Seniorenzeitung Weserbergland Nr. 40
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Seniorenzeitung Weserbergland Nr. 40 9. Mai 2020 Seite 5
Willi berichtet von den Wanderungen: Aus sieben wurden 70 Teilnehmer
Liebe Wanderfreunde, seit 2013
gibt es die Seniorenwandergruppe
des Beverunger Seniorennetzes.
Mit sieben Teilnehmern
starteten wir im Höhendorf
Jakobsberg mit einem Rucksack
für Verpflegung auf dem Rücken.
Schnell wurde erkannt, dass
wir nicht nur wandern wollten,
Gedanken sollten ausgetauscht
werden, Freundschaften könnten
geschlossen werden. Alleinstehende
Senioren und Paare
schlossen sich sofort der kleinen
Gruppe an. Bei der zweiten Wanderung
in Tietelsen/Rothe waren
wir schon mit 18 Personen, die
Rucksackverpflegung gab es
nicht mehr. Wir kehrten zum
gemütlichen Abschluss in die
Kutscherstuben ein und ließen
uns von Margret und Franz Puls
mit Schinken und Wurstbroten
von selbst gemästeten Schweinen
verwöhnen. Der Wandertag
wurde auf einen Donnerstag
verlegt und daran halten wir bis
heute fest.
Bei einem Lokal, wo der Wanderführer
die notwendigen
Absprachen der Bewirtung mit
Kaffee, Kuchen und Reservierung
abgesprochen hat, treffen wir
uns um 14.00 Uhr. Hier kehren
wir nach der ca. zweistündigen
Wanderung gegen 16.00 Uhr
zum gemütlichen und lebhaften
Abschluss ein. Manchmal etwas
müde, aber immer hoch erfreut.
Wir sind im Weserbergland, da
kommt man vom Berg, wenn
man oben war, auch wieder runter,
oder? Zunächst war geplant
alle Ortschaften der Stadt Beverungen
zu erwandern, jedes Dorf
wurde zweimal erkundet. In allen
Lokalen wurden wir herzlichst
aufgenommen und gut bewirtet.
Seit einigen Jahren erwandern
die Senioren fremde und
entfernte Wanderziele, wie z.B.
den Köterberg, den Desenberg,
Brenkhausen, Hardehausen,
Warburg, Vörden-Marienmünster
usw. Mit sieben Teilnehmern
begannen wir, heute werde
ich von bis zu 70 Wanderern
begleitet. Die Touren sind gut
vorbereitet, die Strecke vorher
besichtigt, die Lokalitäten ausgesucht
und Details besprochen.
Vor geraumer Zeit kam Willi
Scholle zu mir und bot mir seine
Unterstützung an, die ich dankend
angenommen habe, jetzt
machen wir das gemeinsam.
Danke Willi für deine Hilfe.
Einen ganz besonderen Dank
richte ich an die Senioren, die
mich/uns seit Jahren begleiten.
Sie sind es, die unaufhörlich
Werbung für diese gute Sache
machen. Der Corona Virus hält
die Welt gefangen und lähmt das
tägliche Leben. Bis auf weiteres
finden keine Seniorenwanderungen
statt, das schmerzt.
Gesundheit ist unser höchstes
Gut, wie kommen wir aus dieser
gefürchteten Epidemie wieder
raus??!! Sobald größere Treffen
und Veranstaltungen wieder
freigegeben werden, wandern
wir wieder, darauf könnt Ihr
Euch verlassen. Wir alle wollen
die strahlenden Augen und
die Freude jedes Teilnehmers
genießen. Einigen Personen
setzt das Älterwerden zu, die
Beine können nicht mehr wie
der Kopf will, wenn möglich,
wird eine leichtere und kürzere
Wegstrecke angeboten. Gewandert
wird einmal im Monat von
Januar bis Mai und von August
bis Dezember. (Juni und Juli ist
Sommerpause)
Liebe Wanderfreunde, wie sagte
unsere Bundeskanzlerin Angela
Merkel, die Lage ist ernst, also
nehmt sie auch ernst und haltet
euch an die Empfehlungen! Ich
wünsche von ganzem Herzen
allen eine stabile Gesundheit und
freue mich schon auf die erste
Wanderung nach der Epidemie.
Übrigens: Ich habe mir freiwillig
nach der letzten Wanderung eine
14-tägige Quarantäne auferlegt.
Sicher ist sicher.
Liebe Grüße
Willi Nutt
Entlastungsbetrag während der Corona Pandemie
„Entlohnung für helfende Nachbarn“
Es gibt eine Entlohnung für helfende Nachbarn. Dabei geht es um
den Entlastungsbetrag, auf den jeder Pflegebedürftige Anspruch
hat. Dieser Betrag ist durch die Corona Krise im Gesetz- und Verordnungsblatt
(GV.NRW) bis zum 30. September 2020 geändert
worden. Dienstleistungen bis zur Haustür dienen der Aufrechterhaltung
der häuslichen Versorgung pflegebedürftiger Menschen
und werden ohne unmittelbaren Kontakt mit der anspruchsberechtigten
Person erbracht.
Zu diesen Leistungen gehören 1. Einkauf von Waren des täglichen
Lebens, 2. Holen und bringen der Wäsche von und zur Reinigung,
3. Anlieferung von Speisen, 4. Übernahme von Botengängen
(z.B. Apotheke oder Post), 5. Organisation und Erledigung von
Behördengängen und Behördenangelegenheiten, 6. Organisation
erforderlichen Arztkonsultationen oder 7.Telefonische Kontaktaufnahme
und Gespräche vornehmlich unter Nutzung digitaler
Kommunikationswege.
