mail-Signaturen ihr<br />

bevorzugtes Pronomen anführen. Bei den Best<br />

Agers trifft dies auf immerhin 18 % zu. (RED)<br />

Link zur vollständigen Studie:<br />

https://bit.ly/4a33PN2<br />

INFOBOX<br />

Top 10 der meistgenutzten<br />

Social-Media-Kanäle der Gen Z:<br />

• WhatsApp (88 %)<br />

• Instagram (73 %)<br />

• YouTube (56 %)<br />

• Snapchat (52 %)<br />

• Tik Tok (43 %)<br />

• Facebook (39 %)<br />

• Pinterest (16 %)<br />

• BeReal (15 %)<br />

• Discord (14 %)<br />

• Twitch (10 %)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S14<br />

HANDEL<br />

Die Politik muss sich<br />

beim Handel<br />

entschuldigen!<br />

Die heimischen Lebensmittelhändler sind<br />

keine Verursacher, sondern selbst Betroffene<br />

der Teuerungskrise – das zeigt die Bundeswettbewerbsbehörde<br />

in ihrem Endbericht<br />

zur Branchenuntersuchung der Lebensmittelwertschöpfungskette<br />

deutlich auf. Kritisiert<br />

wird hingegen die internationale Lebensmittelindustrie<br />

für ihren "Österreich Preisaufschlag".<br />

Die BWB-Analyse widerlegt damit<br />

schwarz auf weiß die unsachlichen Anschuldigungen<br />

der Politik.<br />

TEXT GERALD KÜHBERGER<br />

So gründlich wie nie zuvor hatten die<br />

Expert:innen der Bundeswettbewerbsbehörde<br />

(BWB) in den vergangenen<br />

Monaten die gesamte österreichische<br />

Lebensmittelwertschöpfungskette durchleuchtet.<br />

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Der<br />

heimische Lebensmitteleinzelhandel (<strong>LE</strong>H)<br />

wurde von der Bundesregierung und mancher<br />

Oppositionspartei völlig zu unrecht als Sündenbock<br />

für den Preisanstieg bei Nahrungsmitteln<br />

abgestempelt. Die umfangreichen Analysen<br />

der BWB bestätigen, dass der intensive Wettbewerb<br />

im <strong>LE</strong>H trotz hoher Marktkonzentration<br />

funktioniert und der Lebensmittelhandel nicht<br />

Verursacher, sondern selbst Betroffener der<br />

Teuerungskrise ist.<br />

„Der Bericht liefert einen wettbewerblichen<br />

360 Grad Überblick des Lebensmittelmarktes<br />

in Österreich und gibt transparent die aktuelle<br />

Marktsituation wieder. Er beinhaltet eine beachtliche<br />

Menge an Daten und Fakten, die<br />

für Maßnahmen im Sinne des Wettbewerbs<br />

genützt werden können“, so die Leiterin der<br />

Bundeswettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf-Borsch,<br />

bei der Präsentation des Reports<br />

in Wien. Für den entlastenden Bericht hatten<br />

die österreichischen Lebensmittelhändler<br />

schon seit Ende des vergangenen Jahres unzählige<br />

Geschäftsdaten an die BWB geliefert.<br />

Neben 700 Handelsunternehmen waren auch<br />

1.500 Lieferanten eingehend befragt worden.<br />

Dadurch konnte sich die weisungsfreie und<br />

unabhängige Behörde einen Überblick über<br />

die gesamte Wertschöpfungskette verschaffen.<br />

Und fand nicht den geringsten Ansatz<br />

dafür, dass sich die Marktkonzentration kausal<br />

auf Preisanstiege ausgewirkt hat.<br />

"Der BWB-Endbericht widerlegt schwarz auf<br />

weiß die unsachlichen Anschuldigungen von<br />

Teilen der Bundesregierung und der Opposition,<br />

die den österreichischen Lebensmittelhandel<br />

immer wieder in populistischer Weise<br />

zum Schuldigen für die Inflation bei Lebensmitteln<br />

gestempelt hatten. Der Bericht beweist<br />

nun das Gegenteil, daher erwarten wir uns von<br />

der Politik eine Entschuldigung", kommentiert<br />

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />

die Ergebnisse. Aus Sicht des Handels besteht<br />

seitens der Politik daher auch keine sachliche<br />

Notwendigkeit für teure, regulative Eingriffe<br />

oder neue Preistransparenz-Datenbanken,<br />

Rainer Will - Geschäftsführer<br />

Handelsverband Österreichs<br />

welche die Endkundenpreise nicht senken,<br />

aber den bürokratischen Aufwand deutlich<br />

erhöhen würden. Ohnehin ist die Preistransparenz<br />

im Handel heute bereits weit höher als<br />

in praktisch allen anderen Branchen. Bei den<br />

im Bericht ebenfalls genannten fragwürdigen<br />

"Shrinkflation"- und "Skimpflation"-Aktionen<br />

sieht der Handelsverband die Lebensmittelindustrie<br />

gefordert, auf derartige Praktiken künftig<br />

zu verzichten.<br />

Was der BWB-Endbericht ebenfalls belegt: Die<br />

Handelsspannen für die Unternehmen des<br />

Lebensmitteleinzelhandels stiegen vom zweiten<br />

Halbjahr 2022 bis zum zweiten Halbjahr<br />

<strong>2023</strong> nicht systematisch an. International tätige<br />

Hersteller konnten ihre Gewinnmargen hingegen<br />

in einzelnen Produktgruppen deutlich<br />

steigern, heißt es im Endbericht wörtlich. Auch<br />

auf dieses Faktum hatte der HV monatelang<br />

immer wieder hingewiesen – ohne bei der<br />

Politik Gehör zu finden.<br />

BWB rügt Lebensmittelindustrie für<br />

"Österreich-Preisaufschlag"<br />

Die BWB rügt die internationale Lebensmittelindustrie<br />

aber auch dafür, dass sie den<br />

rotweißroten Händlern systematisch höhere<br />

Preise verrechnet als etwa jenen in Deutschland.<br />

Dies erklärt auch die Preisunterschiede<br />

bei Markenartikeln zwischen Österreich und<br />

Deutschland. Das vom Handelsverband seit<br />

Jahren geforderte Verbot Territorialer Lieferbeschränkungen<br />

würde die Konsument:innen<br />

in der Europäischen Union um jährlich 14 Milliarden<br />

Euro entlasten. Auch die BWB hat nun<br />

angekündigt, diesen Sachverhalt an die Europäische<br />

Kommission zu übermitteln.<br />

"Die Politik ist nun gefordert, in der Diskussion<br />

um Lebensmittelpreise künftig unsachliche<br />

Anschuldigungen gegen heimische Händler<br />

zu unterlassen, endlich die Rolle der globalen<br />

Hersteller gründlicher zu beleuchten und Territoriale<br />

Lieferbeschränkungen in der EU zu verbieten",<br />

ist Handelssprecher Rainer Will überzeugt.<br />

Analog zu Österreich hatte heuer auch eine<br />

Untersuchung der britischen Wettbewerbsbehörde<br />

ergeben, dass die britischen Händler<br />

die hohen Preise bei Lebensmitteln nicht<br />

verursacht haben. Die aktuellen Zahlen der<br />

europäischen Statistikbehörde Eurostat belegen<br />

ebenfalls, dass das Nahrungsmittel-Preisniveau<br />

in Österreich fast identisch ist mit jenem<br />

in Deutschland oder Frankreich. Im Übrigen<br />

gibt es allein in Europa zehn Länder, in denen<br />

das Preisniveau teils deutlich über jenem in<br />

Österreich liegt. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S16<br />

HANDEL<br />

TECH DAY <strong>2023</strong><br />

200 Gäste beim wichtigsten Tech-Event des<br />

österreichischen Handels. Staatssekretärin<br />

Plakolm mit Keynote. "Retail Innovation<br />

Award" für Hornbach, Unimarkt und Red Zac.<br />

BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />

Das digitalaffine Who is Who der<br />

österreichischen Handelsbranche<br />

hat sich am 9. November beim alljährlichen<br />

TECH DAY des Handelsverbandes<br />

im 35. Stock des ThirtyFive am<br />

Wienerberg getroffen. Der traditionelle Pflichttermin<br />

für die Handelsszene sowie Brancheninteressierte<br />

fand bereits zum 12. Mal statt.<br />

Rund 200 Teilnehmer:innen verfolgten das von<br />

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />

eröffnete Tech-Event. Für Begeisterung sorgte<br />

die Keynote "Die Zukunft ist jetzt – Potentialentfaltung<br />

im digitalen Zeitalter" von Ali Mahlodji.<br />

Unter dem Kongressmotto "The Future of Retail<br />

Technology" durfte das Publikum dieses Jahr<br />

dem Best Practice Beispiel von Armin Hofer<br />

(Salesforce Österreich) und Andreas Ostheer<br />

(Jägermeister) lauschen, gefolgt von Staatssekretärin<br />

Claudia Plakolm, die in ihrer Keynote<br />

"Darf’s (k)ein Zetterl sein?" u.a. auf die geplante<br />

Abschaffung der Belegerteilungspflicht für Einkäufe<br />

unter 30 Euro einging. „Es braucht den<br />

Mut, den Leuten auch wieder mehr Eigenverantwortung<br />

zuzutrauen“, so die Kernbotschaft<br />

von Plakolm.<br />

Wie Galeria Kaufhof mittels Künstlicher Intelligenz<br />

die Customer Experience im Webshop<br />

optimiert – darüber referierten Michael Sußmann<br />

(Google) und Tobias Kellner (e-dialog)<br />

in ihrem spannenden Vortrag. Beim Startup<br />

Zapping durften Rüdiger Kunz (In4Com),<br />

Sabine Walch (danube.ai) und Elias Danninger<br />

(Dauntless) ihre digitalen Lösungen für den<br />

Handel präsentieren. Michael Weixelbraun<br />

(APG - Austrian Power Grid) sprach im Anschluss<br />

über die multiplen Herausforderungen<br />

einer resilienten und erneuerbaren Stromversorgung,<br />

Robin Moser (EPAM) über das Potenzial<br />

von KI, XR und Chatbots im Retail-Sektor.<br />

Künstliche Intelligenz könnte bis 2030 rund 15,7<br />

Billionen Dollar zur Weltwirtschaft beitragen<br />

Eines der Highlights beim TECH DAY <strong>2023</strong> war<br />

die Podiumsdiskussion "Exploring the Power of<br />

AI in Retail". Live on Stage diskutierten Markus<br />

Nemeth (paiqo), Florian Prischl (Stadler Völkel<br />

Rechtsanwälte), Bernhard Schafrath (Bundeskriminalamt)<br />

und Michael Schlöggl (Avataris).<br />

Spannend: Laut einem Bericht von PwC wird<br />

geschätzt, dass die Künstliche Intelligenz bis<br />

2030 rund 15,7 Billionen US-Dollar zur Weltwirtschaft<br />

beitragen wird – das Potenzial der KI ist<br />

also riesig. Am Ende der Veranstaltung wurden<br />

bereits zum 8. Mal die begehrten Retail Innovation<br />

Awards in drei Kategorien vergeben:<br />

• Best Instore Solution – Gewinner:<br />

Unimarkt in Kooperation mit Mastercard<br />

• Best Online/Mobile Solution – Gewinner:<br />

Red Zac<br />

• Best Omnichannel Solution – Gewinner:<br />

Hornbach<br />

Mit dem Preis werden in Österreich tätige<br />

Handelsunternehmen für den Einsatz herausragender,<br />

innovativer Technologie-Lösungen<br />

ausgezeichnet. Nikolaus Köchelhuber und<br />

Florian Haas von der Unternehmensberatung<br />

EY (Ernst & Young) übergaben die Auszeichnungen<br />

gemeinsam mit HV-Geschäftsführer<br />

Rainer Will. Der Handelsverband und Schirmherr<br />

EY gratulieren den 15 Finalisten und den<br />

drei Gewinnern herzlich.<br />

Fanny Stapf (ORF) glänzte als Moderatorin<br />

und führte charmant durch den Nachmittag.<br />

Bevor es dann am Abend zum Ausklang und<br />

Networking mit Drinks bei der Afterparty powered<br />

bei ZEBRA Technologies ging, warteten<br />

tolle Tech-Preise und exklusive Tickets für<br />

ausgewählte HV Events auf die glücklichen<br />

Gewinner:innen der Retail Rallye.<br />

Die Schlussworte übernahmen Philipp Johannesson<br />

(ZEBRA Technologies) und Handelsverband-Präsident<br />

Stephan Mayer-Heinisch.<br />

Das Team des Handelsverbandes bedankt<br />

sich herzlich bei allen Besucher:innen sowie<br />

bei den Sponsoren und Kooperationspartnern.<br />

Besonderer Dank gilt dem heurigen<br />

Plain-Sponsor EPAM sowie den Premium-Partnern<br />

CRIF, e-dialog, EY Österreich, Google<br />

Cloud, PSA (Payment Services Austria), Salesforce,<br />

Xvise und ZEBRA Technologies.<br />

(RED)<br />

GERALD KÜHBERGER<br />

PRESSESPRECHER<br />

HANDELSVERBAND


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S18<br />

GEORG PÖLZL<br />

Diese negative Entwicklung betrifft natürlich<br />

auch Kunden der Österreichischen Post<br />

im Versandhandel- und Werbebereich.<br />

„Vor dem Hintergrund des angespannten<br />

makroökonomischen Umfeldes sind wir mit der<br />

Entwicklung der Österreichischen Post sehr<br />

zufrieden“, so Generaldirektor Georg Pölzl.<br />

„Das Wachstum im Paketbereich, aber auch<br />

der Anstieg bei Finanzdienstleistungen, konnten<br />

den Rückgang bei Brief- und Werbesendungen<br />

kompensieren“, so Pölzl weiter.<br />

Mehr Umsatz, Ergebnis stabil<br />

Die Umsatzerlöse des Konzerns verbesserten<br />

sich in den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> um 8,5 %<br />

auf 1.969,3 Mio. EUR. Dabei zeigte die Division<br />

Paket & Logistik einen Umsatzzuwachs von<br />

16,6 % auf 1.009,1 Mio. EUR, basierend auf<br />

Volumenzuwächsen in allen Regionen der<br />

Österreichischen Post: In den ersten neun<br />

Monaten <strong>2023</strong> war ein Mengenwachstum von<br />

11 % in Österreich, 25 % in Südost- und Osteuropa<br />

sowie 11 % in der Türkei zu verzeichnen.<br />

„Mit der Geschäftsentwicklung in Südosteuropa<br />

und auch in der Türkei sind wir sehr<br />

zufrieden“, sagt Pölzl bei der Präsentation der<br />

Quartalszahlen in Wien. Der Markt und auch<br />

das Wachstum in der Türkei sind allerdings<br />

weiterhin von der im Land herrschenden sehr<br />

hohen Inflation und der ungünstigen Wechselkursentwicklung<br />

beeinträchtigt.<br />

Weniger Briefe und Werbung<br />

Die Division Brief & Werbepost verzeichnete in<br />

den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> einen Umsatzrückgang<br />

von 2,3 % auf 866,7 Mio. EUR, bedingt<br />

durch eine Abnahme des Briefgeschäfts, aber<br />

auch durch Volumenrückgänge im Werbegeschäft.<br />

Der klassische Prospekt habe aber<br />

noch lange nicht ausgedient, betonte Pölzl.<br />

„Der ist nach wie vor ungebrochen beliebt –<br />

ohne geht es nicht.“ Ein starkes Umsatzplus<br />

von 39,3 % auf 118,6 Mio. EUR generierte die<br />

Division Filiale & Bank, vor allem durch die gestiegenen<br />

Zinsen. „Die Bank99 ist stark, da können<br />

wir nicht klagen“, meint Pölzl stolz.<br />

ECOMMERCE LOGISTIK<br />

Österreichische Post:<br />

Mehr Umsatz,<br />

mehr grün<br />

Die Österreichische Post AG setzt ihren<br />

wirtschaftlichen Erfolg auch im 3. Quartal<br />

des Geschäftsjahres <strong>2023</strong> fort. Und so ganz<br />

nebenbei wird der Logistikkonzern mit Hauptsitz<br />

in Wien auch zu einem durchaus nachhaltigen<br />

Unternehmen umgebaut. Aus gelb<br />

wird grün, wird von Seiten des Managements<br />

der Post immer wieder angemerkt.<br />

REDAKTION: PETER NEST<strong>LE</strong>R<br />

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen<br />

gelingt es der Österreichischen Post<br />

AG im Konzern auch im laufenden<br />

Geschäftsjahr <strong>2023</strong> wieder, den Umsatz<br />

auszubauen. Und auch das Ergebnis kann sich<br />

sehen lassen. Zum Teil liegt der Ursprung des<br />

Erfolgs im Ausland, wo Beteiligungen aufblühen.<br />

Aber auch im Inland wird den Rückgängen<br />

im Onlinehandel getrotzt. Der Umbau von<br />

der gelben zur grünen Post wird konsequent<br />

weiterverfolgt.<br />

Schwierige Rahmenbedingungen<br />

Das Jahr <strong>2023</strong> ist rundherum von herausfordernden<br />

Rahmenbedingungen geprägt.<br />

Die hohe Inflation vor allem in Österreich<br />

bei gleichzeitig schwächer werdender Wirtschaftsleistung<br />

in mehreren Ländern Europas<br />

hat negative Effekte auf das Investitionsverhalten<br />

von Menschen und Unternehmen. Insbesondere<br />

der Einzelhandel verzeichnet stationär<br />

aber auch online aktuell eine rückläufige<br />

Nachfrage. Nicht zuletzt die Pleiten von Leiner<br />

und mehrerer Schuhhändler legten ein spürbares<br />

Zeugnis davon ab.<br />

AMBITIONEN DER ÖSTERREICHISCHEN POST WERDEN GEWÜRDIGT<br />

2. Platz<br />

Austrian<br />

Sustainability<br />

Reporting<br />

Award<br />

2022<br />

ALC Award<br />

2022<br />

ESG Reporting<br />

1. Platz<br />

Effective<br />

Sustainability<br />

Communicator<br />

2022<br />

Austria<br />

CEO & CFO<br />

des Jahres<br />

<strong>2023</strong> in der<br />

Kategorie ESG<br />

Neuerliche<br />

Aufnahme<br />

CDP A List<br />

1


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S20<br />

Das Periodenergebnis steigerte sich in den ersten<br />

drei Quartalen <strong>2023</strong> von 84,8 Mio. EUR auf<br />

90,8 Mio. EUR, daraus ergibt sich ein verbessertes<br />

Ergebnis je Aktie von 1,30 EUR nach 1,25<br />

EUR in der Vorjahresperiode (+4,4 %). Das lässt<br />

Anleger auf eine gute Dividende der Österreichischen<br />

Post AG hoffen.<br />

Ergebnisentwicklung ist gut<br />

Trotz der anhaltenden Herausforderungen und<br />

den kostenseitigen Inflationstrends konnte die<br />

Österreichische Post in den ersten drei Quartalen<br />

<strong>2023</strong> eine Verbesserung bei den wesentlichen<br />

Ergebniskennzahlen verzeichnen. Das<br />

EBITDA steigerte sich um 9,5 % auf 282,4 Mio.<br />

EUR und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern<br />

(EBIT) stieg um 4,4 % auf 130,8 Mio. EUR.<br />

Die Division Brief & Werbepost generierte ein<br />

EBIT von 102,1 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen<br />

<strong>2023</strong> nach 110,7 Mio. EUR im Jahr zuvor<br />

(–7,8 %). Die rückläufigen Volumen konnten<br />

nur teilweise durch Tarifmaßnahmen kompensiert<br />

werden.<br />

In der Division Paket & Logistik wurde in den<br />

ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> ein EBIT von 60,7<br />

Mio. EUR nach 58,6 Mio. EUR generiert (+3,5 %).<br />

Die Division Filiale & Bank verzeichnete ein<br />

EBIT von minus 5,6 Mio. EUR in den ersten drei<br />

Quartalen <strong>2023</strong> nach minus 24,8 Mio. EUR in<br />

der Vorjahresperiode und zeigte somit eine<br />

starke Ergebnisverbesserung von 77,5 %. Wesentlich<br />

dazu beigetragen hat die positive<br />

Entwicklung im Finanzdienstleistungsgeschäft<br />

der bank99, basierend auf dem aus Bankensicht<br />

verbesserten Zinsumfeld.<br />

Positiver Ausblick<br />

Auch für die nächsten Quartale sieht die<br />

Führungsriege der Österreichischen Post AG<br />

die Themen Inflation, Konsumverhalten und<br />

die Entwicklung im Handel als bestimmende<br />

Herausforderungen in den Märkten. Wachstumschancen<br />

zu nutzen und gleichzeitig Effizienzmaßnahmen<br />

umzusetzen, bleibe oberste<br />

Priorität, betont Pölzl. Das Unternehmen behalt<br />

daher den bereits früher geäußerten Ausblick<br />

bei und erwartet für das Geschäftsjahr <strong>2023</strong><br />

ein Wachstum zumindest im mittleren einstelligen<br />

Bereich.<br />

Prognoseschwankungen ergeben sich speziell<br />

durch das Inflationsumfeld in der Türkei sowie<br />

durch den schwankenden Wechselkurs der<br />

türkischen Lira. Das Ziel bleibe aufrecht, <strong>2023</strong><br />

ein Konzernergebnis (EBIT) auf dem Niveau<br />

des Vorjahres zu erreichen. Und auch für 2024<br />

wird ein Umsatzwachstum – insbesondere im<br />

Paketbereich – angepeilt, um dem Kostenauftrieb<br />

zu begegnen und die langjährige stabile<br />

Ergebnisentwicklung fortzusetzen.<br />

Sortierleistung weiter steigern<br />

Das massive Investitionsprogramm der vergangenen<br />

Jahre mit einer nahezu Verdreifachung<br />

der Sortierleistung in der Paketlogistik in<br />

Österreich befindet sich aktuell mit der Inbetriebnahme<br />

des neuen Paket-Logistikzentrums<br />

Wien in der finalen Phase. Darüber hinaus wird<br />

der Ausbau der E-Mobilität weiter vorangetrieben.<br />

Erklärtes Ziel des Post-Managements ist<br />

es, bis in s Jahr 2030 eine CO2-freie Zustellung<br />

in ganz Österreich zu schaffen. „Wir sind bestrebt,<br />

unseren Kunden nicht nur eine hervorragende<br />

Qualität anbieten zu können, sondern<br />

wollen auch weiterhin Vorreiterin in der grünen<br />

Logistik sein“, so Georg Pölzl abschließend.<br />

(RED)<br />

ÖSTERREICH IST<br />

FÜHREND BEI<br />

RABATT-AKTIONEN.<br />

WIR HANDELN<br />

IM SINNE AL<strong>LE</strong>R!<br />

Österreicher:innen profitieren im heimischen<br />

Lebensmittel handel von einem Rabatt-Anteil von<br />

rund 40 %. In Deutschland sind es nur 12 %.<br />

unser-lebensmittelhandel.at<br />

Eine Initiative vom


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S22<br />

Der Spezialist für Customer Care<br />

und Fulfillment im E-Commerce,<br />

Salesupply, hat elf hilfreiche Tipps<br />

zusammengestellt, wie Online-<br />

Händler den Januar-Wahnsinn überleben.<br />

SASKIA MÜL<strong>LE</strong>R<br />

ECOMMERCE LOGISTIK<br />

11 Tipps, wie Online-<br />

Händler Retourenflut<br />

nach Weihnachten<br />

bewältigen<br />

Vor Weihnachten kämpft der Online-Handel<br />

damit, die Welle an Bestellungen rechtzeitig<br />

zu verschicken. Nach Weihnachten kommt<br />

die Flut zurück. Dann müssen Online-Händler<br />

es schaffen, das hohe Retouren-Aufkommen<br />

zu bewältigen, ohne dabei das Kundenerlebnis<br />

leiden zu lassen. Doch wie gelingt<br />

dieser Spagat? Der Spezialist für Customer<br />

Care und Fulfillment im E-Commerce, Salesupply,<br />

hat elf hilfreiche Tipps zusammengestellt,<br />

wie Online-Händler den Januar-Wahnsinn<br />

überleben. TEXT: SASKIA MÜL<strong>LE</strong>R & KOL<strong>LE</strong>GEN<br />

1. Optimieren Sie Ihre Produktbeschreibungen,<br />

um die Retourenquote bereits im Bestellprozess<br />

proaktiv zu senken<br />

Im Grunde ist es eine Binsenweisheit, aber fast<br />

alle Online-Shops haben hier noch Luft nach<br />

oben: Mit ausführlichen Produktdetails reduzieren<br />

Händler die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

Kunden Produkte aufgrund falscher Annahmen<br />

zurücksenden. Dazu gehören Textinformationen<br />

zu Produkteigenschaften, Maßen,<br />

Materialien oder speziellen Pflegehinweisen,<br />

Passforminformationen, Größentabellen und<br />

Anleitungen zum genauen Maßnehmen,<br />

Kundenbewertungen sowie hochwertige Produktbilder<br />

und -videos. Nutzen Sie zudem das<br />

Kundenfeedback aus Rücksendungen, um<br />

Ihre Produktbeschreibungen kontinuierlich zu<br />

verbessern.<br />

2. Verlängern Sie Ihre Rückgabefrist<br />

Längere Rückgabefristen können die Retourenquote<br />

senken, da die Kunden mehr Zeit<br />

haben, ihre Einkäufe zu bewerten. Gleichzeitig<br />

entlastet eine großzügige Retourenregelung<br />

das Retourenzentrum unmittelbar nach den<br />

Feiertagen, weil nicht alle Rücksendungen innerhalb<br />

von 14 Tagen eintreffen.<br />

3. Machen Sie Retouren<br />

(teilweise) kostenpflichtig<br />

Händler wie Zara oder H&M machen es vor:<br />

Die Weitergabe der Retourenkosten an die<br />

Kunden führt zu einem deutlichen Rückgang<br />

der Retourenquoten, während die Umsätze<br />

nur leicht zurückgehen. Wer weniger rigoros<br />

vorgehen will, kann zum Beispiel eine Regelung<br />

einführen, nach der Retouren kostenlos<br />

sind, solange weniger als ein bestimmter Prozentsatz<br />

der Bestellung zurückgeschickt wird.<br />

4. Bieten Sie Gutscheine als<br />

Alternative ur Rückerstattung<br />

Studien zeigen: Kunden akzeptieren auch Gutscheine<br />

statt einer Rückerstattung des Rechnungsbetrags.<br />

Die Motivation steigt, wenn der<br />

Gutschein z.B. sofort verfügbar ist, während<br />

die Erstattung mehrere Tage dauert. Eine weitere<br />

Alternative ist, wenn der Gutschein noch<br />

um ein kleines Dankeschön aufgestockt wird.<br />

5. Motivieren Sie zur Rückgabe in der Filiale<br />

Wenn Kunden ihre Retoure in der Filiale abgeben,<br />

ist die Chance auf einen Alternativkauf<br />

hoch. Ein Anreiz könnte z.B. sein, dass die Gutschriften<br />

um 10 Prozent erhöht werden, wenn<br />

die Retoure in der Filiale abgegeben wird.<br />

Eine andere Möglichkeit ist, die Rückgabe in<br />

der Filiale kostenlos anzubieten, während die<br />

Retoure per Post kostenpflichtig ist.<br />

6. Nutzen Sie ein Online-Retourenportal<br />

Lassen Sie Ihre Kundinnen und Kunden<br />

Retouren über ein Online-Retourenportal<br />

abwickeln. Das hat viele Vorteile: Zum Beispiel<br />

können Sie Retouren an ein anderes<br />

Retourenzentrum umleiten, wenn das Standard-Retourenzentrum<br />

gerade überlastet<br />

ist. Sie haben bereits Tage vor Eintreffen der<br />

Pakete einen Überblick über das zu erwartende<br />

Aufkommen und können die Personalplanung<br />

entsprechend optimieren.<br />

Sie entlasten den Kundenservice von der<br />

Rücksendegenehmigung und verhindern<br />

gleichzeitig, dass Kunden nach Ablauf der<br />

Rücksendefrist noch Rücksendeetiketten<br />

generieren können. Und Sie können Kunden<br />

zwischen Rückgabe und Umtausch wählen<br />

lassen.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S24<br />

7. Bearbeiten Sie internationale Retouren lokal<br />

Der Versand von Retouren über Grenzen hinweg<br />

oder gar nach Übersee funktioniert oft<br />

nicht so einfach und reibungslos, wie es Kunden<br />

von lokalen Retouren gewohnt sind. Um<br />

international erfolgreich zu sein, müssen Online-Händler<br />

wie lokale Akteure agieren. Für<br />

Retouren bedeutet dies, den Kunden eine<br />

lokale Rücksendeadresse zur Verfügung zu<br />

stellen. In Summe ist das eine Win-Win-Situation<br />

für Kunden und Händler: Kunden erhalten<br />

schneller ihr Geld zurück. Und Stores erhalten<br />

die Retouren gebündelt und sparen dadurch<br />

Kosten. Darüber hinaus sparen die Händler<br />

auch Platz in den Retourenzentren und vermeiden<br />

Chaos, weil viele der internationalen<br />

Retouren nicht mehr im Januar in ihre Heimatländer<br />

zurückgeschickt werden.<br />

8. Kommunizieren Sie den Status der<br />

Retourenbearbeitung proaktiv<br />

Wenn Kunden ein Paket zurückschicken, wollen<br />

sie vor allem eines: schnell ihr Geld zurück.<br />

Um die Zahl der Anrufe im Callcenter gerade<br />

in Spitzenzeiten wie Weihnachten zu reduzieren,<br />

sollten Online-Händler proaktiv kommunizieren<br />

und ihre Kunden per E-Mail über den<br />

Status der Retoure informieren.<br />

9. Binden Sie den Kundenservice<br />

in den Retourenprozess ein<br />

Vor dem Kauf kann der Kundenservice beratend<br />

unterstützen und Kunden helfen, die von<br />

ihrem Kauf noch nicht ganz überzeugt sind.<br />

Besonders bei erklärungsbedürftigeren Produkten<br />

wie Unternhaltungselektronik oder anderen<br />

Geräten kann dies die Conversion-Rates<br />

erheblich verbessern und dazu beitragen,<br />

dass der Kunde beim Kauf das richtige Produkt<br />

bestellt und hinterher weniger retourniert.<br />

Muss eine Bestellung doch zurückgeschickt<br />

werden, hilft es, wenn es innerhalb des Kundenservice<br />

ein dezidiertes Team für Retouren<br />

gibt. So wird sichergestellt, dass Anfragen und<br />

Anträge im Zusammenhang mit Rücksendungen<br />

umgehend bearbeitet und effizient abgewickelt<br />

werden - und der Rest kann sich auf<br />

alle anderen Anfragen konzentrieren.<br />

10. Entlasten Sie den Kundenservice<br />

von Standardanfragen<br />

Damit der Kundenservice überhaupt Zeit für<br />

die Reklamationsbearbeitung hat, sollte er von<br />

Standardanfragen entlastet werden. Ausführliche<br />

FAQs zum Retourenprozess beantworten<br />

proaktiv die häufigsten Kundenanfragen.<br />

Dazu gehören Informationen zu Rückgabefristen,<br />

Rücksendeadressen, Anleitungen zum<br />

Erhalt des Retourenlabels etc. Für individuelle<br />

Anfragen kann ein KI-gestützter Service-Chatbot<br />

eingesetzt werden. Dieser scannt und kategorisiert<br />

historische Kundendienstanfragen,<br />

identifiziert häufig gestellte Fragen und formuliert<br />

Antwortvorlagen.<br />

11. Lagern Sie Ihren Kundenservice<br />

in Spitzenzeiten teilweise aus<br />

Gerade in der Vorweihnachtszeit sollte der<br />

Kundenservice möglichst rund um die Uhr<br />

und schnell erreichbar sein. Doch nicht jeder<br />

Online-Händler kann sich eine solche Luxusbesetzung<br />

leisten. Hier kann es sich lohnen, einen<br />

Teil des Volumens saisonal an externe Dienstleister<br />

auszulagern. Das sorgt für hohe Kundenzufriedenheit<br />

– und zusätzliche Käufe auch außerhalb<br />

des Weihnachtsgeschäfts.<br />

"Wenn Online-Händler den Retouren-Peak<br />

nach Weihnachten gut bewältigen wollen,<br />

müssen sie strategisch vorgehen", sagt Henning<br />

Heesen, Mitgründer und Geschäftsführer<br />

von Salesupply. "Meist helfen temporäre Maßnahmen<br />

wie das Auslagern von Teilen des<br />

Kundenservice an externe Dienstleister. Oft<br />

können auch innerbetrieblich Prozesse optimiert<br />

werden. Dazu zählt unter anderem die<br />

Einbindung eines KI-gestützten Chatbots für<br />

Standardanfragen der Kunden. Und auch ein<br />

vollumfängliches Retourenportal verbessert<br />

nicht nur die Prozesseffizienz, sondern durch<br />

Transparenz auch die Kundenzufriedenheit<br />

und damit die Kundenloyalität."<br />

(RED)<br />

www.salesupply.de<br />

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LOGISTIK EXPRESS INFORMIERT<br />

https://www.logistik-express.com/blogtour/


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S26<br />

ECOMMERCE LOGISTIK<br />

Mit diesen Fallstricken<br />

kämpfen Retailer in der<br />

Hochsaison<br />

Von Black Friday bis Weihnachten ist wieder<br />

Hochsaison im Einzelhandel. Damit Retailer<br />

sich trotz des Fachkräftemangels und starker<br />

Mitbewerber ihren Anteil vom Kuchen<br />

abschneiden können, zeigt Scandit, der führende<br />

Anbieter von Lösungen für Smart Data<br />

Capture, vier Fallstricke, die Einzelhändler<br />

in der Hochsaison besser umgehen sollten.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Zum Jahresende grüßt das Murmeltier<br />

