Diagnose: Tumor! Was nun? - Netzwerk Neuroendokrine Tumoren ...
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Erfahrungsberichte<br />
Manches hätte besser laufen können....<br />
Viele unserer Leser kennen das bestimmt aus eigener Erfahrung: Nicht immer klappt alles optimal, werden sofort die richtigen Maßnahmen<br />
ergriffen, um zur exakten <strong>Diagnose</strong> zu gelangen, und die bestmögliche Therapie eingeleitet. Ein 48-jähriger Patient, der seit<br />
1987 mit der <strong>Diagnose</strong> Karzinoid lebt, erzählt hier nicht nur seine Krankheitsgeschichte, sondern nennt auch Fehler, die aus heutiger<br />
Sicht hätten vermieden werden können. Dabei geht es ihm nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, anderen Betroffenen<br />
zu helfen, sofort den optimalen Weg zu finden.<br />
Erste Operation: Resektion des Karzinoids<br />
in der Lunge<br />
Im März 1987 wurde bei mir im Lungenmittellappen ein Karzinoid<br />
festgestellt, das bereits auf den Zwischenbronchus übergegriffen und<br />
große Lymphknotenmetastasen gebildet hatte. Die <strong>Diagnose</strong> erfolgte<br />
nach wiederholtem Bluthusten durch eine Bronchoskopie. Kurz<br />
zuvor hatte ein Lungenfacharzt meine Lunge anhand des Röntgenbildes<br />
noch als unauffällig beurteilt. Anlass für die Röntge<strong>nun</strong>tersuchung<br />
waren über Jahre hinweg aufgetretene Schmerzen im<br />
rechten Schultergelenk, die von verschiedenen Ärzten behandelt,<br />
aber nie zufriedenstellend beseitigt worden waren. Typische Karzinoid-Beschwerden<br />
wie Flush oder Durchfälle sind bei mir nicht aufgetreten.<br />
Das Karzinoid wurde durch eine Lobektomie (Entfer<strong>nun</strong>g des<br />
mittleren Lungenlappens) beseitigt. Nach der Operation erfolgten<br />
1 /2- bis 1 / 4-jährliche Kontrolluntersuchungen; eine spezielle Therapie<br />
wurde nicht durchgeführt.<br />
Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: Ich hätte mich nicht mit der<br />
für mich vermeintlich positiven <strong>Diagnose</strong> zufrieden geben sollen, solange<br />
meine Beschwerden nicht vollständig beseitigt waren. Ein Jahr<br />
nach der Operation ist in jährlichen Abständen wieder Bluthusten aufgetreten.<br />
Bei Bronchoskopien konnten aber nie verdächtige Zellen<br />
entnommen werden.<br />
Mein Fehler in dieser Zeit war wohl, dass ich immer wieder in dasselbe<br />
Krankenhaus zu den Kontrolluntersuchungen ging. Diese relativ<br />
kleine Lungenfachklinik war nur mit einfachen <strong>Diagnose</strong>möglichkeiten<br />
ausgestattet. Sie wurde mir empfohlen, da der dortige<br />
Chirurg bekannt dafür war, dass er organerhaltend operiert. Heute<br />
denke ich, dass gerade dies in meinem Fall schlecht war. Eine<br />
Computertomographie wurde erst nach mehreren Jahren durchgeführt.<br />
Es wäre wohl besser gewesen, wenn ich die Klinik gewechselt<br />
hätte.<br />
Nach der Resektion eines ausgedehnten Rezidivs<br />
nur noch naturheilkundliche Behandlung<br />
Auf Drängen einer Oberärztin, die neu an diese Klinik kam, wurde<br />
dann – angeblich nur aus diagnostischen Gründen – eine zweite<br />
Operation durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass sich<br />
inzwischen ein weit ausgedehntes Rezidiv des <strong>Tumor</strong>s gebildet<br />
hatte, das in die Pleura, den Herzbeutel und die Leber eingedrungen<br />
war. Ein wenige Tage nach der Resektion angefertigtes Computertomogramm<br />
zeigte eine etwa 1 cm große Metastase in der Leber. Im<br />
Klinikum Großhadern wurden kurz darauf szintigraphisch noch<br />
weitere Herde im oberen Mediastinum (mittleres Gebiet des Brustraumes),<br />
in der Leber und im Becken nachgewiesen.<br />
Ab Oktober 1994 ließ ich mich auf eigenen Wunsch hin ausschließlich<br />
naturheilkundlich behandeln: Spritzentherapie mit Iscador, Coenzymen,<br />
Ubichinon, Nigersan, Mucokehl, Ney <strong>Tumor</strong>in und Ney<br />
Thymun sowie eine Ernährungsumstellung auf zwei Drittel Rohkost.<br />
Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: In der Zeit von 1994 bis<br />
1998 habe ich mich nur auf Naturheilverfahren verlassen. Es wurden<br />
auch keine weiteren CTs gemacht. Zu dieser Zeit habe ich die sog.<br />
Apparatemedizin gemieden. Dabei berief ich mich immer auf einen<br />
Satz in einem Arztbericht der Lungenfachklinik: „Da eine zumutbare,<br />
erfolgversprechende Chemotherapie derzeit nicht existiert, beschränkt<br />
sich die weitere Therapie auf rein symptomatische Maßnahmen<br />
in Abhängigkeit von der Progredienz des Grundleidens.“<br />
Eine Schilddrüsenoperation brachte mich<br />
auf den richtigen Weg<br />
Nur durch Zufall, aufgrund der genauen Beobachtung durch meine<br />
Frau, wurden Schilddrüsenveränderungen festgestellt, die sich<br />
ebenfalls als Metastasen des Karzinoids erwiesen. Die Nuklearmediziner<br />
an der Universität Regensburg veranlassten im Mai 1998<br />
eine Schilddrüsenoperation und empfahlen mir im Anschluss daran<br />
eine Yttrium-DOTATOC-Therapie in Basel.<br />
Ich folgte diesem Ratschlag und unterzog mich bis November 1998<br />
insgesamt vier Sitzungen. Diese Radionuklidtherapie hat bis Juli 2001<br />
ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung verhindert. Mittlerweile<br />
wurde festgestellt, dass sich vermutlich ein Lymphknoten im vorderen<br />
Mediastinum vergrößert hat. Die anderen Herde sind gleich geblieben.<br />
Daher werde ich im August 2001 eine weitere Yttrium-<br />
DOTATOC-Therapie durchführen lassen.*<br />
Insgesamt konnte ich mit dem Karzinoid bisher (14 Jahre seit der<br />
ersten Operation) recht gut leben. Ich konnte auch noch in meinem<br />
Beruf arbeiten und hoffe, dass dies auch weiterhin möglich ist.<br />
Aus heutiger Sicht vermeidbare Fehler: Ich bin wirklich nur rein<br />
zufällig zu dieser Radionuklidtherapie gekommen. Es wäre gut, wenn<br />
die Kliniken ihre ehemaligen Patienten über neue, erfolgversprechende<br />
Therapien inforrmieren würden. Bei Karzinoid-Patienten dürfte<br />
sich das in Grenzen halten.<br />
(Name und Anschrift des Betroffenen sind der Redaktion bekannt;<br />
Zuschriften leiten wir gerne weiter.)<br />
* Anmerkung der Redaktion: Der Erfahrungsbericht erreichte uns Anfang<br />
August 2001; ob die Behandlung erfolgreich war, wissen wir daher nicht.<br />
Redaktionsschluss für Ausgabe 4/2002 ist der 1. Oktober 2002<br />
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