Für diese Leistung durch Nachbarschaftshilfe bedarf es keine
Anerkennung einer Qualifizierung bis zum 30. September 2020.
Sprechen Sie im Vorfeld mit ihrer Pflegekasse. Anträge sind dort
zu haben.
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- Inhaliergeräte - Defibrillatoren
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Erinnerungen an jüdisches Leben in Herstelle und Beverungen
Ernst Kohlbergs Karriere endete in Texas
In einer Juninacht des Jahres
1942 fuhr ein Einspänner vor
dem Haus Nr. 3 des heutigen
Friedhofweges in Herstelle vor.
Die Räder waren mit Lumpen
umwickelt, um Geräusche zu
dämpfen. Anlass war die Beerdigung
der letzten jüdischen
Bewohnerin des Weserdorfes,
Ida Kohlberg. Da die Bestattung
auf jüdischen Friedhöfen
von der nationalsozialistischen
Regierung verboten war, fuhren
der damalige Bürgermeister und
die Nachbarn August Hodes
und Franz Brockmann die Tote
heimlich zu Grabe. Damit endete
das jüdische Leben im Ort. Die
mutigen Helfer aber mussten
sich vor einem Parteigericht
verantworten.
Ida Kohlberg lebte zuletzt mit
einem Hausmädchen alleine in
dem Gebäude. Zwei Zimmer im
Hinterhaus waren nicht mehr
bewohnbar, der Schwamm hatte
die Holzdielen zerfressen. Ihr
Mann Siegfried war ihr 1927
im Tod vorausgegangen. Vom
Verkauf des Haues sollte Ida
Kohlberg ein Platz in einem
Dortmunder Altenheim gesichert
werden. Doch dazu kam
es nicht mehr. Sohn Moritz,
1922 geboren, wurde von Berlin
aus deportiert und 1941 umgebracht.
Ernst Kohlberg, Jahrgang
1884, fiel 1917 als Leutnant in
Frankreich. Alfred Kohlberg,
1885 geboren, überlebte die NS-
Zeit als „Konsul von China“ und
starb 1954 in Charlottenburg.
Rudolf Kohlberg, geboren 1887,
wohnhaft in Dortmund, kam
1944 in Auschwitz ums Leben.
Nach dem Krieg setzte Alfred
den Eltern einen Grabstein. Der
Steinmetz wusste wohl nicht,
dass es sich um eine jüdische
Grabstätte handelte. So meißelte
er neben das Symbol der
Friedenspalme das Kreuz als
Zeichen christlicher Hoffnung
auf ein ewiges Leben…
Jüdisches Leben in Herstelle
ist seit 1652 nachweisbar. 1853
erreichte die jüdische Gemeinde
mit 40 Personen den höchsten
Mitgliederstand. Das Ehepaar
Kohlberg unterhielt neben der
Kirche ein kleines Manufaktur-
und Lebensmittelgeschäft.
Da der Laden samstags, am
Sabbat, geschlossen, sonntags
aber geöffnet war, erledigten
die Gastarbeiter von den Gutshöfen
der Umgebung nach
dem Gottesdienstbesuch in
der benachbarten Kirche ihre
Ernst Kohlberg aus Beverungen, der in Texas Karriere machte.
Einkäufe bei Kohlbergs. Vor der
Haustür stand ein Heringsfass.
Überliefert ist diese Episode: Auf
die Frage, was ein Hering koste,
erhielt ein Kunde die Antwort:
„3 Pfennige.“ „Und was kostet
die Soße?“ „Die kostet nichts.“
„Dann geben Sie mir die Soße.“
Vorfahren des Ehepaars Kohlberg
zogen wegen besserer
Geschäftsbedingungen nach
Beverungen. Unter den dort
geborenen Söhnen befand sich
Sohn Ernst. Er wanderte 1875
nach Texas aus, wahrscheinlich
um dem preußischen Militärdienst
zu entgehen. Es war die
Zeit des „Wilden Westens“ mit
zahlreichen Abenteurern. Kohlberg
war arm, die vorgestreckten
Kosten für die Überfahrt
musste er in einem jüdischen
Geschäft abarbeiten, kam
aber schließlich zu Wohlstand
und letztendlich in den Besitz
zweier Tabakfabriken. Er baute
zwei Hotels, in einem trafen
sich der mexikanische und der
amerikanische Präsident. Sein
St. Charles-Hotel überließ er
einem Pächter, John Leech,
der allerdings ein notorischer
Spieler war. Als der die Pacht
nicht bezahlen konnte, wollte
Kohlberg das Geld durch einen
Advokaten eintreiben lassen.
Da erschien Leech im Büro
Kohlbergs und erschoss ihn nach
heftiger Auseinandersetzung.
Das Leben dieses jüdischen
Repro: H. Multhaupt
Auswanderers war dem amerikanischen
Schriftsteller Tom
Lea so interessant, dass er es
als Titelfigur in seinem Roman
„Das wunderbare Land“ verarbeitete.
Das Buch wurde mit
Robert Mitchum in der Titelrolle
verfilmt. Ernst Kohlberg
hat viele Briefe nach Hause
geschrieben und über sein Leben
am Rio Grande berichtet.
Sein Sohn Walter hat sie in
einer Serie der Universität von
El Paso herausgegeben. Jetzt
sind sie und die Kohlbergsche
Familiengeschichte unter dem
Titel „Pionierzeit in El Paso“ im
Helios-Verlag Aachen erschienen.
Hermann Multhaupt