traditionell wieder mit den saisonalen<br />

Peaks im Handelsgeschäft – Black<br />

Friday, Cyber Monday, Weihnachten<br />

und der Winterschlussverkauf sorgen für überfüllte<br />

Geschäfte und stark steigenden Personalbedarf.<br />

Hier gilt das Motto: Wer sich nicht<br />

vorbereitet, bereitet den eigenen Misserfolg<br />

vor. Damit das nicht eintritt und Retailer gut<br />

für den ultimativen Stresstest gewappnet sind,<br />

präsentiert Scandit die vier häufigsten Fallstricke,<br />

die im Countdown zur Hochsaison lauern.<br />

1) Mitarbeitergewinnung und Einarbeitung<br />

Saisonale Spitzen erfordern zusätzliche Mitarbeitende<br />

vom Verkauf bis zum Versand. In Zeiten<br />

des Fachkräftemangels liegt hier eine der<br />

größten Hürden. Dazu kommt der Stress, neue<br />

Kolleginnen und Kollegen in wenigen Wochen<br />

oder sogar Tagen einarbeiten zu müssen.<br />

Retailer können diese Herausforderung lösen,<br />

indem sie auf Smartphones setzen, da Mitarbeitende<br />

diese aus dem privaten Alltag kennen<br />

und intuitiv bedienen können. Dadurch<br />

benötigen sie lediglich eine Einweisung in die<br />

intuitiven Apps, die durch alle Arbeitsprozesse<br />

führen und wertvolle Echtzeit-Informationen<br />

zu Scan-Vorgängen liefern. Oft können<br />

Mitarbeitende bereits nach kurzer Zeit viele<br />

neue Aufgaben wie die Bestandsverwaltung,<br />

Auftragsabwicklung und Kundenbetreuung<br />

selbstständig erledigen. Setzen Retailer zudem<br />

auf BYOD (Bring Your Own Device), können<br />

Mitarbeitende ihre privaten Smartphones verwenden,<br />

sodass die Anschaffung zusätzlicher<br />

Geräte wegfällt.<br />

2) Über- oder Unterbestände<br />

Den Anforderungen saisonaler Peaks gerecht<br />

zu werden, ist ein Balanceakt, wenn es um<br />

die Bestandsverwaltung geht. Eine Überbevorratung<br />

bindet finanzielle Ressourcen und<br />

erhöht die Lagerkosten für überschüssige<br />

Artikel, während eine Unterbevorratung zu<br />

ausverkauften Waren und Umsatzeinbußen<br />

führen kann. Auch wenn viele Faktoren in der<br />

Bestandsplanung nicht kontrollierbar sind, so<br />

liegt die Genauigkeit beim Wareneingang<br />

und bei der Bestandsverwaltung in der Hand<br />

jedes Einzelhändlers. Gerade im stressigen Saisongeschäft<br />

leidet die händische Eingabe.<br />

Intelligente Technologie und einfach bedienbare<br />

Devices hingegen ermöglichen eine<br />

schnelle und genaue Bearbeitung.<br />

3) Schlechtes Kundenerlebnis<br />

Saisonale Spitzen wie der Black Friday sind<br />

für alle Retailer ein wichtiger Umsatz-Booster.<br />

Doch es gibt eine Einschränkung: lange Warteschlangen,<br />

fehlende Produkte oder schlecht<br />

informierte Mitarbeitende können auch diese<br />

Chance ins Gegenteil verkehren. Dann leidet<br />

nicht nur der Umsatz, sondern im schlechtesten<br />

Fall auch der gute Ruf des Unternehmens.<br />

Um das zu vermeiden, sollten sich Retailer mit<br />

den Wünschen ihrer Kunden beschäftigen.<br />

Mehr Mitarbeiter im Verkauf? Digitale Tools<br />

oder Selbstbedienungskassen? Online Shopping<br />

oder Ready for Collection? Es gibt viele<br />

Möglichkeiten, um für die Kunden ein gutes<br />

Shopping-Erlebnis zu gestalten – wenn man<br />

sich damit beschäftigt.<br />

Scandit ist führender Anbieter von<br />

Smart-Data-Capture-Lösungen und verleiht<br />

Mitarbeitern, Kunden und Unternehmen<br />

Superkräfte. Mit Smart Devices wie<br />

Smartphones, Drohnen, digitalen Brillen<br />

und Robotern sammeln sie Daten aus<br />

Barcodes, Texten, Ausweisen und Objekten<br />

mit unübertroffener Geschwindigkeit,<br />

Genauigkeit und Intelligenz, um Endto-End-Prozesse<br />

zu automatisieren und<br />

wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.<br />

Scandit erfasst Daten bis zu dreimal<br />

schneller als dedizierte Scanner – auch<br />

bei schwierigen Lichtverhältnissen, auf<br />

beschädigten Etiketten, über mehrere<br />

Barcodes hinweg und mit jedem Smart<br />

Device. Das Unternehmen ermöglicht<br />

Innovationen, die zu erheblichen Kosteneinsparungen<br />

führen und die Mitarbeitersowie<br />

die Kundenbindung steigern. Dabei<br />

begleitet Scandit seine Kunden über<br />

das ganze Projekt hinweg – von Tests, Lösungsdesign<br />

und Integration bis hin zum<br />

Kundensupport.<br />

4) Unzureichende Werbemaßnahmen<br />

Gerade zwischen den Feiertagen sind zielgerichtete<br />

Werbeaktionen wichtig. Sie locken<br />

Kundinnen und Kunden in die Geschäfte und<br />

helfen dabei, überschüssige Bestände abzubauen.<br />

Auch Black-Friday-Deals müssen bekannt<br />

sein, damit die passende Zielgruppe<br />

in die Läden stürmt. Die Durchführung von<br />

Werbeaktionen sollte sowohl online als auch<br />

in den Geschäften möglichst konsistent sein,<br />

um sicherzustellen, dass die Kunden das<br />

gleiche nahtlose Omnichannel-Erlebnis haben.<br />

Mit automatisierten Prozessen zur Preisanpassung<br />

können Werbeaktionen schnell und<br />

einfach umgesetzt werden, ohne dass Mitarbeitende<br />

hunderte von Etikettierungen<br />

anpassen müssen. „Bestandskontrollen werden<br />

in der Hochsaison oft verzögert oder<br />

schlecht durchgeführt. Teilweise fallen sie sogar<br />

durch die Maschen, weil die Mitarbeiter<br />

einfach zu beschäftigt sind“, bestätigt Samuel<br />

Müller, CEO und Mitgründer von Scandit.<br />

„Intelligente Anwendungen für die Datenerfassung<br />

machen das händische Zählen<br />

überflüssig, zudem erhalten alle Mitarbeiter<br />

so Zugang zu denselben, genauen Bestandsdaten<br />

in Echtzeit. Das stellt sicher, dass die<br />

Regale vollständig bestückt sind und Retailer<br />

sich schnell an unvorhergesehene Änderungen<br />

der Verbrauchernachfrage anpassen<br />

können.“<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S28<br />

INTRALOGISTIK<br />

In sieben Tagen zur<br />

zukunftsfähigen<br />

Lagerverwaltung<br />

Die Einführung eines Warehouse-Management-Systems<br />

wird oftmals als umfangreiches<br />

Projekt wahrgenommen, das schnell mehrere<br />

Monate in Anspruch nehmen kann. Doch<br />

es ist möglich, ein WMS in sieben Tagen zu<br />

implementieren, wenn die Geschäftsnotwendigkeiten<br />

Schnelligkeit voraussetzen. Eine<br />

standardisierte Weblösung kann schnell bereitgestellt,<br />

eingeführt und schrittweise bei zusätzlichen<br />

Anforderungen erweitert werden.<br />

AUTOR: ILJA TREMASOW-SCHÄFER<br />

Ein Warehouse-Management-System<br />

(WMS) in sieben Tagen einführen?<br />

Das klingt mehr als sportlich, da sich<br />

derartige Implementierungen erfahrungsgemäß<br />

über Monate erstrecken können.<br />

Für manche Unternehmen ist es in der Tat<br />

egal, ob das System in drei oder sechs Monaten<br />

läuft. Doch manchmal muss es schneller<br />

gehen: Wenn Unternehmen neue Lagermandanten<br />

gewinnen, diese ihre Container<br />

schon auf den Weg gebracht haben und in<br />

14 Tagen die Ware aus den Containern entgegengenommen<br />

und eingelagert werden muss.<br />

Wenn das Online-Geschäft explodiert und die<br />

Bestellungen von 1.000 auf 10.000 gewachsen<br />

sind, das Unternehmen aber mit dem Versand<br />

nicht hinterherkommt, weil im Lager zu<br />

viele Fehler passieren und die Arbeitsabläufe<br />

ineffizient sind. Oder, wenn Unternehmen einfach<br />

nicht die finanziellen Mittel haben, um<br />

über Monate hinweg Personal für die Implementierung<br />

abzustellen, da diese eigentlich<br />

im Tagesgeschäft gebunden sind. Dann gibt<br />

es Firmen, die für eine Zusammenarbeit mit<br />

einem Lager eine professionelle Lagersoftware<br />

voraussetzen, um Daten automatisch zwischen<br />

verschiedenen Systemen übertragen<br />

zu können: Man will im eigenen System sehen<br />

können, wie viel Bestand beim Partner eingelagert<br />

ist. Wird so ein Kunde neu akquiriert und<br />

fehlt die Software, muss es bei der Implementierung<br />

schnell gehen. Manche Kunden wünschen<br />

sich auch eine Einsicht ins Lager, dürfen<br />

aber nur ihre eigenen Daten sehen – das WMS<br />

muss das abbilden können. Bei wieder anderen<br />

muss der Zugriff der Mitarbeiter geregelt<br />

werden. Oder es besteht die Notwendigkeit,<br />

Bestellungen aus verschiedenen Shops zusammenzuführen<br />

und zu überwachen.<br />

Die Voraussetzungen<br />

Der Bedarf für eine schnelle Implementierung<br />

ist also da. Und es ist möglich, innerhalb<br />

einer Woche von der Vertragsunterzeichnung<br />

bis zum Go-Live des WMS zu kommen. Dieser<br />

Umsetzungszeitraum kann aber nur unter bestimmten<br />

Voraussetzungen erreicht werden:<br />

Der Anbieter muss einen Standard-Prozess-Ansatz,<br />

ein cloudbasiertes WMS und ein entsprechendes<br />

Projektvorgehen mitbringen. Außerdem<br />

gilt: Einfache und überschaubare Lager<br />

oder Lageranbindungen für Produktion oder<br />

Instandhaltung sollten per se keinen großen<br />

Projektaufwand mit langer Laufzeit erzeugen.<br />

1. Standard-Ansatz<br />

Das COGLAS WEB WMS bietet zum Beispiel<br />

bereits in der Standardausprägung ohne Entwicklung<br />

einen hohen Funktionsumfang, der<br />

durch Konfiguration bereitgestellt wird. Ein<br />

gutes Standard-WMS sollte mindestens die<br />

Funktionen und Prozesse unterstützen, die in<br />

der VDI 3601 Warehouse-Management-Systeme<br />

genannt werden. Dazu gehören unter<br />

anderem Warenein- und ausgang, Kommissionierung<br />

und Inventur. Außerdem müssen<br />

die marktüblichen intralogistischen Funktionen<br />

ohne kundenspezifische Entwicklung abgebildet<br />

werden.<br />

Die Implementierung innerhalb von sieben<br />

Tagen setzt diese Standardisierung voraus,<br />

um langwierige Spezifikationen zu vermeiden.<br />

Standardisierte Prozesse bilden zum Beispiel<br />

das Vollpalettengeschäft ab, aber auch die<br />

Kommissionierung von Lebensmitteln mit Mindesthaltbarkeitsdatum.<br />

Auch die Festlegung<br />

von ABC-Gütern – abhängig von ihrer Liegezeit<br />

– ist mit dem Standard möglich. Gefahrgut<br />

ist dagegen nicht im Standard enthalten, da<br />

es die Berücksichtigung von Regeln und eine<br />

aufwändige Konfiguration erfordert.<br />

ILJA-TREMASOWILJA<br />

MARKETING & VERTRIEB<br />

COGLAS GMBH


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S30<br />

2. Cloudbasiert<br />

Die zweite Voraussetzung für eine schnelle<br />

Implementierung ist eine cloudbasierte Software.<br />

Sie ermöglicht es, auf die aufwändige<br />

Bereitstellung und Einrichtung eigener Server<br />

zu verzichten. Die einfache Integration der<br />

Software in bestehende Systemlandschaften<br />

kann in einem Cloud WMS mittels WEB APIs<br />

im JSON-Format erreicht werden: Hier werden<br />

die Daten direkt an die Software übergeben,<br />

manuelle Datenimporte fallen weg. Sind<br />

Schnittstellen im Standard zu Shops, Versanddienstleistern<br />

und ERP vorhanden, kann die<br />

Software schnell in Betrieb gehen. Eine moderne<br />

Single Page Webapplikation kann außerdem<br />

ohne Installation auf allen gängigen<br />

Endgeräten wie PC, Tablet und Smartphone<br />

unabhängig vom Betriebssystem über den<br />

Webbrowser aufgerufen werden – der Kauf<br />

von teurer Logistik-IT-Hardware mit langen Lieferzeiten<br />

entfällt. So ist es möglich, das WMS<br />

innerhalb von wenigen Tagen bereitzustellen.<br />

Lizenzfreie Datenbanken wie die Mongo DB<br />

reduzieren die Kosten. Die Benutzeroberfläche<br />

ist modern gestaltet und bietet sinnvolle<br />

Funktionen wie eine Volltextsuche über alle<br />

Informationen. Ein weiterer Faktor ist die Bedienbarkeit:<br />

Durch die bessere Usability der<br />

modernen Technologie reduziert sich die<br />

Schulungszeit der Belegschaft, gleichzeitig<br />

steigt die Akzeptanz der Mitarbeiter in den<br />

Leitständen und auf der Fläche, was die Einführung<br />

wiederum beschleunigt. Idealerweise<br />

ist die Bediensystematik an bekannte Apps<br />

oder Websites angelehnt und damit selbsterklärend.<br />

Im Optimalfall wird ein Cloud WMS<br />

bei namhaften Cloud-Anbietern auf Servern<br />

in Deutschland bereitgestellt. Das bietet Ausfall-,<br />

aber auch Datensicherheit in Übereinstimmung<br />

mit der DSGVO.<br />

3. Projektvorgehen<br />

Wichtig ist, dass der Anbieter ein standardisiertes<br />

Vorgehen bei der Implementierung<br />

verfolgt, das aber dennoch flexibel und agil<br />

genug ist und sich so der Ausgangssituation<br />

des Kunden anpassen lässt. Dadurch<br />

entsteht die Balance zwischen Anforderungskomplexität<br />

und Umsetzungsaufwand.<br />

Die Vorgehensweise wird stets von der Ausgangssituation<br />

bestimmt, die unterschiedliche<br />

Herausforderungen mitbringt: die Einrichtung<br />

eines neuen Lagers bzw. eines neuen<br />

Standorts, die Umstellung weg von Excel<br />

oder Papier oder die Umstellung von einer<br />

anderen Lagerverwaltungssoftware. Die Herausforderungen<br />

liegen dann beim fehlenden<br />

Bestand und neuen Mitarbeitern, bei<br />

unzureichenden Stammdaten und internen<br />

Widerständen oder bei komplexen Szenarien.<br />

COGLAS passt sich bei der Implementierung<br />

an die Gegebenheiten an – mit agilen Methoden<br />

oder dem Wasserfall-Ansatz und mit<br />

Unterstützung durch Consulting und Change<br />

Management. Dabei ist es wichtig, dass die<br />

Berater des WMS-Anbieters die Prozessanforderungen<br />

wirklich und in Gänze verstehen und<br />

in die Software übersetzen – samt Berücksichtigung<br />

von Schnittstellen, Datenkonstellation,<br />

Prozessen, Hardware und baulichen Gegebenheiten.<br />

Auch auf Kundenseite benötigt<br />

die WMS-Einführung in sieben Tagen Drive:<br />

Abweichende Vorstellungen müssen harmonisiert<br />

werden, so dass ein einheitliches Verständnis<br />

von Anforderungen und Vorgehen<br />

hergestellt wird. Eine offene Kommunikation<br />

ist hier das A und O. Außerdem ist ein Process<br />

Owner auf Kundenseite notwendig, der die<br />

Umstellung von Anfang an begleitet. Er muss<br />

die vorhandenen logistischen Prozesse rastern<br />

und in den Standardprozessen der neuen Software<br />

wiederfinden. Zudem ist er der Keyuser,<br />

der die Belegschaft an Bord holt und das Projekt<br />

vorantreibt.<br />

Fazit<br />

Manchmal darf bei der Einführung eines WMS<br />

keine Zeit verloren gehen. Dann ist es wichtig,<br />

eine Software ohne großen Projektaufwand<br />

schnell bereitzustellen und funktionsfähig zu<br />

machen. Das gelingt mit einem standardisierten,<br />

webbasierten System, dessen Prozesse<br />

und Einstellungen schrittweise und flexibel<br />

erweitert werden können. Ein WMS mit Standardprozessen,<br />

eine cloudbasierte Software<br />

und ein intelligentes Vorgehen stellen auf<br />

Anbieterseite die Voraussetzungen für die Implementierung<br />

in kurzer Zeit dar. (RED)<br />

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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S32<br />

INTRALOGISTIK<br />

WMS in sieben Tagen:<br />

Voraussetzungen und<br />

Vorgehensweise für ein<br />

Go-Live<br />

Manchmal muss es schnell gehen – und<br />

ein Warehouse-Management-System in<br />

kürzester Zeit implementiert werden. Das<br />

kann innerhalb von einer Woche in der Tat<br />

gelingen, wenn gewisse Voraussetzungen<br />

gegeben sind und die Vorgehensweise<br />

die richtige ist. Notwendig für den Erfolg<br />

ist ein cloudbasiertes WMS mit zahlreichen<br />

Standard-Funktionalitäten, das schnell bereitgestellt<br />

und konfiguriert werden kann.<br />

AUTOR: ILJA TREMASOW-SCHÄFER<br />

Die Implementierung eines Warehouse<br />

Management Systems (WMS)<br />

kann sich über Monate erstrecken<br />

– oder aber in sieben Tagen erfolgen.<br />

Denn manchmal haben Unternehmen<br />

nicht die Zeit für ein monatelanges Softwareprojekt,<br />

etwa, wenn neue Kunden eine professionelle<br />

Lagerverwaltung voraussetzen und<br />

noch keine vorhanden ist, wenn Container<br />

von neuen Lagermandanten, die eingelagert<br />

werden sollen, schon auf dem Weg sind oder<br />

wenn im Online-Geschäft auf einmal massiv<br />

mehr Bestellungen fehlerfrei abgewickelt werden<br />

müssen. Dann muss schnell eine Software<br />

aufgesetzt werden, die die Bedürfnisse erfüllen<br />

kann. Damit ein WMS in einer Woche eingeführt<br />

werden kann, sind einige Voraussetzungen<br />

notwendig:<br />

1. Es muss ein Standard-WMS mit einem hohen<br />

Funktionsumfang vorhanden sein, so dass<br />

viele Anforderungen durch eine einfache<br />

Konfiguration umgesetzt werden können und<br />

keine aufwändige Spezifikation notwendig<br />

wird.<br />

2. Eine Cloud-Lösung macht VPN-Verbindungen,<br />

Firewall-Einstellungen und Serverarchitekturen<br />

überflüssig. Ein WMS in der Cloud kann<br />

innerhalb weniger Stunden bereitgestellt und<br />

eingerichtet werden, auch die Hardware ist<br />

schneller verfügbar.<br />

3. Wichtig ist, dass sich Kunde und Softwareanbieter<br />

verstehen und ein einheitliches Verständnis<br />

und Wording entwickeln.<br />

4. Die Berater des Software-Anbieters müssen<br />

die Prozessanforderungen verstehen und<br />

in der Lage sein, sie in Software zu übersetzen<br />

– ganzheitlich und nicht in Einzelteilen,<br />

da in logistischen Prozessen alles miteinander<br />

verknüpft ist: Man kann erst einlagern, wenn<br />

man weiß, wie man auslagert. Schnittstellen,<br />

Datenkonstellation, Prozesse, Hardware, bauliche<br />

Gegebenheiten – alles muss mit dem<br />

WMS in Einklang gebracht werden.<br />

5. Auf Kundenseite spielt der Key User die zentrale<br />

Rolle. Er begleitet die Auswahl und Einführung<br />

des Tools und benötigt ein breites Ver-<br />

ständnis. Bestehende Prozesse muss er in das<br />

neue WMS transferieren und die Belegschaft<br />

im neuen Tool schulen können. Wird der Key<br />

User akzeptiert, gestaltet sich der Change Process<br />

einfacher.<br />

Die Vorarbeiten<br />

Ein typisches WMS-Einführungsprojekt erfolgt<br />

nach einem gewissen Vorgehen – es ist aber<br />

flexibel genug, um sich individuell an die Kundensituation<br />

anpassen zu lassen. Am Anfang<br />

der Zusammenarbeit sollten eine Erstanalyse<br />

und eine Live-Demo des WMS stehen. In der<br />

Erstanalyse, für die sich ein Video-Meeting<br />

anbietet, werden die Ausgangssituation, die<br />

Rahmenbedingungen und grundsätzliche<br />

Prozesse besprochen. Der Kunde legt seine<br />

Schmerzpunkte dar und die Software wird vorgestellt.<br />

Sind alle offenen Fragen geklärt, werden<br />

die Anforderungen oder Ausschreibungsunterlagen,<br />

zu denen Prozessbeschreibungen<br />

oder Lastenheft gehören, ausgewertet. Um<br />

das Angebot erstellen zu können, müssen bestimmte<br />

Daten wie Mengengerüst oder Anzahl<br />

der User vorliegen.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S34<br />

Für die Implementierung sind weitere Informationen<br />

wie Lagerlayout, Artikelstammdaten<br />

und die grundsätzlich gewünschten Prozesse<br />

notwendig. Wenn es aus logistischer Sicht sinnvoll<br />

ist, bereits vorhandene Standardprozesse<br />

zu nutzen, reicht die Basiskonfiguration aus<br />

und es kann mit dem Test der Prozesse begonnen<br />

werden.<br />

Ratsam ist es, direkt nach der Einrichtung eine<br />

Schulung der Key-User anzubieten. Ein Selbststudium<br />

ist über die Online-Hilfe möglich. Es<br />

hat sich gezeigt, dass „learning by doing“<br />

die besten Ergebnisse zeitigt. Das Ziel ist, dass<br />

die Key-User in die Lage versetzt werden, das<br />

operative Personal im Lager selbst zu schulen.<br />

Wenn die Software leicht zu erlernen ist und<br />

eine intuitive Bedienbarkeit ermöglicht, sind<br />

kaum Schulungen nötig. Bei vielfältigen Produktspezifikationen<br />

und Mengen ist ein Feinkonzept<br />

sinnvoll bzw. notwendig. Der Kunde<br />

und der Softwareanbieter erarbeiten darin<br />

die abzubildenden Prozesse, Schnittstellen,<br />

Stammdaten und das Projektvorgehen. Wichtig<br />

ist dabei, auch zusammen im System arbeiten<br />

zu können, so dass das Verständnis von<br />

Anforderungen und Möglichkeiten von Anfang<br />

an verbessert werden kann.<br />

Je nach Komplexität, Dringlichkeit und definiertem<br />

Projektziel kann dieses Vorprojekt wenige<br />

Tage oder mehrere Wochen in Anspruch<br />

nehmen. Das Ergebnis ist ein detailliertes Feinkonzept,<br />

das die Prozesse im Lager von Wareneingang<br />

bis Warenausgang beschreibt.<br />

Gehen Prozesse und Anforderungen über die<br />

vorhandene Funktionalität im WMS hinaus,<br />

werden diese vom Softwareanbieter bewertet,<br />

kalkuliert und in einem weiteren Angebot<br />

nachgereicht.<br />

Die Umsetzung<br />

Nach Abschluss des Feinkonzeptes und der<br />

Definition möglicher Erweiterungen, Änderungen<br />

oder völlig neuer Standardprozesse<br />

beginnt die Umsetzung. Dabei kommen agile<br />

Entwicklungs- und Dokumentationsmethoden<br />

und entsprechende Tools zum Einsatz: Anforderungen<br />

werden in User-Stories beschrieben<br />

und die Entwicklung in zweiwöchigen Sprints<br />

geplant. Fertige Entwicklungen werden dem<br />

Kunden am Ende der Sprints in der Testumgebung<br />

bereitgestellt.<br />

Nun wird ebenfalls die Integration in die<br />

IT-Landschaft umgesetzt: Das WMS soll als zentrales<br />

System der Lagerlogistik mit anderen<br />

Systemen Informationen und Daten austauschen.<br />

Dafür werden Standard-Schnittstellen<br />

bereitgestellt. Außerdem muss der Kunde<br />

die notwendige Hardware wie Tablets für<br />

die Arbeiten im Lager anschaffen. Wichtig ist<br />

außerdem, dass eine flächendeckende Internetverbindung<br />

über WLAN oder SIM-Karte<br />

sichergestellt wird.<br />

Die Testings und der Go-Live<br />

Im nächsten Schritt testet der Anbieter die<br />

Software, was idealerweise bereits automatisiert<br />

erfolgen kann. Die Anwender prüfen die<br />

Einzelfunktionen und schließlich erfolgen zusammenhängende<br />

Tests durch die User,<br />

wofür eine entsprechende Vorarbeit<br />

notwendig ist. Diese Durchführung der<br />

Tests muss allein erfolgen, da das Unternehmen<br />

später mit der Software arbeiten<br />

wird. Für die Aussagekraft der Tests<br />

ist es dabei elementar, vollständige Use<br />

Cases zu nutzen – inklusive diverser, auch<br />

seltener Sonderfälle, denn diese werden<br />

mit Sicherheit am Tag des Go-Live auftreten.<br />

Dazu gehören unter anderem<br />

alle Geschäftsprozesse mit realistischen<br />

Daten, mögliche Prozessstörungen mit<br />

fehlenden Labels oder fehlender Ware<br />

oder Bediener- oder Hardwarefehler.<br />

Auch Massentests mit mindestens<br />

einem Tagesvolumen an Arbeitsdaten<br />

und Scantests sollten erfolgen. Die Tests<br />

enden schließlich mit der Abnahme des<br />

Systems durch den Kunden.<br />

Nun wird die Inbetriebnahme vorbereitet:<br />

Die Testdaten im Produktivsystem<br />

werden entfernt und die Bestandsdaten<br />

übernommen – das geht einfach<br />

und sicher über einen Wareneingang<br />

im System. Nun ist eine Leerplatzinventur<br />

durch den Kunden sinnvoll, außerdem<br />

sollten stichprobenartig systemisch<br />

übernommene Bestände gegen die<br />

realen vorhandenen geprobt werden.<br />

Bei größeren Abweichungen kann ein<br />

Abgleich der Bestände in den Systemen<br />

helfen. Eventuell ist eine vollständige Inventur<br />

auf Lagerplatzebene notwendig.<br />

Sobald alle Unstimmigkeiten behoben<br />

sind, kann der Go-Live beginnen.<br />

Produktivbetrieb<br />

Mit dem Roll-out ist das Projekt nicht abgeschlossen:<br />

Denn nach der Inbetriebnahme<br />

ist vor der Optimierung. Im Produktivbetrieb<br />

ist zwar der Key-User der<br />

erste Ansprechpartner für Fragen zum<br />

WMS. Ein externer Softwareanbieter sollte<br />

hier aber mit Consultants und Support<br />

beratend zur Seite stehen. Er unterstützt<br />

nun zum Beispiel dabei, zusätzliche<br />

Standardprozesse zu nutzen, Roll-Outs<br />

an anderen Standorten durchzuführen<br />

oder weitere Mandanten einzuführen.<br />

Fazit: Ein standardisiertes WMS aus der<br />

Cloud, eine hohe Kompetenz beim Softwareanbieter<br />

und ein engagierter Key<br />

User beim Kunden sind drei wichtige<br />

Voraussetzungen, damit eine Lagerverwaltungssoftware<br />

in kurzer Zeit live<br />

gehen kann. So kann das WMS schnell<br />

Mehrwert in<br />

jedem Schritt.<br />

Ihr Value Chain<br />

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bereitgestellt und die Implementierung<br />

in enger Abstimmung erfolgen.<br />

Test und Änderungen können systematisch<br />

im bereitgestellten System<br />

laufen, so alle Szenarien geprüft werden.<br />

Der Implementierung schließt<br />

sich dann die Optimierung an. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S36<br />

Für wachsende Unternehmen ist es sehr viel<br />

wichtiger geworden, ein größeres Sortiment<br />

auf einer dichteren Lagerfläche vorrätig zu<br />

haben und gleichzeitig die Bestellungen aus<br />

diesem Bestand in immer kürzeren Zeitabständen<br />

zu erfüllen.<br />

RENÉ SICK<strong>LE</strong>R<br />

INTRALOGISTIK<br />

Um im kommenden<br />

Jahr Stabilität zu<br />

erreichen, muss man<br />

bereit sein,<br />

sich zu verändern<br />

Der Schlüssel liegt in Ihrer Vorbereitung.<br />

Wenn es nach dem Jahr <strong>2023</strong> geht, machen<br />

wir uns wahrscheinlich schon lächerlich,<br />

wenn wir so tun, als wüssten wir,<br />

was das Jahr 2024 für die Lieferkettenlandschaft<br />

bereithält. BEITRAG: REDAKTION<br />

Ich glaube, die meisten Unternehmen und<br />

Verbraucher hoffen auf eine gewisse Stabilität.<br />

Seit der Covid-19-Pandemie müssen die<br />

Lieferkette und die damit verbundenen Logistikabläufe<br />

flexibler und beweglicher sein als je zuvor.<br />

Diejenigen, die dachten, wir hätten die Kurve<br />

gekriegt, haben sich leider getäuscht. Für 2024<br />

können wir vielleicht nur Stabilität erreichen, wenn<br />

wir besser auf Veränderungen vorbereitet sind, so<br />

René Sickler, Geschäftsführer Dematic DACH,<br />

Es mag ein neues Jahr sein, aber einige Herausforderungen<br />

bleiben die gleichen Platzmangel<br />

und die Knappheit an verfügbaren Arbeitskräften<br />

gibt es nun schon seit einigen Jahren, und zwar in<br />

einem Ausmaß, dass Sie wahrscheinlich mehr als<br />

müde sind, davon zu hören, doch diese Herausforderungen<br />

entwickeln sich weiter. Da der Platz<br />

immer knapper und die Transportkosten immer<br />

höher werden, muss der Endkundenservice weiter<br />

verbessert werden, damit der Einzelhandel wettbewerbsfähig<br />

bleibt.<br />

Auswahlmöglichkeiten während<br />

der Kaufentscheidung<br />

2024 könnte eine Rückkehr zu einem "normalen"<br />

Niveau des elektronischen Handels und<br />

der Kundenbesuche in den Geschäften erfolgen.<br />

Durch die Pandemie wurde die gesamte<br />

Auftragsabwicklung auf den elektronischen<br />

Handel verlagert - zumindest für alle nicht lebensnotwendigen<br />

Artikel. Dennoch haben wir<br />

es geschafft, zu einem Verbraucher zurückzukehren,<br />

der eine sehr flexible Mischung aus allem<br />

will. Um das Einkaufserlebnis zu verbessern,<br />

arbeiten die Einzelhändler daran, eine Vielzahl<br />

von Dienstleistungen anzubieten, während<br />

der Kunde sofort aus einem breiten Angebot<br />

an Lebensmitteln, Bekleidungs- und allgemeinen<br />

Handelsartikeln wählen kann. Die stärksten<br />

Einzelhändler werden daher diejenigen<br />

sein, die über ein bereits bestehendes Netz<br />

von nationalen Vertriebszentren, regionalen<br />

Zentren, Supermärkten und Ladengeschäften<br />

verfügen.<br />

Ganzheitliche Transparenz der Lieferkette<br />

Wenn die Betreiber den Zugang zu zuverlässigen<br />

Datennetzen nutzen können, kann eine<br />

ganzheitliche Sichtbarkeit von Beständen<br />

und Bestellungen die nahtlose Erfüllung der<br />

Kundenwünsche ermöglichen. Dies erfordert<br />

Echtzeit-Updates des globalen Bestands und<br />

die Verfügbarkeit aller Technologien entlang<br />

des Weges, den eine Bestellung nehmen soll.<br />

Nur mit einer zuverlässigen Kombination aus<br />

automatisierten MHE und robuster mobiler<br />

Automatisierung kann dies erreicht werden.<br />

Ein Netzwerk von Datenpunkten wird natürlich<br />

mit Technologiesensoren und IoT-Geräten<br />

erreicht. Die Lagerverwaltungssoftware kann<br />

mithilfe komplexer Algorithmen die Lieferung<br />

von Einheiten an den Bestimmungsort vorhersagen<br />

und gleichzeitig alle Vorgänge inner-<br />

halb des Lagers verwalten, damit dies so<br />

schnell wie möglich geschieht. Autonome<br />

mobile Roboter sorgen nun für ein hohes Maß<br />

an Sicherheit bei der Lieferung der Bestände<br />

an die Zielorte, was bei manuellen Vorgängen<br />

nicht immer der Fall ist. Rückverfolgbarkeit<br />

und Genauigkeit verbessern sich erheblich,<br />

während die Transparenz genaue Prognosen<br />

ermöglicht - die Voraussetzung für die Anpassung<br />

an den Wandel.<br />

Nachhaltigkeit bei Verpackung,<br />

Abfall und Energieverbrauch<br />

Umweltaspekte haben heute sowohl bei den<br />

Verbrauchern als auch bei großen Unternehmen<br />

Priorität. Dies wirkt sich auf die Gestaltung<br />

von Verpackungen, den Energieverbrauch<br />

während des gesamten Lebenszyklus und<br />

die Verringerung aller möglichen Abfälle aus.<br />

Logistik- und Transportunternehmen müssen<br />

sich noch mehr anstrengen, um nur das Nötigste<br />

zu versenden. Durch den Einsatz komplexer<br />

Software und Technologie stellt sich<br />

Dematic den Herausforderungen des Marktes,<br />

indem es die Zwänge im Zusammenhang<br />

mit Verpackungen und Stückgütern beseitigt<br />

und sich auf die beste Art und Weise der Auftragserfüllung<br />

nach Kubikvolumen konzentriert.<br />

Dies setzt voraus, dass man in Bezug auf<br />

das von den Lieferanten verwendete Ver-


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S38<br />

packungsmedium agnostisch ist und sich um<br />

die effizienteste und nahtloseste Lieferung der<br />

vom Endkunden gewünschten Artikel bemüht,<br />

ganz gleich, ob es sich um einen kompletten<br />

Wocheneinkauf, ein teures elektronisches Gerät<br />

oder eine volle Palette mit Vorräten für die<br />

Filialbelieferung handelt.<br />

Robotik ist grundlegend<br />

Automatisierte Technologie erfüllt zwei Schlüsselelemente<br />

der Logistik- und Lieferkettenumgebung:<br />

Kosten pro gelagerter Einheit und<br />

Geschwindigkeit der Auslagerung und Erfüllung.<br />

Unabhängig von der Größe, der Form,<br />

dem Gewicht oder der Steifigkeit der Ladung<br />

kann die Robotertechnologie die Dichte der<br />

Reservelagerung erheblich erhöhen und eine<br />

bessere Nutzung der Lagerfläche und -höhe<br />

ermöglichen. Sie bietet Vorteile, wenn wir<br />

uns von einem einzelnen, massiven zentralen<br />

Fulfillment zu einem landesweiten Netz kleinerer<br />

Einrichtungen und kundenspezifischer<br />

Lager- und Verarbeitungspunkte bewegen. Die<br />

Robotik eignet sich natürlich auch dazu, kleine<br />

Artikel in dunklen Ecken von Hinterzimmern<br />

einzulagern und sie natürlich auch wieder herauszuholen,<br />

wenn sie gebraucht werden.<br />

Arbeit<br />

Software ermöglicht es uns, diese Technologie<br />

intelligenter, sicherer und effektiver mit<br />

Menschen zu integrieren. Durch die Abschaffung<br />

starrer und monotoner manueller Aufgaben<br />

können wir die Bediener innerhalb einer<br />

Anlage hochdynamisch und reaktionsschnell<br />

machen, um die schnellste Erfüllung der Prozesse<br />

zu erreichen. Wir verweben Funktionen<br />

und machen jeden Aspekt eines Lagerbetriebs<br />

agil und flexibel, um mit unvorhergesehenen<br />

Marktveränderungen und plötzlichen<br />

Schwankungen im Auftragsprofil fertig zu werden.<br />

Dematic stellt höhere Anforderungen an<br />

seine Mitarbeiter in den Lagern, indem wir die<br />

Weiterbildung fördern und logische und beobachtende<br />

Fähigkeiten anstelle von banalen,<br />

physischen Aufgaben einsetzen. Dies führt zu<br />

einer erheblichen Verbesserung des geistigen<br />

Wohlbefindens, der Begeisterung und der Leistung<br />

der Mitarbeiter. Die KION Gruppe bietet<br />

allen Logistikern ein Portfolio an Wissen, Produkten<br />

und Lösungen für alles, was sich in den vier<br />

Wänden eines Distributionszentrums abspielt.<br />

Eine Partnerschaft mit Dematic reduziert das<br />

Risiko und versetzt unsere Kunden in die Lage,<br />

sich neuen Herausforderungen zu stellen. (RED)<br />

Die KION Group ist einer der weltweit führenden<br />

Anbieter für Flurförderzeuge und<br />

Supply-Chain-Lösungen. Ihr Leistungsspektrum<br />

umfasst Flurförderzeuge wie Gabelstapler<br />

und Lagertechnikgeräte sowie<br />

integrierte Automatisierungstechnologien<br />

und Softwarelösungen für die Optimierung<br />

von Lieferketten – inklusive aller<br />

damit verbundenen Dienstleistungen. In<br />

mehr als 100 Ländern verbessert die KION<br />

Group mit ihren Lösungen den Materialund<br />

Informationsfluss in Produktionsbetrieben,<br />

Lagerhäusern und Vertriebszentren.<br />

Der im MDAX gelistete Konzern ist, gemessen<br />

an verkauften Stückzahlen im Jahr 2021,<br />

in der Region EMEA der größte Hersteller von<br />

Flurförderzeugen. Gemessen am Umsatz im<br />

Jahr 2021 ist die KION Group in China führender<br />

ausländischer Produzent und unter<br />

Einbeziehung der heimischen Hersteller der<br />

drittgrößte Anbieter. Darüber hinaus ist die<br />

KION Group, gemessen am Umsatz im Jahr<br />

2021, einer der weltweit führenden Anbieter<br />

von Lagerautomatisierung. Ende 2022<br />

waren weltweit mehr als 1,7 Mio. Flurförderzeuge<br />

der KION Group bei Kunden verschiedener<br />

Größe in zahlreichen Industrien auf<br />

sechs Kontinenten im Einsatz. Der Konzern<br />

beschäftigt mehr als 41.000 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter und erwirtschaftete im<br />

Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von rund<br />

11,1 Mrd. €.<br />

Der KION Konzern umfasst die führenden<br />

Marken in der Logistikbranche: Linde<br />

Material Handling, Still, OM, Fenwick, Baoli,<br />

Dematic. Weitere Informationen finden Sie<br />

auf der Website.<br />

www.kiongroup.com<br />

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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S40<br />

