Online-Ausgabe 10, ET 13.06.2020
Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh
Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh
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Ausgabe 289 am 30
Samstag, 30. Mai 2020
16
GESELLSCHAFT
DEUTSCHLAND
Corona-Tagebuc
Samstag, 30
Samstag, 30. Mai 2020
Wenn die Zeit reif ist
für „ein Stück Mut“
Öffnungsdiskussionsorgien. Nach den ersten zaghaften Lockerungen von Bund und Ländern knirschte es immer lauter.
Denn plötzlich waren die Vergleiche da: Warum dürfen wir nicht, was andere dürfen? Angela Merkel wollte „Kritik und
Widerspruch“. Nun überlässt die Kanzlerin weitgehend den Ländern die neuen Lockerungen. Von Michael Zäh
Der Faktor Zeit ist in vielerlei
Hinsicht ungleich. Es kann
um die Zeit gehen, die Geld
sei, oder um die Zeit, die verschwendet
wird. Es kann um Lebenszeit gehen.
Und „mit der Zeit“ zeigt sich manches,
das anfangs noch verborgen blieb.
Manche meinen ja, dass die Zeit
alle Wunden heile. Das könnte man
auch zynisch verstehen. Andere sagen,
dass sich der Mensch an alles gewöhnt,
also wenn es nur lang genug so
ist, wie es ist. Und es kann ja stimmen,
dass es eine Zeit vor Corona sowie eine
Zeit nach Corona gegeben haben wird.
Im Hier und heute geht es aber um
die Zeit mit Corona. Hier heilen die
Wunden nicht, sondern werden Tag
für Tag größer: In der Gesellschaft, in
der Wirtschaft, in der Kultur, im Sport,
ja überhaupt in allem, was Menschen
in dieser Corona-Zeit durchmachen.
Der Schaden, der momentan für viele
Menschen angerichtet wird, häuft
sich ins Unermessliche. Und das wird
mit der Zeit nicht besser werden,
sondern immer schwerer zu
ertragen.
Die Zeit drängt. Das tut sie ja
immer, aber derzeit umso mehr. Denn
die Menschen in Deutschland (auch
in Europa und der Welt) werden sich
nicht daran gewöhnen können, dass
sie eingesperrt werden. Nicht auf
unbestimmte Zeit. Und wenn alles
von der Verbreitung des Corona-Virus
abhängt, ist die Zeit eben unbestimmt.
Die Menschen werden es mit jedem
Tag, den es länger andauert, umso
weniger akzeptieren können, dass sie
sich nicht mit Verwandten, Freunden,
auch in größeren Gruppen treffen
dürfen. Denn zum Menschsein gehört
es dazu, unter Menschen zu sein. Ja
sogar, auch wenn dies heute wie ein
aussätziger Satz klingt, gehört zum
Menschsein dazu, dass sich Menschen
umarmen, zusammen tanzen und
schunkeln. Körperliche Kontakte, um
es krass zu sagen, fördern ja nunmal
den Fortbestand der Menschheit.
Es mag sein, dass es derzeit nicht
die Zeit ist, dies zu erwähnen. So hat
Angela Merkel am 23. April in ihrer
Regierungserklärung zwar erneut um
größtmögliche Geduld gebeten, aber