TV-Moderator Sven Epiney: - BLS AG
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Eine Zwiebel im Haarschopf<br />
Daniel Jeitziner muss es wissen. Verbrachte er doch schon seine<br />
Kindheit in Mund, erlebte, wie der Safrananbau mehr und<br />
mehr zurückging, wie das Gebiet von 20 000 auf 500 Quadratmeter<br />
schrumpfte und fast ganz verschwand. Wie der Anbau<br />
dann, in den Siebzigerjahren, aufblühte, sich wieder Leute<br />
für ihn interessierten, Leute, die ein Initiativkomitee<br />
gründeten und schliesslich eine Safranzunft. Seit sieben Jahren<br />
ist er, Jeitziner, ihr Zunftmeister. Jetzt lässt er die Zwiebel<br />
auf seiner Hand hin und her rollen und sagt: «Eine solche<br />
Zwiebel war es, die ein Söldner vor vielen, vielen Jahren in<br />
seinem Haarschopf versteckt nach Mund gebracht haben soll.<br />
Unter grösster Gefahr, denn auf die Ausfuhr von Safran stand<br />
damals die Todesstrafe.» Er schmunzelt, wendet den Blick<br />
nicht von der Zwiebel und fügt hinzu: «So erzählt es die Legende.»<br />
Doch es gebe auch die andere Variante, jene, die man<br />
in Mund fast als wahrscheinlicher betrachte. Dass es nämlich<br />
Jakobspilger waren, die den Safran aus Spanien herbrachten.<br />
Dafür spreche insbesondere, dass die im Jahre 1348 erbaute<br />
Kapelle von Mund dem heiligen Jakobus geweiht wurde.<br />
110 Safran-Anbauer<br />
Das war einst. Heute heisst es auf der Internetseite der<br />
Gemeinde Mund: «Was für Paris der Eiffelturm, für Pisa<br />
der schiefe Turm, für die Welschen der Wein, für Zermatt<br />
das Matterhorn, ist für Mund der Safran.» Die Munder<br />
Safranzunft zählt 212 Mitglieder, 110 von ihnen sind Anbauer.<br />
Auf einer Fläche von 18 000 Quadratmetern ernten<br />
sie jährlich, je nach Witterungsbedingungen, zwei bis vier<br />
Kilogramm Safran. Vorzüglicher Safran, wie Jeitziner betont,<br />
reich an Geschmack und «von Fünfsterne-Kennern<br />
als hochwertig bezeichnet». Und nicht nur von diesen. Seit<br />
2004 ist der Munder Safran ein AOC-Produkt, hat ein<br />
Pfl ichtenheft mit Vorgaben zu Merkmalen, Herstellungsmethode<br />
und Produktionszone zu erfüllen und wird jährlich<br />
kontrolliert. Die geschützte Bezeichnung AOC (Appellation<br />
d’Origine Contrôlée) garantiert, dass ein Produkt<br />
in seinem Ursprungsgebiet erzeugt, verarbeitet und veredelt<br />
wurde. Nahezu dasselbe – nämlich die geschützte<br />
geografi sche Angabe traditioneller Spezialitäten – gilt für<br />
die Bezeichnung IGP (Indication géographique protegée).<br />
Beide Marken, AOC und IGP, bedeuten qualitativ hochwertige<br />
Produkte und tragen dazu bei, die kulinarische<br />
und kulturelle Vielfalt der Schweiz aufzuzeigen.<br />
«Eine launische Pfl anze»<br />
Des Safrans Wurzeln liegen allerdings in weiter Ferne, zeitlich<br />
wie auch örtlich. Bereits vor mehr als 3000 Jahren wurde<br />
der «Crocus sativus» von den alten Kulturvölkern im<br />
Zweistromland, zwischen Euphrat und Tigris, gezüchtet.<br />
Später kam der Safran nach Griechenland und ins Römische<br />
Reich. Im 8. Jahrhundert brachten ihn die Araber nach<br />
Spanien, von wo aus er über Frankreich in die Schweiz gelangte.<br />
Und da ist er immer noch. In diesem kleinen Walliser<br />
Dorf, dessen Äcker sich einmal im Jahr in ein Meer von<br />
lila Krokusblüten verwandeln. Im Spätherbst, wenn die<br />
Ernte des roten Goldes ansteht. «Das ist die intensivste Zeit<br />
des Jahres», sagt Daniel Jeitziner. Er bleibt stehen, deutet<br />
über die Äcker. Hier versammle man sich jeweils, Familie,<br />
Freunde und Bekannte. Denn das Ernten sei ein gesellschaftliches<br />
Ereignis, da helfe jeder jedem, und später, beim<br />
Safranfäden ziehen am Küchentisch, käme so manches Gespräch<br />
in Gang. Doch die Arbeit sei eine heikle, genau wie<br />
der Safran selber. «Der Safran ist eine empfi ndliche Pfl anze»,<br />
sagt Daniel Jeitziner, «eine launische». Er brauche feinsandigen,<br />
leicht lehmigen und eher mageren Boden und<br />
viel Geschick seines Anbauers.<br />
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