INTRALOGISTIK<br />

Movu Robotics:<br />

Ein umfangreiches<br />

Portfolio mit automatisierten<br />

Lösungen für<br />

effiziente Intralogistik<br />

Das Movu Robotics Portfolio sorgt für eine<br />

einfachere Automatisierung in Warenlagern<br />

weltweit. Es umfasst die automatisierte Lagerung,<br />

Kommissionierung und den Transport<br />

von Paletten, Behältern und Artikeln und<br />

steht für einen einfachen Kauf- und Installationsprozess,<br />

wettbewerbsfähige Preise,<br />

Kosteneinsparungen, eine schnelle Lieferung,<br />

eine hohe Lagerdichte und Raumoptimierung.<br />

Das Portfolio lässt Endkunden<br />

und Systemintegratoren weltweit<br />

von einem nahtlosen und benutzerfreundlichen<br />

Plug-and-Play-Ökosystem<br />

für die Lagerautomatisierung profitieren.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Movu Robotics, die neue Marke<br />

von stow für Robotik und Automation,<br />

zeichnet sich durch einfachere<br />

Systeme und Lösungen<br />

für die Logistikautomatisierung aus. Um diesen<br />

Anforderungen gerecht zu werden, besteht<br />

das Movu Robotics Portfolio aus einer Reihe<br />

innovativer Systeme, die einfachere, skalierbare,<br />

flexible und energieeffiziente Lösungen<br />

bieten, die für alle Arten von Lagern geeignet<br />

und schnell installierbar sind:<br />

Movu atlas – selbstfahrendes 2D Palettenträgersystem<br />

Für Unternehmen, die ihre Lagerhaltung optimieren<br />

wollen, bietet das Palettenshuttlesystem<br />

Movu atlas ein automatisches Ein- und<br />

Auslagersystem (ASRS) mit hoher Dichte und<br />

mehrfach tiefen Palettenpositionen. Das Herzstück<br />

des Systems ist der Movu atlas Shuttle,<br />

ein Palettenträger mit Eigenantrieb, der entwickelt<br />

wurde, um Paletten mit unübertroffener<br />

Leistungsfähigkeit in einer 2D-Regalstruktur<br />

zu bewegen und zu organisieren. Die<br />

Regale werden speziell für diesen Zweck auf<br />

der Grundlage von etablierten stow Regalsystemen<br />

entwickelt. Die Shuttles, die in beiden<br />

Richtungen eine Geschwindigkeit von 1,4 m/s<br />

erreichen, können Paletten von 1.200 x 800<br />

mm oder 1.200 x 1.000 mm mit einer maximalen<br />

Last von 1,5 kg transportieren.<br />

Die Movu Steuersoftware WES steuert den<br />

Shuttleverkehr innerhalb des Shuttleregals<br />

und erhält die Aufträge aus dem Warehouse<br />

Management System (WMS) des Anwenderunternehmens.<br />

Die Shuttles transportieren die<br />

Paletten sowohl auf den Schienen der Lagerkanäle,<br />

in denen die Paletten im Regal untergebracht<br />

sind, als auch auf den Schienen der<br />

Hauptgassen, die quer zu den Lagerkanälen<br />

verlaufen und als die einzigen Gänge dienen.<br />

Die Kreuzungen oder Abzweigungen zwischen<br />

den Lagerkanälen und den Hauptgassen sind<br />

so konzipiert, dass ein reibungsloser Übergang<br />

der unbeladenen oder beladenen Shuttles<br />

gewährleistet ist. Die automatisch gesteuerten<br />

Shuttles bewegen die Paletten, ohne sich gegenseitig<br />

zu behindern. Die Paletten werden an<br />

der Vorderseite des Palettenregals entgegengenommen<br />

und aus dem System entnommen.<br />

Movu atlas – selbstfahrendes 2D<br />

Palettenträgersystem<br />

Movu escala – Roboter für Behälterlagerung<br />

und Auftragsabwicklung<br />

Movu escala ist das 3D-Shuttle System der<br />

nächsten Generation für Behälterlagerung<br />

und Auftragsabwicklung. Die Roboter bewegen<br />

die Behälter in allen drei Dimensionen innerhalb<br />

eines dichten Ein- und Auslagerungssystems.<br />

Ein ausgeklügeltes Schienensystem<br />

verbindet jeden Lagerort innerhalb des Lagersystems<br />

auf einfache und kostengünstige<br />

Weise und auf verschiedenen Ebenen. Die<br />

Roboter bewegen sich entlang der Schienen<br />

in zwei Dimensionen durch eine Ebene des Systems<br />

und können sich über Rampen zwischen<br />

den Ebenen bewegen, ähnlich wie ein Auto,<br />

das in die nächste Ebene eines Parkhauses<br />

fährt. Dadurch entfallen wartungsintensive<br />

Förderbänder, Aufzüge, Wartungsgänge und<br />

Sequenzer.<br />

Ausgestattet mit einem multifunktionalen Lastaufnahmemittel<br />

kann das Movu escala Shuttlesystem<br />

sowohl Standard-Eurobehälter im<br />

Format 600 x 400 mm als auch größere Behälter<br />

mit den Abmessungen 650 x 450 mm transportieren.<br />

Die durchschnittliche Tragfähigkeit<br />

des Roboters liegt bei marktführenden 40 kg,<br />

so dass sich das Movu escala Shuttlesystem<br />

auch für das Handling schwerer Güter oder<br />

Industriekomponenten eignet.<br />

Die intelligente Software für das Schwarmmanagement<br />

der Roboter in Verbindung mit dem<br />

innovativen Regalaufbau ermöglicht die Sequenzierung<br />

von Behältern an mehreren Stellen<br />

im System. Die Sequenzierung ist auch an<br />

den Ware-zur-Person-Arbeitsplätzen möglich.<br />

Movu ifollow – Autonome<br />

mobile Roboter (AMR)<br />

Movu ifollow ist die vielseitige autonome<br />

mobile Roboterlösung (AMR) für die kollaborative<br />

Kommissionierung oder den Transport<br />

von Paletten oder anderen Ladungsträgern.<br />

Die Hauptvorteile für Kunden sind das schlanke<br />

Design, die Fähigkeit, in Kühlhäusern zu<br />

arbeiten und sich zwischen Temperaturen


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S42<br />

Movu escala – Roboter für Behälterlagerung<br />

und Auftragsabwicklung<br />

Software<br />

Die Software für die Verwaltung von Shuttles<br />

und autonomen mobilen Robotern (AMR) in<br />

Lagerhäusern ist ein wichtiges Instrument zur<br />

Optimierung des Betriebs und der Steuerung<br />

dieser Systeme. Sie erleichtert die effiziente<br />

Verwaltung, Koordination und Überwachung<br />

von Shuttles und Robotern und sorgt für ein reibungsloses<br />

Materialhandling.<br />

von -25°C bis +40°C zu bewegen, sowie die<br />

umfassende Anpassung mit einer Reihe von<br />

Modulen, die mit einer Vielzahl von bestehenden<br />

Infrastrukturen verbunden werden können. Die<br />

Einfachheit dieses Subsystems ermöglicht eine<br />

rasche Bereitstellung, und der Kunde kann die<br />

Zuordnung unabhängig voneinander erstellen<br />

und je nach Bedarf ändern. Der kollaborative<br />

Roboter unterstützt Duo Picking und Zone<br />

Picking und bietet eine schlüsselfertige Lösung<br />

für das Materialhandling. Mit der Möglichkeit,<br />

Roboter je nach Spitzenbedarf hinzuzufügen<br />

oder zu entfernen, bieten sie eine enorm<br />

flexible automatisierte Intralogistiklösung.<br />

Movu eligo Kommissionier-Roboterarm<br />

Der innovative Kommissionier-Roboterarm<br />

Movu eligo, ist eine vollständig in Movu escala<br />

integrierte Lösung für die Kommissionierung<br />

von Behältern, die automatisch aus Quellbehältern<br />

für Einzelartikelnummern kommissioniert<br />

und die Artikel in mehrere Zielbehälter<br />

mit gemischten Artikelnummern legen kann.<br />

Der Movu eligo kombiniert fortschrittliche Software<br />

mit intelligenten Greifern und maschinellem<br />

Sehen und sorgt so für einen zuverlässigen<br />

Durchsatz. Der Roboter greift einen Artikel<br />

sanft aus einem Behälter, der während der<br />

Kommissionierung mit dem Movu escala aus<br />

dem Regal entnommen wird, und legt ihn<br />

dann in einen Lieferbehälter.<br />

Die intelligenten Greifer, die eine Rückmeldung<br />

über den Erfolg des Greifvorgangs geben,<br />

gewährleisten eine Genauigkeit von 99%.<br />

Zusätzlich zu der geringen Fehlerquote beim<br />

Greifen reduziert der Movu eligo die Anzahl<br />

der manuellen Eingriffe, die für die Auftragserfüllung<br />

oder den Nachschub erforderlich sind.<br />

Der Roboter ist in der Lage, je nach Ausführung<br />

bis zu 600 Aufnahmen pro Stunde durchzuführen<br />

und kann Waren mit einem Gewicht<br />

von bis zu 2 kg und einer Größe von mindestens<br />

1 cm bis maximal 30 cm aufnehmen. Da<br />

er völlig produktneutral ist, kann er flexibel mit<br />

wechselnden Produktmischungen umgehen.<br />

Das Movu Warehouse Execution System (WES)<br />

für Shuttles und AMRs wird von drei Säulen<br />

gebildet: Movu ops: Software für die Verwaltung<br />

aller Vorgänge. Movu ops übernimmt<br />

die Aufträge aus dem übergeordneten Kundensystem<br />

und bereitet sie für Movu tower<br />

auf. Dieser prüft die verfügbaren Ressourcen,<br />

wählt das am besten geeignete Shuttle oder<br />

AMR aus und sendet den Auftrag an Movu<br />

pilot, der für die Ausführung des Auftrags auf<br />

der Ebene der einzelnen Shuttles oder AMR<br />

sorgt.<br />

Autonome Subsysteme als Lösung<br />

Die Technologien des Movu Robotics Portfolios<br />

können als autonomes Subsystem in Lösungen<br />

integriert werden, bestehend aus Regalen,<br />

Shuttles oder AMRs, Software, WLAN-Lösungen<br />

und Inbetriebnahme. Dies ermöglicht eine<br />

mühelose Installation, die Anpassung an neue<br />

Geschäftsanforderungen durch die einfache<br />

Integration neuer Anwendungen und minimale<br />

Anschaffungs- und Betriebskosten (TCO).<br />

Movu ifollow – Autonome<br />

mobile Roboter (AMR)<br />

Jos de Vuyst, CEO der stow Group sagt: „Während<br />

sich viele Unternehmen auf ein einziges<br />

Automatisierungsprodukt konzentrieren, verfügt<br />

Movu Robotics heute über ein innovatives<br />

Portfolio, das derzeit ein Paletten-Shuttle, ein<br />

Behälter-Shuttle, einen AMR und einen Stückgut-Kommissionierroboter<br />

umfasst. Es handelt<br />

sich um ein integriertes Ökosystem von skalierbaren,<br />

automatisierten Lagerlösungen für<br />

Paletten und Behälter. Das ist ziemlich selten,<br />

und unser Portfolio wird weiterwachsen.“<br />

Movu eligo<br />

Kommissionier-<br />

Roboterarm<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S44<br />

Die Mitarbeiter haben Spaß an der Innovation<br />

und erkennen die Vorteile: Der KNAPP-<br />

Store kann bereits um 4 Uhr morgens die ersten<br />

Aufträge kommissionieren. Davor wurde ab<br />

Dienstbeginn des Personals mit Hochdruck daran<br />

gearbeitet, die Ware am Vormittag rechtzeitig<br />

bereitzustellen. Nun bleibt mehr Zeit fürs<br />

Verpacken und für den Wareneingang.<br />

STEFAN KLINGLMAIR<br />

INTRALOGISTIK<br />

Biogena setzt auf<br />

KNAPP-Store<br />

Sie arbeiten ressourcenschonend, verpflichten<br />

sich zu höchster Qualität, sie pflanzen<br />

Bäume und seit neuestem haben sie auch<br />

einen KNAPP-Store. Die Rede ist vom Gesundheitsunternehmen<br />

Biogena. Wenn sowohl<br />

Innovation als auch Nachhaltigkeit<br />

eine große Rolle in der Unternehmenskultur<br />

einnehmen, dann ist ein Technologiepartner<br />

gefragt, der diese Werte genauso<br />

großschreibt. Dabei fiel die Wahl auf KNAPP.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Steigende Lebenserwartung und ein<br />

neues Gesundheitsbewusstsein sind<br />

die gesellschaftlichen Eckpfeiler, auf<br />

denen das Geschäft des österreichischen<br />

Familienunternehmens fußt. Biogena<br />

produziert und vertreibt Premium Mikronährstoffe<br />

für jede Lebenslage. Dabei sieht sich<br />

der Betrieb nicht nur in der Verantwortung<br />

zu radikal hoher Qualität, sondern strebt<br />

auch die höchstmögliche Nachhaltigkeit an.<br />

„Unsere Verantwortung der Umwelt gegenüber<br />

zeigt sich im nachhaltigen und schonenden<br />

Umgang mit Ressourcen“ erklärt Biogena<br />

COO Stefan Klinglmair seine Mission.<br />

Der KNAPP-Store ermöglicht Automatisierung<br />

des internationalen Vertriebs<br />

Mittlerweile beliefert der Nährstoffexperte<br />

bereits über 50 Länder mit seinen Produkten.<br />

Dadurch ist die logistische Komplexität extrem<br />

gestiegen. Der nun installierte KNAPP-Store<br />

macht es möglich, dass Aufträge für das Ausland<br />

gleich- und rechtzeitig bereitgestellt werden.<br />

Das ist für den Betrieb deshalb wichtig,<br />

da mit unterschiedlichen Spediteuren je Zielland<br />

gearbeitet wird. Manuell wäre das kaum<br />

noch zu bewältigen. Auch stellt die Automatisierung<br />

sicher, dass das richtige Produkt in der<br />

richtigen Qualität ausgegeben wird und hilft<br />

so, Kommissionierfehler zu vermeiden.<br />

Technologiepartnerschaft zweier österreichischer<br />

Familienunternehmen<br />

Weshalb die Wahl für die Automatisierung der<br />

Logistik auf KNAPP fiel, begründet Klinglmair<br />

so: „Wir haben uns für KNAPP entschieden,<br />

weil es ein österreichisches Familienunternehmen<br />

ist. Natürlich war auch die Technologie<br />

entscheidend, die wir im Vorfeld bei Referenzkunden<br />

besichtigen konnten.“ Außerdem lobt<br />

er den unbürokratischen Ablauf und die Handschlagqualität<br />

seines Technologiepartners.<br />

Biogena legt viel Wert auf persönlichen Kontakt<br />

mit seinen Zulieferern. Das gilt nicht nur<br />

für die Zusammenarbeit mit KNAPP. Lieferanten<br />

werden anhand eines Kriterienkatalogs<br />

ausgewählt und in eigenen Audits überprüft.<br />

Das kostet zwar Zeit, garantiert aber eine Übereinstimmung<br />

der Werte von Biogena und den<br />

Partnern.<br />

Die Aufteilung des internationalen Geschäfts<br />

sieht nun so aus: Große Pakete werden direkt in<br />

die Geschäfte geliefert. Der KNAPP-Store wiederum<br />

kommissioniert die privaten Kunden-Bestellungen.<br />

Anschließend werden die Bestellungen<br />

verpackt und versendet. Damit ein<br />

Hightech-System wie der KNAPP-Store auch<br />

den hohen Ansprüchen von Biogena in Sachen<br />

Geschwindigkeit und Pragmatismus entsprechen<br />

kann, waren viel Planung und Struktur<br />

seitens Biogena und das gewohnt hohe<br />

Maß an Serviceorientierung von KNAPP nötig.<br />

Nur so kann eine Technologiepartnerschaft<br />

auch die entsprechenden Früchte tragen.<br />

Über KNAPP<br />

KNAPP ist der Technologiepartner für intelligente<br />

Wertschöpfungsketten. Die Unternehmensgruppe<br />

mit Sitz in Österreich bietet<br />

Gesamtlösungen zur Automatisierung und Digitalisierung<br />

von Produktion über Distribution<br />

bis zum Point-of-Sale. Mit erstklassigem Service<br />

und langfristiger Partnerschaft steht KNAPP<br />

hinter dem Erfolg seiner Kunden aus den Bereichen<br />

Healthcare, Retail, Food Retail, Fashion,<br />

Wholesale und Industry. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S46<br />

INTRALOGISTIK<br />

Taschensorter<br />

revolutionieren<br />

den KEP-Markt<br />

Fortschrittliche Sortiertechnologie für KEP:<br />

Effizienzsteigerung, Präzision und Flexibilität<br />

– Wie der ferag.skyfall Taschensorter die<br />

KEP-Branche revolutioniert. BEITRAG: REDAKTION<br />

KEP-Unternehmen (Kurier-, Express- und<br />

Paketdienste) stehen bei der Bearbeitung<br />

kleiner Pakete vor verschiedenen<br />

Herausforderungen, die sich auf<br />

unterschiedliche Aspekte ihres Geschäftsbetriebs<br />

auswirken. Um diesen Herausforderungen<br />

erfolgreich zu begegnen, müssen KEP-Unternehmen<br />

innovative Technologien, effiziente<br />

Logistikprozesse, sorgfältige Qualitätskontrollen<br />

und eine kundenorientierte Strategie einsetzen.<br />

Kontinuierliche Anpassung an die sich ändernden<br />

Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse<br />

ist unerlässlich, um in der Branche wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben. Die Einführung von<br />

Taschensortern in der KEP-Branche markiert einen<br />

wichtigen Schritt in Richtung Automatisierung<br />

und Effizienz. In einer Zeit, in der schnelle<br />

Lieferungen und reibungslose Zustellprozesse<br />

von entscheidender Bedeutung sind, spielen<br />

sie zweifellos eine zentrale Rolle dabei, die<br />

Branche in die Zukunft zu führen und die Erwartungen<br />

der Kunden zu erfüllen – und sogar zu<br />

übertreffen.<br />

Die Zukunft der KEP-Branche mit dem Taschensorter<br />

ferag.skyfall<br />

ferag.skyfall ist ein teil- bis vollautomatisiertes<br />

System, welches für die Pufferung, die Sortierung<br />

und den innerbetrieblichen Transport von<br />

Waren entwickelt wurde. Er basiert auf einer<br />

modularen Konstruktion, bei der Pakete in<br />

individuellen Taschen platziert werden. Diese<br />

Taschen bewegen sich über Kopf an Schienen<br />

durch verschiedene Stationen, in denen sie<br />

gepuffert, sortiert und für die Weiterverarbeitung<br />

vorbereitet werden.<br />

Mit der Fähigkeit, ein Gewicht von bis zu 15 kg<br />

pro Tasche und Artikelgrößen von bis zu 600<br />

x 400 x 300 mm zu transportieren, hebt sich<br />

ferag.skyfall von anderen Lösungen ab. Genauso<br />

gut meistert ferag.skyfall das Sortieren<br />

und den Transport von Artikeln in verschiedenen<br />

Verpackungen, Abmessungen und Gewichten.<br />

Auch ermöglicht es der ferag.skyfall<br />

mehrere Artikel in einer Tasche zu sammeln<br />

und gemeinsam weiterzuverarbeiten. Das intelligente<br />

Design der Ferag-Taschen ermöglicht<br />

das schonende und sichere Transportieren<br />

von unverpackten respektive unfolierte<br />

Textilien. Die Vor- und Rückseite der Ferag-Taschen<br />

sind versteift. Damit kann die Tasche automatisch<br />

geöffnet werden. Bei der Übergabe<br />

gleitet das Produkt in die geöffnete Tasche.<br />

Diese schließt sich im Anschluss automatisch<br />

und somit wird das Produkt platzsparend und<br />

schonend transportiert. Das Abrutschen des<br />

Artikels auf den Taschenboden und damit das<br />

Verknittern wird verhindert. Eine Spezialrutsche<br />

bei der Abnahme/Übergabe optimiert den<br />

Transport zusätzlich.<br />

Auch der Anforderung an Höchstleistung trägt<br />

ferag.skyfall Rechnung: Die Taschen der Sorter<br />

hängen bei herkömmlichen Lösungen an<br />

einem Fixpunkt an der Schiene und bewegen<br />

sich in Fahrtrichtung zur Arbeitsstation, wo die<br />

Taschen nacheinander mechanisch befüllt<br />

oder geleert werden. Ist der Vorgang abgeschlossen,<br />

gibt der Mitarbeitende mittels Taster<br />

die Tasche zum Transport frei und holt wiederum<br />

gleichzeitig die nächste Tasche zu sich. Die Taschen<br />

des ferag.skyfalls hingegen drehen sich<br />

kurz vor der Arbeitsstation, während der Fahrt<br />

und ohne Unterbruch automatisch zum Mitarbeiter<br />

hin. Dieser leert oder befüllt die Tasche<br />

ergonomisch und schnell. Beim Wegfahren<br />

dreht sich die Tasche wieder in Fahrtrichtung.<br />

Die Vorteile dieser ebenso intelligenten wie<br />

nützlichen Lösung liegen auf der Hand: Nebst<br />

dem körperschonenden Handling für den Mitarbeiter<br />

fällt dank dieser Funktion das manuelle<br />

Freigeben der Taschen durch den Mitarbeitenden<br />

weg. Wartezeiten werden somit reduziert,<br />

der Durchsatz pro Stunde und Arbeitsstation<br />

auf bis zu 1'200 Taschen pro Stunde erhöht. Bindet<br />

man den ferag.skyfall zusätzlich an automatisierte<br />

Fördertechnik oder Induct-Stationen<br />

an, kann der Durchsatz sogar auf bis zu 1'800<br />

Taschen pro Stunde erhöht werden. Begrenzt<br />

wird der Durchsatz in diesem Fall nur durch<br />

die Leistung der Fremdsysteme, an die der Taschensorter<br />

von Ferag angebunden wird.<br />

Höhere Geschwindigkeit und Präzision also:<br />

Der ferag.skyfall hat eine hohe Sortierleistung<br />

und kann im Vergleich zu herkömmlichen Sortiersystemen<br />

auch Pakete platzsparend zwischenpuffern<br />

bis sie zur Weiterverarbeitung<br />

benötigt werden. Jedes Paket wird anhand<br />

von Barcode- oder RFID-Technologie genau<br />

erfasst und verwaltet. Dies führt insgesamt zu<br />

einer deutlichen Reduzierung von Fehlern und<br />

Verzögerungen in der Zustellkette. Die modulare<br />

Struktur des ferag.skyfall ermöglicht es,<br />

die Anlagen je nach Bedarf anzupassen und<br />

zu erweitern. Dadurch können KEP-Unternehmen<br />

auf saisonale Schwankungen und sich<br />

ändernde Anforderungen flexibel reagieren.<br />

Mit der Integration vom ferag.skyfall können<br />

KEP-Dienste genaue Echtzeit-Tracking-Informationen<br />

für jedes Paket bereitstellen. Ihre<br />

Kunden können den Status ihrer Sendungen<br />

verfolgen und erhalten transparente Informationen<br />

über den Fortschritt ihrer Lieferungen.<br />

Über Ferag:<br />

Ferag ist spezialisiert auf die Entwicklung von<br />

intralogistischen Gesamtlösungen in den Bereichen<br />

Produktion, E-Commerce und Omnichannel<br />

für die verschiedensten Branchen<br />

sowie für die Post- und 3PL-Automatisierung.<br />

Das seit über 65 Jahren am Markt befindliche<br />

Schweizer Familienunternehmen ist zudem<br />

einer der Weltmarktführer in der Entwicklung,<br />

der Konstruktion und dem Vertrieb von Materiaflusssystemen<br />

für unterschiedlichste Industrieanwendungen.<br />

Innovative Förder- und Sortierlösungen<br />

für die Intralogistik sind darüber<br />

hinaus eine konsequente und nachhaltige<br />

Weiterentwicklung der für die Printmedienproduktion<br />

entwickelten Ferag-Verarbeitungssysteme.<br />

Software- und Automationslösungen<br />

werden inhouse entwickelt und von Ferag<br />

eigenen Teams implementiert.<br />

Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in<br />

Hinwil / Zürich ist in 20 Ländern mit eigenen<br />

Vertriebs- und Servicegesellschaften vertreten<br />

und beschäftigt weltweit 600 Mitarbeitende.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S48<br />

INTRALOGISTIK<br />

20 Jahre OPM:<br />

Die Automatisierung<br />

für 100 Millionen<br />

Konsumenten<br />

Die Revolution in der Logistik des Lebensmitteleinzelhandels<br />

begann im Jahr 2003<br />

in Parkstein. Das OPM-System ist heute das<br />

weltweit erfolgreichste vollautomatische Logistik-<br />

und Kommissioniersystem für Handelseinheiten.<br />

Alles begann mit einem Tortenheber.<br />

. BEITRAG: REDAKTION<br />

HELMUT PRIESCHENK<br />

Die Geschichte des Order Picking<br />

Machinery (OPM)-Systems von<br />

WITRON beginnt an der Kaffeetafel<br />

von Walter Winkler in Parkstein.<br />

Ein Kuchen und ein Tortenheber des<br />

WITRON-Gründers brachten den Durchbruch.<br />

Die COM – das Herzstück des<br />

OPM-Systems war geboren. Wie ein Tortenheber<br />

unter das Kuchenstück gleitet, fährt<br />

die COM unter die zu kommissionierenden<br />

Artikel und belädt mit ihnen vollautomatisch,<br />

produktschonend, filialgerecht und<br />

fehlerfrei Paletten und Rollcontainer für<br />

die Stores der Lebensmitteleinzelhändler.<br />

„Wir haben eine Fabrik zur Fertigung von Filialpaletten“,<br />

erklärt Frédéric Pinier-Rafer von<br />

E.<strong>LE</strong>C<strong>LE</strong>RC Socara stolz. Das OPM-System feiert<br />

<strong>2023</strong> seinen 20. Geburtstag. Fast 100 OPM-Systeme<br />

arbeiten heute und versorgen täglich<br />

über 35.000 Filialen und 100 Mio. Konsumenten<br />

in Nordamerika, Europa und Australien.<br />

Revolution in der Logistik des <strong>LE</strong>H<br />

Das OPM war die Revolution für den Lebensmitteleinzelhandel,<br />

darin sind sich Helmut Prieschenk,<br />

CEO von WITRON und Karl Högen, CEO<br />

WITRON Nordamerika, einig. „Das war Walter<br />

Winklers Meisterstück“, meint Prieschenk. Und<br />

Högen erinnert sich: „Ich habe damals im<br />

Logistikhof Vertrieb gemacht. Als die Lösung<br />

erstmals intern vorgestellt wurde habe ich mir<br />

gedacht: Was für eine geniale Idee. Das wird<br />

groß!“<br />

Prieschenk und Högen sind heute primär auf<br />

das Business Development in den verschiedenen<br />

WITRON-Vertriebsregionen fokussiert<br />

und erinnern sich zurück an die ersten Projekte.<br />

„Der Pilot-Kunde und der Anstoß zur<br />

Entwicklung des OPM-Systems kamen über<br />

den Lebensmitteleinzelhändler KROGER<br />

aus den USA.“ Doch die Europäer folgten<br />

schnell. In Spanien und Deutschland entstanden<br />

die ersten OPM-Logistikzentren bei<br />

MERCADONA und EDEKA. Die Ausgangslage<br />

unterscheidet sich kaum zu heute. „Für viele<br />

Retailer waren Themen wie Personalmangel<br />

sowie eine hohe Fluktuation damals<br />

schon eine große Herausforderung in ihren<br />

konventionellen Lagern“, berichtet Högen.<br />

„Kein Wunder“, meint Prieschenk. „Da wurden<br />

Millionen von Tonnen an Lebensmitteln von<br />

Menschenhand bewegt.<br />

Die Mitarbeitenden mussten sich bücken,<br />

schwer heben und tragen. Das ist schon im<br />

Trockensortiment herausfordernd und macht<br />

keinen Spaß – und im Frische- und Tiefkühlbereich<br />

noch viel weniger.“<br />

Die Arbeitsplätze in den Verteilzentren wurden<br />

durch das OPM-System attraktiver. „Und stolz<br />

wurden die neuen Maschinen auf dem Familientag<br />

den Verwandten präsentiert“, erinnert<br />

sich Högen an die erste Anlage in Phoenix,<br />

Arizona. Im Lager brauchten die Kunden 60<br />

Prozent weniger Personal und dank der automatisiert<br />

produzierten Ladungsträger konnten<br />

die Transportkosten um mehr als 10 Prozent<br />

gesenkt werden und die Arbeitszeit für das<br />

Einräumen der Artikel in den Filialen reduzierte<br />

sich ebenso zweistellig. „Die Palette wird<br />

filialgerecht gebaut – individuell nach dem<br />

Planogramm der jeweiligen Filiale. Im Store<br />

muss sie nur einmal angefasst werden, sie<br />

kann direkt in die Regale eingeräumt werden<br />

oder geht in den Backroom“, berichtet Högen.<br />

Dazu kommt weniger Food-Waste durch<br />

Bruchware auf dem Transport oder beim Entpacken.<br />

Dank neuer Verpackungstechnologien<br />

im OPM-System müssen der Filialleiter und<br />

sein Team auch weniger Folie entsorgen. „Die<br />

OPM-Lösung wird ganzheitlich in den Organismus<br />

des Kunden integriert – ökonomisch, ökologisch<br />

und sozial“, so Högen.<br />

95 Prozent eines Vollsortimenters automatisiert<br />

händelbar<br />

„Entscheidend ist nicht, die Idee für eine<br />

Innovation zu haben“ betont Prieschenk,<br />

„entscheidend ist, diese Idee in der Praxis erfolgreich<br />

umzusetzen. Und genau das ist die<br />

Stärke von WITRON. Wir bringen Anlagen zum<br />

Laufen! Unabhängig von der Größe und der<br />

Komplexität der Aufgabenstellung“. So ist es<br />

mit OPM inzwischen möglich gut 95 Prozent<br />

des Artikelspektrums eines Vollsortimenters<br />

(Trocken, Frische und Tiefkühl) weitestgehend<br />

ohne Personaleinsatz vollautomatisch filialgerecht<br />

in Gangfolge auf Paletten bzw. Rollcontainer<br />

zu kommissionieren.<br />

Edeka zählte zu den ersten Kunden des<br />

OPM-Systems. Thomas Kerkenhoff, damaliger<br />

Logistikverantwortlicher der EDEKA Rhein-<br />

Ruhr-Stiftung hat dazu eine konkrete Meinung.<br />

„Es gibt keinen Anbieter am Markt, der über<br />

10.000 verschiedene Artikel vollautomatisch<br />

so effizient handeln kann, wie das WITRON-System.“<br />

Der Manager ist sich sicher: „Um eine<br />

Anlage dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich<br />

zu betreiben, musst du sowohl bei deinem Logistik-Partner<br />

als auch vor Ort eine verdammt<br />

gute Mannschaft haben, die permanent an<br />

der Weiterentwicklung der Mechanik-Komponenten<br />

und der Software arbeitet. Das<br />

funktioniert aber nur, wenn du auch einen<br />

Partner hast, der in der Branche weltweit bereits<br />

eine große Anzahl von Systemen installiert<br />

hat und somit über umfangreiche Erfahrung,<br />

Expertisen und Referenzen verfügt. Wenn ich<br />

investiere, dann muss das System mein Geschäftsmodell<br />

auch noch in 25 Jahren abbilden<br />

können – sich parallel dazu aber auch an<br />

neue Rahmenbedingungen und Geschäftsprozesse<br />

flexibel anpassen lassen. Das erwarte<br />

ich als Kunde.“ Und das kann das OPM-System<br />

– mittlerweile in der fünften Generation.<br />

„Unsere Systeme wachsen mit dem Kunden<br />

mit. Die Herausforderung in einem Projekt<br />

besteht darin, dass wir am Anfang der Projekt-Planung<br />

Zahlen bekommen, die sich<br />

während der Realisierungsphase schon wieder<br />

verändern können. Und wenn Märkte<br />

sich verändern, werden die Karten oftmals<br />

neu gemischt.“ So mussten beispielsweise für<br />

Kunden in Logistikzentren, die ursprünglich für<br />

WALTER WINK<strong>LE</strong>R


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S50<br />

eine reine Filial-Belieferung konzipiert wurden,<br />

innerhalb kürzester Zeit schlagkräftige E-Commerce-Prozesse<br />

integriert werden. Die Artikelanzahl<br />

verändert sich, das Volumen variiert,<br />

die Orderlines passen sich an, zusätzliche Vertriebswege<br />

kommen dazu. „Wir haben immer<br />

das Ziel vor Augen, allem voran einen hohen<br />

Konsumenten-Service, sehen die Logistik aus<br />

Sicht des Endkunden in der Filiale oder an der<br />

Haustüre, analysieren Entwicklungen“, erklärt<br />

Prieschenk, der den Vorteil hat, dass WITRON<br />

mit seinen Lösungen weltweit Märkte versorgt,<br />

die Prozesse im Lebensmitteleinzelhandel bis ins<br />

Detail kennt und Entwicklungen auf anderen<br />

Kontinenten schneller als andere wahrnimmt.<br />

Hohe Verfügbarkeit durch robuste Mechanik<br />

Der Erfolg des OPM-Systems beruht aber auch<br />

auf der Konstruktion des Systems. „Die Mechanik<br />

war immer einfach und daher robust,<br />

kaum fehleranfällig, leicht zu warten. Das sorgt<br />

für hohe Verfügbarkeit der Anlagen, 24/7. Die<br />

Software, der Schlichtalgorithmus übernimmt<br />

die Komplexität“, unterstreicht Prieschenk. Das<br />

sprach sich schnell rum in der Branche. Matt<br />

Swindells von Coles reiste mit seinem Team von<br />

Australien in die USA und Europa, bestaunte<br />

verschiedene Systeme und sein Kommentar<br />

danach: „Das ist wie Tetris auf Steroiden.“ Anschließend<br />

bestellte er für sein Unternehmen<br />

das OPM-System für die Standorte in Brisbane<br />

und Sydney. Über 2000 Seefrachtcontainer<br />

machten sich auf den Weg nach Downunder.<br />

Mit dem Flugzeug reisten die WITRON-Mitarbeiter<br />

voraus.<br />

WITRON-OnSite-Teams mit vielfältigen Aufgaben<br />

Doch WITRON ist nicht nur für die Technik verantwortlich,<br />

sondern gewährleistet ebenso mit<br />

gut ausgebildetem Personal eine permanent<br />

hohe Verfügbarkeit der Anlagen. „Da hat sich<br />

ein ganz neues Geschäftsmodell für uns entwickelt.<br />

Über 4.000 Menschen arbeiten mittlerweile<br />

im Bereich Service, Wartung und Anlagenbetrieb<br />

direkt vor Ort in den Verteilzentren<br />

der Kunden für uns“, unterstreicht Prieschenk.<br />

Service bedeutet für WITRON: Der Kunde kann<br />

sich dank der Techniker auf sein Kerngeschäft<br />

konzentrieren. Das WITRON-Erfolgsmodell On-<br />

Site-Team wurde 1998 bei SPAR in Wels geboren.<br />

Die hochdynamischen Prozesse in einem<br />

automatisierten Logistikzentrum forderten<br />

von WITRON damals neue Antworten. Sechs<br />

Männer kümmerten sich damals um die Anlage.<br />

Diese ist inzwischen hinsichtlich Fläche<br />

und Durchsatz um eine vielfaches gewachsen<br />

– und mit ihr die Service-Mannschaft. Sie<br />

sorgt für reibungslose Abläufe in Bezug, auf<br />

Mechanik und IT – die Automatisierung schafft<br />

attraktive Arbeitsplätze. „Nicht die Anzahl der<br />

Mitarbeiter in einem OnSite-Team ist entscheidend,<br />

sondern vielmehr deren umfangreiche<br />

Kompetenz, ihr großes Engagement sowie der<br />

Umfang des Aufgabenspektrums, wofür die<br />

WITRON-Experten die Verantwortung übernehmen“,<br />

erklärt Helmut Prieschenk.<br />

Herausforderung: Intelligente Netzwerke<br />

Und die Arbeit geht WITRON nicht aus. Die<br />

Kunden wollen neu bauen, aber auch Brownfield-Projekte<br />

mit dem OPM-System realisieren.<br />

Das OPM-System arbeitet wirtschaftlich und<br />

hocheffizient im Trocken-, Frische- und Tiefkühlbereich<br />

– unabhängig ob Neubau oder Bestandsgebäude.<br />

Doch es gibt neue Aufgaben<br />

für die Entwickler bei WITRON. Die Geschichte<br />

des OPM-Systems ist noch nicht zu Ende erzählt,<br />

heißt es in Parkstein. Die Anforderungen<br />

an die Intralogistik haben sich verändert und<br />

das OPM-System hat die Veränderungen im<br />

Markt gemeistert – aus einer reinen Filial-Versorgung<br />

werden Omnichannel-Zentren.<br />

„Wir haben das automatisierte Piece- und<br />

Case-Picking gelöst, Flow-Trough-Logistikzentren<br />

optimiert, Ugly-Artikel in den automatisierten<br />

Prozess eingebunden und denken jetzt<br />

noch weiter – über die Konsolidierung hinaus“,<br />

verspricht Högen. Intelligente Netzwerke sind<br />

die aktuelle Herausforderung. Jetzt sollen<br />

nicht nur die Logistikzentren, sondern die gesamten<br />

Supply Chains der Kunden leistungsstark<br />

werden. „Unser Ziel ist die Integration<br />

aller horizontalen und vertikalen Player eines<br />

Omnichannel-Netzwerks: Lieferanten, Logistikzentrum,<br />

Transport.<br />

KARL HÖGEN<br />

Ebenso die unterschiedlichen Vertriebskanäle:<br />

Filiale, Haustüre, Click & Collect, Drives. Es<br />

gilt also, eine leistungsstarke End-to-End-Retail-Plattform<br />

zu schaffen, in welcher Silos<br />

vermieden werden, alle Knoten permanent<br />

miteinander kommunizieren und sich gegenseitig<br />

optimieren“, blickt Prieschenk in die<br />

Zukunft. „Der Erfolg von WITRON setzt sich zusammen<br />

aus unserer Firmenkultur, technischem<br />

Knowhow und Domänenwissen, sind sich die<br />

beiden Manager einig. Walter Winkler würde<br />

sagen: „Wir kennen uns einfach damit aus.“<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S52<br />

