medizin&technik 03.2020
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■ [ FOKUS FORSCHUNG ]<br />
Ohne Kommunikation<br />
keine Biofilme<br />
Antimikrobielle Werkstoffe | Zwei Wege führen zu<br />
bakterienfreien Materialien: Antimikrobielle Wirkstoffe<br />
in oberflächennahe Schichten von Polymeren oder das<br />
Unterbinden der Kommunikation zwischen den Bakterien,<br />
die dann keine Biofilme bilden können.<br />
Die Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits-<br />
und Energie<strong>technik</strong> Umsicht in Oberhausen forschen<br />
seit zehn Jahren an der antibakteriellen Imprägnierung von<br />
Werkstoffen, insbesondere von Kunststoffen. Das Ziel sind umweltfreundliche<br />
Alternativen zu antibakteriell wirkenden, aber<br />
toxischen oder sehr kostenintensiven Materialien wie Kupfer.<br />
Beim Imprägnierverfahren wird nur die Oberfläche eines Bauteils<br />
behandelt, so dass nur geringe Mengen des antimikrobiellen<br />
Wirkstoffs gebraucht werden und auch eine nachträgliche Ausstattung<br />
eines fertigen Bauteils möglich ist.<br />
Am Fraunhofer Umsicht wurde ein Verfahren entwickelt, dass<br />
polymere Oberflächen mithilfe von überkritischem Kohlendioxid<br />
imprägniert. Dieses kann leicht wie Gas in eine Oberfläche<br />
eindringen und ist weder brennbar noch toxisch, gut verfügbar<br />
und kostengünstig. Das überkritische Kohlendioxid öffnet die<br />
polymere Struktur und ermöglicht den Stofftransport an die<br />
Oberfläche. Für Anwendungen im Consumer-Bereich – beispielsweise<br />
Lichtschalter – werden während der Imprägnierung mit<br />
überkritischem Kohlendioxid nano- und mikroskalige Silberpartikel<br />
eingebracht. „Tests zeigten, dass bereits nach einer Stunde<br />
alle Bakterien von der Oberfläche eines zuvor mikrobakteriell<br />
(Bild: Fraunhofer Umsicht)<br />
Für Trinkwasserrohre oder Medizingeräte setzen die Fraunhofer-<br />
Forscher auf Naturstoffe, mit denen die Materialien imprägniert<br />
werden<br />
kontaminierten Lichtschalters entfernt worden sind“, erklärt Nils<br />
Mölders, Abteilungsleiter Produktentwicklung am Fraunhofer<br />
Umsicht. Auslaugtests zeigten, dass sich die Silberpartikel gemäß<br />
gängiger Normen (DIN-EN 71-3) nicht auswaschen.<br />
Ein weiteres Verfahren eignet sich für medizinische Geräte oder<br />
Wasserrohre, auf deren Oberflächen sich Biofilme bilden können.<br />
Hier kann die Kommunikation zwischen Bakterien gestört<br />
werden, was die Bildung der Biofilme wirksam verhindert.<br />
Hier wollen die Fraunhofer-Forscher Nanopartikel und Silbersalze<br />
vermeiden und verwenden verschiedene Naturstoffe. Diese<br />
belegen die Rezeptoren der Bakterien, und wo keine Signale ausgetauscht<br />
werden können, unterbleibt die Filmbildung.<br />
Die Naturstoffe werden zur Immobilisierung mikroverkapselt<br />
oder mithilfe der Hochdruckimprägnierung in die gewünschten<br />
Materialoberflächen eingebracht, beispielsweise in Lackformulierungen<br />
oder Trinkwasserrohre.<br />
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