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Online-Ausgabe 10, ET 13.06.2020

Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh

Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh

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Ausgabe 289 am 30

Samstag, 30. Mai 2020

10

FORSCHUNG

INTERVIEW

Corona-Tagebuch

Samstag, 30

Samstag, 30. Mai 2020

Manche unterschätzen

die Krankheit

Die Viren, die die Corona-Pandemie ausgelöst haben und jährlich Influenza-Epideminen verursachen, wurden vom Tier

auf den Menschen übertragen. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Martin Schwemmle, Forschungsgruppenleiter am Institut

für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg über Fledermäuse , Pandemiepläne und fehlende FFP-Masken.

Die Corona-Pandemie zeigt auf

dramatische Weise, was passieren

kann, wenn tierische Viren

auf den Menschen übertragen werden.

Wie eine solche Infektion erfolgen kann,

erforscht das Team um den Virologen

Prof. Dr. Martin Schwemmle vom Institut

für Virologie des Universitätsklinikums

Freiburg. Die Arbeit seines Teams wird

von der Europäischen Union mit 2,5 Millionen

Euro gefördert. Barbara Breitsprecher

sprach mit ihm über Viren, die für die

Krebsforschung manipuliert werden, über

Fledermäuse und den Masken skandal.

ZaS: Sie forschen seit einigen Jahren

über Fledermäuse als Virusträger.

Ging es dabei auch schon darum, das

SARS-Virus zu bekämpfen?

Martin Schwemmle: Wir sind an Zoonosen

interessiert (Krankheitsübertragungen

von Tieren auf Menschen; Anm. d.

Red.) und forschen dabei hauptsächlich

über Influenzaviren und Bornaviren.

Letztere werden über Spitzmäuse übertragen

und kommen nur im deutschsprachigen

Raum vor. Der Mensch

ist ein Endwirt und stirbt an solch

einer Infektion. Was die Influenzaviren

angeht, so gab es 2011/12 erste

Forschungsergebnisse, die belegten,

dass diese Viren auch bei Fledermäusen

vorkommen.

ZaS: Werden Viren übertragen, wenn

man das Fleisch dieses Tieres isst oder

wenn es einen beißt?

Schwemmle: Das hängt vom Virus ab.

Bestimmte Viren können über ungekochtes

Fleisch übertragen werden,

andere über Aerosol (Schwebeteile in

der Luft; Anm. d. Red.) oder über einen

Stich.

ZaS: Was haben nun die Fledermäuse

mit damit zu tun?

Schwemmle: Wenn in Afrika das Buschfleisch

verarbeitet wird, wozu auch Fledermäuse

gehören, können Menschen

mit Blut oder Sekreten in Berührung

kommen und sich dadurch infizieren.

Wenn das Fleisch erst einmal abgekocht

ist, kann man sich nicht mehr infizieren,

weil das Virus dann unschädlich

gemacht wurde.

ZaS: Fledermäuse werden ja gerne mit

unheimlichen Dingen in Verbindung

gebracht. Hat diese Urangst ihren Ursprung

bei Krankheitsübertragungen?

Schwemmle: In Amerika kann Tollwut

durch die Fledermaus übertragen

werden, aber nicht in Europa. Aber

Fledermäuse beißen uns Menschen

nicht (lacht). Vor Fledermäusen braucht

man hier keine Angst zu haben. Es gibt

nur ganz wenige Berichte, wonach

Höhlenforscher in Deutschland mit

Fledermauskolonien in Kontakt kamen

und infiziert wurden. Das sind absolute

Ausnahmen.

ZaS: Was macht dann die Fledermausviren

so besonders, dass Sie an ihnen

forschen?

Schwemmle: Die Influenzaviren, die wir

erforschen, kommen bei Fledermäusen

in Südamerika vor, nicht in Europa. Alle

Influenzaviren stammen ursprünglich

aus Wasservögeln. Sie haben dann die

Speziesbarriere überwunden und sich

auch im Menschen etabliert, so dass es

bei uns zwei zirkulierende Influenzavirus

Subtypen gibt, H1N1 und H3N2,

die beim Menschen jährlich Epidemien

auslösen. Nun hat man festgestellt,

dass diese Influenzaviren aus der Fledermaus

neue Subtypen sind, die man

bisher nicht kannte. Sie sehen aus wie

Influenzaviren, sind auch welche, aber

die Hüllproteine auf der Virusoberfläche

, insbesondere die sogenannten

HA-Proteine, erkennen komplett etwas

anderes auf der Zelloberfläche als es

Influenzaviren normalerweise tun. Nun

wusste man zunächst nicht, welchen der

mysteriösen Rezeptor das Virus nutzt,

um in die Zelle einzudringen.

ZaS: Haben Sie den Rezeptor gefunden?

Schwemmle: Zusammen mit einer Arbeitsgruppe

aus Zürich haben wir ihn

entschlüsseln können: Er ist Teil unseres

Immunsystems, der Haupthistokompatibilitätskomplex

MHCII, der durch

die HA-Proteine erkannt wird. Diese

Fledermaus-Influenzaviren haben es im

Gegensatz zu klassischen Influenzaviren

geschafft, von einer Zuckerbindung

auf eine Proteinbindung als Rezeptor

zu wechseln.

ZaS: Gibt es diese MHCII-Rezeptoren nur

bei Fledermäusen?

Schwemmle: Es gibt sie auch bei

Schweinen und Mäusen – und im

Prinzip kann auch der Mensch damit

infiziert werden. Um dies zu untersuchen

wurden Frettchen mit diesen Viren

infiziert. Frettchen besitzen auch diese

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