INTRALOGISTIK<br />

Element Logic und<br />

Addverb stehen<br />

gemeinsam für<br />

innovative Lösungen<br />

Element Logic, der weltweit führende Auto-<br />

Store-Integrator, und Addverb, ein weltweit<br />

tätiger Spezialist für Robotik und Lagerautomatisierung,<br />

haben sich zu einer strategischen<br />

Partnerschaft zusammengeschlossen,<br />

die neue Maßstäbe setzt. BEITRAG: REDAKTION<br />

Durch die Kombination ihrer Spitzentechnologien<br />

ebnen beide Unternehmen<br />

den Weg für umfassende,<br />

durchgängig automatisierte<br />

Lagerlösungen. Die Zusammenarbeit wird die<br />

Abwicklungsprozesse, bei denen Flexibilität<br />

und Skalierbarkeit die Schlüssel für die Zukunft<br />

der Intralogistik sind, revolutionieren.<br />

Innovation durch strategische Partnerschaft<br />

Element Logic, der erste offizielle AutoStore-Integrator<br />

der Welt, ist ein Systemlieferant<br />

mit einem umfassenden Angebot an Technologie,<br />

Automatisierungskomponenten und<br />

IT-Lösungen. Addverb ist ein Spezialist für Robotik<br />

und Lagerautomatisierung, der eine<br />

einzigartige Kombination aus stationären<br />

und mobilen Automatisierungssystemen für<br />

intralogistische Abläufe sowie fortschrittlicher<br />

Unternehmenssoftware anbietet. Die strategische<br />

Verbindung beider Systeme ermöglicht<br />

es den Unternehmen, alle Aspekte der<br />

automatisierten Lagertechnik abzudecken,<br />

einschließlich effizienter Kommissionierung<br />

und interner Transportprozesse.<br />

Der Einsatz von autonomen mobilen Robotern<br />

(AMR), die von Addverb’s Flottenmanagementsystem<br />

Movect überwacht werden, kombiniert<br />

mit den umfassend skalierbaren AutoStore-basierten<br />

Lösungen von Element Logic<br />

bietet ein hohes Maß an Flexibilität in Projekten<br />

mit unterschiedlichsten Warenströmen. „Die<br />

Integration beider Systeme bietet den Kunden<br />

durchgängig automatisierte Lösungen für<br />

eine zuverlässige, effiziente und schnelle Auftragsabwicklung“,<br />

erläutert Joachim Kieninger,<br />

Director Strategic Business Development<br />

bei Element Logic Deutschland. Parallel dazu<br />

entwickeln die Unternehmen gemeinsam konsequent<br />

weitere Optimierungslösungen, zum<br />

Beispiel für automatisierte Übergabestellen<br />

von AutoStore mit AMR. Durch die Kombination<br />

der beiden Technologien können zahlreiche<br />

intelligente Anwendungen entstehen.<br />

Das Know-how beider Unternehmen eröffnet<br />

zusätzliche Möglichkeiten. So lassen sich die<br />

vor- und nachgelagerten Prozesse einer AutoStore-Anlage<br />

wie Wareneingang und Warenausgang,<br />

aber auch die Produktionsentsorgung<br />

und -versorgung durch hochflexible<br />

Lösungen für den Materialtransport sowie für<br />

Konsolidierungs- und Sequenzierungspuffer automatisieren.<br />

Die flexible Skalierbarkeit beider<br />

Systembereiche ermöglicht den nahtlosen Einsatz<br />

der Lösung über verschiedene Branchen,<br />

Bereiche und Unternehmensgrößen hinweg.<br />

„Mit den AutoStore-Systemen von Element<br />

Logic und einer Flotte von AMR von Addverb<br />

können die Komponenten und Roboter jederzeit<br />

an den jeweiligen Bedarf angepasst<br />

werden“, bestätigt Johnny Andersen, General<br />

Manager EMEA bei Addverb. Das macht die<br />

Lösungen äußerst zukunftssicher und bietet zusätzlich<br />

langfristige Investitionssicherheit.<br />

Wertschöpfung mit Effizienz und Nachhaltigkeit<br />

Diese Zusammenarbeit verdeutlicht die generellen<br />

und wesentlichen Vorteile der Automatisierung:<br />

Reduzierung des Personalbedarfs und<br />

der Kosten, insbesondere im Hinblick auf den<br />

zunehmenden Fachkräftemangel. Darüber hinaus<br />

bietet sie den Kunden ein umfassendes<br />

Lösungsangebot aus einer Hand, insbesondere<br />

bei internationalen Projekten zur Realisierung<br />

von durchgängigen Lagerautomatisierungslösungen.<br />

Solche Systeme senken die Betriebskosten<br />

und steigern den Gesamtgewinn.<br />

Die gemeinsamen Lösungen von Addverb und<br />

Element Logic decken die Anforderungen des<br />

Marktes an Effizienz und Nachhaltigkeit ab. „In<br />

Bezug auf die AutoStore-basierten Projekte<br />

von Element Logic berichten Kunden von signifikanten<br />

Steigerungen des Durchsatzes, der<br />

Kommissionierzuverlässigkeit und der Flächennutzung,<br />

mit Verbesserungen von bis zu 400%<br />

im Vergleich zu früheren Prozessen“, führt<br />

Kieninger aus. Neben der Effizienzsteigerung<br />

ermöglicht die Lösung eine optimale Raumnutzung<br />

und damit maximale Kapazitäten auf<br />

kleinstem Raum. „Im Vergleich zu herkömmlichen,<br />

fest installierten Systemen kann die Betriebseinrichtung<br />

einfach durch Hinzufügen<br />

weiterer AMR geändert und das AutoStore-System<br />

erweitert werden, ohne dass es zu Produktionsausfällen<br />

kommt. Die modularen Komponenten<br />

sind leicht zu demontieren und können<br />

an einem neuen Standort ohne großen Aufwand<br />

oder Verlust wieder installiert werden“,<br />

fügt Andersen hinzu. Die Systeme können daher<br />

lange Zeit wiederverwendet werden und<br />

reduzieren die Menge des Industrieabfalls.<br />

Darüber hinaus benötigen die Roboter kein<br />

Licht, um ihre Arbeit zuverlässig zu verrichten.<br />

In den gemeinsamen Lösungen übertragen<br />

die AMR von Addverb das „Ware-zur-Person“-Kommissionierprinzip<br />

der AutoStore-Systeme<br />

auch auf innerbetriebliche Transporte.<br />

Mit automatisierten Übergabestationen und<br />

integrierten Pick-Roboter-Lösungen für die automatische<br />

Kommissionierung wie dem eOperator<br />

von Element Logic verfügen Kunden<br />

dann über einen durchgängig automatisierten,<br />

effizienten Materialfluss.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S54<br />

Integration der Köpfe hinter den Bots<br />

Den Lagerleitern stehen Tools zur Verfügung,<br />

mit denen sie den Betrieb mit Echtzeitanalysen<br />

überwachen und datengestützte Entscheidungen<br />

treffen können. Für Transparenz über<br />

Bestände und Lagerorte im AutoStore sorgt<br />

eManager, das Lagerverwaltungs- und Steuerungssystem<br />

von Element Logistic für AutoStore.<br />

Die Software-Anbindung unterstützt einen reibungslosen<br />

Warenfluss als Voraussetzung für<br />

einen erfolgreichen Lagerbetrieb.<br />

Erleichterung des Wachstums durch Anpassung<br />

von Lagerkapazität und Durchsatz<br />

Beide Lösungssegmente sind durchgehend<br />

skalierbar. AutoStore verwendet ein Aluminiumgitter,<br />

in dessen Schächten die Behälter<br />

vertikal gestapelt sind. Die Behälter werden<br />

von Robotern ein-, aus- und umgelagert. Sogenannte<br />

Ports sind als Arbeitsstationen integriert.<br />

Das Design, die Technik und der modulare,<br />

redundante Aufbau bieten ein Höchstmaß an<br />

Stabilität und Zuverlässigkeit des Systems sowie<br />

eine hohe Flexibilität in Bezug auf seine Erweiterbarkeit.<br />

Bei wechselnden Geschäftsanforderungen,<br />

saisonalen Spitzen oder zukünftigem<br />

Wachstum können unabhängig von der<br />

Lagerkapazität problemlos zusätzliche Roboter<br />

und ggf. auch Ports integriert werden.<br />

In ähnlicher Weise führen die AMRs von<br />

Addverb die Erfolgsformel von Element Logic<br />

„flexibel, skalierbar und effizient“ fort. Einheiten<br />

können bei Bedarf im laufenden Betrieb flexibel<br />

hinzugefügt oder entfernt werden. Jedes<br />

Fahrzeug lässt sich leicht für neue Aufgaben<br />

umkonfigurieren, zum Beispiel als Transportbutler<br />

oder, integriert in eine automatisierte<br />

Kommissionierlösung, als Kommissionierassistent.<br />

Damit deckt der AMR nahezu alle Transportaufgaben<br />

zwischen Wareneingang und<br />

-ausgang sowie der Produktionsver- und -entsorgung<br />

ab.<br />

Sie entlastet die Mitarbeiter bei der Durchführung<br />

von Aufgaben, sorgt für effizientes<br />

Arbeiten und unterstützt die konfliktfreie Kommunikation<br />

zwischen allen Komponenten im<br />

Lager für einen optimalen Workflow. In ähnlicher<br />

Weise bietet Movect, das Flottenmanagementsystem<br />

von Addverb, eine robuste<br />

Lösung für die zentralisierte Verwaltung der<br />

AMR-Flotte. Durch Koordination, präzise Kontrolle<br />

und effiziente Planung der Arbeitsabläufe<br />

optimiert es die Aufgabenzuweisung an die<br />

Roboter und maximiert sowohl den Gesamtdurchsatz<br />

als auch die Produktivität.<br />

Um einen reibungslosen Ablauf für die Kunden<br />

zu gewährleisten, lassen sich das Fleet<br />

Management System (FMS) von Addverb und<br />

der eController von Element Logic über Standardschnittstellen<br />

nahtlos in jedes bestehende<br />

Warehouse Management System (WMS) integrieren<br />

und ermöglichen so eine durchgängige<br />

Materialflusskontrolle. Die Anbindung an das<br />

WMS bietet Echtzeit-Einblicke in Lagerbestände,<br />

Auftragsstatus und Betriebsleistung – und<br />

ermöglicht Engpassanalysen und eine kontinuierliche<br />

Optimierung der Arbeitsabläufe.<br />

Befähigung des Lagerpersonals<br />

Einerseits sorgen Addverb und Element Logic<br />

für eine sichere Umgebung für die Mitarbeiter,<br />

die inmitten der automatisierten Systeme<br />

arbeiten, indem sie die besten Praktiken und<br />

Standards für optimale Sicherheit in der Automatisierung<br />

befolgen. Die AMR verfügen über<br />

eine natürliche Navigation, SLAM-Algorithmen<br />

und fortschrittliche, sensorbasierte Leitsysteme<br />

zur Hindernisvermeidung, die einen sicheren<br />

Betrieb in einem Mensch-Roboter-Kooperationsbereich<br />

ermöglichen. Andererseits verringert<br />

die Automatisierung die körperliche Belastung<br />

und ermöglicht ein ermüdungsfreies<br />

Arbeiten. Ein Arbeitsumfeld mit technologisch<br />

anspruchsvollen Geräten steigert zudem die<br />

Qualität und ist zudem für die Mitarbeiter attraktiver.<br />

Beide Unternehmen werden sich auch in Zukunft<br />

den neuen Herausforderungen in der<br />

Lieferkette stellen, indem sie gemeinsam neue<br />

Lösungen entwickeln, um der Industrie zusätzliche<br />

Effizienzvorteile und Prozessoptimierung<br />

zu bieten. Dies wird es Addverb und Element<br />

Logic ermöglichen, sich noch erfolgreicher als<br />

Hauptanbieter von intelligenten Intralogistiklösungen<br />

auf globaler Ebene zu positionieren.<br />

Seit 1985 optimiert Element Logic die Leistung<br />

von Lagern und ist stolz darauf, als erster<br />

und größter AutoStore-Partner weltweit<br />

anerkannt zu sein. Im Jahr 2022 erweiterten<br />

wir unsere Position als führender SystemintegratorI,<br />

was uns zu einem der größten<br />

Systemintegratoren der Welt macht.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S56<br />

INTRALOGISTIK<br />

DHL Supply Chain und<br />

AutoStore kündigen die<br />

Ausweitung ihrer<br />

Partnerschaft an<br />

Element Logic, der weltweit führende AutoStore-Integrator,<br />

und Addverb, ein weltweit<br />

tätiger Spezialist für Robotik und Lagerautomatisierung,<br />

haben sich zu einer strategischen<br />

Partnerschaft zusammengeschlossen,<br />

die neue Maßstäbe setzt. BEITRAG: REDAKTION<br />

DHL Supply Chain, weltweit führender<br />

Anbieter von Kontraktlogistik,<br />

und AutoStore, ein richtungsweisendes<br />

Unternehmen für Robotertechnologie,<br />

das sich auf automatisierte Lager-<br />

und Bereitstellungssysteme spezialisiert<br />

hat, erweitern ihre Partnerschaft, um den automatisierten<br />

Lagerbetrieb auf globaler Ebene<br />

zu fördern.<br />

DHL Supply Chain, das bereits neun AutoStore-Lager<br />

operativ betreibt und vier weitere in<br />

Planung hat, ist auf dem besten Weg, einer<br />

der größten 3PL-Kunden von AutoStore zu<br />

werden und unterstreicht damit sein Engagement<br />

für Digitalisierung und Automatisierung.<br />

Die neun bestehenden Systeme handhaben<br />

effektiv 800.000 Behälter, wobei die kommenden<br />

vier Systeme die Behälterkapazität auf<br />

1,2 Millionen erhöhen werden. Zukünftig will<br />

DHL zusätzlich zu den bereits in Betrieb und<br />

in Planung befindlichen Anlagen fünf weitere<br />

Anlagen errichten.<br />

DHL Supply Chain und Roboterhersteller<br />

AutoStore bauen Partnerschaft weiter aus<br />

Die innovative Technologie für automatisierte<br />

Lager- und Bereitstellungssysteme wurde<br />

entwickelt, um den Lagerbestand effizient<br />

zu verwalten und zu optimieren und dabei<br />

den Platzbedarf in Lagern deutlich zu reduzieren.<br />

Das hochgradig modulare und skalierbare<br />

Design macht das System zu einer bevorzugten<br />

Lösung für den E-Commerce und<br />

Unternehmen, die mit kleineren Produkten<br />

wie Mode- und Technikartikeln handeln. Das<br />

strategische Ziel von DHL und AutoStore ist es,<br />

durch diese Partnerschaft die Implementierung<br />

dieser bahnbrechenden Technologie zu<br />

beschleunigen, die die Fähigkeiten zur Erfüllung<br />

vielfältiger Kundenbedürfnisse verbessert.<br />

Eine Flotte von mehr als 1.000 Robotern wird<br />

die betriebliche Effizienz und den Durchsatz<br />

steigern<br />

Markus Voss, COO und CIO bei DHL Supply<br />

Chain, unterstreicht die Bedeutung dieser<br />

Kooperation: „Wir freuen uns, unsere bestehende<br />

Zusammenarbeit mit AutoStore zu intensivieren.<br />

Durch die Umsetzung unserer Digitalisierungs-<br />

und Automatisierungsstrategie<br />

in immer mehr Distributionszentren können wir<br />

unsere Kunden noch besser und schneller bedienen.<br />

Die modulare AutoStore-Technologie<br />

ist optimal auf unser Ziel zur Steigerung der betrieblichen<br />

Effizienz ausgelegt. Die Lösung lässt<br />

sich schnell skalieren und an verschiedene<br />

Anwendungsfälle und Absatzmärkte anpassen.<br />

Für uns ist das ein entscheidender Faktor.<br />

Durch den standardisierten Ansatz und gezielte<br />

Absprachen zur Verfügbarkeit von AutoStore<br />

Komponenten werden wir auch die Zeiten<br />

für die Implementierung dieser Systeme deutlich<br />

verkürzen. Darüber hinaus ist das Partnernetzwerk<br />

von AutoStore für unserer weltweite<br />

Wachstumsstrategie in den verschiedenen Regionen<br />

von unschätzbarem Wert.“<br />

DHL Supply Chain und AutoStore arbeiten<br />

schon seit 2012 gemeinsam an der Implementierung<br />

modernster Lösungen an Standorten in<br />

Singapur, Polen, Deutschland, Australien und<br />

den USA. Die fortlaufende Zusammenarbeit<br />

hat bereits zu Erweiterungen an allen Standorten<br />

geführt, so dass mittlerweile eine Flotte<br />

von mehr als 1.000 Robotern weltweit bei DHL<br />

im Einsatz ist, die ganz erheblich zur operativen<br />

Effizienz und zum schnelleren Warendurchsatz<br />

beiträgt.<br />

Mats Hovland Vikse, CEO von AutoStore, zeigte<br />

sich begeistert über die Erweiterung: „Unsere<br />

langjährige Zusammenarbeit mit DHL Supply<br />

Chain hat die Stärke, Zuverlässigkeit und Effizienz<br />

der AutoStore-Technologie unter Beweis<br />

gestellt. Wir freuen uns sehr, diese geschätzte<br />

Partnerschaft weiter auszubauen und DHL Supply<br />

Chain bei der globalen Einführung von automatisierten<br />

Lagerlösungen zu unterstützen.<br />

Wir freuen uns über die bedeutenden Wachstumschancen,<br />

die sich dadurch für AutoStore<br />

ergeben, da wir weiterhin Innovationen in der<br />

Welt der Logistik vorantreiben.“<br />

Die erweiterte Partnerschaft zwischen DHL<br />

Supply Chain und AutoStore verspricht, die Zukunft<br />

der Lagerhaltung neu zu definieren und<br />

skalierbare, anpassungsfähige und effiziente<br />

Lösungen anzubieten, die den sich ständig<br />

weiterentwickelnden Bedürfnissen von Kunden<br />

weltweit gerecht werden.<br />

DHL-Video: https://f.io/NcUiOAct<br />

DHL ist die weltweit führende Marke in der<br />

Logistikbranche. Unsere DHL-Abteilungen<br />

bieten ein konkurrenzloses Portfolio an Logistikdienstleistungen,<br />

das von nationaler<br />

und internationaler Paketzustellung, E-Commerce-Versand-<br />

und Fulfillment-Lösungen,<br />

internationalem Express-, Straßen-, Luft- und<br />

Seetransport bis hin zum industriellen Supply<br />

Chain Management reicht. Mit rund 380.000<br />

Mitarbeitern in mehr als 220 Ländern und<br />

Territorien weltweit verbindet DHL Menschen<br />

und Unternehmen sicher und zuverlässig<br />

und ermöglicht globale nachhaltige<br />

Handelsströme. Mit spezialisierten Lösungen<br />

für Wachstumsmärkte und Branchen wie<br />

Technologie, Biowissenschaften und Gesundheitswesen,<br />

Ingenieurwesen, Fertigung<br />

und Energie, Automobilmobilität und Einzelhandel<br />

positioniert sich DHL entscheidend<br />

als „Das Logistikunternehmen für die Welt“.<br />

DHL ist Teil der Deutschen Post DHL Group.<br />

Der Konzern erwirtschaftete im Jahr 2021 einen<br />

Umsatz von mehr als 81 Milliarden Euro.<br />

Mit nachhaltigen Geschäftspraktiken und<br />

einem Engagement für Gesellschaft und<br />

Umwelt leistet der Konzern einen positiven<br />

Beitrag für die Welt.<br />

AutoStore wurde 1996 gegründet und ist ein<br />

Technologieunternehmen, das Lösungen<br />

für die Auftragsabwicklung entwickelt, um<br />

Unternehmen dabei zu helfen, Effizienzsteigerungen<br />

bei der Ein- und Auslagerung von<br />

Waren zu erzielen. Das Unternehmen bietet<br />

sowohl Hardware- als auch Softwarefunktionen<br />

an, und die AutoStore-Technologie<br />

ist mit anderen Lösungen von Drittanbietern<br />

interoperabel. AutoStore ist global, mit<br />

1.250+ Systemen in 50 Ländern. Alle Verkäufe<br />

werden von einem Netzwerk qualifizierter<br />

Systemintegratoren, die als „Partner“<br />

bezeichnet werden, vertrieben, entworfen,<br />

installiert und gewartet. AutoStore wurde in<br />

Nedre Vats an der Westküste Norwegens<br />

gegründet. Das Unternehmen verfügt über<br />

Niederlassungen in Norwegen, den USA,<br />

Großbritannien, Deutschland, Frankreich,<br />

Spanien, Italien, Österreich, Südkorea, Japan,<br />

Australien und Singapur sowie Produktionsstätten<br />

in Koszalin, Polen.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S58<br />

INTRALOGISTIK<br />

Industrielle Wearables<br />

sind Wegbereiter für<br />

kollaborative<br />

Automatisierung<br />

Eine internationale Studie unter Führungskräften<br />

in der Lager- und Logistikbranche<br />

zeigt, dass 56 % der Befragten derzeit<br />

Wearables einsetzen.<br />

BEITRAG:REDAKTION<br />

AXEL SCHMIDT<br />

Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der<br />

Führungskräfte in der Lager- und<br />

Logistikbranche nutzen derzeit<br />

Wearables, um die Effizienz im<br />

Lager zu verbessern, so eine neue Studie von<br />

ProGlove. Die Studie des Wearable-Tech-Pioniers<br />

zeigt auch, dass 42 Prozent der Befragten<br />

sicher sind, dass sie in den nächsten fünf<br />

Jahren in industrielle Wearables investieren<br />

werden, um ihre Lagerabläufe zu verbessern.<br />

Weniger als ein Viertel der Befragten nutzt derzeit<br />

eine vollständige Automatisierung.<br />

Im Rahmen der Studie wurden mehr als 1.000<br />

Manager, Geschäftsführer und C-Suite-Fachkräfte<br />

aus dem Lager- und Logistikbereich in<br />

den USA, Großbritannien, Deutschland, Italien,<br />

Spanien, Frankreich und den nordischen Ländern<br />

befragt. Obwohl KI in den letzten Monaten<br />

die Nachrichtenagenda dominiert hat,<br />

setzt derzeit weniger als ein Fünftel der Befragten<br />

diese Technologie in ihrem Lager ein. Es<br />

ist klar, dass Investitionen in KI im Gange sind,<br />

aber nicht in dem Maße, wie man vielleicht erwarten<br />

würde.<br />

Für die Zukunft planen<br />

Die Umfrage untersuchte, wie Lager- und<br />

Logistikmanager in den nächsten fünf Jahren<br />

investieren wollen, um die Lagereffizienz weiter<br />

zu verbessern. Halb- oder teilautomatisierte<br />

Systeme wurden von 49,4 % der Befragten als<br />

oberste Priorität genannt, dicht gefolgt von<br />

KI-Technologien mit 46,9 %. Wearables für die<br />

Industrie bleiben für die Befragten ein wichtiger<br />

Investitionsschwerpunkt. 42 % planen<br />

die weitere Einführung von Wearables in der<br />

Industrie. Vollautomatisierung ist nur für 30,6 %<br />

eine Priorität.<br />

„Das Potenzial für die Zusammenarbeit von<br />

Mensch und Maschine ist enorm“, kommentiert<br />

Stefan Lampa, Robotik-Pionier und CEO<br />

von ProGlove. „Die Zahl der Unternehmen,<br />

die auf Automatisierung setzen, wird in den<br />

kommenden Jahren zweifellos steigen. Das<br />

ist ein gewaltiges Unterfangen, das die Arbeit<br />

der Menschen stark verändern wird. Aber im<br />

Gesamtbetrieb eines Lagers gibt es viele verschiedene<br />

Anforderungen, die erfüllt werden<br />

müssen. Deshalb werden auch in den kommenden<br />

Jahren die kognitiven Stärken, die<br />

physische Beweglichkeit und die Problemlösungskompetenz<br />

der menschlichen Arbeitskraft<br />

eine wichtige Rolle spielen. Die Kombination<br />

dieser menschlichen Qualitäten mit der<br />

Leistungsfähigkeit der Automatisierungstechnik<br />

wird im nächsten Jahrzehnt ein entscheidender<br />

Erfolgsfaktor sein”.<br />

Neben dem Einsatz von Industrie Wearables<br />

wurde auch die Nutzung von teil- und vollautomatisierten<br />

Systemen untersucht. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass 34,5 % der Unternehmen<br />

derzeit halb- oder teilautomatisierte Systeme<br />

einsetzen und nur 22 % eine vollständige Automatisierung<br />

eingeführt haben.<br />

Stefan Lampa weiter: „Die Ergebnisse zeigen<br />

deutlich die wichtige Rolle von industriellen<br />

Wearables und halbautomatischen Technologien.<br />

In diesem Bereich liegt ein enormes<br />

Potenzial. Mit dem Eintritt in eine neue Ära<br />

der operativen Exzellenz werden sie zweifellos<br />

eine noch entscheidendere Rolle dabei spielen,<br />

die Zusammenarbeit zwischen Menschen<br />

und Maschinen zu erleichtern, damit diese<br />

nahtlos zusammenarbeiten können.“ (RED)<br />

Der Umfragebericht<br />

„Das Lager in 5 Jahren“<br />

ist abrufbar unter:<br />

https://proglove.com/<br />

de/lager-in-5-jahren-umfrage/


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S60<br />

RALF DIEMER<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

EU-Parlament vergibt<br />

Chance für erneuerbare<br />

Kraftstoffe in EURO 7<br />

Die von der EU-Kommission vorgegebenen<br />

Technologien sind nur ein Teil der<br />

Lösung – es braucht auch Klimasprit,<br />

hybride Antriebe und Verbrauchssenkung<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Mit der Abgasnorm EURO 7 soll<br />

die Schadstoff- und Lärmbelastung<br />

europäischer Städte weiter<br />

sinken, die Luftqualität steigen.<br />

Gleichzeitig könnte mit dieser Norm die Möglichkeit<br />

geschaffen werden, eine neue Typgenehmigungsklasse<br />

für Fahrzeuge zu definieren,<br />

deren Betrieb ausschließlich mit erneuerbaren<br />

Kraftstoffen erfolgt. Zusätzlich könnte mittels<br />

eines Kohlenstoff-Korrektur-Faktors (CCF) der<br />

Marktanteil bereits verfügbarer CO2-neutraler<br />

Kraftstoffe in der CO2-Bilanz der Fahrzeughersteller<br />

berücksichtigt werden. Das Europäische<br />

Parlament lehnte knapp mit etwa<br />

25 fehlenden Stimmen die Ausgestaltung zugunsten<br />

erneuerbarer Kraftstoffe in der heutigen<br />

Plenarsitzung ab. Damit wird eine weitere<br />

Chance vergeben, dass Fahrzeuge mit<br />

Verbrennungsmotor durch die Nutzung von<br />

klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen<br />

einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz<br />

leisten können.<br />

„Das Plenum des Europäischen Parlaments hat<br />

sich heute trotz vorheriger positiver Positionierungen<br />

im Verkehrs- und Industrieausschuss in<br />

seiner finalen Abstimmung gegen die Nutzung<br />

erneuerbarer Kraftstoffe ausgesprochen. Die<br />

Mehrheit der Abgeordneten unterstreicht damit<br />

erneut ihre restriktive Gangart gegenüber<br />

synthetischen Kraftstoffen und fährt weiter mit<br />

Vollgas in eine technologische Einbahnstraße“,<br />

bedauert Ralf Diemer, Geschäftsführer<br />

der eFuel Alliance die Entscheidung.<br />

„Es ist wichtig, dass wir die Schadstoffemissionen<br />

von Verbrennungsmotoren weiter reduzieren.<br />

Darüber hinaus sollten wir dafür sorgen,<br />

dass der Kraftstoff saubererer und vor allem<br />

klimafreundlich wird. Nur so können wir sicherstellen,<br />

dass alle bis 2035, und mit eFuels betrieben<br />

auch darüber hinaus, zugelassenen<br />

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nicht<br />

nur klima- sondern auch umweltpolitisch ihren<br />

Beitrag leisten.“<br />

Die Abgasnorm EURO 7 betrifft nicht nur PKW<br />

und leichte Nutzfahrzeuge, sondern normiert<br />

gleichzeitig die Rahmenbedingungen für<br />

schwere Nutzfahrzeuge wie Busse und LKW.<br />

Eine Anrechnung klimafreundlicher Kraftstoffe<br />

in der Typzulassung EURO 7 hätte die faktischen<br />

Verbote für Verbrennungsmotoren aus den<br />

CO2-Flottenregulierungen ergänzt und den<br />

Verkauf von Fahrzeugen, die nachweislich mit<br />

erneuerbaren Kraftstoffen betrieben werden,<br />

weiter ermöglicht. Gerade für Flottenbetreiber<br />

und Logistikunternehmen, hauptsächlich kleinund<br />

mittelständische Unternehmen hätte sich<br />

eine Möglichkeit ergeben, den Übergang zur<br />

Klimaneutralität kosteneffizienter und praktikabler<br />

zu gestalten“, so Diemer. „Vor dem<br />

Hintergrund politischer und wirtschaftlicher Risiken<br />

aufgrund massiver Abhängigkeiten der<br />

Batteriewertschöpfungskette aus China und<br />

dem schleppenden Ausbau der Ladeinfrastruktur,<br />

ist es fahrlässig, weiterhin alles auf eine<br />

Karte zu setzen. Wir vergeben zudem enorme<br />

Chancen, unsere Position als Technologieführer<br />

von Power-to-XAnwendungen global zu<br />

stärken.“<br />

Die finale Entscheidung über die Ausgestaltung<br />

der Abgasnorm EURO 7 wird im Trilogverfahren<br />

zwischen Kommission, Parlament und<br />

Rat getroffen. Der Rat hatte seine Position zu<br />

EURO 7 bereits Ende September verabschiedet.<br />

Mit dem heutigen Parlamentsbeschluss ist<br />

der Weg freit für den finalen Entscheidungsfindungsprozess.<br />

Auch im Trilogverfahren besteht<br />

weiterhin die Möglichkeit, zu einer vernünftigen<br />

und pragmatischeren Lösung zu kommen,<br />

die den Bedürfnissen der Klimapolitik und<br />

der Logistikketten gerecht wird. (RED)<br />

www.efuel-alliance.eu


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S62<br />

Podiumsrunde beim 2. SMATRICS E-Mobility Talk<br />

(v.l.n.r.): Dipl.-Wirt.-Ing. Hauke Hinrichs, CEO SMATRICS,<br />

Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer E-Bridge Consulting,<br />

Deutschland, Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs<br />

Energie, und Dr. Robert Spolwind, Head of Portfolio<br />

Management and Energy Economics bei VERBUND.<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Elektromobilität als<br />

Chance für die<br />

Energiewende<br />

Die E-Mobilität ist nicht nur Treiber der<br />

Mobilitätswende, sie ist auch ein entscheidender<br />

Baustein für die Energiewende. Als<br />

mobile Stromspeicher können E-Fahrzeuge in<br />

Zukunft zur Stabilisierung des Stromnetzes<br />

beitragen. Was es dazu aber dringend<br />

braucht, sind zukunftsfitte Netze und smarte<br />

Charging-Lösungen. BEITRAG: REDAKTION<br />

Beim 2. E-Mobility Talk am 23.11.<strong>2023</strong><br />

lud SMATRICS Expert:innen aus der<br />

E-Wirtschaft, um die Rolle von Elektromobilität<br />

für die Energiewende zu<br />

beleuchten. Vertreten waren Dipl.-Wirt.-Ing.<br />

Hauke Hinrichs, CEO SMATRICS, Dr. Barbara<br />

Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs<br />

Energie, Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer<br />

E-Bridge Consulting, Deutschland, und Dr. Robert<br />

Spolwind, Head of Portfolio Management<br />

and Energy Economics bei VERBUND.<br />

Die erfolgreiche Integration von Elektromobilität<br />

in das Stromnetz erfordert neben technologischen<br />

Fortschritten auch infrastrukturelle<br />

Upgrades, intelligente Systeme zur Energieverwaltung<br />

und eine unterstützende regulatorische<br />

Umgebung. Nur dann kann das volle<br />

Potenzial der Elektromobilität als Teil eines<br />

smarten Energieökosystems genutzt werden.<br />

Die Zukunft liegt im<br />

Smart Charging-Ökosystem<br />

„E-Mobilität ist Teil der Lösung für eine erfolgreiche<br />

Energiewende. Die Technologie zur Rückspeisung<br />

von E-Fahrzeugen in die PV-Anlage<br />

eines Hauses gibt es seit mehr als zehn Jahren.<br />

Nur die dazugehörenden Geschäftsmodelle<br />

und der Markt entwickelten sich langsamer.<br />

Was es in Zukunft dringend braucht – und wir<br />

sind uns der Komplexität durchaus bewusst – ist<br />

ein sogenanntes Smart Charging-Ökosystem“,<br />

fordert Hauke Hinrichs, CEO von SMATRICS.<br />

„Damit können Ladevorgänge sowohl für<br />

Fahrzeugbesitzer:innen als auch für das Stromnetz<br />

effizient und optimal gestaltet werden.<br />

Es ermöglicht eine intelligente Nutzung der<br />

Energiequellen, minimiert Kosten und reduziert<br />

Belastungen im Stromnetz.“<br />

E-Mobilität als Unterstützung<br />

für benötigten Speicherausbau<br />

„Für das Stromnetz ist der Ausbau der Erneuerbaren<br />

eine Herausforderung. Wie auch aus<br />

dem integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan<br />

(ÖNIP) ersichtlich, ist ein massiver<br />

Ausbau der erneuerbaren Energien zu erwarten.<br />

Besonders die Photovoltaik hat durch ihre<br />

niedrigen Erzeugungskosten das Potenzial,<br />

die Energiewende signifikant zu beeinflussen“,<br />

betont Robert Spolwind, Head of Portfolio<br />

Management and Energy Economics bei VER-<br />

BUND. „Allerdings muss es auch Möglichkeiten<br />

geben, die an sonnigen Tagen gewonnenen<br />

Energieüberschüsse zu speichern. Es braucht<br />

daher Netze und Speichertechnologien, die<br />

uns helfen mit den Schwankungen und Überschüssen<br />

sinnvoll umzugehen. Die Batteriespeicher<br />

von E-Autos sind hier eine hervorragende<br />

Ergänzung zu Pumpspeichern.“<br />

Blick nach Deutschland<br />

„Wir sehen einen Hochlauf sowohl bei den<br />

Elektroautos, als auch den Netzanschlüssen<br />

von Wallboxen und Schnellladern. Die damit<br />

verbundene gigantische Flexibilität von E-Autos<br />

kann es uns ermöglichen unsere „Stromautobahnen“<br />

zu entlasten und Erneuerbare<br />

Energien besser ins Netz zu integrieren,“ erklärt<br />

Dr. Henning Schuster, Geschäftsführer<br />

E-Bridge Consulting. „Um diese Entwicklung<br />

weiter zu fördern und Hürden für die Elektromobilität<br />

aus dem Weg zu räumen, hat das<br />

deutsche Bundesministerium einen Branchendialog<br />

zur Beschleunigung der Netzanschlüsse<br />

gestartet. Dieser enthält ganz konkrete<br />

Maßnahmen für einheitliche Anschlussbedingungen,<br />

vereinfachte Verfahren, die<br />

Harmonisierung und Reduzierung der Kosten<br />

und das Erleichtern der Inbetriebnahmen.<br />

Um die Flexibilität der E-Autos vollständig<br />

entfalten zu können, braucht es eine umfassende<br />

Digitalisierung der Stromnetze. Dies<br />

startet in Deutschland jetzt mit konkreten Digitalisierungsanforderungen<br />

durch die Bundesnetzagentur.<br />

Uns ist bewusst, dass die<br />

Gestaltung dieses notwendigen komplexen<br />

prozessualen Rahmens einige Jahre dauern<br />

wird.“<br />

Die E-Mobilität ins System bringen<br />

„Verkehr trägt rund ein Drittel zum CO2-Ausstoß<br />

und Energieverbrauch bei. Daher leistet<br />

E-Mobilität einen entscheidenden Beitrag<br />

zum Klimaschutz und ist einer der Schlüssel<br />

in eine CO2-freie Energiezukunft. Der erwartete<br />

höhere Strombedarf durch E-Autos<br />

ist für Österreich zu schaffen, das sehe<br />

ich nicht als große Herausforderung. Was<br />

es aber dringend braucht, ist ein Upgrade<br />

der Energieinfrastruktur und angepasste<br />

Rahmenbedingungen. Um die Flexibilität<br />

im Energiesystem zu erhöhen, erfordert es<br />

digitale Lösungen für das Lade- und Lastmanagement,<br />

um kunden- und marktorientierte<br />

Ladeservices entwickeln zu können<br />

und den erforderlichen Netzausbau zu<br />

optimieren. Denn wir können die Zukunft<br />

nicht mit den Regeln der Vergangenheit<br />

gestalten“, betont Schmidt zum Abschluss.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S64<br />

