Diagnose: Tumor! Was nun? - Netzwerk Neuroendokrine Tumoren ...
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Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie, ein nuklearmedizinisches<br />
Verfahren, mit dem man <strong>Tumor</strong>zellen mit bestimmten Oberflächenstrukturen<br />
darstellen kann. Aufgrund der nuklearmedizinischen<br />
Beurteilung wurde mir die 90 Yttrium-DOTATOC-Therapie in der<br />
Schweiz empfohlen.<br />
Diese radioaktive Therapie ist sehr kostenintensiv. Eine Therapieeinheit<br />
beinhaltet vier Krankenhausaufenthalte in jeweils sechswöchigen<br />
Abständen zu je 8000,00 DM.<br />
Bei der Krankenkasse wurde ein Antrag auf Kostenübernahme<br />
gestellt. Dieser wurde von der DAK jedoch mit folgender Begründung<br />
abgelehnt.<br />
● Keine Standardtherapie.<br />
● Die Therapie ist als experimentell einzustufen und sollte nur in<br />
klinischen Studien angewendet werden.<br />
● Einzelfallentscheidung durch die Krankenkasse.<br />
Beginn der 90 Yttrium-DOTATOC-Therapie<br />
Die Ärzte der Charité organisierten meine Verlegung in die Schweiz.<br />
Im Februar 2000 wurde im Kantonsspital Basel mit der 90 Yttrium-<br />
DOTATOC-Therapie begonnen.<br />
Und so läuft ein Therapiezyklus ab: Nach einer körperlichen Voruntersuchung<br />
sowie Blutentnahmen erfolgte die Gabe einer nierenschützenden<br />
Infusion. Anschließend wurde mir die 90 Yttrium-<br />
DOTATOC-Spritze verabreicht. Dr. Waldherr, mein behandelnder Arzt<br />
in der Schweiz, erklärte mir, dass die nuklearmedizinische Substanz,<br />
die für diese Spritze benötigt wird, aus den USA importiert wird. Das<br />
in der Schweiz hergestellte Yttrium wird dann mit dem radioaktiven<br />
Stoff kombiniert. Nach der Injektion erfolgte die Fortführung der Infusion<br />
mit insgesamt 2000 ml Hartmann-Hepa-Lösung (Nierenschutzinfusion).<br />
Nach 24 und 48 Stunden wurden szintigraphische Aufnahmen angefertigt.<br />
Diese zeigten, besonders nach der vierten Behandlung, eine<br />
deutlich zurückgehende gute bis sehr gute Speicherung des Radiopharmazeutikums<br />
im Bereich der gesamten Pankreasloge, in der<br />
<strong>Diagnose</strong>: <strong>Tumor</strong>! <strong>Was</strong> <strong>nun</strong>?<br />
Wenn ein Mensch von seinem Arzt erfährt, er habe Krebs, so wird<br />
er von einem Augenblick zum nächsten von einem vermeintlich<br />
gesunden in ein schwer bzw. tödlich erkranktes Individuum verwandelt.<br />
Je nach Persönlichkeit und Temperament wird er zwischen den<br />
Extremen der totalen Verdrängung und der Selbstaufgabe hin und<br />
her schwanken. Dazwischen gibt es viele Nuancen, die je nach<br />
weiterem Behandlungserfolg oder -misserfolg häufig wechseln – ein<br />
„himmelhochjauchzend“ folgt in schneller Reihenfolge einem „zu<br />
Tode betrübt“ und umgekehrt.<br />
Mann stellt sich, je nach Lebenssituation, viele Fragen, wie etwa:<br />
Wieviel Zeit bleibt mir noch? Welche meiner Pläne kann ich noch<br />
verwirklichen? Kann ich verreisen? Wann wird der nächste Klinikaufenthalt<br />
sein? Wie werden die <strong>Tumor</strong>- und sonstigen Werte ausfallen?<br />
<strong>Was</strong> kann ich selbst tun, um gegen die Erkrankung anzukämpfen?<br />
<strong>Was</strong> wird aus meinem Partner, meinen Kindern? Soll ich<br />
über meine Krankheit sprechen oder sie verschweigen? Wie reagieren<br />
Freunde, Verwandte, Bekannte auf meine Offenbarung, sind<br />
sie überhaupt interessiert oder möchten sie als „Gesunde“ nicht<br />
