Online-Ausgabe 10, ET 13.06.2020
Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh
Bloß nicht lumpen lassen: Die Konjunktur will angekurbelt werden und deine Lieblingsgeschäfte brauchen jetzt deinen Einkauf. Aber nach acht Wochen der Einkehr weißt du gar nicht, was du wirklich brauchst. Na ja, vielleicht ein paar neue Laufschuhe? Von Michael Zäh
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Samstag, 13. Juni 2020
2
WELT
GESELLSCHAFT
Samstag, 13
Ausgabe 287 am 4.
Der reale Moment
tödlicher Gewalt
Samstag, 4. April 2020
Polizeigewalt. Das Video der 17 Jahre alten Darnella Frazier zeigt den Tod von George Floyd
durch einen brutalen weißen Polizisten. Diese Bilder sind keine Inszenierung, sondern bilden
die grausame Wirklichkeit ab. Danach allerdings beginnen Inszenierungen. Von Michael Zäh
Den Namen George Floyd kennen
inzwischen weltweit Millionen
Menschen. Seine Name wird in
den Mund genommen, auf unzähligen
Demonstrationen in den USA, aber auch
überall in Europa, wie etwa zuletzt in
Freiburg. Es gibt eine Frage zu stellen,
die schmerzhaft ist: Warum kommt es
bei der Ermordung von George Floyd
zu diesem Aufschrei, während viele
vergleichbare, nicht minder bestialische
Verbrechen in den USA, aber auch in
Europa, etwa der Schweiz, Frankreich
und Deutschland kaum zu Protesten
führten? Erst in der Folge des Todes von
George Floyd werden auch die Namen
anderer Menschen genannt, die unter
ähnlichen Umständen zu Tode kamen.
Durch Polizeigewalt. Es sind sehr viele
Namen und es sind oft ebenso grausame
Umstände ihres Todes.
Was den Unterschied ausmacht, ist
ein Video, das die 17 Jahre alte Darnella
Frazier in Minneapolis aufnahm. Die
junge Frau sieht den Vorfall, zückt ihr
Handy und hält alles fest. Diese Aufnahme
wackelt kaum und ganz nah
traut sich Frazier an das Geschehen. Ein
paar Stunden später lädt sie das Video
auf Facebook hoch. Seitdem sieht die
ganze Welt, was geschah, besser: was
getan wurde. Ein weißer Polizist drückt
fast neun Minuten lang sein Knie in
den Hals des bereits gefesselten George
Floyd, der immer wieder sagt, dass er
nicht atmen kann und schließlich nach
seiner Mutter ruft.
Das Video zeigt also einen Mord
(über den im juritischen Sinne erst noch
geurteilt werden wird), aber vor allem
zeigt es einen Menschen, der grausam
stirbt. Es ist klar, dass dieses Video
als Beweisstück für eine schreckliche
Tat verwendet werden muss. Doch die
Frage lautet, ob es für die Öffentlichkeit
immer und immer wieder zur Verfügung
stehen muss.
Ja, diese Frage ist keine leichte.
Denn einerseits wird hier eine Tat
dokumentiert, die sonst womöglich
geleugnet worden wäre. Wie es in vielen
anderen Fällen war. Doch das Video
zeigt auch einen Menschen, der stirbt,
in seinen letzten Lebensmomenten,
und George Floyd hat nicht mehr die
Möglichkeit, selbst zu bestimmen, was
über seinen Tod in der Welt zu sehen ist.
Das Video ist keine Inszenierung,
sondern im Gegenteil liefert es Bilder,
die grausamer nicht sein könnten, weil
es einen realen Moment zeigt. Dieser
reale Moment der tödlichen Gewalt,
der Tod von George Floyd, hat dennoch
eine hohe Symbolkraft, weil ein
weißer Polizist scheinbar völlig unbeeindruckt,
mit den Händen in seiner
Hosentasche, sein Knie in das Genick
des Schwarzen George Floyd drückt,
bis dieser erstickt. Diese Mischung
aus realem Grauen und symbolhafter