Energiedichte verschiedener Energieträger im Vergleich<br />

Flüssige Kraftstoffe wie Benzin, Diesel und Kerosin weisen im Vergleich zu anderen Energieträgern<br />

eine besonders hohe Energiedichte auf. Zudem sind sie unter Raumdruck und Raumtemperatur<br />

lagerbar. Damit ist auch der Transport flüssiger Energieträger technisch einfach machbar,<br />

was ein deutlicher Vorteil gegenüber Energieträgern in anderer Form ist.Aufgrund der<br />

gleichen chemischen Zusammensetzung gelten all diese Vorteile auch für eFuels-Produkte.<br />

https://bit.ly/3Gs3JB1<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

eFuels sind der<br />

Schlüssel zum globalen<br />

Klimaschutz<br />

Der ausschließliche Fokus auf die E-Mobilität<br />

schadet der Umwelt, weil technologische<br />

Fortschritte gebremst werden, die bei der<br />

Reduktion der CO2-Emissionen Rückenwind<br />

geben würden. BEITRAG: REDAKTION<br />

Im Rahmen der Wirtschaftsgespräche Bratislava,<br />

die von 6. bis 8. November <strong>2023</strong> in<br />

der slowakischen Hauptstadt stattfanden,<br />

tauschten sich internationale Expert:innen<br />

über die Mobilität der Zukunft aus und diskutierten,<br />

welchen aktiven Beitrag die unterschiedlichen<br />

Mobilitätslösungen zur Bekämpfung des<br />

Klimawandels leisten können. Dabei wurden<br />

vor allem klimaneutrale, grüne Kraftstoffe –<br />

dazu gehören unter anderem synthetische<br />

eFuels, die aus grünem Wasserstoff, Ökostrom<br />

und CO2 hergestellt werden – als globaler Gamechanger<br />

und erfolgversprechendste Alternative<br />

zu fossilen Kraftstoffen hervorgehoben.<br />

in Zukunft noch stärker von Energieimporten<br />

abhängigen sein wird als heute. Zweitens wird<br />

das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen<br />

dem Norden und dem Süden verringert, da<br />

der Süden den Norden nachhaltig mit grüner<br />

Energie versorgen kann. Die Internationalisierung<br />

des Klimaschutzes scheint von der Europäischen<br />

Politik leider schon aufgegeben worden<br />

zu sein.“<br />

Synthetische Kraftstoffe geben aber auch für<br />

andere Technologien wichtige Impulse, dazu<br />

gehören unter anderem Direct Air Capture,<br />

CO2-Recycling, effiziente Wasserstoffgewinnung,<br />

Verbrauchsreduktion sowie die innovative<br />

Verknüpfung von grünem Methanol mit<br />

E-Antrieb.<br />

Regulatorische Hindernisse bremsen flächendeckende<br />

Versorgung<br />

Aktuell wird der Ausbau der weltweiten<br />

eFuels-Produktion noch durch regulatorische<br />

Hindernisse gebremst. Stephan Schwarzer:<br />

„Die EU-Kommission verhindert mit ihrer praxisfernen<br />

Definition von grünem Wasserstoff die<br />

rasche Verfügbarkeit dieser klimaneutralen<br />

Energieform. Steuervorteile und Förderungen<br />

dürfen grünen Treibstoffen nicht verschlossen<br />

bleiben. Wenn wir das Klima retten wollen,<br />

dann müssen wir auf alle verfügbaren Lösungen<br />

zurückgreifen. Der ausschließliche Fokus<br />

auf die E-Mobilität schadet der Umwelt, weil<br />

technologische Fortschritte gebremst werden,<br />

die uns bei der Reduktion der CO2-Emissionen<br />

Rückenwind geben würden.“ (RED)<br />

Die Vorteile von eFuels seien sowohl aus wissenschaftlicher,<br />

aber auch aus volkswirtschaftlicher<br />

und praktischer Sicht unschlagbar:<br />

eFuels sind zum einen das perfekte Speichermedium<br />

und machen grüne Energie auch<br />

über lange Strecken transportierbar. Zum<br />

anderen kann die bestehende Infrastruktur –<br />

vom Tankschiff über die Zapfsäulen bis hin zum<br />

Bestandsfahrzeug – ohne teure Umrüstkosten<br />

oder kapitalintensive Neuinvestitionen in das<br />

Stromnetz weiterverwendet werden. Hinzu<br />

kommt die breite Anwendungsmöglichkeit –<br />

vom Flugzeug bis zum Privat-PKW.<br />

STEPHAN SCHWARZER<br />

Stephan Schwarzer, Geschäftsführer der<br />

eFuel Alliance Österreich, sieht aber auch<br />

einen globalen Mehrwert in der innovativen<br />

eFuels-Technologie: „Synthetische Kraftstoffe<br />

sind der Schlüssel zum globalen Klimaschutz,<br />

denn dieser profitiert zweifach: Erstens erhöht<br />

sich die Versorgungssicherheit in Europa, das


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S66<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Telematik-Daten<br />

effizient einsetzen<br />

Die moderne Logistik erlebt immer wieder<br />

Disruptionen der Lieferketten und hat<br />

daher viele Herausforderungen zu bewältigen.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Echtzeit-Tracking einer Flotte hilft dabei,<br />

diesen Störungen effizient und erfolgreich<br />

zu begegnen. Denn so wissen<br />

Unternehmen stets: Wo befinden sich<br />

Fahrer und Ladung? Wie ist der Zustand der<br />

Ladung ist? Und kommt sie pünktlich beim<br />

Kunden an? Und auch die Wartung der Assets<br />

wird nicht vergessen, da die Nutzung jedes einzelnen<br />

Fahrzeugs von den Trackern übermittelt<br />

wird. Diese klassische Datennutzung der über<br />

Kameras und IoT-Tracker gesammelten Daten<br />

bietet allerdings auch wertvolle Informationen<br />

für andere Abteilungen. Heinz-Hermann Tiben<br />

von Powerfleet erklärt, welche Abteilungen<br />

von den Flottendaten profitieren:<br />

Die Distribution: Logistik und Transport<br />

Direkt von den Informationen profitieren die<br />

Flottenmanager, Logistikabteilungen und<br />

Fahrer. So lassen sich etwa die gesammelten<br />

Daten nutzen, um optimale Routen für die<br />

Lieferungen zu planen und so Zeit sowie Treibstoff-<br />

oder Stromkosten zu sparen. Gerade<br />

bei längeren Strecken lassen sich Pausenzeiten<br />

sowie Tank- und Lademöglichkeiten entlang<br />

der Strecke besser einbinden. Außerdem<br />

können Flottenmanager in Echtzeit besser auf<br />

Stauinformationen reagieren und die Routen<br />

umorganisieren. Gleichzeitig überwachen sie<br />

die Fahrzeuge und deren Ladung entlang der<br />

gesamten Lieferkette. Bei einer Integration<br />

von Touren- & Routenoptimierungssoftware<br />

kann das sogar per API/EDI/X-Server automatisiert<br />

erfolgen, oder dem Flottenmanager als<br />

Vorschlag präsentiert werden.<br />

Doch auch die Lagerverwaltung profitiert von<br />

den Flotteninformationen. Die Daten lassen<br />

sich beispielsweise zur Verbesserung der Bestandsverwaltung<br />

in der gesamten Lieferkette<br />

verwenden. So ist immer bekannt, welche<br />

Waren sich noch im Lager und welche sich<br />

im Transit befindet. Ebenso lässt sich der Status<br />

von Nachbestellungen überprüfen. Das verhindert<br />

Engpässe und hilft dabei, überschüssige<br />

Bestände umzuverteilen oder abzubauen.<br />

Die Sozialen: Personalabteilung<br />

Die Daten lassen sich ebenfalls dazu verwenden,<br />

die Arbeitszeiten zu optimieren. Vor allem<br />

Trucker sind oft stundenlang auf der Straße unterwegs.<br />

Mithilfe der gesammelten Informationen<br />

kann die HR-Abteilung überwachen, ob<br />

die maximalen Arbeits- und vorgeschriebenen<br />

Ruhezeiten eingehalten werden. Das minimiert<br />

das Unfallrisiko. Außerdem geben die<br />

Daten Aufschluss über die Fahrerleistung und<br />

ob Schulungsbedarf im Bereich der Verkehrssicherheit<br />

besteht. Erhöhen sich Fahrgeschwindigkeit<br />

und Unfallverwicklungen bei einem<br />

Fahrer – sowohl im Lager wie auf der Straße –<br />

lassen sich gezielt Fortbildungen veranlassen.<br />

Je nach Intensität, Datentiefe und Nutzung<br />

der Daten kann eine solche Unterweisung<br />

auch präventiv angesetzt werden. Der beste<br />

Unfall ist ein vermiedener Unfall!<br />

Die Verkäufer: Vertrieb und Kundendienst<br />

Durch Echtzeit-Tracking können Service-Mitarbeiter<br />

punktgenau über den Status der<br />

Lieferungen informieren und ein genaues Lieferzeitfenster<br />

mitteilen. Das steigert die Kundenzufriedenheit<br />

und -bindung enorm. Zudem lässt<br />

sich der Materialfluss effizienter gestalten, wenn<br />

die Mitarbeiter in der Warenannahme vorbereitet<br />

sind und den Status einer Lieferung kennen.<br />

Flottenmanager können beispielsweise<br />

die Routen an die bevorzugten Lieferzeiten<br />

anpassen, wenn sich die Abteilungen kontinuierlich<br />

austauschen.<br />

Die Controller: Finanz- und Rechtsabteilung<br />

Geht es um Daten und Fakten, sind auch die<br />

Finanz- und Rechtsabteilung nicht weit. Denn<br />

die gesammelten Informationen geben Aufschluss<br />

darüber, wie viel Budget in die Anschaffung<br />

neuer Fahrzeuge, Treibstoff und<br />

Wartung fließen. Anhand der historischen Daten<br />

lassen sich die Budgets langfristig für die<br />

Flottenaktivitäten planen und Einsparpotenziale<br />

erkennen.<br />

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Unfallund<br />

Fahreranalyse. Die Daten geben beispielsweise<br />

Aufschluss darüber, ob die Fahrer<br />

Verkehrsregeln und unternehmensrelevante<br />

Sicherheitsvorschriften einhalten. Auch in<br />

Unfallsituationen dienen sie der Rekonstruktion,<br />

um für die Versicherung die Ursachen zu er-<br />

mitteln. Gegebenenfalls können sie sogar Prämien<br />

und Vertragskonditionen mit dem Versicherer<br />

verbessern. So lassen sich Konditionen<br />

neu verhandeln, wenn die Fahrer stets sicher<br />

unterwegs sind und Unfälle vermeiden. Ebenso<br />

lässt sich mit diesen Daten der ökologische<br />

Fußabdruck der Flotte quantifizieren. So können<br />

Unternehmen effizientere Maßnahmen<br />

finden, um die Emissionen und den Ressourcenverbrauch<br />

zu reduzieren. Das ist besonders<br />

interessant, wenn es an die Geschäftsberichterstellung<br />

geht. Denn hier nehmen die<br />

Nachhaltigkeitsziele mit der neuen EU-Richtlinie<br />

einen zunehmend relevanten Part ein.<br />

Die Kommunikatoren: Marketing und Presse<br />

Auch Marketing- und Presseabteilung können<br />

von den Daten profitieren. Sie erhalten dadurch<br />

Einsicht in Markttrends der Branche und<br />

Kundenpräferenzen, die sich gezielt für neue<br />

Kampagnen einsetzen lassen. Sie können die<br />

Informationen beispielsweise für einen internen<br />

Report zur Kundenzufriedenheit oder zur allgemeinen<br />

Fahrerbilanz und damit der Produktivität<br />

aufbereiten, diese mit Grafiken über Social<br />

Media verbreiten und mit zielgruppenspezifischen<br />

Kampagnen die Lead-Generierung für<br />

den Vertrieb unterstützen. Zufriedene Fahrer in<br />

einer sicheren Arbeitsumgebung sind ein Aushängeschild<br />

und machen das Unternehmen<br />

für neue, weitere Fahrer interessant und helfen<br />

den Unternehmen, dem akuten Fahrer- und<br />

Nachwuchsmangel entgegenzutreten.<br />

Fazit<br />

Verschiedene Abteilungen können von den<br />

Informationen aus Logistikflottendaten profitieren,<br />

da sie Einblicke in die Bewegungen<br />

der Ladung und Leistung der Fahrer erhalten.<br />

Die tatsächlichen Einsatzszenarien variieren je<br />

nach Branche und Unternehmenszielen. Aber<br />

Logistikflottendaten können in vielen Abteilungen<br />

dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit<br />

zu verbessern, effizienter und gleichzeitig<br />

mit geringeren Ausgaben zu arbeiten. Die<br />

Menge an bereitgestellten Daten und die in<br />

der Folge verschiedenen Blickwinkel der Abteilungen<br />

lassen aus eben Daten (relevante)<br />

Informationen werden. Hier wird ein Return<br />

on Investment (ROI) erzielt, im Gegensatz zu<br />

einer reinen Datenhaltung von „Big Data“.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S68<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Kostenvorteile beim<br />

Einsatz einer Fleet-<br />

Intelligence-Plattform<br />

Auch für Logistikunternehmen und Abteilungen<br />

ist es aufwendig, Flotten optimal zu<br />

verwalten. Dabei lässt sich aus den gesammelten<br />

Flottendaten in einem Fleet-Intelligence-System<br />

ein echter Mehrwert ziehen.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

potenziale zu finden und die Streckenplanung<br />

zu verbessern. Auch lassen sich Schulungen<br />

für eine sparsamere Fahrweise anbieten. Dies<br />

kann dazu beitragen, den Kraftstoffverbrauch<br />

zu senken und sogar Verschleiß an Fahrzeugen<br />

zu reduzieren.<br />

Wartungsbedarf frühzeitig erkennen<br />

Über das Fahrverhalten hinaus bilden Fleet-<br />

Intelligence-Anwendungen den gesamten<br />

Lifecycle jedes Fahrzeugs der Flotte ab. Damit<br />

sammeln sie auch Daten zur Fahrzeugwartung<br />

und -diagnose. Dies ermöglicht eine proaktive<br />

Wartungsplanung, um die Lebensdauer der<br />

Fahrzeuge zu verlängern. Eine solche Predictive<br />

Maintenance sorgt für eine bessere Budgetplanung<br />

in der Finanzabteilung. Zudem<br />

reduziert es unvorhergesehene, zusätzliche<br />

Ausgaben.<br />

für Versicherungsprämien. Langfristig lassen<br />

sich sogar Versicherungskosten senken, denn<br />

Versicherungsanbieter belohnen Flotten oft<br />

mit Prämienrabatten, wenn sie Fleet-Intelligence-Systeme<br />

nutzen. Das ist wichtig, denn<br />

oft machen Versicherungen einen erheblichen<br />

Teil der Betriebskosten aus.<br />

Fazit<br />

Fleet-Intelligence-Systeme können dazu beitragen,<br />

die Betriebskosten zu senken und<br />

die Effizienz zu steigern. Dadurch verbessern<br />

sie die Rentabilität von Logistikunternehmen<br />

und -abteilungen. Die Überwachung von<br />

Fahrzeugleistung, Treibstoffverbrauch, Wartungsbedarf<br />

und Routenoptimierung bietet<br />

dabei eine essenzielle Grundlage. Denn<br />

so lassen sich direkte Kosten einsparen, die<br />

sonst die Finanzabteilung zu verzeichnen hat.<br />

Zwar verursacht die Implementierung und<br />

Wartung solcher Systeme auf den ersten Blick<br />

zusätzliche Kosten, doch überwiegen die langfristigen<br />

Vorteile in der Regel die Investition.<br />

Insgesamt bekommt die Finanzabteilung ein<br />

wertvolles Tool an die Hand, um die Kosten<br />

zu senken, Budgets zu optimieren und den finanziellen<br />

Stand eines Unternehmens zu verbessern.<br />

Das liegt vor allem an der besseren<br />

Kontrolle über die Flottenkosten und -leistung.<br />

Außerdem lassen sich Regulierungen einfacher<br />

einhalten und bessere Konditionen bei<br />

Versicherern erzielen. Dabei ist jedoch zu<br />

beachten, dass die genauen Auswirkungen<br />

von verschiedenen Faktoren abhängen – einschließlich<br />

des Versicherungsunternehmens,<br />

der Art der Flotte, der Fahrerhistorie und der<br />

Nutzung des Fleet-Intelligence-Systems. (RED)<br />

Neben der besseren Planung der<br />

Fahrzeugleistung, Routenoptimierung<br />

und Treibstoffeffizienz bieten<br />

die Informationen auch einen<br />

großen Nutzen in puncto Budgetierung.<br />

Heinz-Hermann Tiben von Powerfleet fasst vier<br />

Kostenvorteile zusammen:<br />

Compliance und Regulierungen einhalten<br />

Einige Systeme bieten die Möglichkeit, die<br />

Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Umweltauflagen<br />

zu überwachen und nachzuverfolgen.<br />

So ist sichergestellt, dass Fahrzeuge<br />

ordnungsgemäß gewartet werden und Fahrer<br />

die vorgeschriebenen Anforderungen einhalten<br />

– Arbeitszeiten, Ruhezeiten und Geschwindigkeitsbegrenzungen.<br />

Ebenfalls sammeln<br />

diese Systeme sicherheitsrelevante Daten und<br />

helfen, dass Fahrzeuge den Emissionsstandards<br />

entsprechen. Sind digitale Tachographen<br />

vorgeschrieben, können Fleet-Intelligence-Systeme<br />

auf deren Daten zugreifen und sie<br />

verwalten. Dadurch lässt sich gewährleisten,<br />

dass Fahrer und Unternehmen ihre Aufzeichnungen<br />

ordnungsgemäß führen. Und das hilft<br />

dabei, Bußgelder sowie Strafen zu vermeiden<br />

und finanzielle Belastungen zu minimieren.<br />

From Austria<br />

to überall.<br />

Kraftstoffverbrauch optimieren<br />

Die historischen Daten zur Fahrzeugleistung,<br />

dem Kraftstoffverbrauch und der gefahrenen<br />

Strecke geben Aufschluss darüber, wie viel<br />

Treibstoff in Zukunft benötigt wird. Aus diesen<br />

Erfahrungswerten lässt sich bereits ein gewisser<br />

Betrag in die anstehenden Ausgaben für das<br />

nächste Geschäftsjahr einplanen. Darüber<br />

hinaus hilft ein genauerer Blick auf die Routenplanung<br />

und das Fahrverhalten, Einspar-<br />

Versicherungskosten reduzieren<br />

Durch die Analyse des Fahrverhaltens und<br />

die Identifizierung von Risikofaktoren können<br />

Logistikunternehmen dazu beitragen, Unfälle<br />

zu vermeiden. Zudem lassen sich Beweise für<br />

den Unfallhergang sicherstellen und ungerechtfertigte<br />

Ansprüche verhindern. Unternehmen<br />

können riskantes Fahrverhalten erkennen<br />

und die Gefahr schwerer Unfälle verringern.<br />

Damit sinken die Schadensersatzansprüche<br />

und das bedeutet geringere Gesamtkosten<br />

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mit den Export-Experten von DB Schenker in Österreich.<br />

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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S70<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Mauterhöhung bringt<br />

Finanzen ins Wanken<br />

Der Europäische Ladungs-Verbund Internationaler<br />

Spediteure (ELVIS) AG zufolge läutet<br />

der anstehende Jahreswechsel zugleich<br />

auch die sprichwörtliche Stunde der Wahrheit<br />

für das deutsche Transportgewerbe ein.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Unternehmen, denen es nicht gelänge,<br />

die zum 1. Dezember massiv steigenden<br />

Mautkosten vollständig auf<br />

die Transportpreise umzulegen, drohten<br />

finanzielle Einbußen in existenzbedrohendem<br />

Ausmaß. Die Branche kann erst im kommenden<br />

Jahr auf eine positive Trendwende<br />

hoffen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle<br />

Marktreport des Verbunds.<br />

NIKOLJA GRABOWSKI<br />

„Mit der Erhöhung der Maut hat die Bundesregierung<br />

nichts anderes als eine versteckte<br />

Steuer beschlossen und gleichzeitig die Spediteure<br />

und Frachtführer zu deren Eintreiber<br />

bestimmt“, sagt Nikolja Grabowski, Vorstand<br />

der ELVIS AG. „Ob es der Branche gelingt, die<br />

immensen Kostensteigerungen umzulegen, ist<br />

für die Koalition dabei offenbar von untergeordnetem<br />

Interesse.“<br />

Zumal zum Jahreswechsel nicht nur die Nutzungsgebühr<br />

für die Autobahnen und Bundesstraßen<br />

steigt. Viele Lkw rutschen zudem<br />

in eine höhere Gebührenklasse. Gleichzeitig<br />

verteuert ein zusätzlicher CO2-Aufschlag den<br />

Liter Diesel – voraussichtlich in einer Größenordnung<br />

um weitere fünf auf dann zwölf Cent<br />

pro Liter. Noch verschärft wird diese Situation<br />

ELVIS zufolge von den nach wie vor unsicheren<br />

politischen Rahmenbedingungen. In der Folge<br />

einer sich seitwärts bewegenden Gesamtwirtschaft<br />

bleibe die Investitionsbereitschaft weiter<br />

gering. Eine substanzielle Besserung sieht der<br />

Marktreport erst gegen Mitte des kommenden<br />

Jahres. „Vor allem die sich abzeichnende<br />

Zinswende nährt diese Hoffnung“, resümiert<br />

Grabowski. Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofes<br />

zur fehlenden rechtlichen<br />

Grundlage des Klimatransformationsfonds<br />

könnte etwaige positive Signale aber schon im<br />

Keim ersticken.<br />

„Am Ende muss die Branche fast noch froh<br />

sein, wenn der Bund die Maut im Laufe des<br />

Jahres nicht weiter steigert, um die fehlenden<br />

Mittel des Bundeshaushaltes aufzustocken“,<br />

so der ELVIS Vorstand weiter.<br />

Die saisonübliche Herbst-Belebung der Transportbranche<br />

hatte dem ELVIS-Report für das<br />

abgelaufene Quartal zufolge ihr Hoch im Oktober.<br />

Allerdings blieben die Kennzahlen deutlich<br />

hinter dem Vorjahr zurück. Entsprechend reserviert<br />

sei das Geschäftsklima, das von der Mautsteigerung<br />

nun zusätzlich eingetrübt würde.<br />

Mit Blick auf die branchenüblich dünne Kapitaldecke<br />

rücke damit vor allem die Liquidität<br />

der Unternehmen in den Fokus. Die Maut<br />

sei neben den Dieselkosten eine der größten<br />

Positionen auf der Ausgabenseite der Spediteure.<br />

Mit ihrer Verdopplung werde daher<br />

die allgemeine Zahlungsfähigkeit erheblich<br />

belastet. „Besonders zu beachten ist dabei,<br />

dass Tank- und Mautanbieter aufgrund der<br />

hohen Rechnungswerte die Finanzdecke ihrer<br />

Kunden sehr genau im Blick behalten. Übersteigt<br />

die Rechnung den der Bonität entsprechenden<br />

Kostenrahmen, kann es schnell eng<br />

werden und ein Lieferausfall drohen“, mahnt<br />

Grabowski. Vor diesem Hintergrund sieht der<br />

Verbund die Spediteure mit folgenden Herausforderungen<br />

konfrontiert: Erstens müssen<br />

die Mehrkosten der Mauterhöhung inklusive<br />

aller Anfahrtskilometer vollumfänglich an die<br />

Kunden weitergegeben werden. Zweitens sollte<br />

die eigene Bonität Kreditoren gegenüber<br />

auf Nachfrage kurzfristig nachweisbar sein. Zu<br />

diesem Zweck sollte mindestens der Jahresabschluss<br />

2022 vorliegen. Drittens empfiehlt es<br />

sich, größere Ausstände mittels einer Warenkreditversicherung<br />

abzudecken, beziehungsweise<br />

im Wege des Factorings zu liquidieren,<br />

um die eigene Zahlungsfähigkeit zu erhöhen.<br />

„Die Bedeutung der Solvenz wird häufig unterschätzt.<br />

Selbst durchlaufende Posten sind<br />

dazu geeignet, die Unternehmensfinanzen ins<br />

Wanken zu bringen, wenn sie so groß wie die<br />

Mautzahlungen sind“, gibt der ELVIS-Vorstand<br />

zu bedenken und rät Speditionen und Frachtführern,<br />

dem Thema erhöhte Aufmerksamkeit<br />

zu widmen. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S72<br />

• Auch bei internationalen Import-, Exportund<br />

Transitverkehren greift das AWG. Für das<br />

italienische Unternehmen DIFE transportiert die<br />

RCG 5.000 Jahrestonnen Siedlungsabfälle für<br />

die thermische Verwertung von Italien in die<br />

Niederlande – einmal quer durch Österreich<br />

auf insgesamt fast 1.600 Schienenkilometern.<br />

• Die LINZ AG ist bereits langjähriger Kunde<br />

der RCG. Seit Jahresbeginn fährt die RCG –<br />

zusätzlich zu den 78.000 Jahrestonnen – nochmals<br />

7.500 Tonnen Siedlungsabfälle von Graz<br />

nach Linz.<br />

Anschlussbahnen und Ladestellen beschleunigen<br />

Verlagerung<br />

Nicht zuletzt ist das Thema Ladestellen und Anschlussbahnen<br />

in den Fokus der ÖBB-Infrastruktur<br />

AG gerückt. Auch im aktuellen Rahmenplan<br />

sind jährlich zusätzlich rund 4 Millionen<br />

Euro für die Modernisierung und den Ausbau<br />

von Ladestellen und privaten Anschlussbahnen<br />

vorgesehen. So können die notwendigen<br />

infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen<br />

und der Umstieg auf die Schiene auch für<br />

zukünftige Partner noch attraktiver gemacht<br />

werden. Die verstärkte Nutzung von Anschlussbahnen<br />

durch Unternehmen ist ein weiterer<br />

essenzieller Schlüssel zur Erreichung der österreichischen<br />

Klimaziele. Erst kürzlich wurde in<br />

Niederösterreich für einen Großkunden die<br />

bereits vierte Anschlussbahn in Betrieb genommen.<br />

2022 wurde gemeinsam mit dem österreichischen<br />

Bundesheer die Anschlussbahn<br />

Fliegerhorst Brumowski/Langenlebarn generalsaniert<br />

und reaktiviert sowie mit der Firma<br />

Bau Beton eine Anschlussbahn im Hafen Freudenau<br />

in Wien errichtet. Derzeit sind etwa fünf<br />

neue bzw. Reaktivierungen von bestehenden<br />

Anschlussbahnen und acht Modernisierungen<br />

von Ladestellen in konkreter Planung.<br />

(RED)<br />

Bei einer Annahme<br />

von 17,5 Tonnen je<br />

Lkw laut Herry-Studie.<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

ÖBB Rail Cargo Group<br />

bringt 200.000 Tonnen<br />

Abfall auf die Schiene<br />

Seit Jahresbeginn ist das novellierte Abfallwirtschaftsgesetz<br />

in Österreich in Kraft –<br />

und bietet damit enormes Potential für den<br />

Klimaschutz sowie den umweltfreundlichen<br />

Transport von Abfällen auf der Schiene.<br />

Abfalltransporte mit einem Gesamtgewicht<br />

von mehr als zehn Tonnen ab einer Distanz<br />

von 300 km müssen demnach mit der Bahn<br />

transportiert werden.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

In enger Zusammenarbeit mit neuen und<br />

bestehenden Kunden hat die RCG bereits<br />

eine Vielzahl an Logistikkonzepten erarbeitet,<br />

die sowohl betrieblich als auch wirtschaftlich<br />

erfolgreich sind. Zahlreiche Verträge<br />

liegen unter Dach und Fach und eine erste Bilanz<br />

zeigt: 200.000 Tonnen, die zuvor mit dem<br />

Lkw transportiert wurden, werden durch das<br />

AWG auf die Schiene verlagert. Das entspricht<br />

mehr als 11.400 Lkw-Fahrten* – würde man die<br />

Fahrzeuge ab Wien aneinanderreihen, entstünde<br />

auf der Autobahn ein 200 Kilometer<br />

langer Stau bis nach Graz. Die Vermeidung<br />

der entsprechenden Fahrten bewirkt also ein<br />

unübersehbares Plus für die Umwelt.<br />

Jeder Transport zählt<br />

Die RCG verfügt bereits über langjährige Expertise<br />

in der Abfallwirtschaft und bietet Neuund<br />

Bestandskunden effiziente Logistiklösungen<br />

sowohl national in Österreich als auch<br />

international über die Landesgrenzen hinaus.<br />

Drei Beispiele:<br />

• Das Entsorgungsunternehmen böhler Abfall<br />

GmbH erhielt in Verbindung mit einem Schienenlogistik-Konzept<br />

der RCG den Zuschlag bei<br />

der Klärschlamm-Ausschreibung des Vorarlberger<br />

Umweltverbands. Konkret werden jährlich<br />

bis zu 12.000 Tonnen Klärschlamm nach<br />

Niederösterreich transportiert.<br />

Logistik Service GmbH, Lunzer Straße 41, A-4031 Linz<br />

Tel: +43-732-6598-2000, E-Mail: office@logserv.at<br />

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Wir verbinden, was zusammen gehört. Wirtschaftliche<br />

Abläufe und effiziente Transporte sind heute wichtiger<br />

denn je. Als Full-Service-Spezialist für industrielle Logistik<br />

sind Ihre Herausforderungen bei uns bestens aufgehoben.<br />

Kontrakt- und Projektlogistik<br />

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Eisenbahn-Sicherungstechnik und -Bautechnik<br />

Instandhaltung Lokomotiven und Waggons<br />

Werkstätten Schwer- und Sonderfahrzeuge<br />

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Verkehrsakademie<br />

Private Eisenbahntraktion via CargoServ<br />

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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S74<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Cargo Center Graz<br />

expandiert im<br />

großen Stil<br />

Das Cargo Center Graz wird im großen Stil<br />

vergrößert und stärker zu einer Drehscheibe<br />

für maritime und kontinentale Verteilungsverkehre<br />

ausgebaut. Geschäftsführer<br />

Robert Brugger im Gespräch über Seehafenverkehre,<br />

CO2-Bepreisung und gute<br />

Chancen für den Intermodal-Verkehr.<br />

BEITRAG: PI/REDAKTION<br />

Kapazitäten verdoppelt, was auch notwendig<br />

ist, weil man in der bestehenden Anlage das<br />

Limit bei den Handling-Möglichkeiten erreicht<br />

hat. Im kommenden Jahr wird der neue Terminal<br />

fertig sein und in Betrieb gehen und<br />

will das CCG seine Rolle als multifunktionales<br />

Güterverkehrszentrum mit maritimer und kontinentaler<br />

Ausrichtung noch stärker international<br />

vermarkten, wie Brugger betont. Schon<br />

jetzt ist der Standort sehr eng mit den Adria-Häfen<br />

Koper, Triest und Rijeka verbunden.<br />

Zwischen Koper und Werndorf rollen täglich<br />

Züge mit Container an Bord, die von der CCGeigenen<br />

Logistik-Plattform organisiert werden.<br />

Das Cargo Center Graz in Werndorf<br />

bei Graz bekommt einen weiteren<br />

Container-Terminal mit entsprechender<br />

Infrastruktur mit Straße<br />

und Schiene. Nicht weniger als 100 Mio. Euro<br />

werden für diese Investition in die Hand genommen<br />

wobei die Finanzierung über die<br />

GWP, der Beteiligungsgesellschaft aus Land<br />

Steiermark und Cargo Center Graz erfolgt.<br />

Diese Gesellschaft ist zuständig für alle schienenseitigen<br />

Investitionen an diesem Standort,<br />

wie Robert Brugger, der seit Anfang März bzw.<br />

seit Juli dieses Jahres als allein agierender Geschäftsführer<br />

des CCG im Gespräch mit Logistik-Express<br />

erklärt.<br />

Mit diesem Geld werden neue Gleise verlegt,<br />

werden zwei Portalkranlagen für den neuen<br />

Terminal und ein weiterer für den schon<br />

bestehenden Terminal angeschafft und die<br />

Infrastruktur geschaffen für die steigende<br />

Nachfrage von Seiten der verladenden Wirtschaft<br />

nach Dienstleistungen rund um den<br />

Intermodalen Verkehr. Immer mehr Unternehmen<br />

überdenken Ihre Transportkonzepte und<br />

nutzen die Kombination der beiden Verkehrsträger<br />

Schiene und Straße. Derzeit werden im<br />

CCG pro Jahr rund 240.000 TEU umgeschlagen,<br />

mit dem Aus- und Neubau werden die<br />

Auf diesen Zügen, die von CCG beim Bahntransportunternehmen<br />

Adria Transport mehrheitlich<br />

eingekauft und von diesem operativ<br />

abgewickelt werden finden sich viele Güter<br />

für einen namhaften europaweit präsenten<br />

Diskonter, der das CCG seit Jahren als logistische<br />

Drehscheibe für verschiedene Distributionstätigkeiten<br />

nutzt. Dieses Unternehmen hat<br />

bekanntlich mit Tailwind eine eigene Reederei<br />

gegründet und bringt mit eigenen Schiffen in<br />

eigenen Containern ordentlich viel Ladung<br />

aus Fernost nach Koper. Auf diesen Zügen gibt<br />

es aber auch Platz für andere Verlader, sprich<br />

Spediteure, die zu den Hauptkunden des<br />

CCG zählen. Die CCG-Logistikplattform agiert<br />

bewusst neutral, um die Zugkapazitäten bestmöglich<br />

und vor allem paarig auslasten zu<br />

können. Während die Züge Koper-CCG regelmäßig<br />

rollen werden zwischen Triest und Rijeka<br />

und Werndorf Züge je nach Bedarf gefahren.<br />

„Wir merken ein steigendes Interesse an<br />

Bahnverkehren, weil sich Unternehmen immer<br />

mehr über klimafreundliche und nachhaltige<br />

Transporte Gedanken machen“, weiß<br />

Brugger aus Erfahrung. Die Nachfrage ist da,<br />

doch preislich ist der intermodale Transport<br />

gegenüber dem reinen Lkw-Transport auf der<br />

Straße noch zu teuer als dass man von einem<br />

Verlagerungsboom von der Straße Richtung<br />

Intermodalverkehr auf der Schiene sprechen<br />

könnte. Das Interesse kommt nicht nur aus<br />

Steiermark und den südosteuropäischen Ländern,<br />

sondern auch immer stärker von Unternehmen<br />

aus dem süddeutschen Raum, wo<br />

sich das Verlader Interesse auf die drei Adria-Häfen<br />

richtet. Aber auch das Bewusstsein<br />

für Nearshoring, sprich Verlagerung betrieblicher<br />

Aktivitäten in näher liegende Standorte<br />

bzw. in das benachbarte Ausland sind<br />

Gründe für die steigende Nachfrage nach<br />

einem leistungsfähigen Güterverkehrszentrum,<br />

wie sich das CCG als solches definiert.<br />

Brugger rechnet damit, dass es mit der<br />

CO2-Bepreisung im Lkw-Verkehr in Österreich<br />

ab 2024 zu einer stärkeren Verlagerung des<br />

Güterverkehrs auf die Bahn kommen wird. Der<br />

Manager ist seit 23 Jahren in der Logistik-Branche<br />

tätig ist sieht für das CCG gute Chancen<br />

mit Fokus Richtung Südosteuropa. „Mit dem<br />

jetzigen Ausbau wollen wir im Ranking unter<br />

den Top drei der großen Güterverkehrszentren<br />

in Europa kommen“, hofft Brugger, der<br />

sich mit seinem Team die operative Exzellenz<br />

steigern und neue Kunden gewinnen will, die<br />

das CCG als Drehscheibe Richtung Südosteuropa<br />

nutzen wollen. Seit 2003 haben die<br />

öffentliche Hand und die Gesellschafter des<br />

CCG rund 350 Mio. Euro in die Infrastruktur und<br />

Suprastruktur investiert und damit eine Anlage<br />

geschaffen, die mehr als eine Mio. m2 Fläche<br />

sowie 320.000 m2 an Hallen und Büroflächen<br />

umfasst.<br />

(RED)<br />

ROBERT BRUGGER


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S76<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Aufbruch zu<br />

neuen Ufern<br />

Weniger traditionell und mehr gegenwärtig<br />

versteht Werner Hecking, der<br />

Geschäftsführer der Steiermarkbahn und<br />

Bus GmbH sein Geschäft.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Als Quereinsteiger, der seit Anfang<br />