behelligt werden? Hier erinnere ich mich an einen Ausspruch, der,<br />
so meine ich, von Kurt Tucholsky stammt und sinngemäß lautet:<br />
Colonflexur, in den drei bekannten Lymphknotenmetastasen sowie im<br />
gesamten oberen rechten Leberlappen.<br />
Leichte Nebenwirkungen: Übelkeit und Erbrechen<br />
Nach der ersten Injektion von 90 Yttrium-DOTATOC ging es mir nicht<br />
so gut. Mir wurde heiß, und ich musste mich häufig übergeben. Dies<br />
hielt einige Stunden an. Am nächsten Morgen waren diese Beschwerden<br />
zum Glück verschwunden. Vor dem nächsten Zyklus erhielt ich<br />
dann eine Infusion auf Kräuterbasis gegen Übelkeit. Die Übelkeit und<br />
das Erbrechen wurden dadurch etwas eingedämmt.<br />
Der Arzt erklärte mir, dass man vor dieser Therapie keine Angst<br />
haben sollte, weil man etwas Positives gegen seine Erkrankung<br />
unternähme. Eine gute Einstellung und Vertrauen zu seinem Arzt<br />
gehörten einfach dazu. Während der 30-minütigen Infusion vor der<br />
90 Yttrium-DOTATOC-Infusion hatte sich mein behandelnder Arzt die<br />
Zeit genommen, mir alles ausführlich zu erklären (auch der Partner<br />
durfte mit im Behandlungszimmer bleiben).<br />
Mir hat die Therapie sehr gut geholfen!<br />
Erfahrungsberichte<br />
Im Juni 2000 wurde die Behandlung in Basel mit gutem Erfolg abgeschlossen.<br />
Eine Verlaufskontrolle durch die Ärzte der Charité in Berlin<br />
ergab, dass sich der Primärtumor auf 9,3 cm verkleinert hatte. Seit<br />
diesem Zeitpunkt gehe ich vierteljährlich zu Kontrolluntersuchungen<br />
in die Klinik. Das letzte Ergebnis dieser Untersuchungen (Mai 2001)<br />
ergab eine weitere Verkleinerung des Primärtumors auf 5,3 cm. Ein<br />
für mich sehr erfreuliches Resultat!<br />
Mir hat die 90 Yttrium-DOTATOC-Therapie sehr geholfen. Traurig ist<br />
nur, dass die Krankenkasse diese Therapie ablehnte. Auch der<br />
Widerspruch wurde zurückgewiesen, so dass nur noch der gerichtliche<br />
Weg blieb. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird.<br />
Mein Rat für ebenfalls Betroffene: Man sollte sich durch negative<br />
Entscheidungen nicht beeinflussen lassen, denn wo ein Wille ist, ist<br />
auch ein Weg.<br />
Marion Rudolf, Neuendorf<br />
„Wenn es dir gut geht und du reich bist, hast du viele ‚Freunde’, wenn<br />
es dir aber schlecht geht und du gar krank bist, passen alle deine<br />
Freunde in eine Telefonzelle!“ Viele, wenn nicht jeder von uns, hat<br />
sicherlich ähnliche oder gleiche Erfahrungen gemacht.<br />
Ich möchte das Positive dieses Verhaltens aus meiner Erfahrung<br />
hervorheben: Die wenigen Menschen, die einem Erkrankten mit<br />
echter Zuneigung und Anteilnahme begegnen, sind echte Freunde,<br />
auf die Verlass ist. Sie geben mir Mut für die Zukunft.<br />
Ein weiteres Thema für den Erkrankten ist das Verhalten des Partners/der<br />
Partnerin. Auch hier rangieren die Verhaltensweisen auf<br />
der Skala von Liebe, Fürsorge, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und<br />
Anteilnahme auf der einen Seite bis zur Ableh<strong>nun</strong>g, Gefühllosigkeit<br />
und Ignoranz auf der anderen Seite. Ich hoffe, dass viele von uns<br />
mit Partnerinnen oder Partnern der ersten Kategorie zusammen<br />
sind.<br />
Das sind nur einige Gedanken, die mir während eines meiner Klinikaufenthalte<br />
durch den Kopf gingen. Ich würde mich freuen, wenn<br />
sie die Leser der Glandula NeT zur Diskussion anregen könnten.<br />
Wilfried Renner, Berlin