Viehdorfer Nachrichten Ausgabe Nr. 91
Rückschau auf das 1. Halbjahr in Viehdorf
Rückschau auf das 1. Halbjahr in Viehdorf
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Regieren im Krisenmodus: Türkis-Grün erstmals
auf dem Prüfstand
Beitrag von GR Markus Burgstaller, BA
Nach zähen Koalitionsverhandlungen folgte ein temporeicher Start der neuen Regierung – bis Corona den Regierungspartnern
einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Schritt für Schritt kehrt mittlerweile wieder „Normalität“
ein, das zeigt besonders der Ibiza-Untersuchungsausschuss.
Die goldene Regel der Krisenkommunikation
heißt „Kommunizieren“,
stetig und immer nach demselben
Muster, um Stabilität und Sicherheit
zu demonstrieren. Beides haben die
Regierungspartner seit Beginn an
unbestritten umgesetzt. Bundeskanzler,
Vizekanzler, Innenminister und
Gesundheitsminister waren abgestimmt
und auch koalitionsintern
wurde Einstimmigkeit gelebt. Der
Vergleich mit anderen Ländern macht
sicher.
So sicher, wie der „Lockdown“ leichter
zu bewerkstelligen war, als wieder
Schritt für Schritt in die Normalität
zurückzufinden. Zumal es für die
Situation weder einen Leitfaden aus
dem Lehrbuch noch anderweitige
Erfahrungswerte gibt.
Selbst die Oppositionsparteien im
Nationalrat pflichteten den Maßnahmen
der Regierung bei – Österreich
erlebte einen Nationalrat in seltener
Einigkeit. Dass dieser Zustand
kein dauerhafter sein wird, war nach
Ostern immer mehr spürbar und mit
Beginn des Ibiza-Untersuchungsausschusses
kehrt endgültig auch innenpolitisch
wieder Alltag ein. Die Folge:
Ein politischer Schlagabtausch – angeführt
von NEOS und SPÖ – der dem
Aufklärungsmittel Untersuchungsausschuss
mehr schadet, als es ihm
letztendlich nutzt. Dabei hätte gerade
die Aufklärung dieses beispiellosen,
politischen Skandals oberste Priorität.
Denn während die Mehrheit
der Bevölkerung durch die Corona-
Pandemie in irgendeiner Weise starke
Einschränkungen oder gar eine
Verschlechterung ihrer Lebenssituation
hinnehmen musste, wäre das
Ibiza-Video samt seiner Protagonisten
fast in Vergessenheit geraten. Diesen
Gefallen sollten die fraktionsführenden
Ausschuss-Mitglieder Strache
und Co nicht machen. Immerhin hat
dadurch nicht nur die Außenreputation
der Republik gelitten, vor allem
hat die Politik im Allgemeinen einen
enormen Imageschaden dadurch
davongetragen.
Die Regierung aus Volkspartei und
Grüne bietet in der sich darbietenden
politischen Landschaft immer noch
eine Chance, die genutzt werden kann.
Die Ereignisse seit März schmälern
mit großer Wahrscheinlichkeit zwar
die finanzielle Ausgangsbasis, nicht
aber den Willen, gemeinsam Reformprojekte
anzustoßen – das wird allerdings
nur im Team möglich sein. Und
von einem guten Team spricht man
dann, wenn man ihm ein hohes Maß
an Krisenresistenz zusprechen und
man ihm die Lösung von komplexen
Aufgaben übertragen kann. Starke
Teams formieren sich meist in Krisensituationen
oder anderen herausfordernden
Situationen. Türkis-Grün
steht jetzt auf dem Prüfstand und hat
die Chance als eingespieltes Team aus
der Krise hervorzugehen – Einheit
und Stabilität würde der Republik
nach den Ereignissen im vergangenen
Jahr mehr als guttun.
Kurzum: Die Bundesregierung ist
in vielen Bereichen auf einem guten
Weg, sie hat ihre Aufgaben nach aller
bestem Wissen erfüllt und sich nicht
zu gesundheitspolitischen Experimenten
aller USA oder Großbritannien
hinreißen lassen. Und hätte es Ibiza
nicht gegeben, hätte es auch in Österreich
vielleicht anders ausgesehen.
Somit ist der wahrscheinlich einzig
gute Aspekt am Fall Ibiza, dass die
scheinheilige Politik der Freiheitlichen
Partei (Anm. „Wir sprechen die Sprache
der Arbeiter.“ oder „Wir vertreten
die einfachen Leute.“ etc.) schonungslos
aufgeflogen ist und unwürdige
Amtsträger – beginnend mit Heinz-
Christian Strache – abtreten mussten.
Die Frage, wie wohl eine FP-Gesundheitsministerin
Beate Hartinger-Klein
die gegenwärtige Krise gemeistert
hätte, bleibt uns somit erspart …
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