Februar dieses Jahres als Geschäftsführer<br />

fungiert, hat er einen anderen<br />

Blick auf den Bahnbetrieb, den<br />

er noch in vielen Bereichen traditionell-protektionistisch<br />

geprägt ist. Die vielen unterschiedlichen<br />

technischen Vorschriften in den<br />

einzelnen Ländern gestalten beispielsweise<br />

den grenzüberschreitenden Güterverkehr<br />

alles anders als harmonisch. Hier brauche es<br />

dringend einen Abbau der Barrieren, wenn<br />

mehr Güter auf die Schiene kommen sollten.<br />

werden und mit einem attraktiven Angebot<br />

zum Kunden gehen“. Die STB hat im Vorjahr<br />

rund 1,7 Mio. Tonnen auf ihrem Schienennetz<br />

transportiert, das derzeit 128 Kilometer<br />

in der Steiermark umfasst. Das Geld verdient<br />

wird mit Ganzzug- und Anschlussbahnverkehren<br />

sowie mit dem Kombinierten Verkehr, mit<br />

dem sich Hecking für seine STB für die Zukunft<br />

große Chancen ausrechnet. Geld verdienen<br />

wird immer schwieriger, weil viele Firmen sich<br />

Pufferlager angelegt haben, um bei Lieferkettenunterbrechungen<br />

produktionsseitig nicht in<br />

Schwierigkeiten zu kommen.<br />

Einen „Klassenkampf“ zwischen Schiene und<br />

Straße will der Manager nicht sehen, der Lkw<br />

ist und bleibt im Güterverkehr essentiell. Aber:<br />

„Alles was mit dem Lkw transportiert wird kann<br />

auch mit der Bahn befördert werden“. Auf die<br />

Symbiose der beiden Verkehrsträger kommt es<br />

an und diese will die STB gemeinsam mit anderen<br />

privaten österreichischen Eisenbahngesellschaften<br />

mit einem geplanten nationalen,<br />

standardisierten Netzwerk für den Kombinierten<br />

Verkehr voranbringen. Dieses Netzwerk soll<br />

2024 Gestalt annehmen.<br />

Nutzern und Leistungserbringern und vertreiben<br />

sollen das Angebot im Netzwerk Spediteure,<br />

Operateure und Terminalbetreiber.<br />

Zwei Bahnunternehmen machen bei diesem<br />

Netzwerk schon fix mit, mit weiteren sei man<br />

gerade in Verhandlungen. Eins steht schon<br />

fest: Die ÖBB werden da nicht mitmachen.<br />

WERNER HECKING<br />

Hecking hat den Masterplan Güterverkehr<br />

2030 gelesen und er stimmt mit den darin<br />

formulierten Maßnahmen für mehr Bahngüterverkehr<br />

überein, doch wie die Umsetzung<br />

beschrieben wird hält er für nebulos, „wir müssen<br />

Taten setzen, müssen konkrete Schritte<br />

setzen, damit beim System Bahn etwas weitergeht,“<br />

so sein Ansatz. Sicherheit und Kontrolle<br />

im Bahnbereich hält der Manager für gut und<br />

recht, „aber wir müssen als Bahn moderner<br />

Dieses Netzwerk versteht sich als wettbewerbsfähiges<br />

Angebot für mehrere Marktsegmente.<br />

Mit einem täglichen Nachtsprung-Netzwerk<br />

zwischen den wichtigsten österreichischen<br />

Kombi-Terminals soll mehr Ladung auf die<br />

Kombi-Schiene kommen. Mit abgestimmten<br />

Zugsverbindungen sollen die Kombi-Sendungen<br />

in internationale kontinentale und<br />

maritime Relationen eingebunden werden<br />

und mit einem Erweiterungsnetzwerk rund um<br />

die Terminals will man Güterströme aus der Abfallwirtschaft<br />

in das Netzwerk integrieren. Nutzer<br />

können Slots über eine neutrale Plattform<br />

im Netzwerk einbuchen.<br />

Bis 18 h eingelieferte Sendungen werden am<br />

nächsten Tag ab 6.00 h morgens im Empfängerterminal<br />

bereitgestellt und gefahren wird<br />

mit Einfach-Traktion, Einsatz von Hybrid-Maschinen,<br />

fixen Wagengruppen und Ressourcen<br />

auf Basis standardisierter Prozesse. Das<br />

Auslastungsmanagement erfolgt über eine<br />

transparentes Risk-Sharing-Modell zwischen<br />

Was die Fahrtgebiete betrifft, so sind zwei Zugverbindungen<br />

Nord-Süd geplant zwischen<br />

Villach-St. Michael-Wien und Graz-St. Michael-<br />

Wels mit St. Michael als Knotenpunkt. Eine<br />

Süd-West-Verbindung ist geplant zwischen<br />

Graz-Villach-Salzburg und Hall in Tirol, wobei<br />

die Adriahäfen Koper und Triest via Graz und<br />

Hall in Tirol und europäische Nordhäfen via Salzburg<br />

an das Netzwerk angebunden werden.<br />

Die Terminals Bludenz und Wolfurt werden durch<br />

Kapazitätsaufstockung der bestehenden Verbindungen<br />

in das Netzwerk eingebunden.<br />

Dieses Netzwerk-Konzept wird unter Einbindung<br />

des Fachverbandes Schienenbahnen in<br />

der Wirtschaftskammer Österreich entwickelt<br />

und man geht davon aus, dass im Kombi-Verkehr<br />

das entsprechende Marktpotenzial vorhanden<br />

ist. „Das Konzept kann mit wenigen Zügen<br />

befriedigt werden und die Auslastung des<br />

Netzwerks ist der Schlüssel für den wirtschaftlichen<br />

Erfolg“, liest man im Konzept-Entwurf.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S78<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Höhere Gewichte<br />

begünstigen<br />

Kombi-Verkehr<br />

Der Salzburger Eisenbahndienstleister SETG<br />

sieht in der geplanten EU-Vereinheitlichung<br />

der Maße und Gewichte Vorteile für den<br />

Intermodal-Verkehr. BEITRAG: REDAKTION<br />

Die EU-Kommission hat im Juli die<br />

Richtlinie für Maße und Gewichte<br />

vorgelegt und damit will man den<br />

Kombi-Verkehr fördern, sprich beispielsweise<br />

im Vor- und Nachlauf zum Kombinierten<br />

Verkehr 44 t-Lkw zulassen. Beim Schienenlogistiker<br />

Salzburger Eisenbahn Transport<br />

Logistik (SETG) ist Geschäftsführer Gunther<br />

Pitterka darüber durchaus erfreut: „Wir begrüßen<br />

die Erweiterung der 44-Tonnen-Ausnahme<br />

auch auf nicht-containerisierte Güter. Das<br />

stärkt Intermodalverkehre vom Binnenschiff zur<br />

Bahn. Vor allem bei gebrochenen Verkehren“.<br />

GUNTHER PITTERKA<br />

zwei Züge, die offen für Dritte buchbar sind.<br />

Das Unternehmen fungiert bei diesem Angebot<br />

nicht nur als Eisenbahndienstleister, sondern<br />

auch als Operator. Bei den täglichen<br />

Containerzügen nach Hamburg und Bremerhaven<br />

fungiert SETG primär als Traktionär.<br />

Als Vorteile im Intermodal-Verkehr sieht Pitterka<br />

das höhere Ladegewicht und die wettbewerbsfähigen<br />

Preise auf langen Distanzen im<br />

Vergleich zum Lkw. Der Zuspruch zur Bahn erhöhe<br />

sich wenn das Gewicht, das auf der Straße<br />

gefahren werden darf, verringert wird. Kein<br />

Vorteil ohne Nachteil: Gefahren werden muss<br />

an fixen Tagen, weil die Terminals fixe Zeiten<br />

und Tage vorgeben. Mögliche Verspätungen<br />

und längere Laufzeiten können sich nachteilig<br />

auswirken. Zu schaffen machen auch die Kostensteigerungen,<br />

speziell im Energiebereich.<br />

Neben höheren Gewichten im Vor- und Nachlauf<br />

zum Intermodal-Verkehr wünscht sich<br />

SETG mehr politische Unterstützung bei Förderungen:<br />

Nicht nur öffentliche Terminals sollten<br />

öffentlich unterstützt werden, sondern auch<br />

private sowie Investments in Anschlussbahnen.<br />

Die aktuelle Terminalinfrastruktur reicht<br />

aus Pitterka-Sicht nicht aus, „um Mehrverkehre<br />

im Kombi-Verkehr zu generieren, wenn man<br />

sich die begrenzten Möglichkeiten am CTS in<br />

Salzburg oder im Terminal Hall/Tirol ansieht. In<br />

deutschen Binnenhäfen fehlt es ebenfalls an<br />

ausreichender Infrastruktur für Mehrverkehre“.<br />

Auf die Frage, ob der österreichische Masterplan<br />

Güterverkehr 2030 mehr Güterverkehr<br />

auf die Intermodal-Schiene ziehen wird muss<br />

Pitterka nicht lange nachdenken und er sagt:<br />

Nein. (RED)<br />

SETG fährt Intermodal-Züge mit eigenen Lokomotiven<br />

und Waggons und ist infrastrukturseitig<br />

mit dem Problem konfrontiert, dass etwa<br />

in Deutschland Engpässe bei der Infrastruktur<br />

Verzögerungen beim Abfahren der Züge bewirken.<br />

Aber auch in den Häfen kommt es immer<br />

wieder zu Verspätungen, die Fahrpläne<br />

durcheinanderbringen. SETG fährt zwischen<br />

Koper und Enns bzw. Salzburg wöchentlich<br />

Was den aktuellen Geschäftsverlauf betrifft,<br />

so verzeichnet SETG „deutliche Rückgänge<br />

durch fehlende Übersee-Verkehre stehen Anfragen<br />

für Verlagerungen auf die Schiene sowie<br />

Neuverkehren gegenüber“, so Pitterka. 64<br />

Lokomotiven hat SETG derzeit im Bestand, wobei<br />

gerade drei weitere in die Flotte integriert<br />

wurden; 900 Rundholz- und Container-Tragwagen<br />

umfasst derzeit die Waggonflotte.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S80<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Viele Milliarden Euro<br />

für den Bahnausbau<br />

Die Regierung gibt grünes Licht für noch<br />

mehr Geldmittel für den Bahninfrastrukturausbau<br />

in Österreich von 2024 bis 2029.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Für Österreichs Verkehrsministerin Leonore<br />

Gewessler ist eines ganz klar: „Das<br />

Ziel ist es, noch mehr Menschen und<br />

Güter auf der Bahn zu transportieren.<br />

Dazu braucht es mehr Kapazitäten durch neue<br />

und besser ausgelastete Strecken“, kündigte<br />

die Ministerin an als sie gemeinsam mit ÖBB-<br />

Holding-Chef Andreas Matthä den Rahmenplan<br />

für den Bahnausbau in Österreich für die<br />

Jahre 2024 bis 2029 vorstellte. Mit den politisch<br />

beschlossenen Investitionen von 21,1 Mrd.<br />

Euro für den ÖBB-Rahmenplan für sechs Jahre<br />

sichere ihr Ministerium den eingeschlagenen<br />

Investitionskurs in grüne Mobilität nachhaltig<br />

ab. Das Geld fließt in neue Bahnhöfe, moderne<br />

Zugstrecken und schnellere Verbindungen sowie<br />

in ein Upgrade für den öffentlichen Verkehr.<br />

Gewessler: „Damit ist dieser Rahmenplan ein<br />

unverzichtbarer Meilenstein auf dem Weg<br />

zur Verkehrswende.“ In einem herausfordernden<br />

wirtschaftlichen Umfeld, das schon in<br />

den vergangenen beiden Jahren stark von<br />

einer hohen Teuerung geprägt war, sind<br />

auch die Inflationsprognosen nach wie vor<br />

anhaltend hoch. Dennoch sei es gelungen,<br />

die Finanzierung der bisherigen Ausbau-Projekte<br />

zu sichern. Damit seien die ÖBB nicht<br />

nur ein verlässlicher Mobilitätsanbieter, der<br />

durch konsequenten Ausbau der steigenden<br />

Nachfrage gerecht wird, sondern auch ein<br />

stabiler Partner der Wirtschaft, betont Matthä.<br />

Faktum ist: Der Bahnausbau in Österreich<br />

geht konsequent weiter und soll a la longue<br />

die Verkehrs- und Klimawende begünstigen.<br />

Mit dem aktuell beschlossenen Rahmenplan<br />

2024-2029 werden Zeitpläne und Kosten<br />

der laufenden Projekte angepasst. Darüber<br />

hinaus wird es möglich sein, weitere wichtige<br />

Schwerpunkte im Rahmenplan zu verankern.<br />

ÖBB Großprojekte wie der Semmering Basistunnel,<br />

die Koralmbahn und der Brenner-<br />

Basistunnel laufen planmäßig weiter. Zudem<br />

wird der Fokus auf den Ausbau des Nahverkehrs<br />

in Ballungsräumen gelegt. Im Sinne des<br />

Klimaschutzes sei es den ÖBB wichtig, die Regionalbahnen<br />

zu attraktiveren und ein entsprechendes<br />

Elektrifizierungsprogramm zu<br />

forcieren. Von großer Bedeutung wird auch<br />

der weitere Ausbau von Infrastrukturanlagen<br />

für den Güterverkehr sein. Ein Teil der Investitionen<br />

wird zukunftsorientiert in Digitalisierung<br />

fließen.<br />

Infrastrukturausbau sichert hohes Maß an<br />

volkswirtschaftlicher Wertschöpfung<br />

Der jetzt beschlossene Rahmenplan soll aber<br />

nicht nur die Verkehrswende weiter vorantreiben,<br />

sondern auch den wirtschaftlichen<br />

Abschwung dämpfen und gleichzeitig die Beschäftigung<br />

im Bau- und Baunebengewerbe<br />

sichern. Denn die Investitionen der ÖBB wirken<br />

sich nachweisbar positiv auf Wertschöpfung<br />

und Beschäftigung aus, sowohl in der Bauphase<br />

als auch durch verbesserte Erreichbarkeit<br />

und höheren Komfort in der Betriebsphase.<br />

Studien zeigen: Ein investierter Euro führt zu einer<br />

Wertschöpfung von zwei Euro in der österreichischen<br />

Volkswirtschaft. In der Bauphase<br />

generiert eine Investition von einer Milliarde<br />

Euro rund 15.000 Beschäftigungsverhältnisse,<br />

versicherte Gewessler.<br />

Die ersten Geldmittel werden für den Bau der<br />

Neubaustrecke Köstendorf-Salzburg in die<br />

Hand genommen. Durch den viergleisigen<br />

Ausbau der Weststrecke vor Salzburg werden<br />

höhere Kapazitäten und damit ein besseres<br />

Angebot im Personen- und Güterverkehr<br />

aber auch im Nah- und Fernverkehr möglich.<br />

Ebenfalls neu im Rahmenplan sind der zweigleisige<br />

Ausbau der Strecke Werndorf-Spielfeld<br />

als wichtiger Abschnitt Richtung Süd-Osteuropa<br />

und zum Hafen Koper, der zweigleisige<br />

Ausbau des Abschnitts Nettingsdorf-Rohr-Bad<br />

Hall auf der Pyhrnstrecke sowie zwei Regionalbahnvorhaben:<br />

Der Ausbau Herzogenburg<br />

– St. Pölten sowie die Attraktivierung der<br />

Ossiacherseebahn.<br />

Programme zum Bau von sogenannten güterzuglangen<br />

Überholgleisen haben mit vergleichsweise<br />

geringem Aufwand den größtmöglichen<br />

Effekt. Die gemeinsame Nutzung<br />

derselben Strecken durch Güter- und Personenverkehr<br />

kann damit noch effizienter abgewickelt<br />

werden. Unterstützungsmaßnahmen<br />

für Anschlussbahnen und eine Modernisierungswelle<br />

für Verschiebebahnhöfe verankern<br />

die aktuelle Güterverkehrsoffensive ebenfalls<br />

im Rahmenplan. Ein weiterer Schwerpunkt<br />

liegt beim Ausbau der erneuerbaren Energien.<br />

Der Bau weiterer „Mini-Transformatoren“ ist<br />

neu im Rahmenplan, damit der in ÖBB-eigenen<br />

Wind- und Sonnenkraftwerken nachhaltig<br />

produzierte Strom ins Bahnstromnetz gelangen<br />

kann. Ebenfalls weiter auf Schiene sind<br />

die schon bisher gesetzten Schwerpunkte,<br />

wie die Modernisierung und teilweise Elektrifizierung<br />

der Regionalbahnen. Außerdem wird<br />

der Zugbetrieb für mehr Sicherheit und mehr<br />

Kapazität weiter digitalisiert.<br />

Die ÖBB gehören eigenen Angaben zufolge<br />

zu den sichersten und pünktlichsten Bahnen<br />

in Europa. Voraussetzung dafür ist die konsequente<br />

Instandhaltung des Bestandnetzes.<br />

Für die Instandhaltung der bestehenden Infrastrukturanlagen<br />

sind zusätzlich zu den 21,1<br />

Mrd. Euro im Zeitraum 2024-2029 weitere 4,7<br />

Mrd. Euro eingeplant. Die Infrastrukturprojekte<br />

der Graz-Köflacher-Bahn (GKB) sind<br />

im Hinblick auf die bevorstehende organisatorische<br />

Integration der GKB-Infrastruktursparte<br />

in die ÖBB-Infrastruktur AG mit einer<br />

Investitionssumme von rund 500 Mio. Euro<br />

und den erforderlichen Instandhaltungsmitteln<br />

erstmals im Rahmenplan enthalten.<br />

Mit dem neuen Rahmenplan wurden Anpassungen<br />

im Zeitplan einzelner Projekte vorgenommen.<br />

So wird durch eine optimierte<br />

Projektumsetzung beim Ausbau Hinterstoder<br />

– Pießling-Vorderstoder die geplante Inbetriebnahme<br />

von 2034 auf Ende 2031 um rund<br />

drei Jahre nach vorne verlegt. Beim Nordabschnitt<br />

der Nordbahn kommt es zu einer<br />

Verschiebung des Baubeginns um zwei Jahre,<br />

beim abschnittsweisen zweigleisigen Ausbau<br />

der Franz-Josefs-Bahn kommt es zu einer Verschiebung<br />

des Baubeginns um drei Jahre. In<br />

Wien kommt es zu einer Anpassung beim Projekt<br />

Verbindungsbahn: Der Baustart ist für 2025<br />

ANDREAS MATTHÄ & <strong>LE</strong>ONORE GEWESS<strong>LE</strong>R<br />

vorgesehen. Grund dafür sind in allen drei<br />

Fällen längere Behördenverfahren. Entlang<br />

der Weststrecke wurde die Inbetriebnahme<br />

des viergleisigen Ausbaus Linz Ost im Zuge der<br />

Überarbeitung der Bauablaufplanungen um<br />

ein Jahr, von Ende 2032 auf Ende 2033, verschoben.<br />

Für den Ausbau im Abschnitt Linz –<br />

Marchtrenk musste die voraussichtliche Inbetriebnahme<br />

wegen des lange laufenden und<br />

nunmehr abgeschlossenen Behördenverfahrens<br />

um ein Jahr, von Ende 2030 auf Ende 2031<br />

verschoben werden. Angepasst wird auch<br />

der Zeitplan für den Brenner Nordzulauf (Neubaustrecke<br />

Schaftenau – Knoten Radfeld).<br />

Aufgrund der Abhängigkeit zur Zeitschiene<br />

weiterer Projekte entlang der Brenner-Achse<br />

wird der Beginn der Hauptbauarbeiten auf<br />

2028 verschoben, die Inbetriebnahme ist für<br />

2037 vorgesehen. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S82<br />

Prozent zu verbessern. Um zu erklären, wie<br />

man auf 1-Prozent-Wachstum nach über<br />

20 Jahren kommt, braucht es hingegen<br />

nur ein paar richtungsweisende Papiere.<br />

Zum Beispiel das Aktionsprogramm Donau<br />

2030. Auch dieses Papier trägt die<br />

Grüne Handschrift und erklärt, warum die<br />

Binnenschifffahrt eben weiterhin auf der<br />

Grundlinie bleiben soll. Das allein reicht<br />

aber noch nicht aus. Da behindern noch<br />

ein paar Untiefen die Nasse Logistik. Zum<br />

Beispiel die Ramsar Konvention, die Vogelschutzrichtlinie,<br />

Fauna-Flora-Habitat,<br />

Natura2000, die Auenstrategie Österreich,<br />

der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan,<br />

die Wasserrahmenrichtlinie usw., usw.<br />

Doch sowieso liegt es gar nicht in der Hand<br />

Österreichs sein eigenes Infrastrukturpotential<br />

richtig zu nützen, denn dem stehen<br />

übergeordnete Ziele gegenüber, denen<br />

man sich als Clubmitglied zu unterwerfen<br />

hat. Ganz wichtig, der EU-Green Deal, die<br />

EU-BiodiversitätsRL und natürlich die 17 biblischen<br />

Tafel (SDGs) der Vereinten Nationen,<br />

von denen einige nur ganz ohne Nasse<br />

Logistik umsetzbar sind. Alles auf einen<br />

Nenner gebracht ergibt folgerichtig 1 Prozent<br />

Wachstum bis 2040 für die Nasse Logistik.<br />

PUNKT. Aber auch ohne diese Untiefen, die<br />

„Nasse Logistik“ und die Binnenschifffahrt<br />

haben viele Fressfeinde. Manche kommen als<br />

Parasiten daher und nützen die Binnenschifffahrt<br />

nur als Wirt. Andere wiederum machen<br />

richtig Jagd auf die Binnenschifffahrt um sie<br />

ohne Tötungsabsicht zu erlegen. Echte Prädatoren<br />

hat die Binnenschifffahrt wenig. Dafür<br />

ist sie selber in einigen Ländern zu groß.<br />

Der Spitzenprädator in Österreich ist aber garantiert<br />

die Politik. Dabei ist es völlig egal, welche<br />

Farbe diese Politik gerade hat. Nur die Politik<br />

ist groß genug, um die Nasse Logistik und<br />

die Binnenschifffahrt zu fressen. Irgendwann<br />

gelingt ihr das auch. Momentan befinden sich<br />

die Kontrahenten (schon seit Jahrzehnten) in<br />

einer Art Koevolution, wo der gegenseitige<br />

Nutzen die Tötungsabsicht verzögert. Dabei<br />

mangelt es nicht an zukunftsorientierten<br />

Programme und Initiativen in den Bereichen<br />

Wasserbau, Schiffbau, Nautik, Schiffstechnik,<br />

Schiffs- und Hafenlogistik. Vom Flachwasserschiff<br />

über das autonom fahrende Schiff bis<br />

hin zum Wasserstoffantrieb und naturnahen<br />

PETER BAUMGARTNER<br />

REDAKTION<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Qualmende und stinkende Binnenschiffe gehören längst der Vergangenheit<br />

an. Dennoch spielt die Nasse Logistik in Österreich keine Rolle.<br />

Quelle: Otto Steindl<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Ritter der Au<br />

Was bedeuten die nationalen und europäischen<br />

Biodiversitäts-Initiativen für die<br />

Wasserstraße, für die Nasse Logistik und Binnenschifffahrt?<br />

Passt die Nasse Logistik überhaupt<br />

in den „Klimaschutzrahmen“ für den<br />

Verkehrssektor, bzw. hat man für die Binnenschifffahrt<br />

in diesem Rahmen überhaupt<br />

einen Platz reserviert? REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />

Wichtige und entscheidende<br />

Fragen auf dem Weg zur Klimaneutralität<br />

– gerade für den<br />

Verkehrssektor. Geht es doch<br />

schlicht und ergreifend um einen der dreckigsten<br />

Wirtschaftsbereiche überhaupt und<br />

überall. Gerade deshalb ist man immer wieder<br />

perplex, wenn von „Verkehrsexperten“<br />

und Logistikern die Frage kommt: What the<br />

fuck ist Binnenschifffahrt? Es herrscht geradezu<br />

eine „Wasserstraßen-Phobie“. In den<br />

meisten Ländern und ganz besonders in<br />

Österreich, ist die Nasse Logistik so etwas<br />

wie eine Fußnote, eine Anmerkung, die aus<br />

dem Tagesgeschäft ausgeblendet wird, um<br />

den Textfluss für Bahn und LKW nicht zu stören.<br />

Österreichs Masterplan für den Güterverkehr<br />

2030 trägt die Grüne Handschrift.<br />

Die als umweltfreundlich ausgewiesene Binnenschifffahrt<br />

soll aber auf Basis 2018 bis 2040<br />

nur um 1 % (EIN Prozent) zulegen. Diese Menge<br />

könnte man getrost auf der Straße belassen,<br />

wenn es gelingt, deren Leerfahrten zu reduzieren<br />

und die Auslastung wenigstens um fünf<br />

Der Wassertransport in<br />

Europa kennt nur eine<br />

Richtung: Die Talfahrt


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S84<br />

Selbst Malta, ein Land ohne Wasserstraßen<br />

und Binnenschifffahrt, beschäftigt wesentlich<br />

mehr Binnenschiffer als Österreich mit dem<br />

Europa-Fluss Donau. Dafür haben wir einen<br />

mächtigen Verwaltungsapparat für die Binnenschifffahrt,<br />

der sich mit den holländischen<br />

Verhältnissen spielend messen kann.<br />

In der europäischen<br />

Statistik kommt Österreich<br />

gar nicht mehr<br />

vor, weil die Nulllinie<br />

gleichzeitig das reale<br />

Transportaufkommen<br />

ist.<br />

Wasserbau, der Tisch biegt sich vor lauter<br />

„gesunden“ und ökologischen Programmen.<br />

Tatsächlich wurden in den letzten Jahren<br />

auch schon große technologische Fortschritte<br />

erreicht und man könnte sagen, qualmende<br />

Schiffe gehören der Vergangenheit an.<br />

Von den unzähligen Programmen profitieren<br />

aber hauptsächlich die Wissenschaft<br />

und „Fördernehmer“, deren Business lukrative<br />

Fördertöpfe sind. Daneben die Banken und<br />

Versicherungen. Am wenigsten die Binnenschiffer<br />

selber. Natürlich gibt es auch<br />

zahlreiche „Kümmerer“, die nur das Beste<br />

für die Binnenschifffahrt im Sinn, aber keine<br />

Umsetzungsstrategie haben. Dazu zählt<br />

das gesamte Verbandswesen. Zu den<br />

Sargnägeln der Binnenschifffahrt zählen<br />

aber auch staatliche Kümmerer, denen<br />

man isoliert betrachtet sogar gute Motive<br />

unterstellen könnte. In der Gesamtschau<br />

sind sie Fressfeinde der Binnenschifffahrt.<br />

In Holland zum Beispiel, immerhin ein Land mit<br />

guten Voraussetzungen für die Nasse Logistik,<br />

gibt es staatliche Emissionsschnüffler am Ufer.<br />

Man nennt sie liebevoll „Schnuffelpaal“ und<br />

wenn ein vorbeifahrendes Schiff die feine<br />

Nase stört, kommen sofort die bösen Jungs an<br />

Bord. Man stelle sich vor, so einen Schnüffler<br />

würde es auf der Westautobahn geben, der<br />

jeden LKW überwacht. Das wäre ein Spaß!<br />

Man könnte an dieser Stelle auch aufhören<br />

und resignierend zur Kenntnis nehmen, dass<br />

die Binnenschifffahrt in der Logistik den Platz<br />

an der Grundlinie für alle Ewigkeit gepachtet<br />

hat. Zur Vollständigkeit fehlen aber noch die<br />

„Ritter der Au“. Das sind die natürlichen Feinde<br />

der Binnenschifffahrt, die wegen der gemeinsamen<br />

Infrastruktur Wasserstraße, jeder<br />

für sich legitime Ansprüche stellt, die kaum –<br />

oder nur wenig mit der Nassen Logistik kompatibel<br />

sind. Dazu zählen die Fischerei, die<br />

Energieversorger, die Wassersportler und die<br />

Freizeitwirtschaft. Ein Ruderer kann beispielsweise<br />

ganz selbstverständlich für sich in Anspruch<br />

nehmen, ein Recht auf die Nutzung<br />

der Wasserstraße zu haben. Er darf sogar mit<br />

dem Rücken zum Verkehr, also blind durch die<br />

Gegend fahren.<br />

Das ist ganz OK – stellt nur leider den 10.000<br />

Tonnen-Schubverband vor enorme Herausforderungen.<br />

Komisch – ein Radfahrer darf auf<br />

der Autobahn nicht fahren. Schon gar nicht<br />

rückwärts. Nicht mal schieben darf man seinen<br />

Drahtesel am Pannenstreifen. Am ehesten<br />

Verständnis kann man noch mit jenen<br />

Fressfeinden der Binnenschifffahrt aufbringen,<br />

die sich unter dem Begriffen Aktivisten,<br />

Klimaschützer oder Anrainer subsumieren<br />

lassen, Sie werden gelegentlich selber instrumentalisiert<br />

oder wissen es oft nicht besser.<br />

Dann kämpfen sie einen Stellvertreterkrieg,<br />

bei dem die Binnenschifffahrt zwar angegriffen,<br />

aber gar nicht der Feind ist. Beispielhaft<br />

soll hier eine Gruppe genannt werden,<br />

die sich tatsächlich „Ritter der Au“ nennt.<br />

Diese Bürgerinitiative bekämpft den Bau eines<br />

Chemiewerkes direkt an der Wasserstraße Donau,<br />

weil das Projekt nach ihrer Meinung Interessen<br />

der Natur und Anrainer arg benachteiligt.<br />

Leider, aus der Sicht der Umweltschützer,<br />

ist der Standort seit über 40 Jahren als Industriestandort<br />

gewidmet, obwohl es sich tatsächlich<br />

um ein schützenswertes Gebiet handelt<br />

und Anrainer in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

wohnen. Grundsätzlich ist ein verladender<br />

Produktionsbetrieb direkt an der Wasserstraße<br />

geradezu ideal für die Binnenschifffahrt und<br />

ein Paradebeispiel dafür, wie Industrieansiedlungspolitik<br />

und Raumordnung funktionieren<br />

sollten. Nur, das besagte Chemiewerk will die<br />

direkt verfügbare Nasse Logistik gar nicht nützen.<br />

Stattdessen will man die Logistik auf der<br />

Straße abwickeln – 60 Gefahrgut-LKW Fahrten<br />

pro Tag! Damit ist es nicht nur perfekt gelungen<br />

die Anrainer auf die Palme zu bringen,<br />

der Spitzenprädator der Nassen Logistik hat<br />

zugeschlagen. (RED)<br />

In Memoriam Otto Steindl<br />

Otto Steindl, Schiffskapitän, Konsulent<br />

und bis zuletzt mit der Donau in<br />

vielfältiger Form verbunden, ist im 79.<br />

Lebensjahr verstorben. Steindl war<br />

ein echter Schiffsmann und lebte<br />

als junger Mann zehn Jahre lang an<br />

Bord eines Donauschiffs, weil er aus<br />

einer Schifferfamilie stammte, die drei<br />

Generationen lang mit Schiffen kommerziell<br />

auf der Donau unterwegs<br />

war.<br />

Otto Steindl erlernte den Beruf des Schiffsmotorenschlossers, und seine<br />

erste berufliche Station ab 1964 war bei der damaligen traditionsreichen<br />

Ersten Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft (DDSG). Auf Personenund<br />

Güterschiffen dieser Reederei tat er Dienst zwischen Regensburg<br />

und dem Schwarzen Meer. 1986 erwarb er das Kapitänspatent<br />

und bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 war Steindl bei der<br />

Schifffahrtspolizei tätig und leitete die Dienststelle in Linz.<br />

Otto Steindl schrieb zahlreiche schifffahrtsbezogene Artikel und lieferte<br />

dazu aussagekräftige Bilder. Er trat auch als Buchautor in Erscheinung<br />

und publizierte mehrere Bücher, unter anderem „Historisches vom<br />

Strom“, und berichtete darin über Havarien, Unfälle und Naturgewalten<br />

mit Bezug zur Donau. Otto Steindl wird für seine Verdienste rund um die<br />

Branche und sein Engagement stets in dankbarer Erinnerung bleiben!


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S86<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Nachhaltigkeit in der<br />

Logistik - KI senkt<br />

CO2-Emissionen<br />

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz<br />

und Digitaler Zwillinge können Prozesse und<br />

Abläufe auch in Hinsicht auf die Nachhaltigkeit<br />

optimiert werden. Die Zukunft gehört<br />

einer KI-basierten Grünen Logistik bei dem<br />

Touren optimiert, unnötige Prozesse und Abläufe<br />

beseitigt sowie der Ressourcen- bzw.<br />

Energieverbrauch minimiert wird..<br />

REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />

DIRK RUPPIK<br />

Durch die Einführung des Industriestandards<br />

4.0 und die zunehmende<br />

Digitalisierung, Vernetzung<br />

und Automatisierung entsteht immer<br />

mehr eine smarte Logistik. Sensoren in den<br />

einzelnen Komponenten produzieren riesige<br />

Datenmengen, die über das Internet der Dinge<br />

(IdD) ausgetauscht werden. Die einzelnen<br />

Komponenten, Maschinen und Anlagen kommunizieren<br />

miteinander. Durch den Einsatz<br />

von Künstlicher Intelligenz (KI) und Digitaler<br />

Zwillinge der physischen Komponenten können<br />

Prozesse und Abläufe optimiert werden.<br />

Allerdings sind die Optimierungspotenziale<br />

stark von der Datenqualität abhängig. In den<br />

letzten Jahren hat sich aufgrund der Nachhaltigkeitsforderung<br />

und eines wachsenden<br />

Umweltbewusstseins in der Bevölkerung eine<br />

Grüne Logistik entwickelt, durch die insbesondere<br />

Treibhausgase reduziert werden sollen.<br />

Die beiden Entwicklungstrends vereinen sich<br />

zunehmend in einer KI-gesteuerten Grünen<br />

Logistik, bei der Prozesse auch zugunsten der<br />

Nachhaltigkeit optimiert werden. In diesem<br />

Artikel sollen einige Beispiele für den Einsatz<br />

von KI für die Schaffung einer zunehmend<br />

nachhaltigen Logistik gegeben werden.<br />

Tourenoptimierung und Retourenmanagement<br />

mit KI<br />

Ein mittlerweile schon recht bekannter Einsatz<br />

von KI ist die Tourenoptimierung bei der<br />

Auslieferung von Waren und beim Retourenmanagement.<br />

Die KI erkennt welche Waren<br />

in ähnlichen Zeiträumen in welche Regionen<br />

bzw. Stadtgebiete geliefert werden müssen.<br />

Zudem werden hier auch die Retouren in den<br />

jeweiligen Gebieten berücksichtigt. Darüber<br />

hinaus fließen die Daten über verfügbare Fahrzeuge<br />

und Fahrer sowie Echtzeitinformationen<br />

über die Fahrstrecke und Verkehrslage mit in<br />

die Optimierung ein. Die KI analysiert zudem<br />

Touren aus der Vergangenheit und lernt aus<br />

gemachten „Erfahrungen“ auch in Hinblick<br />

auf den Ressourcenverbrauch, CO2-Ausstoß<br />

und Nachhaltigkeitsaspekte. Mit Hilfe aller Informationen<br />

ermittelt die KI die effizientesten,<br />

verbrauchsärmsten und umweltschonendsten<br />

Routen unter Vermeidung von Leerfahrten<br />

und Umwegen. Eine verbreitete, cloudbasierte<br />

Softwarelösung ist hier z. B. „SmartRouting“<br />

von Dassault Systèmes und Ab Ovo.<br />

WMS ist die Basis für ein nachhaltiges Lager<br />

Die Implementierung eines nachhaltigen<br />

Lagerbetriebs ist nur mit einem Warehouse<br />

Management System (WMS) bzw. Lagerverwaltungssystem<br />

(LVS) zu erreichen. Ein WMS<br />

steuert, kontrolliert und optimiert komplexe<br />

Lager- und Distributionssysteme. Dabei übernimmt<br />

es elementare Funktionen der Lagerverwaltung<br />

als auch Fördermittelsteuerung<br />

und -disposition sowie umfangreiche Methoden<br />

zur Kontrolle der Systemzustände und<br />

bietet eine Auswahl an Betriebs- und Optimierungsstrategien.<br />

Dadurch bildet das WMS<br />

ebenso die Grundlage für eine nachhaltige<br />

Logistik. Durch die Digitalisierung der Prozesse<br />

können alle Lagerprozesse mittels KI-Einsatz<br />

optimiert werden und so alle überflüssigen Bewegungen<br />

und unnötigen Arbeiten eliminiert<br />

werden. In das WMS können andere (KI-gestützte)<br />

Softwarelösungen wie Transportmanagementsysteme,<br />

Datenanalysetools oder<br />

Verpackungsoptimierungslösungen integriert<br />

werden. Insgesamt können durch das WMS<br />

die Verschwendung von Ressourcen, die<br />

Transportwege, der Energieverbrauch und<br />

der CO2-Ausstoß minimiert werden. Ein WMS<br />

kann dazu beitragen, den Einsatz energieeffizienter<br />

Technologien zu steuern, wie z. B. die<br />

zeitgerechte Regelung von Beleuchtungssystemen<br />

oder den Einsatz von energieeffizienten<br />

Geräten.<br />

Optimierte Verpackungen<br />

Für die Zustellung von Waren werden diese<br />

häufig in zu große Verpackungen mit zu viel<br />

Füllstoff gepackt. Das führt zur enormen Verschwendung<br />

von Verpackungsmaterial und<br />

letztendlich auch natürlichen Ressourcen.<br />

Mittlerweile existiert Software (z. B. Pack- Assistent,<br />

Fraunhofer Institut), die die Größe einer<br />

Verpackung für alle bestellten bzw. auszulie-


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S88<br />

fernden Produkte bei Auftragseingang berechnet.<br />

Danach kann eine Verpackungsmaschine<br />

die jeweilige Verpackung individuell<br />

produzieren. Letztendlich lassen sich dadurch<br />

auch enorm Logistikkosten sparen. Mit dem<br />

Online-Rechner für nachhaltige Verpackungen<br />

(Sustainable Packaging Online Calculator,<br />

SPOC) können die Umweltauswirkungen<br />

einer Verpackung ermittelt werden. Er<br />

quantifiziert die Unterschiede von verschiedenen<br />

Verpackungslösungen hinsichtlich der<br />

CO2-Emission und des Energieverbrauchs.<br />

Bei der Berechnung werden verschiedenste<br />

Materialarten, Verarbeitungsprozesse, Transportwege<br />

sowie alle üblichen End-of-Life Varianten<br />

berücksichtigt.<br />

Einsparung von unnützen<br />

Containertransporten<br />

Auch die Beladung von Containern oder Lastwagen<br />

kann mithilfe von KI erfolgen. Dadurch<br />

kann der tschechische Automobilhersteller<br />

Škoda viele unnütze Containertransporte und<br />

damit CO2 - Emissionen einsparen (1). Die KI-<br />

App Optikon lernt bei jeder Beladung dazu.<br />

Sie berechnet wie und in welcher Menge die<br />

verschiedenen Paletten-Typen verladen werden<br />

müssen, um das Volumen des Containers<br />

optimal auszunutzen. Dabei werden verschiedene<br />

Parameter wie Gewicht, Wert der Packstücke,<br />

Grundfläche, Volumen des Frachtguts<br />

sowie das Timing des Versands berücksichtigt.<br />

Nachhaltiges Supply Chain Management<br />

Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet verschiedene<br />

Wege zur Verbesserung der Nachhaltigkeit<br />

in der Lieferkette. Die Einbindung von<br />

KI ins Lieferkettenmanagement kann zu effizienteren<br />

Prozessen, reduzierter Verschwendung,<br />

präziseren Nachfrageprognosen und<br />

umweltfreundlicheren Arbeitsweisen führen.<br />

Die genaue Nachfragevoraussage anhand<br />

von Big Data und KI (Predictive Analysis) führt<br />

zur Vermeidung von Über- und Unterproduktion<br />

und damit Verschwendung. Durch die<br />

voraussagende Analyse kann das künftige<br />

Verhalten der Lieferkette an einem digitalen<br />

Zwilling simuliert werden und intelligente vorausschauende<br />

Entscheidungen getroffen werden.<br />

Es lässt sich beispielsweise voraussagen,<br />

in welchen Regionen bestimmte Artikel besonders<br />

häufig bestellt werden. Damit kann<br />

der benötigte Lagerplatz, Lkw, Lagerarbeiter,<br />

etc. besser eingeplant werden. Zudem können<br />

die Artikel in einem Regionallager in Wohnortnähe<br />

der Kunden eingelagert werden.<br />

Darüber hinaus kann das gesamte Supply<br />

Chain Risk Management besser gestaltet werden.<br />

Tracking-Sensoren liefern z. B. Echtzeitdaten<br />

über den Zustand des Transportguts.<br />

Zudem fließen Wetterentwicklungen und Verkehrsmeldungen<br />

in die Datenmodelle ein, um<br />

entsprechend darauf zu reagieren. KI kann<br />

auch bei der nachhaltigen Lieferantenauswahl<br />

und der Überwachung in Echtzeit helfen,<br />

indem sie deren umweltbezogenes und soziales<br />

Verhalten analysiert und die Einhaltung der<br />

Nachhaltigkeitsstandards überprüft. KI kann<br />

auch den ganzen Ressourcenverbrauch entlang<br />

der Supply Chain optimieren. Sie deckt<br />

Verschwendung und ineffiziente Prozesse auf<br />

und optimiert die Abläufe.<br />

Energieeffizienz durch KI<br />

Durch KI ist es möglich, den Energieverbrauch<br />

von Heizung, Lüftung, Klimatisierung und Beleuchtung<br />

zu reduzieren und damit natürlich<br />

auch die CO2-Emissionen zu senken. Ein Beispiel<br />

ist die KI-gestützte Software Recogizer, die<br />

die komplexen Wirkzusammenhänge technischer<br />

Anlagen in (großen) Gebäuden berücksichtigt<br />

und analysiert. Neben den Betriebsdaten<br />

aus dem Gebäude fließen alle relevanten<br />

Einflussfaktoren auf den Energieverbrauch wie<br />

Wetterdaten, Belegungsdaten, Nutzungs- und<br />

Öffnungszeiten, Kundenfrequenz, komplexe<br />

Anlagenzusammenhänge, und v. a. m. kontinuierlich<br />

ein.<br />

Die KI erlernt zunehmend das Verhalten des<br />

jeweiligen Gebäudes und der technischen<br />

Anlagen und reguliert die Energieversorgung<br />

(mit Updates alle 15 Minuten). So werden<br />

auch wertvolle Erkenntnisse für eine effizientere<br />

Energienutzung gewonnen, die auch die<br />

Grundlage für die künftige Einbeziehung von<br />

erneuerbaren Energiequellen sein können.<br />

(RED)<br />

Literatur: (1) Götz Fuchslocher, Effizienzsteigerung<br />

in der Logistik, Škoda optimiert mit KI-App<br />

die Containernutzung, Automobil Produktion<br />

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LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S90<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Neue europäische Postnormen für den<br />

digitalen Datenaustausch zu<br />

Warensendungen<br />

Als Reaktion auf die fortschreitende Digitalisierung des internationalen Ecommerce<br />

hat die Europäische Kommission im Januar <strong>2023</strong> die Entwicklung einer<br />

