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STROMMEL-FELL
Kerim, als wir das Interview ausgemacht haben,
wusste keiner, dass die Corona-Sache so groß und
gefährlich wird. Wie gehst du mit dieser Situation um?
Das ist für jeden sehr überraschend gekommen
und wirft viele Fragen auf. Es hat den Anschein,
als würde sich Mutter Natur eine Pause von uns
Menschen gönnen. Damit hat keiner gerechnet,
bis auf ein paar kluge Wissenschaftler, die solche
Szenarien nicht nur einmal prophezeit haben.
Wird vielleicht Zeit, auch auf solche Leute zu
hören und nicht immer nur auf die Wirtschaft.
Ich bin seit Jänner zu Hause und arbeite am
neuen SEPTICFLESH-Album, zusätzlich bereite
ich mich für die geplanten
Sommer-Festivals mit DEVIN
TOWNSEND vor. Absagen wären
natürlich schade, weil das
schon verdammt viel Arbeit
und Energie verschlungen hat.
Ansonsten gebe ich Online-Unterricht, um finanziell
über die Runden zu kommen… Diese
Ungewissheit macht einem zu schaffen, aber
man muss positiv bleiben. Es wird ja hoffentlich
irgendwie weitergehen!
Aber ja. Wir gehen jedoch erstmal zurück… wie bist
du überhaupt zum Schlagzeug gekommen?
Es gibt eine nette Geschichte von meinen Eltern.
Ich war noch ein Baby und mein Vater ein großer
KRIMH
Kerim, Krise, Katastrophen
Kerim „Krimh“ Lechner zählt zu den absoluten Ausnahme-Drummern, und das nicht nur hierzulande. Als wir hörten, dass kein
geringerer als DEVIN TOWNSEND den Guten engagieren möchte, haben wir natürlich nachgefragt – unwissend, dass ein deppertes
Virus alles über den Haufen wirft… (Anm: Das Interview fand zu Beginn der „Krise“ statt, als noch niemand das Ausmaß – auch das
für Musiker und unsere Szene – abschätzen konnte. Manches hier mag daher nicht ganz up to date sein, sorry).
„Mein theoretisches Wissen
über Musik existiert nicht“
LED ZEPPELIN-Fan, die Band daher oft bei uns
zu hören. Eines Tages fiel ihnen auf, wie sehr
mich das Drum-Intro von „Rock‘n‘ Roll“ begeisterte.
Das war wohl meine erste Sympathie fürs
Schlagzeug, obwohl ich mich nicht mehr daran
erinnern kann.
Aber es ließ mich nicht mehr los, wenngleich
es natürlich schwierig war, in einer Wohnung
ein Drumkit aufzustellen. Erst 2004 ergab sich
die Möglichkeit, mein erstes Set zu kaufen und
einen Proberaum in meiner ehemaligen Schule
zu finden. Das war der Startschuss für die große
Leidenschaft. Selbst in den Sommerferien verbrachte
ich viel Zeit in der Schule, um zu üben
und besser zu werden. Als Lehrer
dienten mir meine Vorbilder
und Bands, die ich damals hörte.
Mit deren Hilfe sozusagen
habe ich mir das Spielen selbst
beigebracht.
Wie schon erwähnt, ist SEPTICFLESH deine „Hauptband“,
aber wichtig ist natürlich auch dein eigenes
Projekt KRIMH.
Sogar sehr wichtig, um mich zu 100 Prozent kreativ
entfalten zu können. Im Moment fehlt leider
etwas die Energie und Zeit, um mehr für mein
Solo-Projekt zu komponieren, weil SEPTICFLESH
immer größer und zeitaufwändiger wird. Ich
möchte mich aber darüber nicht beklagen.
© Marie Idlin
Von KRIMH gibt es bis dato drei Alben, die
man auf allen Streaming-Plattformen findet:
„Explore“, „Krimhera“ und „Gedankenkarussell“,
kann man alle auch old-school auf CD bei mir
auf Bigcartel ordern. Wichtig bei KRIMH ist, dass
ich mich damit nicht stressen
möchte. Es gibt kein Label oder
sonst wen, der mir sagt, was
zu tun ist. Es dient hauptsächlich
der Befriedigung meiner
Kreativität.
Und die ist sehr ausgeprägt. Bei
KRIMH spielst du alle Instrumente
selbst ein, würdest du dich als
Multi-Instrumentalist bezeichnen?
Woher kommt die Begabung? Und
singst du auch selbst?
