Mein Leben Live - Ausgabe 3 Juli 2020
Interaktives Lifestyle - Magazin
Interaktives Lifestyle - Magazin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Corona - Coronbla ?<br />
von Jochen Dürselen (Medizin - Student im praktischen Jahr)<br />
auch Griffe ins Gesicht minimiert<br />
werden. <strong>Mein</strong>er <strong>Mein</strong>ung nach ist<br />
in den meisten Fällen aber das Gegenteil<br />
wahrscheinlich, was nicht<br />
zuletzt auch die Brillenträger unter<br />
uns bemerkt haben dürften. Dann<br />
wird zu guter Letzt der vermeintliche<br />
Joker gezogen: „Guck doch mal<br />
nach da-und-da!“<br />
Dabei vergisst man nur allzu oft,<br />
dass länderübergreifende Vergleiche<br />
ein riesiges Wagnis sind - hier<br />
sind Äpfel und Birnen dann offenbar<br />
doch wieder egal. Genauso egal<br />
wie die zahlreichen, sozialen, wirtschaftlichen<br />
und kulturellen Unterschiede<br />
der einzelnen Länder, die<br />
allesamt in eine Gewichtung der<br />
Verhältnisse einfließen müssten -<br />
wohlgemerkt „müssten“. Doch das<br />
würde Arbeit kosten und zu alledem<br />
aufdecken, wie unsinnig solche<br />
Vergleiche sind, nachdem zusätzlich<br />
klar geworden ist, dass ein<br />
objektiver Vergleich der Fälle und<br />
Fallzahlen eine Informationssammlung<br />
an Krankheitsverläufen und<br />
Obduktionsberichten notwendig<br />
machen würde, die nie erfasst worden<br />
sind und jetzt auch nicht mehr<br />
nachvollzogen werden können.<br />
Manch einer fürchtet jedoch auch<br />
überfüllte Krankenhäuser, durch<br />
eine schnelle Ausbreitung des Virus.<br />
Dies ist begründet, solange<br />
der Zusammenhang gilt: Je mehr<br />
Infektionen, desto mehr Erkrankungen,<br />
desto mehr schwerwiegende<br />
Verläufe. Das trifft bei den<br />
Risikogruppen durchaus auch zu.<br />
Der Großteil der Bevölkerung ist<br />
jedoch von ausreichender Konstitution,<br />
welche verhindert, dass es<br />
nach der Infektion auch zu einem<br />
Krankheitsausbruch und damit zu<br />
einem noch unwahrscheinlicheren,<br />
schwerwiegenden Verlauf kommt.<br />
38<br />
Die Regeln sind also nicht für jedermann<br />
gleich. Hier gilt die Devise:<br />
Wer infiziert wird, kann sich<br />
auch schnell und ganz natürlich<br />
dagegen immunisieren! Hier sollte<br />
man mehr die Schwerpunktversorgung<br />
der Risikogruppen in den<br />
Vordergrund stellen, wie ich sie mir<br />
schon lange wünsche, damit der<br />
Rest seinen Pflichten nachkommen<br />
kann. So wundert es kaum, dass<br />
die meisten Kliniken leer bleiben,<br />
die so viele Räumlichkeiten mit Beatmungsplätzen<br />
frei halten, welche<br />
jedoch nicht verwendet werden<br />
- zumindest als zweitklassige Besprechungsräume<br />
schienen sie zu<br />
taugen.<br />
Wir sind alle Menschen und leben<br />
alle auf diesem Planeten und daran<br />
wird sich wahrscheinlich erstmal<br />
auch nichts ändern. Solidarität,<br />
Rücksichtnahme, Menschlichkeit<br />
- das sind keineswegs Begriffe, die<br />
für mich etwas Edles bedeuten.<br />
Vielmehr sollte sie ein jeder als etwas<br />
absolut Normales verstehen.<br />
Etwas, das niemanden zu einer<br />
Ikone erhebt, wenn man sich daran<br />
hält - erst recht nicht, wenn man<br />
lautstark damit herumposaunt!<br />
Doch genau das scheint momentan<br />
der Fall zu sein! Viel mehr als<br />
ein Interesse am gesunden Zusammensein,<br />
scheint der Drang zu wiegen,<br />
sich als herausragend sozial<br />
oder logisch darzustellen, sowohl<br />
in die eine wie auch in die andere<br />
Position. Komisch nur, dass ausgerechnet<br />
diese Leute sich in aller<br />
Öffentlichkeit überraschend intolerant<br />
zeigen, wenn es darum geht,<br />
eine Gegenmeinung zumindest<br />
zu Wort kommen zu lassen, wenn<br />
man sich schon nicht dazu verbunden<br />
fühlt, den Versuch zu unternehmen,<br />
den anderen<br />
Blickpunkt wohlwollend zu verstehen.<br />
Die eigene Angst macht uns zu<br />
Wesen, die Scheuklappen aufsetzen,<br />
ohne daran zu denken, diese<br />
eigenen Ängste in einem sinnvollen<br />
Verhältnis zu hinterfragen. Ebenso<br />
wie unseren eigenen, tatsächlichen<br />
Wissensstand auf dem das Urteil<br />
fußt, das wir über unseren Nebenmann<br />
gefällt haben.<br />
Eine Angst, die letztendlich auch<br />
uns selbst schadet, wenn diese<br />
dazu führt, dass viele ihre notwenigen<br />
Vorsorgeuntersuchungen<br />
nicht mehr wahrnehmen oder,<br />
dass Rehabilitationseinrichtungen<br />
von den Patienten mittlerweile mit<br />
einer Einzelhaft verglichen werden,<br />
in der kaum noch Anwendungen<br />
durchgeführt werden. Vor dieser<br />
Angst schützt uns auch keine App.<br />
Das geht nur mit Besonnenheit<br />
und logischem Nachdenken in beide<br />
Richtungen. Ich wünsche mir<br />
jedenfalls mehr Reflexion und Balance<br />
in unseren Entscheidungen.<br />
Alles muss sein Maß finden, auch<br />
wenn das nicht leicht ist! Es heißt<br />
nicht umsonst: „die goldene Mitte“!<br />
Ihr, Jochen Dürselen<br />
Bildquelle: J. Dürselen u. https://pixabay.com/de/