Reihe europäischer Standards für die weitere Digitalisierung von Postdiensten<br />

(inkl. der Kurier-, Express und Paketzustelldienste) in Auftrag gegeben.<br />

REDAKTION: WALTER TREZEK<br />

Dies lässt sich am besten mit einem harmonisierten<br />

System von Identifikationscodes<br />

erreichen, die mit einer Datenbank mit entsprechenden<br />

Betreiberkennungen verknüpft<br />

sind und auf die alle autorisierten Benutzer<br />

zugreifen können. Schon heute betreibt und<br />

verwaltet der Weltpostverein (UPU) ein weltweites<br />

System, dass die digitale Kennung der<br />

Postbetreiber gewährleistet. Benannte nationale<br />

Postbetreiber, aber auch deren Lieferkettenpartner<br />

nutzen diese Betreiberkennungen<br />

innerhalb des Vorabdatenaustausches. Allerdings<br />

sind diese Betreiberkennungen derzeit<br />

nicht für alle Akteure des Postsektors gleichermaßen<br />

zugänglich.<br />

Die Europäische Union definiert den<br />

„Postsektor“ im weitesten Sinne.<br />

Folglich wirken sich harmonisierte<br />

Standards im europäischen Postsektor<br />

nicht nur auf die traditionellen nationalen<br />

Postdienste, die so genannten benannten<br />

Postbetreiber aus, sondern auch auf Kurier-,<br />

Express-, Paket- und nicht benannte Postbetreiber,<br />

des Weiteren auch auf die zahlreichen<br />

in dieser Branche, entlang der Wertschöpfungskette<br />

tätigen Dienstleister. Das Ziel der<br />

Europäischen Kommission besteht darin, einen<br />

wirklich abgestimmten und interoperablen<br />

europäischen Postsektor zu schaffen.,Da die<br />

logistic-natives die Veränderungen der Branche<br />

durch die Mitglieder & Verbandsexperten<br />

(hier CLS- Commerce-Logistics Specialists) aktiv<br />

mitgestalten, werden wir uns im Folgenden<br />

einige Teile genauer anschauen.<br />

Teil 1: “digitale Identifikation von Postbetreibern<br />

/ Betreiberkennung”<br />

Schritt 1: Ein Mandat zur Normung der „digitalen<br />

Identifizierung von Postbetreibern“,<br />

oder der „digitalen Betreiberkennung“ wurde<br />

von der Kommission in einem Standardisierungsauftrag<br />

an das Europäische Komitee<br />

für Normung (CEN) vergeben. Ein klarer und<br />

international gültiger Standard zur digitalen<br />

Identifizierung von Akteuren in internationalen<br />

Lieferketten ist eine Grundvoraussetzung nicht<br />

nur für Transport und Logistik, sondern auch<br />

für Zoll, Mehrwertsteuer und andere daraus<br />

abgeleitete Themen wie Produktsicherheit,<br />

Nachhaltigkeit, Abfallentsorgung, etc.<br />

In der globalen Postbranche (einschließlich<br />

Kurier-, Express- und Paketdienstleistern) ist für<br />

alle grenzüberschreitenden Sendungen, die<br />

Waren enthalten, ein Datenvorabaustausch<br />

(EAD) auf Sendungsebene vorgeschrieben.<br />

Daher müssen alle am grenzüberschreitenden<br />

Austausch beteiligten Parteien klar und eindeutig<br />

identifiziert werden.<br />

Das Europäische Komitee für Normung (CEN)<br />

wird in Zusammenarbeit mit der UPU ein komplementäres<br />

System eindeutiger digitaler<br />

Identifikatoren für Post-, Kurier-, Express- und<br />

Paketbetreiber, sowie für Unternehmen entwickeln,<br />

die innerhalb der Lieferkette mit den<br />

Zustellbetreibern interagieren. Solche Betreiberkennungen<br />

werden alle an der Lieferung<br />

beteiligten Parteien identifizieren. Sie werden<br />

sicherstellen, dass jede Kennung weltweit eindeutig<br />

bleibt, und die Rolle, die jede identifizierte<br />

Partei spielt, klar ausgewiesen ist. Der<br />

Standard wird die digital gestützte Erbringung<br />

von Diensten und deren Interoperabilität erleichtern,<br />

insbesondere auch für zuständige<br />

Behörden in den Bereichen Transportsicherheit,<br />

Produktsicherheit und Fragen der Nachhaltigkeit.<br />

Teil 2: „Postal registered Email“<br />

Eine wichtige Grundlage für die fortschreitende<br />

Digitalisierung des europäischen Zustellsektors<br />

ist die „eDelivery-Initiative“ der EU-Kommission.<br />

„eDelivery“ vereint „eInvoicing“,<br />

„eSignature“ und „eID“ als die wichtigsten<br />

Bausteine von „Digital-Europe“.<br />

„eDelivery“ stellt auf Basis von nachrichtentechnischen<br />

Datenaustausch Normen, installierbare<br />

Software und die damit verbundene<br />

Austauschnormen für die Logistik und<br />

den Postsektor bereit, wobei die spezifizierten<br />

Systeme zum Teil bereits für das Import-Kontrol-System2<br />

im Einsatz sind.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S92<br />

WALTER TREZEK<br />

Im Auftrag der EU-Kommission sind bestehende<br />

Standards für die sichere Dokumenten-kommunikation<br />

im B2B-Bereich, an die Zustellung<br />

von B2C-Lieferungen (E-Commerce)<br />

anzupassen.Diese Weiterentwicklung der<br />

sicheren digitalen Geschäftskommunikation<br />

wird in enger Abstimmung mit ETSI (European<br />

Telecommunications Standards Institute) und<br />

dem Weltpostverein (UPU) weltweit durchgeführt,<br />

um den sicheren Austausch von<br />

E-Dokumenten im Voraus für jede Lieferung von<br />

B2C-Lieferungen mit Einzelwaren zu etablieren.<br />

Aus diesem Grund wurde CEN/TC 331 (Postdienste),<br />

Arbeitsgruppe 2 (Neue digitale Postdienste),<br />

mit der Überarbeitung des technischen<br />

Standards TS 16326 „Postal Registered<br />

Electronic Mail“ (PReM) beauftragt. PReM ist<br />

die funktionale Spezifikation eines sicheren<br />

elektronischen Postdienstes - ein vertrauenswürdiger<br />

und zertifizierter elektronischer Postaustausch<br />

zwischen Absender, Postbetreibern<br />

und Adressaten/Postempfänger.<br />

Normenkonformer Austausch von eDokumenten<br />

um Datenschutz und Authentizität des Inhaltes<br />

zu sichern<br />

Die EU arbeitet intensiv daran, die gesamte<br />

Kommunikation im Post- und Logistiksektor zu<br />

sichern, zu standardisieren und vollständig zu<br />

digitalisieren. Dazu gehört die Kommunikation<br />

zwischen Betreibern, ihren Dienstleistern,<br />

Kunden und zuständigen Behörden. Da der<br />

Austausch elektronischer Vorabdaten (EAD)<br />

für jede Lieferung von B2C-Lieferungen mit<br />

Waren obligatorisch wird, müssen die zugehörigen<br />

E-Dokumente den globalen Nachrichtenstandards<br />

entsprechen.<br />

Die neuen EU-Zoll-, Mehrwertsteuerpakete und<br />

elektronischen Fracht- und Transportsysteme<br />

(eFTI-Verordnung (2020/1056)) können nur<br />

dann vollständig umgesetzt werden, wenn die<br />

entsprechenden Nachrichtenübermittlungsstandards<br />

in Europa und weltweit vorhanden<br />

sind. Dies ist die Aufgabe von CEN, ETSI und<br />

der UPU unter Einbeziehung der breiteren<br />

Akteure des Postsektors.<br />

Teil 3: Vollständig digitale und harmonisierte,<br />

postalische Transportdokumente<br />

Der elektronische Vorabdatenaustausch<br />

(EAD) für Post-, Kurier-, Express- und Paketsendungen<br />

auf Sendungsebene ist von unterschiedlichen<br />

Rechts- und Regulierungsbehörden<br />

vorgegeben – aber (noch) nicht<br />

harmonisiert.<br />

Weltweit seit 1. Januar 2021: Der Weltpostverein<br />

(UPU) macht den digitalen Vorabdatenaustausch<br />

für alle Postsendungen, die Waren<br />

oder Güter enthalten, die innerhalb des globalen<br />

UPU-Netzwerks ausgetauscht werden,<br />

verbindlich.<br />

EU seit 1. Juli 2021: Das EU Mehrwertsteuer<br />

Ecommerce Paket schreibt vor, dass alle Betreiber,<br />

die B2C-Sendungen in die EU importieren,<br />

vor dem Import, Daten zu jeder Warensendung<br />

mit den Behörden in der EU austauschen<br />

müssen. Zudem verlangt seit <strong>2023</strong> das EU-<br />

Importkontrollsystem 2 (ICS2), dass Vorabdaten<br />

auf Einzelwarensendungsebene angemeldet<br />

werden müssen, die aus Transportsicherheitsgründen<br />

analysiert werden, wenn<br />

Luftfracht in die EU genutzt wird. 2024 wird das<br />

System auf alle Verkehrsträger ausgeweitet.<br />

EU ab 2026: Das elektronische Fracht- und<br />

Transportinformationssystem (eFTI) der EU<br />

verlangt von den zuständigen Behörden der<br />

EU-Mitgliedstaaten, elektronische Plattformen<br />

für die Vorab-Einreichung von Fracht- und<br />

Transportdokumenten für alle Transportmodalitäten<br />

bereitzustellen.<br />

Unterschiedliche Vorschriften haben zu unterschiedlichen<br />

Datenmodellen und Datenelementdefinitionen<br />

geführt. Bei Steigenden Sendungsmengen<br />

im In- und Ausland muss eine<br />

durchgängige Interoperabilität der Lieferkette<br />

geschaffen werden. Die notwendige Harmonisierung<br />

kann durch die Zuordnung der obligatorischen<br />

Datenelemente, die Schaffung<br />

eines gemeinsamen Interoperabilitätsschemas<br />

und gemeinsamer Definitionen für die<br />

Ende-zu-Ende Lieferkette erreicht werden.<br />

Normungsmandat: „Digitalisierung von Postbeförderungsdokumenten<br />

und deren Harmonisierung“<br />

Ziel des Arbeitsinhaltes ist die Definition der:<br />

• Durchgängigkeit harmonisierter Daten für<br />

die Lieferung von Handelswaren und Gütern<br />

im Einzelhandel;<br />

• Kommunikation und des Austausches<br />

von Dokumenten zwischen Logistikunternehmen,<br />

Lieferanten, Kunden und zuständigen<br />

Behörden (für rechtliche und<br />

behördliche Aufsicht, Zoll- und Einfuhrabgabenmanagement,<br />

Transportsicherheit<br />

und Produktsicherheit); und<br />

• Berücksichtigung der Konformität mit dem<br />

gemeinsamen EU-Transportdatenmodell,<br />

dem EU-Zolldatenmodell und dem UPU/<br />

WCO globalen Postdatenmodel.<br />

CEN/TC331 (Postdienste), Arbeitsgruppe 2<br />

(Neue digitale Postdienste) ist für die ober<br />

beschriebenen 3 neuen Arbeitsinhalte verantwortlich.<br />

Die Vorschläge für die neuen<br />

Arbeitsinhalte werden an alle CEN-Experten<br />

gesendet, die in den nationalen Normungsgremien<br />

arbeiten, in Österreich an Austrian<br />

Standards. (RED)<br />

Die logistic-natives begleiten pragmatisch<br />

in der Normierung und sind durch<br />

Ihr Netzwerk (DIN/CEN, Ecommerce<br />

Europe, UPU- u.a. als Rapporteuer“<br />

der Arbeitsgruppe „Sustainability“ des<br />

Consutative Committees) in der Lage, die<br />

Zukunft der Branche aktiv zu gestalten.<br />

Wer Teil des internationalen Netzwerks<br />

der logistic-natives werden möchte und<br />

wer bei der Veränderung des internationalen<br />

Handels mitwirken möchte,<br />

kontaktiert bitte Managing Director<br />

Florian Seikel<br />

T +49 162 2561001<br />

florian.seikel@logistic-natives.com<br />

logistic-natives e.V.<br />

Internationales Handelszentrum<br />

Friedrichstraße 95, 10117 Berlin<br />

FLORIAN SEIKEL


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S94<br />

TRANSPORTLOGISTIK<br />

Weltweite<br />

Konjunktur liefert<br />

widersprüchliche<br />

Signale<br />

Hohe Energiepreise, eine schwächelnde<br />

Wirtschaft, Fachkräftemangel. Dr. Kurt<br />

Schmalz, geschäftsführender Gesellschafter<br />

der J. Schmalz GmbH, beweist seit rund 40<br />

Jahren, wie sich Aufgaben bewältigen lassen<br />

– mit guten Ideen und Beständigkeit. Doch<br />

Technologie alleine reicht nicht aus: Von<br />

der Politik fordert er zukunftsfähige Ansätze,<br />

um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu<br />

bewahren. BEITRAG: REDAKTION<br />

Herr Dr. Schmalz, die wirtschaftliche Lage ist<br />

derzeit sehr herausfordernd. Wie ist die Stimmung<br />

bei Schmalz?<br />

Mit einem Wort: durchwachsen. Das erste<br />

Halbjahr lief für uns deutlich besser als erwartet.<br />

Doch seit dem Sommer hat sich unsere<br />

Auftragslage abgekühlt. Ob sich dieser Trend<br />

fortsetzt oder ob wir die Rezession hinter uns<br />

lassen können, ist derzeit noch nicht absehbar.<br />

Die weltweite Konjunktur liefert widersprüchliche<br />

Signale. Welches richtungsweisend<br />

ist, werden erst die nächsten Monate<br />

zeigen. Unternehmen in unserem Branchenumfeld<br />

haben bereits aufgrund der schlechten<br />

Auftragslage Schließtage verordnet.<br />

Dank unseres flexiblen Arbeitszeitmodells sind<br />

wir davon zum Glück noch nicht betroffen.<br />

Der große Vorteil von Schmalz ist das breite<br />

Portfolio, mit dem wir in sehr vielen Branchen<br />

aktiv sind. Dadurch schaffen wir einen Ausgleich.<br />

Und als Familienunternehmen können<br />

wir uns an die jeweiligen Marktbedingungen<br />

einfacher anpassen.<br />

Ihr Unternehmen ist mit den Segmenten Vakuum-Automation,<br />

Handhabung und Energiespeicher<br />

breit aufgestellt. Wie entwickeln sich<br />

die einzelnen Sparten?<br />

Unser Portfolio in der Robotik und Automation<br />

wächst stetig, der Trend geht ganz klar zu mehr<br />

integrierter Intelligenz und Flexibilität. Betreiber<br />

benötigen nur noch eine einzige Lösung, die<br />

sich modular erweitern und anpassen lässt, um<br />

vielfältige Anforderungen zu erfüllen. Im Bereich<br />

Handhabungssysteme punkten wir durch<br />

Ergonomie und Arbeitsschutz. Das ist insbesondere<br />

in Zeiten des demografischen Wandels<br />

wichtig: Mit unseren Produkten bewegen Anwender<br />

schwere Lasten mühelos mittels Vakuum.<br />

Und mit unserem jüngsten Geschäftsfeld,<br />

den Energiespeichern, sind wir gerade eine<br />

Partnerschaft mit VoltStorage eingegangen.<br />

Für deren Gewerbespeicher steuern wir unsere<br />

Stacks bei – das ergibt ein perfektes Duo für<br />

regenerative Energieerzeugung und -speicherung<br />

mit Redox-Flow-Batterien.<br />

Die Wirtschaft erlebt derzeit wechselhafte<br />

Marktsituationen. Welche Veränderungen in<br />

der politischen Landschaft wünschen Sie sich,<br />

um die Herausforderungen besser anzugehen?<br />

Wir benötigen mehr Initiativen, um die Unternehmen<br />

wettbewerbsfähiger zu machen<br />

und Investitionen in Zukunftstechnologien zu<br />

fördern. Dazu gehören auch ein Bürokratieabbau<br />

und eine Absenkung der Stromsteuer.<br />

Das Steuersystem muss innovations- und investitionsfreundlicher<br />

werden, um die Attraktivität<br />

des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu steigern.<br />

Nur über mehr Wachstum lässt sich der<br />

Staatshaushalt nachhaltig konsolidieren. Die<br />

Politik muss erneuerbare Energien noch stärker<br />

fördern, um die Klimaschutzziele zu erreichen<br />

und den Unternehmen ausreichende Mengen<br />

an bezahlbarer Energie zur Verfügung zu stellen.<br />

Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind Werte,<br />

die Schmalz sehr wichtig sind.<br />

Neben hohen Energiepreisen belastet der<br />

Fachkräftemangel das Geschäftsleben. Wie<br />

gehen Sie damit um?<br />

Das sind Probleme, die viele Unternehmen in<br />

unserer Branche betreffen. Die hohen Energiepreise<br />

haben Auswirkungen auf die Herstellungskosten.<br />

Um am Ende wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben, braucht es Konzepte, die<br />

die Effizienz in der Fertigung steigern. In unserem<br />

Portfolio befinden sich Lösungen, die Produktionsprozesse<br />

optimieren und Ressourcen<br />

nachhaltiger einsetzen. Den Mangel an Fachkräften<br />

müssen sowohl wir als auch unsere Kunden<br />

ausgleichen. Wo Personal ohnehin knapp<br />

ist, wird es umso wichtiger, auf die Gesundheit<br />

der vorhandenen Mitarbeitenden zu achten.<br />

Unsere ergonomischen Handhabungs-Produkte<br />

sind daher darauf ausgerichtet, die Arbeitskräfte<br />

zu ergänzen und körperlich zu entlasten.<br />

Dazu fördert die Personalnot auch den Trend<br />

zur Automatisierung. Mit unseren Automatisierungs-Lösungen<br />

helfen wir Kunden dabei, aus<br />

der Not eine Tugend zu machen.<br />

Welche Rolle spielen Innovationen?<br />

Innovative Lösungen zu entwickeln, ist seit<br />

jeher unser Anspruch. Wir haben ein großes<br />

Team aus Entwicklerinnen und Entwicklern<br />

und arbeiten zudem eng mit Hochschulen zusammen.<br />

So verknüpfen wir zum Beispiel am<br />

Campus Schwarzwald Theorie mit Praxis. Die<br />

Studierenden forschen direkt an und mit unseren<br />

Maschinen. Unser Ziel ist es, die Technologieregion<br />

Schwarzwald voranzubringen, kluge<br />

Köpfe in die Gegend zu holen und zu halten.<br />

Die Zukunft gehört smarten, flexiblen und intelligenten<br />

Vakuum-Produkten, die zugleich<br />

effizient und nachhaltig sind. Genau dafür benötigen<br />

wir viel Know-how und frische Ideen.<br />

Intelligenz im Vakuum – klingt spannend. Wie<br />

sehen Sie die zukünftige Entwicklung von KI in<br />

Ihrer Branche?<br />

Künstliche Intelligenz wird die Zukunft der Automatisierung<br />

gestalten. Selbstlernende Systeme<br />

ermöglichen nicht nur eine präzisere und<br />

effizientere Steuerung unserer Lösungen, sondern<br />

bieten auch die Chance, sich an veränderte<br />

Produktionsanforderungen anzupassen.<br />

Zudem schafft KI neue Möglichkeiten für die<br />

Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.<br />

Smarte Technologien werden eine Schlüsselrolle<br />

dabei spielen, die aktuellen Herausforderungen<br />

– von den hohen Kosten über holprige<br />

Lieferwege bis hin zum Fachkräftemangel – zu<br />

meistern. (RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S96<br />

WIRTSCHAFT<br />

Fachkräftemangel trifft<br />

österreichische<br />

Unternehmen<br />

besonders schwer<br />

Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage<br />

des Meinungsforschungsinstituts YouGov<br />

im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers<br />

Visable unter 1487 Businessentscheidern in<br />

Deutschland, Österreich, der Schweiz und<br />

Österreichische Unternehmen trifft<br />

der Fachkräftemangel besonders<br />

hart. So gibt deutlich mehr als<br />

die Hälfte der hiesigen Befragten<br />

(58 Prozent) an, dass das Fehlen von geeignetem<br />

Personal bereits „eher starke“ oder<br />

sogar „sehr starke negative Auswirkungen“<br />

auf den Geschäftserfolg habe. Nur 13 Prozent<br />

der Unternehmen verzeichnen keine<br />

negativen Auswirkungen. Besorgniserregend<br />

ist auch die Prognose. Mehr als jeder zweite<br />

Befragte geht davon aus, dass sich die Lage<br />

in den kommenden fünf Jahren noch weiter<br />

verschärfen wird (53 Prozent). Die Befragten in<br />

Österreich schätzen die Lage damit deutlich<br />

pessimistischer ein als die Umfrageteilnehmer<br />

in den anderen teilnehmenden Ländern.<br />

Dennoch herrscht auch in den weiteren Kernmärkten<br />

von Visable große Sorge. Im Durchschnitt<br />

aller vier Länder schätzt jeder zweite<br />

Befragte (51 Prozent) die negativen Auswirkungen<br />

des Fachkräftemangels als „eher<br />

stark“ oder sogar „sehr stark“ ein. Über alle<br />

Länder hinweg sehen die Entscheider die<br />

Zukunft düster: Jeder Zweite (48 Prozent) geht<br />

von einer Verschlechterung der Situation aus,<br />

gerade einmal 6 Prozent haben Hoffnung auf<br />

eine Verbesserung. Der Fachkräftemangel<br />

scheint also ein gesamteuropäisches Problem<br />

zu sein und belastet die Entwicklung des<br />

Wirtschaftsraums.<br />

Mehr Personalausfälle durch<br />

Fachkräftemangel<br />

Die stärkste Auswirkung des Fachkräftemangels<br />

ist laut der österreichischen Befragten<br />

eine deutliche Mehrbelastung der Belegschaft<br />

(38 Prozent). Mehr als jeder vierte Befragte<br />

gibt zudem an, dass es durch den<br />

Fachkräftemangel zu mehr Personalausfällen<br />

und Krankmeldungen kommt (28 Prozent).<br />

Fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) beobachtet<br />

eine erhöhte Fluktuation in der Belegschaft<br />

– insgesamt äußerst unruhige Zeiten für<br />

Personaler und herausfordernde Zeiten für Angestellte.<br />

Außerdem befürchtet mehr als jeder<br />

Dritte den Verlust von Know-how und Qualität<br />

(35 Prozent) und jeder Vierte berichtet von Einschränkungen<br />

der Geschäftstätigkeit durch<br />

Personalmangel (26 Prozent).<br />

Abwanderungswelle wegen<br />

Fachkräftemangel?<br />

Wie dramatisch die Situation empfunden wird,<br />

zeigen auch folgende Zahlen: Während schon<br />

mehr als jeder vierte Befragte (27%) mit seinem<br />

Unternehmen verstärkt Outsourcing betreibt,<br />

erwägt außerdem mehr als jedes achte<br />

Unternehmen (13 Prozent), zumindest teilweise<br />

ins Ausland abzuwandern. Besonders bedenklich:<br />

Abwanderung ist vor allem in der Chefetage<br />

populär. Beim Senior Management sieht<br />

jeder Fünfte (19 Prozent) diese Maßnahme<br />

als Option an, um dem Personalmangel zu<br />

entgehen. Würden diese Pläne überall in<br />

die Tat umgesetzt, beträfe das in Österreich<br />

hochgerechnet viele tausend Unternehmen.<br />

Eine Abwanderungswelle droht also. Und das,<br />

obwohl viele Unternehmen in Anbetracht der<br />

kritischen Situation bereits eine breite Palette<br />

an Maßnahmen nutzen, um die negativen<br />

Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern.<br />

Dabei werden sie zum großen Teil<br />

selbst aktiv bei der Suche nach geeigneten<br />

Fachkräften: Rund 34 Prozent der Befragten<br />

nennen den Ausbau des Recruitings, 22 Pro-<br />

zent setzen auf interne Kompetenz- und<br />

Wissenstransferprogramme. Ein weiterer Hoffnungsträger<br />

ist die Digitalisierung: Fast jedes<br />

vierte Unternehmen geht die Herausforderungen<br />

durch den Fachkräftemangel mit Digitalisierung<br />

und Automatisierung an (23 Prozent).<br />

Auf einen verstärkten Einsatz von KI setzen allerdings<br />

erst 11 Prozent. Mit besseren Vertragskonditionen<br />

will jedes vierte Unternehmen<br />

Fachkräfte anlocken, darunter geben 26<br />

Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher<br />

Branchengehälter und 24 Prozent das Angebot<br />

flexibler Beschäftigungsmodelle wie der<br />

4-Tage-Woche an. Der österreichische Mittelstand<br />

reagiert also aktiv und kreativ auf<br />

die Herausforderungen des Personal- und<br />

Fachkräftemangels.<br />

Forderungen an die Politik<br />

Österreichische KMU wünschen sich vom<br />

Staat vor allem steuerliche und finanzielle Anreize<br />

wie etwa steuerfreie Überstunden – jeder<br />

dritte Befragte (34 Prozent) wählte diese Antwortmöglichkeit.<br />

Außerdem gefordert werden<br />

familien- und sozialpolitische Maßnahmen,<br />

etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie (25 Prozent) und bildungspolitische<br />

Maßnahmen (21 Prozent) für mehr<br />

Fachkräfte aus eigener Schule. Nur ein geringer<br />

Anteil der Befragten plädiert dagegen<br />

für traditionell wirtschaftsliberale Maßnahmen<br />

wie flexible Kündigungs- und Wiedereinstellungsregelungen<br />

(13 Prozent) und<br />

eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters<br />

(9 Prozent). Der Zuzug von Fachkräften aus<br />

dem Ausland steht auch eher weniger im<br />

Fokus. Nur 15 Prozent der Befragten wollen<br />

eine verstärkte Förderung qualifizierter Einwanderung.<br />

(RED)