Der Gesang ist das Einzige, das
ich (noch) nicht kann und daher
lasse ich lieber professionelle
Sänger ran. Die Instrumente
wurden alle von mir eingespielt, daher würde
ich mich schon als Multi-Instrumentalisten
bezeichnen, obwohl das Schlagzeug natürlich
mein Hauptinstrument ist. Ich weiß nicht, ob
es wirklich eine Begabung ist oder an meiner
Herangehensweise liegt. Ich bin davon überzeugt:
Wenn man genug Zeit mit einem Instrument
verbringt, wird auch etwas Brauchbares dabei
herauskommen (nur nicht mit mir und
einer Gitarre! Anm. Mike (hingegen ich und die
Mandoline… Andi)).
Mein theoretisches Wissen über Musik existiert
praktisch nicht, ich orientiere mich
nur an meinem Gehör. Daher fällt es mir oft
schwer, Fans Auskunft zu geben, um welche
Akkorde es sich handelt. „Keine Ahnung, aber
es ist nicht so schwer, weil ich es gespielt habe“.
Musikinstrumente sind pure
Inspiration und man sollte
immer genug um sich herum
haben.
Übst du viel? Und vor allem:
WIE übst du?
Ich habe keinen bestimmten
Übungsrhythmus. Je nachdem,
was gerade ansteht, intensiviert
sich mein Plan. Im Moment
ist es extrem, weil es ein neues
Album für SEPTICFLESH zu
schreiben gilt und ich zusätzlich
noch 90 Minuten DEVIN
TOWNSEND-Material lernen
muss. Seit Jänner sitze ich jeden Tag lang hinter dem Drumkit, was natürlich auf
stundenlange
Sicht sehr anstrengend für meinen
Körper ist.
Schlagzeugspielen verlangt viel Konzentration
und Kraft. Diese beiden Faktoren sind nur begrenzt
vorhanden und ich muss gestehen, ich
pushe mich oft über meine Grenzen hinaus. Es
ist schwierig, in solchen intensiven Phasen richtig
zu regenerieren. Wenn mein
Körper streikt, muss ich für ein
paar Tage eine Zwangspause
einlegen.
Ansonsten versuche ich etwa
vier- bis fünfmal die Woche
für ein, zwei Stunden zu spielen.
Dabei übe ich aber kaum
Technik, sondern bereite mich
auf die nächsten Session-Jobs
oder Shows vor. Songs lernen,
bestehende Set-Listen wiederholen.
Und ich versuche,
mich mit Sport und gesunder
Ernährung fit zu halten. Ich
betrachte das Ganze wie ein
Leistungssportler, nur eben hinter
dem Schlagzeug und nicht auf der Laufbahn.
Du giltst als einer der schnellsten Doublebass-Spieler
im Trommelzirkus, wobei du ja überhaupt gerne im
Highspeed-Bereich rumwirbelst. Hast du da spezielle
Techniken entwickelt?
Ich bin bei Weitem nicht der Speed-King, das
wollte ich aber auch nie sein. Speed gehört dazu,
keine Frage, aber mir war Vielseitigkeit viel wichtiger.
Außerdem ist langsam Spielen schwieriger
als man denkt. Für schnelleres Doublebass-
Gewitter verwende ich die sogenannte „Swivel
Technique“, eine zusätzliche Seitwärtsbewegung
pro gespieltem Bassdrum-Kick.
„Swivel“ wird von einigen Metal-Drummern verwendet,
da es mehr Kon stanz und Power bei
höheren Geschwindigkeiten
bringt. Es bedeutet aber auch
mehr Arbeit für dein Hirn,
weil du zusätzlich noch ein
Bewegungsmuster einbauen
musst. Diese Technik hat sich
bei mir von selbst entwickelt
und es dauerte einige Jahre, um
sie zu perfektionieren.
SEPTICFLESH ist im Grunde eine
griechische Band, aber auch ein-
fach eine „europäische“. Wie oft
trefft ihr euch außerhalb von
Touren leibhaftig zum Proben -
eher selten, oder?
Richtig, wir treffen uns nicht oft. Geprobt wird
erst, wenn wir ein neues Set einüben müssen,
meist nachdem ein neues Album erscheint.
Dann überlegen wir uns eine Setlist und ich
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© Marie Idlin
© Marie Idlin
„Musikinstrumente sind pure Inspiration“
„Da ist mir das Herz schon
etwas in die Hose gerutscht“