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Leseprobe_Fo_Christian VII.

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Ich weiß nicht, ob dieses Erlebnis oder etwas anderes für<br />

eine weitere Krise verantwortlich waren, die volle zwei<br />

Wochen andauerte. Als ich mich erholt hatte und wieder<br />

klar denken konnte, erfuhr ich, dass mein Vater im Koma<br />

lag. Wir hatten einen der strengsten Winter des Jahrhunderts,<br />

und der König hatte bei einer Truppen parade dem<br />

eisigen Wind nicht standgehalten. Bei seinem Tod war er<br />

knapp über dreiundvierzig Jahre alt. Die Köni ginwitwe<br />

brach in hemmungsloses Schluchzen aus und deutete sogar<br />

an, sich vor Verzweiflung aus dem Fenster stürzen zu<br />

wollen, doch wie ich genau sehen konnte, hatte sie sich<br />

zuvor vergewissert, dass genügend Männer in der Nähe<br />

standen, um sie allenfalls zurückzuhalten. Ich selbst empfand<br />

vor dem Sarg meines Vaters keinen Schmerz; es gelang<br />

mir nicht einmal, ein paar Tränen vorzutäuschen.<br />

Ich gestehe, dass er für mich so gut wie ein Fremder war,<br />

der mich aus reinem Zufall gezeugt hatte.<br />

Dem König fehlt es komplett an Verstand<br />

Nach dem Tod meines Vaters erlitt ich einen weiteren<br />

Anfall, doch diesmal verweigerte ich dem Königlichen<br />

Oberarzt den Zutritt, und mit ihm der Schar der gelehrten<br />

Doktoren, die ununterbrochen an die Tür zu meinen<br />

Gemächern klopften. In Wirklichkeit machte mir<br />

meine Gleichgültigkeit angesichts des Todes meines Vaters<br />

sehr zu schaffen, und das führte zu einer so heftigen<br />

Krise, dass ich den Begräbnisfeierlichkeiten fernbleiben<br />

musste – und beinahe dazu, dass ich doch daran teilgenommen<br />

hätte: als zusätzliche Leiche nämlich. Durch<br />

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