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S98<br />

WIRTSCHAFT<br />

Deutschland – der<br />

kranke Mann Europas<br />

Deutschland ist in der Rezession und bleibt<br />

es voraussichtlich auch noch im nächsten<br />

Jahr. Der IWF erwartet, dass Deutschland als<br />

einzige unter den fortgeschrittenen Volkswirtschaften<br />

im laufenden Jahr schrumpfen<br />

wird. BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />

Blickt man in die Wirtschaft, so versteht<br />

man wieso. Massiver Stellenabbau<br />

bei Bayer, Motorpresse und Homag,<br />

Unternehmensinsolvenzen auf einem<br />

7-Jahres-Hoch. Insolvenz bei einem großen<br />

Vertragspartner von Mercedes, dem Automobilzulieferer<br />

BIA in Solingen, Signa und<br />

Nolte Möbel. Es sieht nicht gut aus im besten<br />

Deutschland aller Zeiten. Die Energiewende<br />

und die grüne Transformation kostet doch<br />

mehr als gedacht und durch den hohen<br />

Strompreis sind wir weniger wettbewerbsfähig<br />

– aber dafür kommt jetzt der subventionierte<br />

Industriestrom.<br />

Ist Deutschland erneut der kranke Mann Europas,<br />

so wie es der Economist vorgesagt hat,<br />

oder bleibt uns dieser Titel diesmal erspart?<br />

Wohin steuert Deutschland? Brauchen wir<br />

eine Agenda 2030 und wie könnte diese aussehen?<br />

Der kranke Mann Europas?<br />

Fast 25 Jahre ist es her, da sorgte das Wirtschaftsmagazin<br />

„The Economist“ mit einer<br />

Titelgeschichte über Deutschland Furore.<br />

Deutschland sei der “kranke Mann des Euros”.<br />

Als Gründe nannte der Economist damals<br />

einen starren, festgefahrenen Arbeitsmarkt,<br />

extrem ausufernde Sozialleistungen und natürlich<br />

die Kosten der Wiedervereinigung. Der<br />

Artikel sorgte für Aufsehen. Offenbar bis in die<br />

höchsten Ränge der Politik. Denn die damalige<br />

Regierung unter Bundeskanzler Gerhard<br />

Schröder steuerte dagegen und brachte tiefgreifende<br />

Reformen auf den Weg. Besser bekannt<br />

als Agenda 2010.<br />

Doch schauen wir nochmal zurück auf das damalige<br />

Deutschland. Im Jahr 2003 waren rund<br />

4 Millionen Menschen arbeitslos, was einer Arbeitslosenquote<br />

von 10,5 Prozent entsprach.<br />

Das BIP, also die Wirtschaftsleistung, stagnierte<br />

und die stark alternde Gesellschaft drohte,<br />

das Rentensystem zu überlasten. Damals war<br />

wohlgemerkt eine rot-grüne Regierung an der<br />

Macht. Also durchaus Parallelen zu heute.<br />

Die Agenda 2010 kam und die Reformpläne<br />

fruchteten. Was hat man damals konkret umgesetzt?<br />

Im folgenden die wichtigsten Punkte:<br />

● Man hat die Regulierung von Zeitarbeit wesentlich<br />

gelockert, was hunderttausende Jobs<br />

geschaffen hat.<br />

● Man hat Minijob-Reformen umgesetzt,<br />

die es vor allem Arbeitslosen erleichterten,<br />

den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden.<br />

● Als drittes hat man das Arbeitslosengeld<br />

für Ältere von maximal 32 Bezugszeit auf 18<br />

Monate gekürzt.<br />

● Der ausschlaggebendste Punkt war allerdings<br />

die Vereinigung von Arbeitslosen- und<br />

Sozialhilfe zu Hartz IV, was wesentliche Ineffizienzen<br />

und eine Menge Bürokratie beseitigte.<br />

Was folgte, war ein beispielloser wirtschaftlicher<br />

Aufstieg Deutschlands. Die Arbeitslosenquote<br />

ging zwischen 2003 und 2013<br />

von 10,5 auf 6,9 Prozent zurück. 2022 lag sie<br />

sogar nur noch bei 5,3 Prozent. In anderen<br />

Worten: Gab es 2003 also noch 4,4 Millionen<br />

Arbeitslose, so waren es 2022 nur noch<br />

2,4 Millionen. Besonders beeindruckend ist<br />

der Rückgang der Langzeitarbeitslosen.<br />

Hiervon gab es in Deutschland im Jahr 2000<br />

noch rund 1,5 Millionen. 2012 waren es nur<br />

noch ca. 1 Millionen. Also ein Rückgang um<br />

rund 30 Prozent. Und auch der direkte Vergleich<br />

zu Frankreich kann sich durchaus sehen<br />

lassen. Innerhalb eines Jahrzehnts ist es<br />

Deutschland gelungen, die Wirtschaftsleistung<br />

zu steigern, den Nachbarn Frankreich<br />

zu überholen und gleichzeitig die Arbeitslosenquote<br />

stark zu senken (siehe Abbildung).<br />

Die Agenda 2010 war umstritten, denn sie war<br />

anfangs für viele sehr schmerzhaft. Die SPD hat<br />

selbst heute noch damit zu kämpfen und hat<br />

seitdem wirklich viel versucht, um alles, was<br />

damals umgesetzt wurde, wieder rückgängig<br />

zu machen.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S100<br />

Ganz nüchtern betrachtet, war die Agenda<br />

2010 allerdings ein beachtlicher Erfolg. Dennoch<br />

muss man festhalten, dass nicht alles<br />

auf die Reformagenda zurückzuführen ist.<br />

Viele Kritiker weisen immer wieder gerne darauf<br />

hin, dass es auch andere Ursachen hat,<br />

dass Deutschland sich nach der Agenda 2010<br />

prächtig entwickelt hat. So wird immer wieder<br />

auf die allgemeine Lohnzurückhaltung hingewiesen,<br />

die bereits in den 1990ern begonnen<br />

hatte und der schwache Euro, der besonders<br />

unserer Exportwirtschaft zugutekam. Darüber<br />

hinaus haben wir seit der Jahrtausendwende<br />

einen beispiellosen Aufstieg Chinas gesehen,<br />

der einerseits Deutschlands Exportwirtschaft<br />

befeuerte und uns andererseits mit günstigen<br />

Produkten versorgte.<br />

Selbst die Eurokrise konnte den Aufschwung<br />

der deutschen Wirtschaft nicht dauerhaft<br />

stoppen. Dazu beigetragen hat aber vor<br />

allem ein günstiges makroökonomisches Umfeld.<br />

Die Nachfrage nach deutschen Exportgütern<br />

in den USA sowie in Schwellenländern<br />

wie China wuchs deutlich, die Zinsen fielen<br />

stetig, und der niedrige Kurs des Euros trug<br />

zum Boom der deutschen Ausfuhren bei.<br />

Natürlich gab es noch eine weitere wichtige<br />

Komponente, die nicht fehlen darf und das ist<br />

billige Energie. Wir alle wissen, dass Schröder<br />

eine gute Beziehung zu Russland, insbesondere<br />

zu Putin hatte. Dadurch wurden wir zumindest<br />

über das kommende Jahrzehnt mit günstiger<br />

Energie für die Industrie versorgt. Alles in<br />

allem waren es dennoch grundlegend positive<br />

Reformen. Leider haben die folgenden Regierungen<br />

verschlafen, daran anzuknüpfen.<br />

Die Ära Merkel: eine verpasste Zeit<br />

16 Jahre war Angela Merkel die Kanzlerin der<br />

Bundesrepublik Deutschlands. 16 Jahre lang<br />

hat sie Deutschland mitgestaltet und geprägt.<br />

Doch ihre Zeit hat leider tiefe Narben und<br />

viele Baustellen hinterlassen. Unter der Ära<br />

Merkel wurden vor allem die Rentenleistungen<br />

stark ausgebaut. Dazu gehören die Rente ab<br />

63, die Mütterrente, die sogenannte Haltelinie<br />

sowie zuletzt die Grundrente. Und während<br />

man immer mehr für die Rentner getan hat,<br />

hat man es vollkommen verschlafen, in die<br />

Generation von morgen zu investieren, also<br />

in Bildung und vor allem Infrastruktur. Ein Blick<br />

in heutige Schulen oder auf marode Brücken<br />

unterstreicht, dass hier einiges vernachlässigt<br />

wurde.<br />

Auch in Sachen Eurokrise hat sich die Ex-Kanzlerin<br />

definitiv nicht mit Ruhm bekleckert. Seit 2010<br />

musste der Mittelmeerstaat mehrfach durch<br />

die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds<br />

(IWF) vor dem Staatsbankrott gerettet<br />

werden. Grundlegende Regeln der Währungsunion,<br />

vor allem die No-Bail-out-Klausel<br />

oder der Vertrag von Maastricht, wurden damals<br />

einfach so über Bord geworfen. Angela<br />

Merkels Begründung für diese Schritte lautete:<br />

Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.<br />

Das ist natürlich völliger Humbug. Der Euro ist<br />

nicht die EU. Mit Milliarden hat man mit Ach und<br />

Krach die Eurozone und damit das Projekt Euro<br />

am Leben gehalten. Das hatte natürlich Kosten,<br />

die vor allem Deutschland schultern musste.<br />

Dann kam die Flüchtlingskrise, die ebenfalls<br />

miserabel gemanagt wurde. Die Auswirkungen<br />

der damaligen Politik sind noch heute spürbar.<br />

Ist Deutschland erneut der<br />

“kranke Mann Europas”?<br />

Aber blicken wir auf den Status Quo. Wie steht<br />

es um Deutschland? Liegen wir bereits auf<br />

der Intensivstation oder kommen wir mit einer<br />

leichten Erkältung davon? Die aktuellen Wirtschaftsindikatoren<br />

zeigen zumindest nichts<br />

Gutes an. Die Produktion ist im September zum<br />

vierten Mal in Folge gesunken. Laut Statistischem<br />

Bundesamt sank die Produktion im Vergleich<br />

zum Vormonat um 1,4 Prozent. Erwartet<br />

wurde lediglich ein Rückgang von 0,1 Prozent<br />

(siehe nächste Abbildung). Damit liegen wir<br />

immer noch unter dem Niveau, welches wir<br />

vor der Corona-Krise hatten.<br />

Das Statistische Bundesamt schreibt, dass ein<br />

Großteil des Rückgangs dabei auf die schwächelnde<br />

Automobilindustrie zurückzuführen<br />

sei. Ja und tatsächlich bekommen wir immer<br />

mehr Signale aus der Automobilindustrie, dass<br />

dieser harte Zeiten bevorstehen.<br />

Volkswagen zum Beispiel brechen gerade die<br />

Absätze in China weg. Gleichzeitig steigen<br />

die Insolvenzen weiter an. Das zeigen die neuesten<br />

Daten des IWH. So gab es im Oktober<br />

1037 Insolvenzen bei Personen- und Kapitalgesellschaften.<br />

Das sind 2 Prozent mehr als im<br />

September und 44 Prozent mehr als im Oktober<br />

2022. Die Zahl der Insolvenzen lag somit<br />

12 Prozent über dem Oktober-Durchschnitt<br />

der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.<br />

Und eine Besserung soll nicht<br />

in Sicht sein. So rechnet das Leibniz-Institut für<br />

Wirtschaftsforschung für die kommenden Monaten<br />

mit weiter steigenden Insolvenzen. Die<br />

nach wie vor hohen Energiepreise machen<br />

vor allem der chemischen Industrie zu schaffen<br />

(siehe nächster Chart).<br />

Bestes Beispiel Lanxess. Erst vor wenigen Tagen<br />

meldete der Chemiekonzern tiefrote Zahlen.<br />

Eine Besserung sei laut Vorstandschef Zachert<br />

nicht in Sicht. Und auch beim deutschen<br />

Chemiegiganten BASF sieht es gar nicht gut<br />

aus. Der Aktienkurs war vor kurzem sogar unter<br />

das Coronatief von 2020 gefallen. Bereits<br />

im Sommer ist der Gewinn bei der BASF um<br />

76 Prozent eingebrochen. Und jetzt gerade<br />

erst vor kurzem hat der CEO der BASF, Martin


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S102<br />

Brudermüller, gewarnt, dass die ehrgeizigen<br />

Klimaziele der EU scheitern werden. In Berlin<br />

sagte der CEO: „Europa versucht es mit der<br />

Brechstange, aber das wird nicht funktionieren“.<br />

Und weiter: „Wir treiben den Umbau<br />

unvermindert voran, trotz Konjunkturkrise.“<br />

Der BASF-Chef verweist hier vor allem auf die<br />

horrenden bürokratischen Vorgaben, die im<br />

Zuge des Green Deal auf die Unternehmen<br />

zukommen. Allein auf die Chemieindustrie<br />

würden 14.000 Seiten an Vorgaben und<br />

Richtlinien aus Brüssel kommen. Dabei haben<br />

Großkonzerne wie die BASF deutlich mehr<br />

Kapazitäten, um Bürokratie zu bewältigen<br />

als der Mittelstand. Für kleine und mittlere<br />

Unternehmen ist das kaum noch zu stemmen,<br />

denn der Aufwand ist proportional<br />

zur Unternehmensgröße erheblich größer.<br />

Und auch beim dritten großen deutschen<br />

Chemieunternehmen Bayer brennt gerade<br />

die Hütte. Nach einem Verlust von 4,6<br />

Milliarden Euro kündigt der CEO einen massiven<br />

Umbau an. Auch die Belegschaft werde<br />

sich „erheblich reduzieren“, heißt es.<br />

Drei Chemiekonzerne aus Deutschland. Und<br />

alle haben massiven Gegenwind. Die Deindustrialisierung<br />

ist bereits in vollem Gange.<br />

In vergangenen Beiträgen warne ich bereits<br />

davor schon länger. Und die Probleme<br />

könnten sich noch weiter verschärfen, denn<br />

auch der Euro ist nach wie vor unter Druck.<br />

Im Sommer 2021 kostete ein Euro noch 1,20<br />

Dollar. Anfang September 2022 war die europäische<br />

Währung nur 0,99 Dollar wert. Das ist<br />

der niedrigste Wechselkurs seit 20 Jahren.<br />

Für den schwachen Euro gibt es verschiedene<br />

Gründe:<br />

1. Die Sanktionen gegen Russland haben uns<br />

viel stärker getroffen als zum Beispiel die Amerikaner.<br />

Folglich hat unsere Wirtschaft einen<br />

stärkeren Schaden genommen.<br />

2. Europa leidet viel stärker unter hohen Preisen<br />

für fossile Energien als die USA. Wir sind<br />

nicht so autark.<br />

3. Die FED hat ihren Leitzins viel stärker anheben<br />

können als die EZB. Das führt dazu, dass<br />

viel Kapital den Euroraum verlässt und in den<br />

Dollar fließt, da es hier höhere Zinsen gibt. Ergo,<br />

Quelle: https://www.bloomberg.com/news/articles/<strong>2023</strong>-08-24/dollar-usage-in-global-payments-in-july-rises-to-record-swift-says<br />

der Euro wird schwächer. Und so ist es nicht<br />

verwunderlich, dass der Euro immer mehr an<br />

Bedeutung verliert. Im folgenden Chart von<br />

Bloomberg erkennt man, wie stark der Dollar<br />

und der Euro im internationalen Handel genutzt<br />

werden.<br />

5. Habecks Industriestrategie<br />

So langsam scheint die Dringlichkeit der Lage<br />

auch im Bundeswirtschaftsministerium angekommen<br />

zu sein. Robert Habeck hat dazu<br />

erst vor kurzem seine Industriestrategie vorgestellt.<br />

Auf 60 Seiten legt Habeck dar, wie er die<br />

Wende schaffen will. Ein Wort fällt während<br />

seiner Rede besonders oft und das ist das Wort<br />

“Transformation”. Damit meint er die Transformation<br />

hin zu einer sauberen klimaneutralen<br />

Wirtschaft. Das ganze kostet jedoch – wie wir<br />

alle wissen – eine Menge Geld für Investitionen.<br />

Wenn man sich die kompletten 60 Seiten<br />

durchliest, so lässt sich eines ganz klar erkennen:<br />

Der Staat möchte immer mehr in die Wirtschaft<br />

eingreifen. In Deutschland hat es mal<br />

so etwas wie Ordnungspolitik gegeben. Ziel<br />

dieser Ordnungspolitik war es, wirtschaftliches<br />

Wachstum zu erreichen, in dem der Staat nur<br />

die Rahmenbedingungen vorgibt und sich<br />

ansonsten aus der Wirtschaft raushält. Eine<br />

Nachtwächterrolle also.<br />

Und es waren genau diese Ansätze, die das<br />

Konzept der Sozialen Marktwirtschaft so attraktiv<br />

gemacht haben. Es war eine Art Kompromiss.<br />

Auf der einen Seite hat man privaten<br />

Unternehmern Raum gegeben, unternehmerisch<br />

aktiv zu werden. Auf der anderen Seite<br />

hat man aber auch durch das Setzen bestimmter<br />

Standards darauf geachtet, dass<br />

die Arbeitnehmerseite nicht vollkommen vernachlässigt<br />

wird.<br />

Wenn man jetzt aber die Industriestrategie von<br />

Habeck liest, so erkennt man schnell, dass der<br />

Staat hier weit darüber hinausgeht, einfach nur<br />

die Rahmenbedingungen zu setzen. Im Papier<br />

heißt es, dass man auf verschiedene Instrumente<br />

“von der themen- und branchenoffenen<br />

Innovationsförderung bis zur gezielten Unterstützung<br />

einzelner Schlüsseltechnologien”<br />

setzt. Der Staat will also aktiv in die Wirtschaft<br />

eingreifen. Hier mal ein paar Beispiele, wo man<br />

aktiv eingreifen bzw. mitmischen möchte.<br />

So will man:<br />

1. Die Energiewende vorantreiben<br />

2. Eine eigene Wasserstoffindustrie aufbauen<br />

3. Die E-Mobilität fördern<br />

4. Die pharmazeutische Industrie unterstützen<br />

5. Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz<br />

fördern und staatlich vorantreiben<br />

6. Die Industrie in Sachen Robotik, Raumfahrt<br />

und Leichtbau vorantreiben<br />

Die Liste könnte man noch ewig weiterführen.<br />

Es macht ganz deutlich, dass der jetzige Staat<br />

weit mehr ist, als der alt bekannte Nachtwächterstaat.<br />

Man will die Wirtschaft lenken<br />

bzw. steuern. In anderen Worten: Planwirtschaft.<br />

Aber zumindest scheint Habeck mittlerweile<br />

erkannt zu haben, dass es der Wirtschaft,<br />

insbesondere der Industrie in Deutschland,<br />

nicht gut geht. Hierzu sagt er und ich zitiere:<br />

„Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur<br />

Arbeitgeber und Branchen, sondern einen<br />

maßgeblichen Teil des Wohlstands.“<br />

Und auch in seinem Papier sind teils deutliche<br />

Passagen zu finden. “Für zahlreiche Betriebe<br />

der energieintensiven Industrie sind diese Preise<br />

existenzbedrohend, es droht eine Erosion<br />

der deutschen Grundstoffindustrie und damit<br />

der Wegfall integrierter Wertschöpfungsketten”,<br />

so Habeck.<br />

Zudem gesteht man sich in dem Papier ein,<br />

dass sich die Wettbewerbssituation besonders<br />

für die stromintensiven Branchen stark<br />

verschlechtert hat. Und trotzdem hat man<br />

die letzten AKWs vom Netz genommen. Laut<br />

einem Bericht der Bild-Zeitung hat die Bundesregierung<br />

dabei anscheinend von Anfang an<br />

gewusst, dass sich die Strompreise aufgrund<br />

der Abschaltung erhöhen würden. Das geht<br />

aus einem internen E-Mail-Wechsel zwischen<br />

den Pressestellen des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums<br />

aus 2022 hervor. Hierin heißt es:<br />

“Der Weiterbetrieb der AKW hat neben der<br />

(geringen) Gaseinsparung zwei weitere Vorteile:<br />

die Strompreise sinken und der Netzbetrieb<br />

wird sicherer.” Diese Einschätzung hatten<br />

übrigens damals mehrere Experten und Ökonomen<br />

vertreten. So zum Beispiel das Münchner<br />

Ifo Institut, die errechnet hatten, dass eine<br />

Nicht-Abschaltung der AKWs den Strompreis<br />

um vier Prozent senken würde.


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S104<br />

Ein Team um die Wirtschaftsweise Veronika<br />

Grimm kam in einer Studie sogar zu dem Ergebnis,<br />

dass der Strompreis bei Weiterbetrieb<br />

um bis zu 13 Prozent senken kann.<br />

Robert Habeck hatte damals ja sogar noch behauptet,<br />

Deutschland hätte ein Gasproblem<br />

und kein Stromproblem. Und auch sonst hat<br />

man uns doch immer wieder erzählt, dass der<br />

Weiterbetrieb der AKWs den Strompreis nicht<br />

senken würde. Man hat uns also angelogen und<br />

die Industrie muss jetzt dafür gerade stehen.<br />

Stattdessen hat man sich jetzt auf ein Strompreispaket<br />

für die Industrie geeinigt. Geplant<br />

ist unter anderem eine deutliche Senkung der<br />

Stromsteuer für das produzierende Gewerbe<br />

und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation<br />

für Konzerne.<br />

Marc Friedrich ist sechsfacher SPIEGEL Bestsellerautor,<br />

Finanzexperte, gefragter Redner,<br />

Vordenker, Freigeist und Honorarberater. Sein<br />

neues Buch erscheint am 23. Januar 2024:<br />

“Die größte Revolution aller Zeiten - wieso<br />

unser Geld stirbt und wie Sie davon profitieren“<br />

www.friedrich-partner.de<br />

www.marc-friedrich.de<br />

Bei den Grünen wertet man das als großen Erfolg.<br />

Aber was ist das für ein Erfolg, wenn man<br />

ein Problem mit Steuergeldern löst, was man<br />

im Grunde genommen selbst verursacht hat.<br />

6. Agenda 2030 statt mehr Sozialismus!<br />

Wir sehen also, dass Deutschland auf dem<br />

besten Weg ist, erneut den Titel “Kranker Mann<br />

Europas” zu gewinnen. Doch leider ist das kein<br />

Titel, über den man sich freuen sollte – nein,<br />

ganz im Gegenteil, es sollte eigentlich endlich<br />

ein Weckruf an die Politik sein.<br />

Leider beobachten wir aktuell das, was der<br />

Ökonom Ludwig von Mises mal die Interventionsspirale<br />

genannt hat. Der Staat greift in die<br />

Wirtschaft ein. Es kommt zu unerwünschten<br />

Nebeneffekten, denn der Staat ist bekanntlich<br />

kein guter Unternehmer.<br />

Doch anstatt sich einfach aus der Wirtschaft<br />

herauszuhalten, glaubt der Staat, sich als Held<br />

aufführen zu müssen und immer mehr in die<br />

Wirtschaft einzugreifen. Jeder Eingriff hat also<br />

zur Folge, dass es zu weiteren Eingriffen kommt,<br />

bis irgendwann die wirtschaftliche Freiheit zerstört<br />

ist und der Staat alles managt. Sozialismus<br />

könnte man auch sagen. Und auch an den<br />

Forderungen der SPD sieht man ganz deutlich,<br />

wohin der Kurs eigentlich gehen soll. Die SPD<br />

forderte zuletzt eine "temporäre" Krisenabgabe<br />

für Spitzenverdiener und die Jusos wollen<br />

gleichzeitig ein Grunderbe in Höhe von 60.000<br />

Euro für alle über 18-Jährigen. Einzige Voraussetzung:<br />

ein Wohnsitz in Deutschland. In anderen<br />

Worten: Noch mehr Umverteilung!<br />

Was wir stattdessen bräuchten, wäre eine<br />

Agenda 2030. Diese muss aber aufgrund der<br />

angestauten Probleme noch viel weitreichender<br />

sein als die schon thematisierte Agenda<br />

2010. Im Wesentlichen muss sie sich auf drei<br />

Problemfelder fokussieren.<br />

1. Billige Energie<br />

Deutschland ist ein Industrieland. Wenn wir<br />

es verhindern wollen, dass Unternehmen<br />

ganz abwandern bzw. ihre Produktionen in<br />

Deutschland runterfahren, dann müssen wir<br />

angebotsseitig die Energiekosten runterbringen.<br />

Dazu habe ich bereits oft verschiedene<br />

Punkte aufgelistet, wie man das erreichen<br />

könnte.<br />

• 180 Grad statt 360 Grad Wende bei der<br />

Energiepolitik inklusive Rückkehr zur Atomkraft<br />

• Temporäre Reaktivierung der Kohleminen<br />

und Förderung von Öl und Gas (so wie es<br />

Großbritannien gerade beschlossen hat)<br />

um Autarkie zu stärken<br />

• Geld in die Forschung von Speichertechnologien<br />

für erneuerbare Energien investieren<br />

2. Der Staat soll kein Unternehmer sein<br />

Wir haben es mit einem immer übergriffigen<br />

Staat zu tun. Das muss stoppen. Der Staat muss<br />

sich wieder auf seine Rolle als Nachtwächter<br />

zurückbesinnen. Dazu sollte er:<br />

• die Staatsquote massiv abbauen<br />

• umstellen auf einen Schlanken digitalen<br />

Staat (Vorbild Estland)<br />

• Massiver Abbau von Bürokratie. Das wiederum<br />

führt zur Entlastung von Unternehmen<br />

→ mehr Steuereinnahmen → mehr<br />

Unternehmen investieren in Deutschland.<br />

• Steuern senken und vereinfachen. Stichwort<br />

Bierdeckelsteuer. Am besten nur<br />

noch eine Steuer, die man beim Einkaufen<br />

zahlt.<br />

• Dennoch darf er durchaus investieren.<br />

Aber in Sinnvolles. Wir brauchen große<br />

Investorenpakete in allen Bereichen der<br />

Infrastruktur. Vom Kindergarten bis hin zur<br />

Internetanbindung.<br />

3. Bildungssystem reformieren und gezielte<br />

Anreize schaffen<br />

Wir brauchen de facto eine komplette Transformation<br />

des Schul- und Bildungssystems.<br />

• Laut Berufsbildungsbericht hatten 2021<br />

rund 2,6 Millionen junge Menschen zwischen<br />

20 und 35 keine Berufsausbildung.<br />

Das zeigt, dass hier einiges falsch läuft<br />

und das vor allem falsche Anreize gesetzt<br />

werden. Wir wissen doch, dass es einen<br />

Handwerker-und Fachkräfte-Mangel gibt.<br />

Gleichzeitig fällt aber das Bildungsniveau<br />

immer weiter ab und wir suggerieren jungen<br />

Menschen, dass die Uni der einzige<br />

Weg ist. Was wir vor allem brauchen ist ein<br />

Schulsystem, dass die Schüler auf das vorbereitet,<br />

was später wichtig ist.<br />

• Darüber hinaus brauchen wir endlich eine<br />

gezielte Zuwanderung von Fachkräften.<br />

Hier werden leider mit Bürgergeld die<br />

komplett falschen Anreize gesetzt.<br />

Die Lage ist alles andere als rosig, trotzdem würde<br />

ich am Ende gerne das Positive betonen.<br />

Wir sind immer noch ein Land mit viel Potenzial<br />

und unglaublich vielen kreativen und fähigen<br />

Menschen. So viele großartige Erfindungen kamen<br />

nicht ohne Grund aus Deutschland und<br />

ich bin mir sicher, dass wir irgendwann auch<br />

wieder goldene Zeiten vor uns haben werden.<br />

Doch die aktuellen Entwicklungen gehen leider<br />

in die komplett falsche Richtung. Noch<br />

schweigt die große Mehrheit, die den ganzen<br />

Laden am Laufen hält, doch die Frage ist, wie<br />

lange sie das noch mitmachen wird.<br />

(RED)<br />

https://logistik-express.com/marc-friedrich/


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S106<br />

WIRTSCHAFT<br />

Anleihen -<br />

ein Investment in<br />

Schulden<br />

Anleihen, Aktien, ETFs, Inflation, Zinspolitik,<br />

Zentralbanken. Die Finanzwelt ist für viele<br />

oft ein Buch mit sieben Siegeln. Für große<br />

Fragezeichen sorgt häufig das Thema Anleihen.<br />

Daher möchte ich das Thema heute<br />

verständlich erklären.<br />

• Was genau sind Anleihen?<br />

• Welche Eigenschaften haben sie?<br />

• Was unterscheidet Anleihen von Aktien<br />

und vor allem welche Wechselbeziehungen<br />

gibt es zu Gold?<br />

•<br />

Nach Immobilien ist der Anleihenmarkt<br />

mit 133 Billionen Dollar der<br />

zweitgrößte Markt weltweit. Erst an<br />

dritter Stelle kommt der Aktienmarkt<br />

mit 109 Billionen Dollar. Im Vergleich: Das weltweite<br />

BIP betrug 2022 knapp 95 Billionen Dollar.<br />

Den größten Anteil im Anleihemarkt hat der<br />

Hegemon USA mit 38% des Gesamtvolumens.<br />

Zuletzt hat der Anleihemarkt, nach fast 40<br />

Jahren steigenden Notierungen, einen deutlichen<br />

Dämpfer erlebt, verursacht durch die<br />

steigenden Zinsen der Notenbanken. Anleihen<br />

sind im Prinzip verzinste Schuldscheine. Sie<br />

gehören zur Kategorie des “Fixed Income”.<br />

Fixed Income lässt sich am besten mit “festverzinsliche<br />

Wertpapiere” übersetzen. Der<br />

Anleihemarkt gilt als Gradmesser der Wirtschaft<br />

und gibt viel Aufschluss über Wachstum<br />

und Inflation. Emittiert werden Anleihen grundsätzlich<br />

von Staaten, Unternehmen oder Banken.<br />

Anleihen sind wie gesagt Schuldscheine,<br />

das heißt, es handelt sich um Fremdkapital.<br />

Lassen Sie mich kurz den Unterschied erklären.<br />

Fremdkapital bezieht sich auf Geld, das von<br />

externen Quellen, wie Kreditgebern, geliehen<br />

wird und zurückgezahlt werden muss, während<br />

Eigenkapital das investierte Geld der Eigentümer<br />

oder Aktionäre darstellt und keine<br />

Rückzahlung erfordert, sondern einen Anteil<br />

am Unternehmensgewinn und -verlust bietet.<br />

Wichtig zu verstehen ist, dass es zwischen<br />

Anleiherendite und Anleihekurs eine inverse<br />

Beziehung gibt (siehe folgender Chart einer<br />

österreichischen Anleihe). Heißt, wenn die Anleiherendite<br />

steigt, fällt der Anleihekurs, und<br />

wenn die Anleiherendite sinkt, steigt der Anleihekurs.<br />

Also eine gegensätzliche Entwicklung/<br />

Korrelation. Dies liegt daran, dass Anleiherendite<br />

und Anleihekurs miteinander verbunden<br />

sind. Wenn eine Anleihe zu einem festen<br />

Zinssatz ausgegeben wird, bleibt der Zinssatz<br />

unverändert. Wenn die auf dem Markt verfügbaren<br />

Zinssätze steigen und höher sind als der<br />

Zinssatz der Anleihe, wird die Anleihe weniger<br />

attraktiv, da Investoren bessere Renditen auf<br />

dem Markt erzielen können. Infolgedessen<br />

sinkt die Nachfrage nach der Anleihe, und ihr<br />

Kurs fällt, um einen höheren Renditeausgleich<br />

zu bieten. Umgekehrt, wenn die auf dem<br />

Markt verfügbaren Zinssätze fallen und niedriger<br />

sind als der Zinssatz der Anleihe, steigt die<br />

Nachfrage nach der Anleihe, da sie attraktiver<br />

wird und ihr Kurs steigt.<br />

Quelle: Visual Capitalist


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S108<br />

1. Die realen Zinsen müssen sinken oder<br />

2. Die realen Zinsen bleiben länger oben und<br />

Gold wird irgendwann nachgeben.<br />

Welche der zwei Optionen eintrifft wird sich<br />

wohl in den kommenden Wochen bzw.<br />

Monaten entscheiden.<br />

Reale und Nominale Zinsen<br />

Bei Anleihen gilt es zudem, zwischen nominalen<br />

und realen Zinsen zu unterscheiden.<br />

Die nominalen Zinsen sind schnell erklärt,<br />

denn das ist die Rendite, die dem Anleger<br />

zum Zeitpunkt des Erwerbs versprochen wird.<br />

Die realen Zinsen bei Anleihen bezieht sich<br />

auf die Rendite, die ein Anleger nach Abzug<br />

der Inflation erzielt. Sie wird auch als inflationsbereinigte<br />

Rendite bezeichnet und<br />

ist ein wichtiger Maßstab für die tatsächliche<br />

Kaufkraftsteigerung eines Investments.<br />

Hier mal eine Beispielrechnung: Angenommen,<br />

eine Anleihe kostet 1.000 Dollar. Der Kuponzins<br />

beträgt 100 Dollar. Daraus ergibt sich<br />

ein Zinssatz bzw. eine nominale Rendite von<br />

10 Prozent (100 Dollar von 1.000 Dollar = 10<br />

Prozent). Die Berechnung der realen Rendite<br />

ist genauso simpel. Hier muss man zusätzlich<br />

noch die Inflation berücksichtigen. Um die<br />

reale Rendite zu erhalten, zieht man einfach<br />

die Inflation von den Zinsen ab. Haben wir also<br />

eine Inflationsrate von sagen wir 5 Prozent und<br />

Zinsen von 3 Prozent, so ergibt das eine negative<br />

reale Rendite von minus 2 Prozent.<br />

Reale Zinsen und Gold<br />

Ein weiterer Punkt, den man unbedingt verstehen<br />

muss, ist, wie sich Gold bei steigenden<br />

oder fallenden Realzinsen verhält. Angenommen,<br />

die Inflation ist hoch und beträgt 5 Prozent<br />

pro Jahr, aber die Rendite zehnjähriger<br />

Staatsanleihen bringt 8 Prozent per anno.<br />

Die Realzinsen für das Halten von Staatsanleihen<br />

liegen also bei 3 Prozent. Ein positiver<br />

Realzins ist also gut, um Staatsanleihen<br />

anstelle von Gold zu halten, denn man erhält<br />

positive reale Zinsen für das Halten von<br />

Staatsanleihen, während Gold keine Zinsen<br />

zahlt. Nehmen wir stattdessen an, dass die<br />

Inflationserwartung zwei Prozent beträgt, die<br />

nominale Rendite zehnjähriger Staatsanleihen<br />

liegt aber nur bei einem Prozent. Man<br />

verliert pro Jahr also real ein Prozent, wenn<br />

man Staatsanleihen hält. Die reale Verzinsung<br />

beträgt also minus ein Prozent. Auch wenn<br />

die Inflation niedrig ist, sind die Anleiherenditen<br />

(und die Renditen auf Bankkonten) noch<br />

niedriger. In diesem Fall spricht viel dafür,<br />

Gold zu halten, da es knapp und nicht inflationier<br />

bar ist. Und genau deshalb steigt der<br />

Goldpreis tendenziell, wenn die realen Renditen<br />

sinken oder ein Rückgang erwartet wird.<br />

Wie gut diese Beziehung in den letzten Jahren<br />

funktioniert hat, erkennt man in der folgenden<br />

Abbildung. Allerdings sieht man auch, dass es<br />

hier seit ca. 2022 eine Entkopplung gegeben<br />

hat. Die Realzinsen sind gestiegen, und zwar<br />

rasant, doch Gold hat sich – mit Ausnahme<br />

eines kurzen Rücksetzers – auf relativ hohem<br />

Niveau stabilisiert. Daraus lassen sich folgende<br />

zwei Optionen ableiten:<br />

Anleiheblase platzt<br />

Eines kann man mittlerweile mit großer Sicherheit<br />

sagen. Was wir gerade am Anleihemarkt<br />

erleben, ist ein wirklich historischer Einbruch.<br />

Über Jahre hinweg haben die Notenbanken<br />

die Zinsen immer weiter abgesenkt und durch<br />

Quantitative Easing, gigantische Summen<br />

Geld in den Markt gepumpt. Dadurch hat<br />

sich am Anleihemarkt eine gigantische Blase<br />

gebildet, die nun die Luft ablässt. Besonders<br />

deutlich erkennt man das am Chartverlauf<br />

des TLT-ETFs. Dieser beinhaltet langlaufende<br />

US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von<br />

mehr als 20 Jahren. Mitte 2020 hatte der ETF<br />

ein Hoch bei rund 170 Dollar erreicht. Danach<br />

ging es steil bergab bis auf rund 85 Dollar. Ein<br />

Kursverlust von sage und schreibe 50 Prozent.<br />

Und das auf vermeintlich sicheren US-Staatsanleihen,<br />

die eigentlich so gut wie Geld sind<br />

und zudem als quasi risikolos gelten.<br />

Ein Investment in Schulden<br />

Was nun also tun? Sind Anleihen auf dem aktuellen<br />

Niveau attraktiv bewertet? Eines muss<br />

man sich dazu vor Augen führen. Im nächsten<br />

Jahr werden US-Schulden in der Rekordhöhe<br />

von 7,6 Billionen Dollar fällig. Mit anderen Worten:<br />

31 Prozent aller ausstehenden US-Staatsschulden<br />

werden im nächsten Jahr fällig. Ein<br />

gewaltiger Angebots-Schock also. Auf der anderen<br />

Seite können die Zinsen eigentlich gar<br />

nicht auf diesem hohen Niveau bleiben, weil<br />

die hohen Zinssätze die Refinanzierung verteuern<br />

und der Schuldenkreislauf nicht aufhören<br />

wird zu wachsen. Ein Teufelskreis, aus dem<br />

man nur ausbrechen könnte, wenn man eine<br />

Zinswende vollzieht. Das wiederum bedeutet,<br />

dass die Währung weiter entwertet wird. Anleihen<br />

sind also immer noch Schulden, dessen<br />

sollte man sich bewusst sein und gerade die<br />

Zinsen am langen Ende haben. (RED)<br />

https://www.xm.com/de/research/analysis/specialReports/xm/gold-decouples-from-interest-rates-whats-next-special-report-186587<br />

https://blog.de.erste-am.com/wenn-die-zinsen-fallen-warum-steigen-dann-die-anleihen-kurse/


LOGISTIK express 5/<strong>2023</strong> | S110<br />

WIRTSCHAFT<br />

Euro, digitaler Euro,<br />

Bitcoin<br />

Wenn ich auf meinen Vorträgen frage, wie<br />

Geld entsteht, bekomme ich häufig die interessantesten<br />

Antworten: es komme aus<br />

dem Automaten, aus dem Keller der Bank<br />

oder aus der Druckerpresse. Es ist essentiell<br />

wichtig zu verstehen, wie Geld entsteht,<br />

denn schon Henry Ford sagte damals zu seiner<br />

Zeit: “Würden die Menschen das Geldsystem<br />

verstehen, hätten wir eine Revolution<br />

noch vor morgen früh.”<br />

BEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />

Wie das Geld in die Welt kommt -<br />

Nur ein Bruchteil unseres Geldes<br />

kommt aus der Druckerpresse<br />

der EZB und der Bundesbank.<br />

Der Großteil unseres Geldes entsteht aus dem<br />

Nichts! Ja, Sie haben richtig gelesen. Geschäftsbanken<br />

(also Sparkassen, Volksbanken<br />

und Privatbanken) können durch die sogenannte<br />

Giralgeldschöpfung ebenfalls Geld<br />

erzeugen, indem sie Kredite vergeben. Jedes<br />

Mal, wenn ein Kredit vergeben wird, entsteht<br />

neues Geld. Dieses Geld wird Fiat-Geld genannt.<br />

Der ein oder andere mag jetzt denken:<br />

“Was hat denn der italienische Autobauer<br />

mit unserem Geld zu tun?” Keine Sorge.<br />

Nichts. Fiat kommt aus dem lateinischen und<br />

bedeutet: es werde, es entstehe. Sie kennen<br />

womöglich aus der Bibel den Ausspruch “fiat<br />

lux – es werde Licht”. Alles, was Banken für die<br />

Erschaffung von Geld aus dem Nichts benötigen,<br />

ist eine Mindestreserve von 1 Prozent des<br />

Kredits in Zentralbankgeld.<br />

Beispielsweise muss die Bank bei 100.000 Euro<br />

Kredit 1.000 Euro in Notenbankgeld in Form<br />

von Münzen und Scheinen oder in notenbankfähigen<br />

Sicherheiten (Staats- und Unternehmensanleihen,<br />

Aktien, Immobilien) bei der<br />

EZB hinterlegen. zusätzlich gibt es bestimmte<br />

Eigenkapitalvorgaben abhängig von der Risikoeinstufung<br />

durch die ratingagenturen.<br />

Das heißt, Banken können für jeden Euro das<br />

12,5- bis 100-fache an Giralgeld erzeugen.<br />

Angenommen, Sie nehmen einen Kredit von<br />

500.000 Euro auf. Die Bank muss lediglich 5.000<br />

Euro bei der EZB hinterlegen und schafft per<br />

knopfdruck 495.000 Euro aus dem Nichts wie<br />

der Magier David Copperfield. Sie aber müssen<br />

für die kompletten 500.000 Euro, auch für<br />

die Luftnummer, Zinsen zahlen. Aus diesem<br />

Grund werden Banken alles unternehmen, um<br />

dieses lukrative Monopol zu behalten. Sie werden<br />

die Geldschöpfung durch Kreditvergabe<br />

mit allen erdenklichen Mitteln verteidigen.<br />

Die Zentralbankgeldmenge wird wiederum<br />

direkt von der Zentralbank gesteuert. Dazu bedient<br />

sie sich der Zinspolitik. Der Leitzins ist derjenige<br />

Zinssatz, mit dem sich die Banken bei<br />

der EZB Geld leihen können. Das ist auch der<br />

Grund, warum in jeder der vergangenen Krisen<br />

(Finanzkrise und Corona) die Geldschleusen<br />

der Zentralbanken geöffnet wurden und der<br />

Leitzins bis auf null Prozent abgesenkt wurde<br />

Ein ungedecktes Fiat-Gel-System hat zwei Nebeneffekte.<br />

Erstens tendieren die Staaten ausnahmslos<br />

dazu, immer mehr Schulden anzuhäufen<br />

und zweitens führt es zu immer neuen<br />

Boom-und-Bust-Zyklen.<br />

Der Digitale Euro: die nächste Stufe der Überwachung<br />

Dadurch, dass das Fiat-Geld beliebig nachgedruckt<br />

werden kann, ist es kein besonders<br />

guter Wertspeicher. Ganz im Gegenteil. Es ist<br />

eher ein Wertvernichter. So hat der US-Dollar,<br />

also der König unter den Fiat-Währungen, seit<br />

1971 mehr als 98 Prozent an Kaufkraft verloren.<br />

Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige<br />

unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.<br />

Daher ist Bargeld innerhalb des Fiat-Geldsystems<br />

gedruckte Freiheit. Mit jeder Zahlung,<br />

die wir mit Karte tätigen, machen wir uns gläserner.<br />

Gleichzeitig laufen beid der EZB erste<br />

Testversuche bezüglich eines digitalen Euros<br />

((Central Bank Digital Currency, CBDC) - und<br />

das obwohl die meisten Zahlungen schon digital<br />

ablaufen. Auf der Webseite der EZB heißt<br />

es, dass dieser eine “Neuerung wäre, die das<br />

Leben erleichtert.” Doch Bequemlichkeit hat<br />

bekanntlich seinen Preis. Jeder Bürger in der<br />

EU hätte dann ein digitales Konto (Wallet)<br />

direkt bei der EZB – und die EZB somit in Echtzeit<br />

den kompletten Überblick über jede Transaktion.<br />

Der digitale Euro hätte vielfältige Möglichkeiten<br />

der Überwachung und Kontrolle der<br />

Bürger. Man könnte das digitale Geld programmieren<br />

und mit einem Ablaufdatum versehen,<br />

ein Co2 Guthabenkonto dazubuchen,<br />

Steuern und Strafen sofort einziehen, den Impfstatus<br />

hinterlegen, das Konto sperren falls man<br />

auf der falschen Demonstration gesichtet wird<br />

oder gar nach chinesischen Modell ein Sozialpunktesystem<br />

implementieren. Selbst wenn<br />

die EZB aktuell vielleicht ehrbare Ziele hat,<br />

kann dies mit einem Knopfdruck in einem Regimewechsel<br />

gegen Freiheit und Menschen<br />

verwendet werden. Zudem: Egal ob Bargeld<br />

oder digitaler Euro. Bei beiden handelt es sich<br />

um sogenannte ungedeckte Fiat-Währungen,<br />

die in der Geschichte der Menschheit immer<br />

über kurz oder lang kollabiert sind.<br />

Bitcoin als Lösung<br />

Doch es gibt eine hoffnungsvolle Alternative:<br />

Bitcoin. Der Bitcoin ist ein Kind der Krise. Das<br />

Whitepaper dazu wurde in den dunkelsten<br />

Stunde der Finanzkrise 2008 von Satoshi Nakamoto<br />

veröffentlicht. Im Gegensatz zu Euro und<br />

Co. steht hinter Bitcoin keine Zentralbank, kein<br />

Politiker und kein Unternehmen. Bitcoin ist dezentral<br />

und limitiert auf 21 Millionen Einheiten.<br />

Bitcoin ist ein grenzenloses Zahlungsmittel, mit<br />

dem Sie jederzeit jeder Person auf dieser Erde<br />

in sekundenschnelle Geld senden können,<br />

ohne den lästigen und mühsamen Weg über<br />

Banken und Finanzdienstleister gehen zu müssen,<br />

die im Regelfall noch horrende Gebühren<br />

für den Geldtransfer verlangen. Genau wie<br />

Martin Luther im Jahr 1517 mit seinen 95 Thesen<br />

den Grundstein zur Trennung von Staat<br />

und Geld legte, hat der anonyme Erfinder<br />

von Bitcoin Satoshi Nakamoto mit seiner Idee<br />

des Bitcoins den Grundstein für eine Trennung<br />

von Staat und Geldsystem gelegt und damit<br />

die größte Revolution aller Zeiten eingeleitet.<br />

(RED)


LOGISTIK EXPRESS<br />

STRATEGIE<br />

wikifolio-Indexzertifikat<br />

Der Markt zur privaten<br />

Kapitalanlage befindet<br />

sich in einem Umbruch.<br />

FinTech-Unternehmen fordern<br />

die klassischen Anbieter heraus.<br />

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