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Rauf Ceylan (auth.) - Cultural Time Lag_ Moscheekatechese und islamischer Religionsunterricht im Kontext von Säkularisierung-VS Verlag für Sozialwissenschaften (2014)

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Einleitung 21

und weiterführenden Schulen bis in das Berufsleben hinein durchzieht. Aufgrund des

Negativimages und der Diskriminierung sind in der späteren Phase der Bildungsbiografien

besondere didaktische Konzepte – wie etwa der berufsorientierte Religionsunterricht – erforderlich,

um diese negativen Erfahrungen zu verarbeiten und die berufliche Integration

dieser junger Menschen dennoch zu gewährleisten. 18

Selektions- und Assoziationsprinzip:

Der Islam als gewalttätige (Ausländer-)Religion in den Medien

Die mediale und politische Behandlung des Islam „leisten“ als weitere bedeutsame Felder

einer emotionalen und identifikatorischen Integration insofern ebenfalls keinen positiven

Beitrag, da sie nur eine andere Form der Ausblendung, und zwar eine Selektion der muslimischen

Lebenswelt durch die Akzentuierung negativer, quantitativer Randphänomene

wie Ehrenmord, Terrorismus oder Salafismus darstellen. Ebenso negativ beeinflusst wird

diese emotionale Integration durch eine undifferenzierte, öffentliche Kommunikation von

wissenschaftlichen Ergebnissen zu Themen wie Religiosität und Gewalt beziehungsweise

zum Fundamentalismus bei muslimischen Jugendlichen. Da die mediale Kommunikation

von höchst komplexen Forschungsfragen nur durch die Reduktion auf zentrale Ergebnisse

in Form von Pressekonferenzen oder Zusammenfassungen erfolgt, zeigen die bisherigen

Diskussionserfahrungen, dass sie eher kontraproduktiv verlaufen und zur Verfestigung von

Stereotypen beisteuern können. 19 Nicht weniger dramatisch ist es, wenn die Wissenschaft

selbst durch unzureichende Forschungsdesigns gängige gesellschaftliche Wahrnehmungsschemata

bestärkt und eine andere Form von Gewalt an dieser Zielgruppe ausübt. 20

Die Konstruktion einer muslimischen Parallelgesellschaft in den medial und politisch

inszenierten virtuellen Welten überschattet den Realzustand des Alltags der muslimischen

Kinder und Jugendlichen – mit allen seinen positiven und negativen Facetten. Hinzu

18 Vgl. Andreas Obermann, Im Beruf Leben finden. Allgemeine Bildung in der Berufsbildung –

didaktische Leitlinien für einen integrativen Bildungsbegriff im Berufsschulreligionsunterricht,

Göttingen 2013, S. 200 ff.

19 Diese Erfahrungen in der kontraproduktiven öffentlichen Kommunikation von Forschungsergebnissen

bestätigen in jüngerer Zeit unter anderem die kriminologische Studie von Christian

Pfeiffer mit dem Fazit „Je religiöser, desto gewalttätiger“ oder die des Migrationsforschers Ruud

Koopmanns „Islamischer Fundamentalismus ist weit verbreitet“. Hierbei ist zu hinterfragen,

inwieweit medienwirksame Darstellungen von Forschungserkenntnissen – im ohnehin sehr

diffusen Feld „Integration, Muslime, Jugendliche“ – forschungsethisch vertretbar sind (vgl.

hierzu z. B. „Kriminologische Studie: Jung, muslimisch, brutal“ abgerufen unter: http://www.

spiegel.de/panorama/justiz/kriminologische-studie-jung-muslimisch-brutal-a-698948.html

[13.01.2014]; „Islamischer religiöser Fundamentalismus ist weit verbreitet“ abgerufen unter:

http://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/islamischer-religioeser-fundamentalismus-ist-weit-verbreitet

[13.01.2014]

20 Vgl. z. B. Werner Schiffauer, Beschwörungsrhetorik: Zur Konstruktion des islamischen Fundamentalismus

in der Wissenschaft, in: Wolf-Dietrich Bukow/Markus Ottersbach (Hrsg.), Der

Fundamentalismusverdacht. Plädoyer für eine Neuorientierung der Forschung im Umgang mit

allochthonen Jugendlichen, Opladen 1999, S. 101 ff.

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